Beerdigung von Westerwelle: Bewegender Abschied und eine kleine Panne
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Bewegender Abschied von Guido Westerwelle und eine kleine Panne

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Guido Westerwelle
Zwischen den zahlreichen Blumen und Kränzen das Grabkreuz von Guido Westerwelle. Ein kleiner Fehler hat sich hier eingeschlichen: Westerwelle wurde nicht 1967 sondern 1961 geboren. © dpa

Köln - Er habe sie zur Weißglut treiben, aber auch zum Lachen bringen können, sagt Kanzlerin Merkel über Guido Westerwelle. Eine bewegende Trauerfeier mit einem kleinen Fehler.

+++ Aktualisierung, 3. April

Auf dem Grabkreuz des ehemaligen Außenministers Guido Westerwelle war bei der Beisetzung am Samstag ein falsches Geburtsjahr aufgedruckt. Statt dem 27. Dezember 1961 stand dort im Geburtsdatum das Jahr 1967. „Nach einer Stunde ist uns der peinliche Schreibfehler aufgefallen. Wir haben ihn gleich korrigiert“, sagte der Bestatter dem „Express“. Der Chef sei selbst zum Friedhof gefahren, um das Kreuz auszutauschen, bestätigte das Bestattungsinstitut am Sonntag.

Es ist ein emotionaler und bewegender Abschied unter großer Anteilnahme. Die Spitzen des Staates sind nach Köln gekommen, um Guido Westerwelle die letzte Ehre zu erweisen: Eine sichtlich getroffene Kanzlerin Angela Merkel, Bundespräsident Joachim Gauck und Bundestagspräsident Norbert Lammert. Merkel sagt in einer sehr persönlichen Ansprache, sie und Westerwelle hätten sich auch nach seiner Amtszeit als Außenminister nie aus den Augen verloren. „Wir haben uns immer auch über das Leben ausgetauscht.“

Westerwelle sei ein leidenschaftlicher Politiker gewesen, ein empfindsamer und streitbarer Mensch, der sie ebenso „zur Weißglut“ wie zum Lachen habe bringen können, erzählt Merkel. Der FDP-Politiker werde ihr als „überzeugter Vertreter des deutschen Liberalismus“ und Kämpfer für Menschenrechte und Freiheit fehlen, vor allem aber: „Ich persönlich werde dich auch als Menschen und Vertrauten vermissen.“

„Er suchte Anerkennung, Liebe und Geborgenheit“

Auch der Leiter des Katholischen Büros in Berlin, Prälat Karl Jüsten, spricht in dem ökumenischen Trauergottesdienst in der St. Aposteln-Kirche viel von dem Privatmenschen Westerwelle. Jüsten kannte den früheren FDP-Vorsitzenden seit der gemeinsamen Kinderzeit in Bad Honnef. „Er suchte Anerkennung, Liebe und Geborgenheit“, sagt Jüsten. Diese habe er vor allem bei seinem Ehemann Michael Mronz gefunden. Westerwelles offener Umgang mit seiner Krankheit und sein im vergangenen Herbst erschienenes Buch habe bei vielen Menschen das Bild von ihm erneuert. Er habe großen Zuspruch erhalten, das habe ihm gut getan.

Auch für seinen Humor wurde Guido Westerwelle sehr von seinen Freunden und Vertrauten geschätzt. Wer weiß, vielleicht hätte ihn die kleine Panne, die bei der Aufschrift seines Grabkreuzes passiert ist amüsiert. Statt 1961, dem tatsächlichen Geburtsjahr des ehemaligen deutschen Außenministers war dort 1967 zu lesen.

Seine letzten Monate verbrachte Westerwelle in der Kölner Uniklinik, wo er am 18. März mit 54 Jahren an den Folgen seiner Leukämie-Erkrankung starb. Mehrfach werden in der Trauerfeier die Bemühungen der Ärzte und des Pflegepersonals hervorgehoben - sein behandelnder Klinik-Arzt sitzt auf einem Ehrenplatz in der ersten Reihe.

Für den Musikliebhaber Westerwelle intoniert der Chor der Oper Köln „O welche Lust“ aus der Beethoven-Oper „Fidelio“. Die Klassische Philharmonie Bonn spielt aus Verdis „La Traviata“ und „Nabucco“. Hochemotional wird es, als Vicky Leandros, eine enge Freundin Westerwelles, eine umgetextete Version des Liedes „Ich liebe das Leben“ anstimmt: „Schön war die Zeit mit dir. Wir wissen, du liebst das Leben. Und weinen wir heute sehr um dich, du bleibst im Herzen sicherlich.“ Ihr Gesang rührt viele der Trauergäste zu Tränen.

Genschers Tod überschattet die Beerdigung zusätzlich

Wie ein zusätzlicher Schatten liegt der Tod von Hans-Dietrich Genscher über der Trauergemeinde. Genscher, Westerwelles Vorbild und sein Vorgänger in den Ämtern des Außenministers und FDP-Vorsitzenden, war am Freitag im Alter von 89 Jahren gestorben. „Wir denken an seine Familie und schließen sie in unsere Gebete ein“, sagt der Beauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Martin Dutzmann.

Die Trauer um Westerwelle vereint Politiker über Parteigrenzen hinweg. Zu den Gottesdienstbesuchern gehören unter anderem Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), Innenminister Thomas de Maizière (CDU), FDP-Chef Christian Lindner, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und ihre Stellvertreterin Sylvia Löhrmann (Grüne). Zudem sind viele Prominente aus Medien, Unterhaltung, Kunst und Kultur gekommen, die Schauspielerin Veronica Ferres trägt die Lesung vor.

Auch die Anteilnahme der Bevölkerung ist groß: Vor der Kirche stehen zahlreiche Menschen hinter den Absperrungen. Und nach Ende der nicht öffentlichen Bestattung strömen mehrere hundert Menschen, teils mit Blumen, zum Grab auf dem zentralen Melaten-Friedhof. Cecilia Hammer etwa hat eine weiße Rose dabei und ist nach eigenen Angaben schon am frühen Morgen aus Frankfurt losgefahren, um Westerwelle Respekt zu zollen: „Er war eine Person, die sagt, was sie denkt und damit auch aneckt. Er war sehr direkt und hat seine Homosexualität mutig gelebt, mit allen Konsequenzen.“

dpa/vf

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