Woyzeck • Figuren (Charakterisierungen)

Woyzeck

Figuren (Charakterisierungen)

  • Franz Woyzeck

    Friedrich Johann Franz Woyzeck ist die Hauptfigur des Dramas. Er ist 30 Jahre alt, ein einfacher Fußsoldat und gehört deshalb zur unteren Gesellschaftsschicht (vgl. Büchner 24). Um seinen geringen Sold aufzubessern, führt er zusätzliche Arbeiten für den Hauptmann aus und nimmt als wissenschaftliches Versuchsobjekt an einem Experiment des Doktors teil. Alles Geld, welches er verdient, bringt er seiner Freundin Marie und ihrem gemeinsamen, unehelichen Sohn Christian. Jedoch ist er wegen der vielen Tätigkeiten, die er ausüben muss, ständig in Eile und hat kaum Zeit für seine Familie (vgl. Büchner 7-8).

    Die harte Arbeit setzt ihm auf vielerlei Weise zu. Vor allem schwächt ihn die Erbsendiät, an die er sich wegen des Experiments des Doktors halten muss. Sowohl körperlich, was unter anderem sein Haarausfall zeigt, als auch psychisch. Es ist anzunehmen, dass die Erbsendiät und die damit verbundene einseitige Ernährung Wahnvorstellungen bei ihm hervorruft (vgl. Büchner 15-16). Zudem wird er bei seiner Arbeit von seinen Arbeitgebern, dem Hauptmann und dem Doktor, ständig herabgewürdigt und gedemütigt. Er kann sich weder sprachlich gegen den Hauptmann verteidigen, noch körperlich gegen den Tambourmajor (vgl. Büchner 22-23). Besonders vom Doktor wird er entmenschlicht und abwertend einem Tier gleichgesetzt (vgl. Büchner 15-16).

    Woyzeck wird nicht als besonders intelligent dargestellt. Das lässt sich an seiner von Dialekt und Fehlern behafteten Sprache erkennen. Des Weiteren wird er vom Hauptmann als dumm und unmoralisch bezeichnet (vgl. Büchner 12). Seine Vorgehensweise beim Ausüben des Mordes lässt auch auf einen verwirrten Geisteszustand und mangelnde Intelligenz schließen. Obwohl Woyzeck den Mord plant, scheint er sich weder um den Ort noch um potenzielle Zeugen Gedanken zu machen (vgl. Büchner 28-29). Gesellschaftlich werden Soldaten als »unterst Stuf von menschlich Geschlecht« (Büchner 9) gesehen, so wird Woyzecks Stellung schon aufgrund seines Berufs festgelegt.

    Wegen seines niedrigen sozialen Standes, geringer finanzieller Mittel und mangelnder Intelligenz wird er vor allem von den Personen der höheren Gesellschaftsschichten ausgenutzt und gedemütigt. Keiner scheint ihn als Menschen wahrzunehmen und sich um ihn zu sorgen. Andres beispielsweise rät ihm, wegen seiner Wahnvorstellungen Schnaps zu trinken und unternimmt zudem nichts, um ihm zu helfen oder ihn von seinem Mordplan abzubringen. Andres ist jedoch der einzige Freund, den Woyzeck hat, darum vermacht dieser ihm seine wenigen Wertsachen (vgl. Büchner 24-25). Am meisten scheint er jedoch für Marie zu empfinden, er möchte sie glücklich machen, soweit es ihm möglich ist. Sogar das Geld für die Verpflegung der Soldaten, welches er aufgrund seiner Erbsendiät nicht benötigt, bringt er sofort zu ihr(vgl. Büchner 16). Das zeigt, dass Woyzeck ein ehrlicher, hart arbeitender Mann ist, der alles für andere tut. Er hat Marie vertraut und glaubt zunächst nicht, dass sie ihn betrügt. Seine Liebe schlägt schließlich in Hass um, jedoch gibt er zu, Marie noch immer zu begehren (vgl. Büchner 27-28). Als er sie ermordet und sich auch sein Sohn von ihm abwendet, bleibt er ganz allein zurück (vgl. Büchner 31). Woyzeck ist somit ein Opfer, welches von der Gesellschaft ausgenutzt und schließlich fallengelassen wurde.

  • Marie Zickwolf

    Marie ist die Freundin von Woyzeck. Da sie und Woyzeck nicht genügend Geld für eine Hochzeit haben, sind sie unverheiratet und haben einen unehelichen Sohn namens Christian. Da außerehelicher Geschlechtsverkehr von der Kirche als unmoralisch angesehen wird, wird ihr beispielsweise von der Nachbarin vorgeworfen, leicht zu haben zu sein (vgl. Büchner 7).

    Wie Woyzeck gehört Marie der Unterschicht an. Ihre finanzielle Situation belastet sie sehr, gerne würde sie zur Oberschicht gehören, schönen Schmuck tragen und von Männern bewundert werden. Das wird sie auch jetzt schon, besonders vom Tambourmajor. Er beschreibt sie als »kapitales Weib von starker sinnlich Ausstrahlung« (Büchner in Battenberg et al. 39). Dennoch wird sie von ihm auf ihr Äußeres reduziert und so sind die Absichten des Tambourmajors rein körperlicher Natur. Marie fühlt sich ebenfalls zu seinem Äußeren hingezogen, aber auch zu seiner sozialen Stellung und seinem Vermögen. Sie fühlt sich schuldig, weil sie Woyzeck betrügt, kann aber der Versuchung und der Illusion des sozialen Aufstiegs nicht widerstehen. In Szene 16 zieht sie die Bibel zurate und sucht nach einer Geschichte, in der einer Ehebrecherin vergeben wird. Ihre Beziehung zu Kirche und Glauben ist kompliziert. Sie verstößt zwar des Öfteren gegen die Moralvorstellung der Kirche, sucht aber dennoch Trost in der Bibel und in Gebeten. Letztendlich ist ihr dennoch bewusst, dass keine göttliche Kraft sie retten kann (vgl. Büchner 23-24).

    Marie liebt Kinder, besonders ihren Sohn Christian, auch wenn seine Geburt den Spott der Gesellschaft bedeutet. Sie singt gerne für ihn und verarbeitet darin ihre eigenen Gedanken und Gefühle (vgl. Büchner 7). Auch wenn sie Woyzeck betrügt, sorgt sie sich um ihn, als er nicht nach Hause kommt. Sie die Einzige, die Woyzeck auf seine Wahnvorstellungen anspricht, jedoch weiß auch sie nicht, wie sie ihm helfen könnte. Sie vertraut Woyzeck, selbst als er sie aus der Stadt weglockt, um sie zu ermorden. Als Woyzeck Marie schließlich ersticht, kann sie kaum glauben, dass er zu einer solchen Tat fähig ist (vgl. Büchner 28).

  • Der Hauptmann

    Der Hauptmann ist ein älterer, dicklicher Mann (vgl. Büchner 17). Er gehört zu einer höheren Schicht, da er es sich leisten kann, jemanden dafür zu bezahlen, ihn zu rasieren. Er fühlt sich gerne geistlich und auch moralisch überlegen, die Bestätigung erhält er durch die Erniedrigung Woyzecks. Es scheint ihm fast in sadistischer Weise Freude zu machen, ihn zu demütigen (vgl. Büchner 12-13).

    Hinter seiner geschwollenen Sprache verbirgt er einen nicht besonders großen Intellekt. Moralisch zu sein scheint ihm die wichtigste menschliche Eigenschaft zu sein, jedoch kann er nicht erklären, was genau dies bedeutet. Als Woyzeck ihm antwortet, scheint ihn dessen Argumentation nur zu verwirren. Anstatt auf Woyzeck einzugehen, hält der Hauptmann ihm nur seinen Verstoß gegen die Moralvorschriften der Kirche vor. Der Hauptmann wirkt wie ein gläubiger Mensch, der viel Wert auf Regeln und die Vorschriften der Kirche legt. Dass Woyzeck nur nicht geheiratet hat, weil er nicht genügend Geld dafür besitzt, kommt dem Hauptmann nicht in den Sinn. Er hat keinerlei Einfühlungsvermögen und ermahnt Woyzeck, sich nicht zu hetzten, da er noch ein langes Leben vor sich hat. Der Hauptmann scheint nicht zu verstehen, dass Woyzeck sich beeilen muss, um so viele Gelegenheitsarbeiten wie möglich zu erledigen. Er dagegen fürchtet sich vor Langeweile und überlegt, wie er denn ohne Beschäftigung die Ewigkeit durchstehen soll (vgl. Büchner 12-13). Der Hauptmann wird teilweise melancholisch und gibt dem Doktor gegenüber zu, oft schwermütig zu sein (vgl. Büchner 17-19).

  • Der Doktor

    Der Doktor ist in erster Linie Forscher und Wissenschaftler. Wie der Hauptmann und der Tambourmajor existiert auch er nur innerhalb seines Berufs und ist nur unter seiner Berufsbezeichnung bekannt. Jedoch ist der Doktor kein Arzt im herkömmlichen Sinne; ihm geht es nicht darum, Patienten zu helfen. Der Doktor ist nur daran interessiert, die Wissenschaft zu revolutionieren und Ruhm und Lob dafür zu ernten (vgl. Büchner 15). Er genießt die Bewunderung anderer und will, dass seine Studenten zu ihm aufschauen; er fühlt sich allen überlegen. Dazu ist er rücksichtslos und achtet dabei nicht auf die Menschen, denen er durch seine Experimente Schaden zufügt. Als er eine Verschlechterung von Woyzecks Zustand bemerkt, freut er sich und bietet ihm ein höheres Gehalt, anstatt das Experiment abzubrechen (vgl. Büchner 15-16). Auch dem Hauptmann sagt er seinen baldigen Tod voraus, um gleich im nächsten Satz zu bemerken, dass er dann ein wunderbares Forschungsobjekt abgeben würde (vgl. Büchner 17-19).

    Da der Doktor ebenfalls zu einer höheren Schicht gehört, dominiert er das Gespräch mit Woyzeck. Er benutzt viele medizinische Fachwörter und lateinische Krankheitsbezeichnungen, um seine Intelligenz und hohe Bildung zu beweisen. Jedoch wird er auch schnell wütend, versucht sich aber wieder zu beruhigen, um weiterhin den professionellen Wissenschaftler darstellen zu können. Er demütigt Woyzeck, bezeichnet ihn abwertend als Tier. Er sieht Woyzeck nicht als Mensch, sondern eher als ein Forschungsobjekt. In seinem Vortrag vor Studenten dürfen diese Woyzeck berühren und er muss ihnen, wie ein Tier im Zirkus, verschiedene Dinge vorführen. Woyzecks Einspruch und dessen Probleme interessieren den Doktor nicht (vgl. Büchner 25-26).

  • Der Tambourmajor

    Der Tambourmajor geht eine Affäre mit Marie ein und ist damit Konkurrent und Gegenspieler von Woyzeck. Im Gegensatz zu Woyzeck wird er in positiver Weise als »Löw[e]« (Büchner 7) beschrieben. Er ist groß, stark, anmutig und gutaussehend; die Frauen bewundern ihn. Als Anführer der Militärkapelle genießt er großes Ansehen, verfügt über genügend finanzielle Mittel, um Marie Geschenke zu machen und gehört zu einer höheren Gesellschaftsschicht. Er verfügt über ein starkes Selbstbewusstsein, ist arrogant, eingebildet und selbstverliebt. Seine Ausdrucksweise ist jedoch extrem anstößig und vulgär. Er benutzt Schimpfworte, um Woyzeck zu erniedrigen und sagt deutlich, dass er mit Marie Geschlechtsverkehr haben möchte. Er hat kein Gewissen und ignoriert Woyzeck sowie die Tatsache, dass Marie einen Sohn mit diesem hat. Der Tambourmajor ist egoistisch und ihn interessiert nur die Befriedigung seiner Bedürfnisse. Er scheint Marie eher wie Objekt oder ein Tier zu sehen. Jemanden, mit dem er »eine Zucht von Tambour-Majors« (Büchner 14) hervorbringen kann. Auch er genießt es andere, insbesondere Woyzeck, sowohl körperlich als auch seelisch zu erniedrigen (vgl. Büchner 14/22-23).

  • Andres

    Andres ist Woyzecks Kamerad; beide dienen zusammen als Soldaten. Auch er gehört der Unterschicht an, hat jedoch keine Familie zu versorgen, weshalb er vermutlich besser mit dem Sold zurechtkommt und keine zusätzlichen Arbeiten verrichten muss. Andres ist meist gut gelaunt und singt. In dem Drama ist er der Einzige, der Woyzeck nicht betrügt oder demütigt (vgl. Büchner 6). Woyzeck teilt seine Sorgen mit ihm und macht Andres sogar zu einer Art Testamentsverwalter und vererbt ihm einige seiner Wertsachen. Andres ist jedoch mit Woyzecks Wahnvorstellungen überfordert und weiß nicht, wie er reagieren soll. Er möchte ihm dennoch helfen und rät ihm, ins Lazarett zu gehen und Schnaps zu trinken. Dieser Ratschlag sowie seine Sprechweise zeugen von niedrigem Intellekt. Er ist nicht in der Lage zu erkennen, was Woyzeck vorhat und kann somit weder Woyzeck helfen noch den Mord an Marie verhindern (vgl. Büchner 24-25).

  • Christian Woyzeck

    Christian ist Maries und Woyzecks etwa zweijähriger Sohn. Er muss gleich zu Beginn von Woyzecks und Maries Beziehung gezeugt worden sein, denn kurz vor dem Mord sagt Marie, dass sie und Woyzeck schon seit zwei Jahren zusammen sind (vgl. Büchner 27). Als uneheliches Kind zweier Menschen der Unterschicht steht er in der sozialen Hierarchie auf unterster Ebene. Sowohl Marie als auch Woyzeck scheinen ihn zu lieben und sich um ihn zu sorgen. Jedoch sind beide meist mit ihren eigenen Problemen beschäftigt und projizieren diese auf ihren Sohn. Christian ist die letzte Person, die sich von Woyzeck abwendet. Mit fast metaphysischen Fähigkeiten scheint das Kind zu spüren, dass Woyzeck Marie ermordet hat und weigert sich sogar, von ihm berührt zu werden (vgl. Büchner 31).

  • Weiter Nebenfiguren, die nur einen kurzen, unbedeutenden Auftritt haben

    - Unteroffizier
    - Margreth, die Nachbarin
    - Ausrufer vor einer Bude
    - Marktschreier im inneren der Bude
    - Alter Mann, der zum Leierkasten singt
    - Kind, das tanzt
    - Der Jude
    - Wirt
    - Erster Handwerksbursche
    - Zweiter Handwerksbursche

Weitere Nebenfiguren, die nur einen kurzen, unbedeutenden Auftritt haben

  • Unteroffizier
  • Margreth, die Nachbarin
  • Ausrufer vor einer Bude
  • Marktschreier im inneren der Bude
  • Alter Mann, der zum Leierkasten singt
  • Kind, das tanzt
  • Der Jude
  • Wirt
  • Erster Handwerksbursche
  • Zweiter Handwerksbursche
Veröffentlicht am 27. September 2022. Zuletzt aktualisiert am 27. September 2022.