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Interview mit Grundschulrektorin: „Alles, nur kein Deutsch wird gesprochen“ - warum 44 Erstklässler sitzenbleiben sollen
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FOCUS online/Wochit 44 Erstklässler bleiben an einer Schule sitzen - Eltern sind sauer
  • FOCUS-online-Reporter

Für viel Aufsehen sorgte eine Grundschule in Rheinland-Pfalz, in der ein Drittel der Schüler die erste Klasse wiederholen soll - vor allem, weil sie schlecht Deutsch sprechen. FOCUS online fragte die Direktorin, woran das liegt.

44 Eltern von insgesamt 125 Grundschülern an der Gräfenauschule in Ludwigshafen wurde empfohlen, die erste Klasse im kommenden Schuljahr zu wiederholen. Das sind noch einmal fünf mehr als im vergangenen Jahr (Gesamtzahl: 126). Als Grund nannte Direktorin Barbara Mächtle mangelnde Sprachkenntnisse der Schüler, die zu 98 Prozent aus Familien mit Migrationshintergrund stammen. 

FOCUS online: Frau Mächtle, der extrem hohe Anteil von Schülern Ihrer Grundschule, die aus Familien mit Migrationshintergrund stammen, liegt schon seit Jahren bei rund 98 Prozent. Woran liegt es, dass Ihre Kollegen dennoch immer mehr Eltern empfehlen, ihre Kinder die erste Klasse wiederholen zu lassen? Ist der Anteil der Flüchtlingskinder gewachsen? 

Barbara Mächtle: Wir haben an unserer Schule nicht besonders viele Kinder von Flüchtlingen, daran kann es kaum liegen. Aus unserer Sicht liegt der stetige Anstieg der Zahl von Erstklässlern, deren Eltern wir eine Wiederholung der ersten Klasse empfehlen, an mehreren Faktoren. Kinder, deren Eltern kein oder nur schlecht Deutsch sprechen, tragen viel zu dieser Entwicklung bei. Wenn dann auch noch in dem Stadtteil, in dem diese Kinder aufwachsen, viele Sprachen, nur eben nicht Deutsch gesprochen wird, erschwert dies die Sprachentwicklung noch mehr. Und auch die Tatsache, dass Kindergartenplätze knapp sind und die Kinder dort ebenfalls alle möglichen Sprachen untereinander sprechen, nur nicht Deutsch, hilft den Kindern nicht. Das scheint sich alles immer negativer auf die Deutschkenntnisse der Grundschüler auszuwirken. 

Hat sich der Anteil der Eltern, die der Empfehlung der Schule folgen und ihre Kinder die erste Klasse wiederholen lassen, in der Vergangenheit verändert? Wie war das letztes Jahr, wie dieses?  

Barbara Mächtle: Im letzten Schuljahr sind alle 39 Eltern unseren Empfehlungen gefolgt. Wie das in diesem Jahr sein wird, wissen wir noch nicht. Die Abfrage bei den Lehrkräften wurde im März erhoben. Bis zur endgültigen Entscheidung haben wir noch etwas Zeit. Die Eltern der betreffenden Kinder werden in der nächsten Zeit von den Lehrkräften informiert. 

Und wie verlief es in den Jahren davor?  

Barbara Mächtle: Es gibt immer wieder einige Eltern, die unserer Empfehlung nicht folgen. Aber oft werden diese Entscheidungen schnell korrigiert. Die Eltern willigen während des laufenden zweiten Schuljahres ein und lassen ihre Kinder zurück in die erste Klasse versetzen, weil sie merken, dass ihre Kinder in der zweiten Klasse nicht mitkommen. Sie verstehen dann, warum es besser ist, die Kinder den Stoff der ersten Klasse wiederholen zu lassen, weil sie dann mehr Deutsch können, was positive Auswirkungen auf die Schulleistungen hat. 

Was wäre denn aus Ihrer Sicht das effektivste Instrument, mit dem man diesem negativen Trend entgegenwirken könnte? 

Barbara Mächtle: Eine Sprach-Vorschulklasse, die die Kinder absolvieren müssten, bevor sie in die Klassenverbände der Grundschule aufgenommen werden, wäre sicher sehr hilfreich. Dafür bräuchte man aber auch mehr Personal, das dafür qualifiziert ist. 

Das Bildungsministerium von Rheinland-Pfalz hat sich nach Bekanntwerden der jüngsten Zahlen von Ihrer Schule überrascht gezeigt, dass eine „massive Unterstützung“ bislang nicht zu einer Besserung an den Schulen geführt hat. Hat denn schon jemand bei Ihnen nachgefragt, woran dies liegen könnte? 

Barbara Mächtle: Eine konkrete Anfrage, woran es liegen könnte, gab es nicht. Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion hat im Auftrag des Ministeriums mit mir Kontakt aufgenommen und uns aufgefordert, die Fördermaßnahmen der einzelnen Kinder zu benennen. 

Leidet der Schulbetrieb unter einer solch hohen Zahl von Grundschülern, die die erste Klasse wiederholen? Werden die Klassenverbände größer, gibt es Lehrermangel? 

Barbara Mächtle: Gegenwärtig haben wir rund 22 Grundschüler pro Klasse. Erreicht die Durchschnittszahl 25, werden die Klassen in kleinere Einheiten geteilt, bei größeren Systemen entstehen aber auch hier keine kleinen Klassen, wie es an kleineren Schulen der Fall ist. Gegenwärtig haben wir sieben erste Klassen, vorher waren es fünf bis sechs. Wenn Lehrer fehlen, muss die Schulbehörde uns zusätzliche Lehrer schicken. Im Augenblick kommen wir klar. 

Wie schnell müsste dieser Sprach-Vorschulunterricht denn aufgebaut werden? 

Barbara Mächtle: Das Problem ist akut, daher gilt natürlich: je schneller, desto besser. Aber wir wissen auch, dass das alles, soll es gut funktionieren, nicht von heute auf morgen aus dem Boden gestampft werden kann. 

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