Merz will Verbrenner-Aus kippen: „Da soll eine Technologie verboten werden, für die man noch keinen Ersatz hat“
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Merz will Verbrenner-Aus kippen: „Da soll eine Technologie verboten werden, für die man keinen Ersatz hat“

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CDU-Chef Friedrich Merz hat sich gegen das EU-weite Verbot für Verbrennungsmotoren ab 2035 ausgesprochen. Damit schließt er sich der Meinung vieler Autoexperten an, die an der Zukunft der E-Mobilität zweifeln.

Berlin – Der Vorsitzende der CDU, Friedrich Merz, hat sich erneut in einem Interview klar gegen das Verbot von Verbrennungsmotoren in der EU positioniert. „Da soll eine Technologie verboten werden, für die man noch keinen Ersatz hat“, sagte er im Gespräch mit dem Handelsblatt. „Den Amerikanern käme so etwas nicht in den Sinn.“

Ähnlich hatte sich vor kurzem auch der Wirtschaftsrat der CDU gegenüber IPPEN.MEDIA geäußert. „Wir dürfen die Wähler nicht in die Arme der Europa-Feinde treiben, weil derart ideologische und bürokratische Ansätze verfolgt werden wie das Verbrennerverbot“, sagte dessen Generalsekretär Wolfgang Steiger, noch Ende März. Das Ziel, bis 2035 die Elektromobilität so hochgefahren zu haben, dass keine Neuzulassungen von Verbrennungsmotoren mehr notwendig sei, halte er für „völlig unrealistisch“.

Verbrennerverbot kommt 2026 auf den Prüfstand

Anfang 2024 hatte der Europäische Rechnungshof gewarnt, dass Europa bei der Verkehrswende noch weit hinterherhinkt. „Trotz hochgesteckter Ziele und strenger Anforderungen stoßen die meisten Pkw auf Europas Straßen immer noch so viel CO₂ aus wie vor zwölf Jahren“, hieß es in einem im Januar veröffentlichten Sonderbericht. Die Europäische Union könne ihre Klimaschutzziele nur durch den Umstieg auf lokal emissionsfreie Elektroautos erreichen. „Bei den Bemühungen dazu müsste jedoch ein Gang hochgeschaltet werden“, mahnten die Prüfer, denn der Marktanteil von E-Autos liegt erst bei knapp 15 Prozent.

2026 soll das Verbrennerverbot in der EU nochmal geprüft werden, also: Ob das Ziel 2035 noch erreicht werden kann, oder nicht. Da im Juni 2024 Europawahlen anstehen, kocht die Diskussion um das Verbrennerverbot aktuell wieder hoch.

Wolfgang Steiger sieht noch viel Nachholbedarf in der Autoindustrie, damit das Ziel erreicht werden kann: „Europäische Fahrzeuge müssen finanziell erschwinglich und mit ausreichenden Reichweiten konkurrenzfähig sein. Zudem fehlt die Ladeinfrastruktur, vor allem für Schnellladevorgänge. Außerdem ist die Klimafreundlichkeit der E-Mobilität über die gesamte Lieferkette hinweg – man denke nur an die Lithium- und Kobaltgewinnung – sowie des Recyclings stark verbesserungswürdig.“

„Den Verkehrssektor zu dekarbonisieren, ist ein richtiges und wichtiges Unterfangen. Dies sollte aber mit Augenmaß und Pragmatismus geschehen und nicht durch ideologische Konzepte erzwungen werden.“ Sowohl Kunden als auch Hersteller zweifeln immer mehr am E-Auto, so Steiger weiter, weshalb auch wieder mehr Verbrenner verkauft würden. „Außerhalb Europas setzen in den USA und in Fernost unsere Wettbewerber sowieso weiter auf Verbrennertechnologie neben der Entwicklung von E-Modellen.“ Darauf weist auch Friedrich Merz im Handelsblatt-Interview hin: „In den USA und in vielen anderen Ländern der Welt arbeiten sie an neuen Technologien statt an Verboten.“

Merz greift an: „Mir ist es einfach ein Rätsel, wie Olaf Scholz es so weit kommen lassen konnte“

Merz kritisierte im Gespräch mit der Zeitung außerdem die allgemeine Wirtschaftspolitik der Ampel-Koalition und ging dabei vor allem mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hart ins Gericht: „Kanzler Scholz belehrt ständig alle, dass die wirtschaftliche Lage doch prima sei. Und wer das nicht versteht, hat nach seiner Meinung eben keine Ahnung. Da frage ich mich schon, in welcher Welt Olaf Scholz eigentlich unterwegs ist.“ Die Wirtschaft sei „extrem unzufrieden“ mit der Regierung, doch der Kanzler wolle diese Unzufriedenheit nicht hören. „Das ist ein einmaliger Vorgang und schadet dem ganzen Land. Mir ist es einfach ein Rätsel, wie Olaf Scholz es so weit kommen lassen konnte.“

Friedrich Merz
Friedrich Merz, CDU-Bundesvorsitzender, spricht auf einer Veranstaltung. Merz spricht sich gegen das EU-weite Verbot für Verbrennungsmotoren ab 2035 aus. © Hannes P Albert/dpa/Archivbild

Die deutsche Wirtschaft ist nach Einschätzung der Bundesbank im ersten Quartal nun doch gewachsen. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) „dürfte leicht zugenommen haben“, heißt es im am Donnerstag (18. April) veröffentlichten Monatsbericht April. Im Februar war die Bundesbank noch von einem Minus ausgegangen – das hätte nach dem Rückgang des BIP im letzten Quartal 2023 um 0,3 Prozent den Eintritt in die Rezession bedeutet.

Die Konjunktur habe sich etwas aufgehellt, eine durchgreifende Belebung sei aber noch nicht gesichert, hieß es weiter. Die positivere Erwartung sei von einer „zuletzt etwas höheren Industrieproduktion getragen“. Dazu sei die Bauproduktion im Februar wegen der außergewöhnlich milden Witterung „außerordentlich kräftig“ gestiegen.

Die belastenden Faktoren hielten aber weiter an: Die gestiegenen Finanzierungskosten und die erhöhte wirtschaftspolitische Unsicherheit dämpften die Investitionstätigkeit der Unternehmen. Die Nachfrage nach Industrieerzeugnissen aus dem In- und Ausland sei nach wie vor schwach und tendenziell weiter rückläufig.

Mit Material von AFP

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