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Deutschland Finanzloch der Partei

Mit diesen Sparplänen macht sich Merz mächtige Feinde in seiner CDU

Ressort Politik
CDU-Chef Friedrich Merz CDU-Chef Friedrich Merz
CDU-Chef Friedrich Merz
Quelle: Getty Images
Die verlorene Bundestagswahl setzt der CDU finanziell zu: Es muss gespart werden, wo es nur geht. Auch die acht Partei-Vereinigungen sollen dazu beitragen, ein Zehntel der bisherigen Zuschüsse soll wegfallen. Damit bringt Merz alle Parteiflügel gegen sich auf – nicht nur das Merkel-Lager.

Beim Geld hört die Freundschaft bekanntlich auf – das gilt auch für Parteifreundschaften. Und daher wird das Treffen von CDU-Chef Friedrich Merz mit den Vorsitzenden der acht Partei-Vereinigungen am kommenden Mittwochnachmittag im Berliner Konrad-Adenauer-Haus in eher frostiger Atmosphäre stattfinden.

Hintergrund ist, dass die Bundespartei sparen muss – und das auch bei ihren Unterorganisationen tun will. Dieser Umstand und die Weise, wie Merz und sein Generalsekretär Mario Czaja die Sparpläne im Vorfeld kommuniziert haben, sorgen nun aber für erhebliche Irritation in der Partei.

Die betroffenen Organisationen fühlen sich nicht ausreichend informiert und mitgenommen, sie sorgen sich um ihre Haushalte und die Arbeitsfähigkeit. Merz und Czaja sind gerade dabei, sich mächtige innerparteiliche Gegner zu schaffen, denn die Vereinigungen bilden praktisch alle einflussreichen Gruppen in der CDU ab: etwa den Nachwuchs mit der Jungen Union (JU), die Frauen- und Senioren-Union, den Arbeitnehmerflügel CDA oder die Vertreter der Wirtschafts- und Kommunalpolitiker. Die wollen allesamt die geplante Kürzung der Parteizuschüsse in Höhe von zehn Prozent ab dem kommendem Jahr nicht mitmachen.

Der Ärger begann in der vergangenen Woche. Da hatte die Parteiführung zu einer Sitzung der Spitzenvertreter der Vereinigungen für den Freitag besagter Woche geladen. Und die hatten erst mit dem Versand der Sitzungsunterlagen überhaupt von den Sparplänen erfahren.

Verärgert rief die Vorsitzende der Frauen-Union, Annette Widmann-Mauz, die Vertreter ihrer Organisation im Bundesvorstand an besagtem Freitag per Mail zum Widerstand auf: „Diese Kürzungen sind für die Vereinigungen nicht tragbar.“

Der Parteizuschuss an die Vereinigungen „ist seit vielen Jahren auf demselben Niveau von rund 3 Mio. Euro, ohne dass es in diesen Jahren je einen Aufwuchs gegeben hätte“, schreibt Widmann-Mauz. Konkret gab es seit 2008 keine Steigerung der Mittel – obwohl vieles teurer geworden ist, etwa durch Inflation und höhere Gehälter für Mitarbeiter.

Die Vorsitzende der Frauen-Union hatte mit den Chefs der anderen Vereinigungen – zu denen auch die Ost- und Mitteldeutsche Vereinigung (OMV) und der Evangelische Arbeitskreises (EAK) gehören – versucht, die Sparpläne von der Tagesordnung der Sitzung des Bundesvorstands am vergangenen Montag zu nehmen.

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Vergeblich. Dort fand sich als einer der Punkte der „Beschluss des Etats der Bundesgeschäftsstelle 2023 sowie der Mittelfristplanung 2023 bis 2026“ wie von der Parteispitze geplant. Doch anstatt eines Beschlusses gab es einen Eklat.

Denn nach der Kritik von Vertretern der Vereinigungen an den Sparplänen und an Generalsekretär Czaja schritt Parteichef Merz ein: Er erklärte, die Organisationen sollten froh sein, dass nur zehn Prozent eingespart werden müssten – da sei noch viel mehr vorstellbar.

Auch kein ordentlicher Parteitag dieses Jahr

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Tatsächlich befindet sich Friedrich Merz in einem Dilemma. Die CDU steckt nach der verlorenen Bundestagswahl 2021 in der finanziellen Klemme. Der massive Stimmenverlust und das damit verbundene Ende der Regierungsverantwortung führen zu deutlich geringeren Einnahmen. Spender und Sponsoren halten sich ebenfalls zurück.

Bislang hat Merz es vermieden, die CDU und ihre Organe auf die Rolle der Opposition zu schrumpfen, um die Neuaufstellung der Partei nach dem Wahldebakel nicht zu gefährden und keine neue Unruhe zu schaffen. Doch dauerhaft lässt sich das nicht durchhalten.

Insgesamt 18 Millionen Euro muss die CDU in den Jahren 2023 und 2024 nach Informationen von WELT einsparen, um wieder einen soliden Haushalt vorweisen zu können. Also setzt Generalsekretär Czaja, wo es geht, den Rotstift an. Sogar auf einen ordentlichen Parteitag wird in diesem Jahr verzichtet.

Die Vereinigungen der Partei haben in den vergangenen Jahren nach internen Unterlagen pro Jahr insgesamt exakt 3,074 Millionen Euro bekommen. Dass die acht Organisationen insgesamt nun auf rund 300.000 Euro verzichten sollen, hält man in der Parteiführung für vertretbar. Die Betroffenen hingegen nicht.

Die ärgern sich zum einen über die Rasenmäher-Methode, pauschal zehn Prozent sparen zu sollen. Denn die Finanzlage und Einnahmequellen der acht Vereingungen sind sehr unterschiedlich. Die Wirtschaftsleute von der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) könnten Einbußen noch am ehesten durch Sponsoren und Spenden aus den Unternehmen auffangen. Die Frauen- oder die Senioren-Union können das kaum.

Die MIT ist darüber hinaus weniger auf Unterstützung der Partei angewiesen. Sie bekam zuletzt nur 343.000 Euro im Jahr von der CDU, deutlich weniger als die meisten anderen Vereinigung.

„Ich verbitte mir solche Unwahrheiten“

SPD-Chef Lars Klingbeil hat das Verhalten der CDU bei der Landratswahl im Landkreis Oder-Spree in Brandenburg scharf kritisiert: „Es hat keine Wahlempfehlung der CDU gegeben in dieser Frage.“ Merz weist die Kritik zurück: „Die Aussage des SPD-Vorsitzenden ist eine glatte Unwahrheit.“

Quelle: WELT

Die Frauen-Union dagegen, die es schwer hat, Einnahmenverluste auszugleichen, erhielt insgesamt 492.000 Euro. Deshalb schrieb Widmann-Mauz, die Arbeitsfähigkeit der Vertretung weiblicher Mitglieder würde durch die Sparpläne „schwer beeinträchtigt“. Auch aus den anderen Vereinigungen heißt es, man müsse nun Stellenabbau und andere Maßnahmen prüfen.

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Besonders groß ist der Ärger in der Jungen Union, die 90.000 Mitglieder hat. Die JU wird, angesichts eines Altersdurchschnitts der CDU-Mitglieder von 61 Jahren, genau wie die Frauen-Union wie eine Monstranz vor der Partei hergetragen. Denn die Union will jünger und weiblicher werden.

Die Junge Union wäre von den Sparplänen dabei aus drei Gründen besonders stark betroffen: Die Jugendorganisation hat zuletzt 600.000 Euro Parteizuschuss bekommen, mehr als alle anderen Vereinigungen. Für die JU ist das die größte Einnahmequelle. Mit einer Erhöhung der Mitgliederbeiträge lassen sich die Sparpläne kaum ausgleichen. Und JU-Chef Johannes Winkel versucht, den Jugendverband nicht stärker in Abhängigkeit von Spendern und Sponsoren geraten zu lassen.

Aber auch in den anderen Organisationen fürchtet man um die Schlagkraft, die nötig sei, um die kommenden Wahlen, vor allem die Bundestagswahl 2025, zu gewinnen. „Die CDU muss kampagnenfähig bleiben und die Vereinigungen sind das Gesicht der Partei nach außen. Dafür müssen sie angemessen finanziell ausgestattet sein“, sagt Christian Haase, der Bundesvorsitzende der in CDU und CSU einflussreichen Kommunalpolitischen Vereinigung (KPV), zu WELT. „Ich hoffe, dass wir beim kommenden Treffen mit dem Parteivorsitzenden einen Konsens in der Frage von Einsparungen finden.“

Die Hoffnung, dass Merz am kommenden Mittwoch von seinen Sparplänen abrückt, geht hingegen nahe null. Die Einsparungen bei den Vereinigungen seien notwendig und das absolute Minimum des Nötigen, heißt es in der Parteispitze.

Die Gegenseite will dennoch Widerstand leisten und hofft darauf, dass es sich Merz nicht mit allen verscherzen will. Denn die acht Vereinigungen bilden auch die Flügel der Partei ab. Während Widmann-Mauz als frühere Staatsministerin der damaligen Kanzlerin zum sogenannten Merkel-Lager zählt, das Merz eher kritisch gegenübersteht, gehören beispielsweise die MIT oder die Junge Union eher zu den Verbündeten des Vorsitzenden.

Man habe sich stets massiv für Merz eingesetzt – und müsse nun durch die pauschalen Sparpläne den höchsten Betrag einsparen, heißt es verärgert bei der Jungen Union. Sie gehört mit der MIT zu den einflussreichsten Vereinigungen in der CDU. Dort baut man nun darauf, dass sich Merz nicht mit ihnen und dem Merkel-Lager zugleich anlegen will.

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