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Eva Brauns Cousine - ein Medienspektakel

Sybille Knauss' Roman "Evas Cousine"

Eine traurige Tatsache: Adolf Hitler ist nach über 50 Jahren ein größerer Medienstar denn je. Wo sein Name auftaucht, ist das Publikum zur Stelle. Morbider Schauer, historische Reality-Action und Machtdämonie scheinen die Menschen immer noch zu reizen. Das bekam auch die Schriftstellerin Sybille Knauss bei ihrem neuen, kenntnisreichen Roman mit dem Titel "Evas Cousine" (Claassen Verlag) zu spüren. Nach einem Interview, in dem Knauss äußerte, ein Buch über Hitlers Geliebte schreiben zu wollen, meldete sich bei ihr die 76-jährige Gertraud Weisker, die Cousine Eva Brauns. Sie war im Juli 1944 für sechs Monate "Gast des Führers" auf dem Obersalzberg gewesen. Kein Besuch von historischem Belang. Hitler war nicht anwesend, die Frauen sprachen über Dinge wie Evas Träume von einer Hollywoodkarriere.

Sybille Knauss, die gestern zusammen mit Gertraud Weisker ihr Buch in Berlin vorstellte, wollte keine Biografie, sondern einen fiktionalen Text schreiben, in dem Menschen sichtbar werden, die sich im Schatten der Macht aufhielten und glaubten, ein normales Leben führen zu können. Womit die Autorin nicht rechnete, ist der Ansturm der Medien - und zwar nicht auf ihr sensibles Buch, sondern auf die Person Gertraud Weiskers, die seit Tagen überhäuft wird mit Interview-Terminen.

Die NS-Zeit, scheint es, wird mehr und mehr zur Daily Soap ausgebaut. Adolf Hitler und seine Mannen als beliebte Serienstars. Egal, ob es sich um Hitlers Schäferhund oder Eva Brauns Träume handelt, das Publikum sieht alles gern. Die Faszination des Bösen ist quotensicher. Eine subtile Deformation dessen, was Erinnerung eigentlich sein sollte.

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