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Freakshow

Der Begriff bezeichnet seit ca. 1840 die institutionelle, kommerziell ausgerichtete Ausstellung von verhaltensgestörten, körperlich und geistig abnormen Menschen; der Begriff löste sich im 20. Jahrhundert von der ursprünglichen Bezeichnung eines Ausstellungsformates; insbesondere der heutige deutschsprachige Gebrauch ist eher sinnbildlich.
Von den Darbietungen im England der frühen Renaissance über die Sideshows auf Märkten bis zur Freakshow P.T. Barnums hielt sich das Konzept der Menschenausstellungen bis in die heutige Gegenwart. Zunächst waren die „Exponate“ in drei Kategorien geteilt: (1) fremdländische, exotisch aussehende Menschen, (2) lusus naturae, Spielzeuge der Natur, an denen Deformierungen, körperliche und geistige Behinderungen betrachtet werden konnten, und (3) gaffed freaks oder phonies, die nur vorgaben „Freaks“ zu sein. Seit dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts wurden drei Gruppen unter dem Oberbegriff „Freak“ zusammengefasst. Um 1840 institutionalisierte P.T. Barnum, der Besitzer des American Museum, die Freakshow als Kernstück der populären amerikanischen Unterhaltungsindustrie und machte sie so berühmt.
So sehr die Freakshow menschliche Nicht-Normalität auszubeuten schien, bildete sich eine tiefe Solidarität der Schaugestellten heraus; ihre Selbstorganisation erhöhte die soziale Bindung untereinander und schützte sie vor Ausbeutungen aller Art. Außenstehende fanden diese Gesellschaft zunehmend befremdlich, wie Tod Brownings Spielfilm Freaks (1932) eindrücklich zeigte. Ab den 1920er Jahren gingen die Freakshows zurück, weil sich eine ethische Bewegung gegen die Ausstellung von Missbildung und Schwachsinn bildete; das pathologische Interesse an Deformierungen wurde vorrangig und löste die Schaulust ab, von der die Freakshows ihr Publikum gewannen. Gleichwohl blieben Schwachsinnige und Missgestalten im Film Figuren, die die Relativität der Normalität andeuteten oder die in allegorischen Funktionen auftraten (wie in den Filmen von Bergman, Fellini oder Herzog).
Die Zurschaustellung ungewöhnlicher oder nicht der Norm entsprechender Menschen ist aber nicht ausgestorben, wie die täglichen Talkshows beweisen. Auch Reality-Formate (wie OP-Shows wie Alles ist möglich!, 2004, oder The Swan, 2004) wirken heute nicht mehr absurd, sondern führen den Ansatz der Freakshows nur konsequent weiter: Sie sensationalisieren den Körper aus Ausstellungsobjekt, indem die von der Gesellschaft als „Freaks“ gebrandmarkten, „hässlichen“ Menschen durch „gesunde“ Deformierung – Operationen – gesellschaftsfähig gemacht werden sollen.

Literatur: Bogdan, Robert: Freak Show: Presenting Human Oddities for Amusement and Profit. Chicago/London: The University of Chicago Press 1988. – Brottman, Mikita / Brottman, David: Return of the Freakshow: Carnival (De)Formations in Contemporary Culture. In: Journal of Popular Culture 18,2, 1996, S. 89-107.

Referenzen