Kaufbeuren-Neugablonz: Altbundespräsident Joachim Gauck zu Gast im Gablonzer Haus
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Altbundespräsident Joachim Gauck zu Gast im Gablonzer Haus

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Joachim Gauck im Gespräch beim Neugabiläum 2022
Joachim Gauck, Bundespräsident a.D., sprach im voll besetzten Saal des Gablonzer Hauses über das aktuelle politische Geschehen und stellte sein neues Buch vor. Die Moderation übernahm Thorsten Friedrich. © Kola

Kaufbeuren-Neugablonz – Über die Bedeutung von Toleranz, die aktuelle politische Lage und den Mut, auf Augenhöhe miteinander zu diskutierten, sprach Altbundespräsident Joachim Gauck am vergangenen Samstag im Rahmen des Neugabiläums. Voll war der Saal im Gablonzer Haus, und viele Menschen standen auch bei der anschließenden Signierstunde an, um ihr Exemplar seines neuen Buchs von Gauck persönlich signieren zu lassen.

Toleranz als „Tugend“ und „Zumutung“

Vor den zahlreichen Besuchern im Gablonzer Haus las Gauck aus seinem Buch „Toleranz – einfach schwer“, und sprach auf unterhaltsame und eindringliche Weise über den Begriff der Toleranz, die eine „beglückende Tugend“ ebenso wie ein „Ausdruck menschlicher Reife“, aber – weil sie uns schwerfällt – auch „fast immer eine Zumutung“ sei.

Als „kämpferische Toleranz“ bezeichnete er eine Art des Streitens, die das Gegenüber auf Augenhöhe wahrnimmt: „Wir müssen den Streit wagen, dürfen nicht zu allem schweige. Was wir falsch oder zweifelhaft finden, muss auch benannt werden“, appellierte Gauck für eine offene Streitkultur. Das bedeute auch, für seine Werte und moralischen Überzeugungen einzustehen. Die Grenze zur Toleranz sei allerdings dann erreicht, wenn Menschen „unsere Verfassung verlassen“, so der ehemalige Bundespräsident.

Solidarität mit der Ukraine

Gauck bezog in diesem Zusammenhang Stellung zum Krieg in der Ukraine: Es sei „nicht hinnehmbar“, einem „harmlosen Land“, das gegen „jede Völkerrechtsnorm überfallen wird“, nicht beizustehen. Das Land sei Opfer eines Stärkeren gewesen, der seine Macht missbraucht, der Bevölkerung ihre Grundrechte nimmt, die Meinungsfreiheit unterdrückt.

Dagegen müsse man den Ukrainern im Kampf für Demokratie und Freiheit helfen – „gerade, weil wir um den Wert unserer Freiheit wissen“, so Gauck. Wenngleich er tiefes Mitgefühl für das russische Volk empfinde, und die russische Literatur und Musik schätze, sei er klar gegen „jedes Nachgeben gegenüber Putin“. Gauck brachte seine Fassungslosigkeit gegenüber jenen Familien zum Ausdruck, „die hierzulande mit der Russland-Fahne durch die Gegend laufen“.

Toleranz in den Medien

Auch die Frage nach dem Zusammenhang von Medien und Toleranz kam zur Sprache: So seien etwa Hasskommentare im Schutz der Anonymität Gauck zufolge ein „Ausbruch von Niedertracht und Dummheit“. Jene „Unkultur der Boshaftigkeit“ sei ein Problem, das es zu bekämpfen gelte.

Statt eine Plattform für die Verbreitung von Hass und Hetze zu sein, sollten die positiven Möglichkeiten eines solchen Instruments stärker genutzt werden – nämlich als Plattform für einen demokratischen Diskurs.

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