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Deutschland CDU-Parteitag

Merz mit knapp 90 Prozent als Parteichef wiedergewählt

„Das werden zwei harte Jahre. Aber wir werden sie mit Rückenwind aus diesem Parteitag bestehen“

Die Delegierten des CDU-Parteitags in Berlin haben ihren Chef Friedrich Merz mit großer Mehrheit im Amt bestätigt. Bei der Abstimmung entfielen 873 der 972 gültigen Stimmen auf Merz, das entspricht 89,8 Prozent.

Quelle: WELT TV

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Zum CDU-Parteitagsauftakt zeigt sich Parteichef Merz selbstbewusst. Das Vertrauen in den Standort Deutschland habe unter der Ampel-Koalition gelitten, so der Oppositionschef. Die Delegierten bestätigen ihn mit deutlicher Mehrheit in seinem Amt.

CDU-Chef Friedrich Merz ist mit deutlicher Mehrheit in seinem Amt bestätigt worden. Auf dem Bundesparteitag der Christdemokraten in Berlin votierten am Montag 89,8 Prozent der insgesamt 1001 Delegierten für den 68-Jährigen, wie das Tagungspräsidium mitteilte. Merz ist seit Januar 2022 CDU-Vorsitzender. Damals wurde er wegen der Coronavirus-Pandemie auf einem digitalen Parteitag mit 94,6 Prozent der Delegiertenstimmen gewählt.

In seiner Rede hatte Merz zuvor eine Wende in der Wirtschafts- und Sozialpolitik gefordert. „Uns besorgt zutiefst, welche strukturelle Krise die deutsche Wirtschaft gegenwärtig erlebt“, sagte er beim CDU-Parteitag. Das Vertrauen in den deutschen Standort habe massiv gelitten. „Deutschland ist auf wirtschaftspolitischer Geisterfahrt und wir werden diese im nächsten Jahr beenden.“

Erwartet werde wieder eine Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik, „die verlässlich ist und die vor allem die Fleißigen nicht bestraft, sondern belohnt“. Die CDU widerspreche allen, die „von einem Schlaraffenland träumen, in dem höhere Löhne, mehr Freizeit und mehr Sicherheit gleichzeitig zu haben sind“.

Merz bekräftigte das Ziel seiner Partei, das von der Ampel-Koalition reformierte „Bürgergeld“ in der bestehenden Form wieder abzuschaffen. „Schon der Name klinge sehr nach einem bedingungslosen Grundeinkommen und so wird es von vielen verstanden“, sagte er. „Das ist kein Angriff auf den Sozialstaat, das ist kein Sozialabbau.“ Die Vorschläge der CDU für ein neues System einer Grundsicherung seien „überhaupt erst die Voraussetzung dafür, dass unser Sozialstaat wieder funktionieren kann“.

Merz hob ausdrücklich den Beitrag der Landwirtschaft für die Volkswirtschaft hervor und sprach sich zudem für Entlastungen aus. „Wir müssen die belohnen, die etwas mehr tun und können, etwa die Steuerfreiheit von Überstunden oder die Steuerfreiheit von Arbeit in der Rente.“

„Wir können Wahlen gewinnen“

Merz erklärte die Sicherung von Frieden und Freiheit zur wichtigsten Aufgabe der kommenden Jahre erklärt. Dazu werde Deutschland wieder mehr in die Fähigkeit zur Landes- und Bündnisverteidigung investieren müssen, verlangte er. Die Freiheit sei heute vielen Seiten so ernsthaft bedroht wie lange nicht mehr. „Frieden entsteht nicht allein durch Friedfertigkeit“, sagte Merz vorrangig an die Adresse der SPD.

Der Oppositionsführer im Bundestag sprach von einer viele Jahre währenden Vernachlässigung unserer Streitkräfte – „und daran waren wir nicht ganz unbeteiligt“. Keiner hätte sich vorstellen können, dass es wieder Krieg in Europa geben könnte. Die CDU müsse Antworten liefern, die sie unterscheidbar von anderen Parteien mache.

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Mit Blick auf die drei Landtagswahlen in Ostdeutschland im September sagte Merz der AfD den Kampf an. Die Wahlen werden kein Spaziergang, sagte er „Wir werden kämpfen um die Mehrheit, um Platz Eins“, rief er den 1001 Delegierten zu. Und vor allem werde sich die CDU „mit dieser AfD auseinandersetzen“, sagte Merz. „Wir nehmen den Kampf auf mit dieser Partei“.

Er gab sich hoffnungsvoll. „Wir können Wahlen gewinnen, das haben wir seit 2021 gezeigt. Mit Daniel Günther in Schleswig-Holstein, Hendrik Wüst in Nordrhein-Westfalen, Kai Wegner in der Hauptstadt Berlin und Boris Rhein in Hessen haben wir die Landtagswahlen gewonnen.“ An dieser Stelle brandete Applaus auf. „Wir gewinnen Wahlen gegen jede andere Partei“, rief Merz. Er lobte zudem das außergewöhnlich gute Verhältnis zur CSU. „Das war nicht immer so.“

Absage an „Rumgenörgel“ im Land

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Er sprach sich gegen „das Rumgenörgel“ aus und dass die Demokratie von Linksradikalen wie von Rechtsradikalen infrage gestellt werde. „Wir sind stolz auf unser Land, auf unser Grundgesetz. Wir sind froh, dass es uns sieben Jahrzehnte ein Leben in Freiheit Frieden und Wohlstand erlaubt hat.“ Von diesen 75 Jahren sei die CDU mehr als 50 Jahren in Regierungsverantwortung gewesen. Über dem neuen Parteiprogramm stehe der Überbegriff der Freiheit. „Wir sagen, so viel Gesetze wie nötig, so viel Freiheit und Verantwortung wie möglich.“

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Dass in Deutschland zum Kalifatstaat aufgerufen werde, sei vollkommen inakzeptabel, betonte Merz noch einmal, wie bereits am Vortag beim WELT Talk. „Wir fordern, gegen die Personen und Organisationen, die das zu verantworten haben, konsequent vorzugehen.“ Wer das friedliche Miteinander wolle, müsse diesen Personen Grenzen aufzeigen und nicht zulassen, dass in Schulen oder anderswo ein Klima der Intoleranz entsteht.

Die CDU ist nach Ansicht von Merz auch im Falle von vorgezogenen Neuwahlen umgehend regierungsfähig. „Mit diesem Programm sind wir sofort oder spätestens im Herbst des nächsten Jahres wieder bereit, Regierungsverantwortung für Deutschland zu übernehmen. Denn liebe Freundinnen und Freunde: Deutschland kann es besser, aber Deutschland muss auch endlich wieder gut regiert werden“, sagte er. Er ging nicht darauf ein, wer dann Bundeskanzler wäre.

Generalsekretär Carsten Linnemann klar ins Amt gewählt

Mit 91,4 Prozent wurde Generalsekretär Carsten Linnemann klar ins Amt gewählt. 889 Delegierte stimmten für den 46-Jahre alten Bundestagsabgeordneten, der das Amt im Juli 2023 zunächst kommissarisch übernommen hatte. Mit Nein stimmten 84 Delegierte, es gab sieben Enthaltungen.

Unter den fünf Stellvertretern von Friedrich Merz bekam der nordrhein-westfälische Sozialminister Karl-Josef Laumann die meisten Stimmen (880 Stimmen). Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer wurde mit 839 Stimmen bestätigt. Wiedergewählt wurden auch die Bundestagsabgeordneten Andreas Jung aus Baden-Württemberg mit 760 Stimmen und Silvia Breher aus Niedersachsen mit 741 Stimmen. Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien wurde mit 556 Stimmen bestätigt.

Neu in den Bundesvorstand gewählt wurde Johannes Volkmann, Enkel des früheren Kanzlers und CDU-Chefs Helmut Kohl. Der 27-jährige alte Kommunalpolitiker aus Lahnau in Hessen erwähnte in seiner kurzen Bewerbungsrede den Namen seines berühmten Großvaters nicht. Er teilte er unter viel Applaus gegen die Ampel aus: Diese habe „meiner Generation nichts mehr anzubieten, außer vielleicht Cannabis“.

Am Dienstag will sich die CDU mit einem neuen Grundsatzprogramm inhaltlich neu aufstellen. Das derzeitige Programm stammt noch aus dem Jahr 2007, der Zeit der 16-jährigen Ära von Bundeskanzlerin Angela Merkel Im knapp 70 Seiten langen Programmentwurf plädiert die CDU für einen „weltoffenen Patriotismus“ und bekennt sich zu einer deutschen „Leitkultur“. Zu dieser gehörten Grund- und Menschenrechte, Respekt und Toleranz, Kenntnisse der Sprache und Geschichte sowie das Anerkennen des Existenzrechts Israels. Nur wer sich zur Leitkultur bekenne, könne Deutscher werden.

dpa/AFP/Reuters/coh/ll/shem

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