Erik Ode

Erik Ode

  

Als Fritz Erik Signy Odemar wird er am 6. November 1910 in Berlin geboren. Der Sohn des Schauspielers Fritz Odemar und der Schauspielerin Erika Nymgau besucht Schulen in Stendal, Saarbr�cken und Berlin. Dort tritt er als Chors�nger im Deutschen Opernhaus auf. Er kommt schon fr�h mit der darstellenden Kunst in Ber�hrung. Im Alter von zw�lf Jahren steht er mit den damaligen Filmstars Henny Porten und Asta Nielsen vor den Stummfilmkameras ("I.N.R.I.", Regie: Robert Wiene). Nach der Mittleren Reife beginnt er eine Lehre in einer phototechnischen Anstalt. Er will als Kameramann zum Film und wird Assistent von Otto Kanturek; mit der ersten B�hnenrolle 1928 ("Schlafstelle", Regie: Leopold Lindtberg) im Theater am Schiffbauer Damm in Berlin �ndern sich die beruflichen Pl�ne. Er macht Kabarett und dreht ab 1931 auch Filme (u.a. "Il est charmant", "Kadetten", "FP 1 antwortet nicht", "Gl�ck im Schlo�", "Charleys Tante", "Der Dschungel ruft"); insgesamt steht er bis 1945 bei 47 Filmen vor der Kamera. In Berlin agiert er zudem auf den B�hnen der renommiertesten Theater (z.B. Metropol-Theater, Theater am Nollendorfplatz). 1938 hat er Engagements auf der Isle of Wight und in London. 1939 geht er an das M�nchner Staatsschauspiel, nach Wehrmachtstourneen durch Norwegen und Frankreich wechselt er 1943 an die Berliner K�nstlerb�hnen. Kurz vor Kriegsende wird er als Funker zum Milit�rdienst eingezogen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg spielt er an der Kom�die am Kurf�rstendamm und macht wieder Kabarett. Zudem f�hrt er beim neuen NWDR H�rspielregie. 1948 wird er Oberspielleiter beim Sender RIAS Berlin. F�r die Produktionen der M-G-M f�hrt er die Synchronregie und ist die deutsche Stimme von Fred Astair und Gene Kelly. Als Regisseur inszeniert er an Berliner B�hnen und insgesamt 20 Kinofilme (z.B. "Herrliche Zeiten" 1950, "An jedem Finger zehn" 1954, "Heldentum nach Ladenschlu�" 1955, "Der Mustergatte" 1956). Seine Revue- und Schlagerfilme mit Peter Alexander, Caterina Valente, Vico Torriani oder Marika R�kk pr�gen das Genre in den 50er Jahren. F�r das Fernsehen inszenierte er 14 Fernsehfilme und mehrere Serien; er f�hrte aber auch immer wieder B�hnen-Regie. Ab 1961 ("Rosen f�r Marina", Regie Wolf Dietrich) arbeitet er zudem als Darsteller f�r das Fernsehen. Er ist seitdem in vielen Rollen zu sehen und tritt auch in den erfolgreichen Serien "Die f�nfte Kolonne" und "Das Kriminalmuseum" auf. 1968 beginnt er mit der Arbeit, die ihn ber�hmt machen wird: Er ist "Der Kommissar" und spielt ihn in 97 Folgen, von denen er drei auch inszeniert. Nach acht Jahren Kommissar Keller spielt er wieder Theater ("Tod eines Handlungsreisenden", "Des Teufels General", "Pygmalion"), er inszeniert in L�beck und Hamburg. Zwischen 1978 und 1980 spielt er die Hauptrolle in der Fernsehserie "Sonne, Wein und harte N�sse", inszeniert zwei Episoden der Krimi-Reihe "Derrick" und steht 1981 in der Deutsch-�sterreichischen Ko-Produktion "Schuld sind nur die Frauen" (Regie: Eugen York) letztmalig vor TV-Kameras. 1982 erleidet er einen Schw�che-Anfall auf einer M�nchner Theaterb�hne und zieht sich aus dem Berufsleben zur�ck.

Auszeichnungen: "Goldene Kamera" der Zeitschrift H�rzu 1972 und "Bronzene Kamera" 1980, "Goldener Bambi" der Zeitschrift Bild + Funk 1970, 1971, und 1972, Goldener Bildschirm 1972, Bambi in Silber 1975, Selznick-Preis in Silber.

Erik Ode, seit 1942 mit der Wiener Schauspielerin Hilde Volk verheiratet, stirbt am 19. Juli 1983 in Wei�bach/Tegernsee.

Seine Frau, die gro�e B�hnenerfolge in Wien, Berlin und M�nchen feiert, und auch an zahlreichen H�rspielen sowie Fernsehserien mitwirkt, stirbt im Alter von 83 Jahren am 16. Mai 1995 in Spanien.

Gerald Grote


DER KOMMISSAR:

Ein Mann und seine Ausstrahlung

Von Gerald Grote

(Auszug aus dem Buch "Der Kommissar - Eine Fernsehserie und ihre Folgen"
Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag Berlin, Oktober 1999. ISBN 3-89602-311-X)

   
Sch�sse im Hausflur, Schl�ge im Hinterhof, Schreie im Park. Es beginnt jedes Mal mit einem Mord-Opfer, das in Geb�schen, Zugabteilen oder Autos geduldig auf seine Entdeckung wartet. Und der Kommissar ermittelt. Ruhig, besonnen. Bei der Verfolgung von Verd�chtigen und verd�chtigen Spuren zieht er keine Pistole, sondern seine Schl�sse. Das ist f�r die Betroffenen auch viel gef�hrlicher!

Am 3. Januar 1969 begann Kommissar Keller seine �ffentliche Ermittlungsarbeit im ZDF. Um 20.15 Uhr k�mmerte er sich an diesem winterlichen Freitagabend mit seinen Mitarbeitern Walter Grabert, Robert Heines, Harry Klein, Helga Lauer und Fr�ulein Rehbein um einen toten Herrn im Regen. Ein Ermittler neuen Typs war geboren. Ausgestattet mit einer pr�zisen Beobachtungsgabe, zynischem Humor, v�terlicher G�te und einer stets gef�llten Schachtel Zigaretten. Der Mann in schwarz/wei� bekennt Farbe und wird bekannt wie ein bunter Hund.

Vorbild f�r diese Serien-Figur war der franz�sische Kommissar Maigret, dem sein Autor Georges Simenon bereits 1931 mit dem Roman "Pietr-le-Letton" ("Maigret und Pietr der Lette") zu buchst�blichem Leben verhalf. Die ruhige bis betuliche Fahndungsarbeit eines �lteren Polizisten steht hier im Mittelpunkt. Diese besonnene, beinahe bed�chtige Art und Weise der Ermittlungst�tigkeit tr�gt dazu bei, da� die verzwickten F�lle, die bei ihm auf dem Schreibtisch landen, in nachvollziehbarer Gelassenheit und mit �berlegener �berlegung gel�st werden k�nnen. Er begibt sich in die Welt des Verbrechens und w�rzt deren fade Geschmacklosigkeiten mit einer Prise seiner v�terlichen G�te. Seine Einsichten in das Milieu machen die Rechtsbrecher einsichtig. Seine unersch�tterliche Ruhe steht in markantem Kontrast zu den oftmals hektischen Verschleierungsversuchen von T�tern und Tatverd�chtigen, denen er mit immer wieder und h�ufig auch mit Neugier begegnet..

Einige jener Grundelemente adaptierte der Drehbuchautor Herbert Reinecker und reicherte sie mit neuen Details an. Die Melancholie vom Maigret wird in der Person von Kommissar Keller zur deutschen Schwerm�tigkeit, denn es sind h�ufig die famili�ren Institutionen und b�rgerlichen Organisationen, die nicht mehr funktionieren. Der Ermittler trauert seinen Idealen nach und hat die Hoffnung, durch seine T�tigkeit die verlorene heile Welt irgendwo ein wenig zu kleben. Doch jede Scherbe verr�t ihm, da� der Wunsch nach globaler Makellosigkeit, nach lupenreiner Perfektion lediglich ein sentimentaler Traum schlafloser N�chte bleiben mu�. Genau das hat er schweren Herzens akzeptiert. Er beobachtet viel, redet wenig und kann als scharfsinniger Zuh�rer seine Augen sprechen lassen.

Der Drehbuch-Autor wurde zum Schneider, der hier aus buntem Diskussionsstoff feine Ma�anz�ge f�r die Akteure n�hte. Die Handlung war mehr als nur eine knochige Kr�cke, an der sich die Schauspieler auf- und ausrichten konnten. Die vielen Millionen Zuschauer schalteten ihr Fernsehger�t ein, weil sie mit Personen zusammensein konnten, die durchaus auch in ihrer Stadt, in ihrer Nachbarschaft leben k�nnten. Die Bildschirm-Erz�hlung half, die unterschiedlichen TV-Charaktere, die die Zuschauer zu Hause besuchten, etwas n�her kennenzulernen. Dabei wurde von den Konsumenten ein ums andere Mal vergessen, da� jede dargestellte Pers�nlichkeit auf dem Fernsehschirm immer blo� ein Teil einer aufbereiteten Geschichte war und nur ein Bruchteil von dem ist, was das wahre Leben an- und ausmacht.

Das gilt ganz besonders f�r den Hauptdarsteller der Serie. Denn Erik Ode war weit mehr als nur "Der Kommissar" des Fernsehens. Er hatte sich als Regisseur und Schauspieler in unz�hligen Theater-Produktionen einen Namen gemacht, spielte Kabarett und stand bei insgesamt 52 Kino-Produktionen vor und bei 17 hinter der Kamera. Bei drei weiteren Filmen war er sowohl f�r die Hauptrolle als auch f�r die Spielleitung verantwortlich. Er inszenierte auch beim Rundfunk und von Beginn an bei dem sich erst allm�hlich, aber dann immer rasanter entwickelnden Fernsehen. Als Synchron-Regisseur und -Autor arbeitete er f�r Metro-Goldwyn-Meyer-Filme und war die deutsche Stimme f�r Fred Astair und Gene Kelly.

"Es gibt Leute, die den Kopf sch�tteln, wenn sie h�ren, da� ich abwechselnd Schauspieler und Regisseur bin, manchmal auch beides gleichzeitig", erz�hlt Erik Ode. Und auf die h�ufig gestellte Frage, wie denn soetwas eigentlich funktionieren k�nne, antwortet er: "Das wei� ich nicht. Das geh�rt zu der Kategorie Fragen, �ber die man nicht allzu intensiv nachdenken darf. Sonst ger�t man in die Gefahr des Tausendf��lers, der unf�hig ist zu einem einzigen Schritt, sobald er dar�ber nachgr�belt, in welcher Reihenfolge er seine tausend F��e setzen soll."

Trotz seiner vielen Erfolge auf B�hnenbrettern, Leinw�nden und Fernsehschirmen �ber mehr als drei�ig Jahre hindurch, erinnert man sich an Erik Ode haupts�chlich wegen einer ganz bestimmten, einpr�gsamen Darstellung. Sein Kommentar dazu: "Richtig. Ich habe eine gewisse Rolle im deutschen Fernsehen gespielt. Einen Kriminalkommissar mit dem einfachen Namen Keller. Ohne jeden Vornamen oder sonstigen Schmuck. Selbst der Nachname ist kaum von Bedeutung. Eigentlich bleibt von der Figur nur �brig: Der Kommissar."

Der Produzent Helmut Ringelmann sprach im M�rz 1973 in der "Fernsehwoche" �ber die Grund-Idee der neuen Serie: "Wir suchten nach einen Kommissar, der so ganz anders sein sollte als die damals �blichen Krimihelden. Es war die Zeit des ,James Bond� der knallharten �bermenschen, Wir wollten jedoch einen Kommissar der - mal fast poetisch gesagt - aus der Stille kommt." Gab es noch andere Schauspieler, die f�r diese Rolle vorgesehen waren? "Nein. Nur Ode. Ich erinnerte mich - und erinnere mich noch heute - an zwei typische Szenen aus einer Kriminalmuseum-Folge, in der Erik Ode mitspielte. Da ist er als Kommissar Gareis schon genau der Kommissar Keller, wie wir ihn uns damals ertr�umten und wie er dann so popul�r wurde."

Der Produzent hatte seine eigene Neue M�nchner Fernsehproduktion gegr�ndet und begann sofort mit der Arbeit an den ersten sechs Folgen seiner neuen Krimi-Reihe. Die Drehb�cher lieferte Herbert Reinecker, eine Art Hausautor des noch jungen Zweiten Deutschen Fernsehens. Dessen Programmplaner wollten den Popularit�ts-R�ckstand gegen�ber der ARD wettmachen und brauchten Drehb�cher f�r Kriminalfilme. Zuerst kopierte man deshalb die Konkurrenz: Die Idee der extrem erfolgreichen Mehrteiler von Francis Durbridge wurde zu eigenen Stoffen umgewandelt. Herbert Reinecker schrieb drei dreiteilige Fernsehfilme: "Der Tod l�uft hinterher" (1967), "Babeck" (1968) und "11 Uhr 20" (1970). Aber erst mit der neuen Freitagabend-Serie "Der Kommissar" wurde auch sein Autor einer gro�en Zuschauer-Gruppe bekannt.

Auf die Frage, warum er f�r die Hauptrolle Erik Ode wollte, formulierte Helmut Ringelmann: "Die einen fanden ihn zu klein. Die anderen fanden ihn zu alt. Die dritten sagten, er sei ja Regisseur. Die vierten meinten, ein Kommissar w�re er nie. Nur mir gefiel er so gut, da� ich verga�, ihm zu sagen, er sei der Kommissar." Und deshalb erfuhr Erik Ode seine Wahl aus der Zeitung. Mit der dicken �berschrift "Jetzt kommt der neue deutsche Superkommissar" br�llte sich am 2. Januar 1968 die BILD Zeitung in das Bewu�tsein der Leser.

Das war der Beginn einer mehr als sieben Jahre w�hrenden Artikelflut �ber diese auffallend andere Fernseh-Serie, ihre Darsteller und ihre Drahtzieher hinter der Kamera. So schrieb die BILD-Zeitung bereits am 3. August 1968, also f�nf Monate vor Ausstrahlung der ersten Episode: "Mit der gr��ten Krimi-Besetzung, die es je in einer deutschen Fernseh-Krimiserie gab, startet das Zweite Deutsche Fernsehen seine Sendereihe ,Der Kommissar�. Darauf werden sich Millionen Zuschauer freuen." Und an anderer Stelle des Artikels hei�t es: "Das ZDF hofft mit dem ;Kommissar� einen ;deutschen Maigret� auf den Bildschirm zu bringen."

Es war 1968, als die leb- und lieblosen Flie�band-Krimis aus dem Ausland immer weniger Zuschauer fanden. Die gro�e Langeweile kroch in die Wohnzimmer und sorgte daf�r, da� man f�r diese schlaff�rdernden Bildschirmm�tzchen nur noch ein m�des L�cheln �brig hatte. Da sorgte "Der Kommissar" f�r hellwache Momente bei seinen aufgeweckten Zuschauer und erklomm innerhalb nur weniger Monate m�helos den ersten Platz bei den Einschaltquoten. Die Qualit�t der Darsteller und der Darstellung sorgten f�r die Kontinuit�t in der Erfolgsbilanz. Mit einer durchschnittlichen Sehbeteiligung von 71-74% verzeichnete man in den Jahren 1971, 1972 und 1973 ein Traum-Ergebnis. Mehr als 30 Millionen Menschen waren in jedem Fall mit Kommissar Keller dem T�ter auf der Spur. Das veranla�te Joseph Vieh�fer, in seinem Beitrag f�r das ZDF-Jahrbuch 1971 zu formulieren: "Der Erfolg von ;Maigret� wird weit �bertroffen von der Kriminalreihe, die Herbert Reinecker unter dem Titel ;Der Kommissar� schreibt - wohl der gr��te Serienerfolg des europ�ischen Fernsehens �berhaupt."

Die vielen Publikums-Preise machten aus dieser gerngesehenen Krimi-Unterhaltung eine ausgezeichnete Serie. Ging der "Goldene Bambi" 1968 noch an den Autoren Herbert Reinecker f�r seine Drehb�cher zu "Babeck" und "Der Kommissar", erhielten Kommissar Keller und seine Ermittler-Mannschaft diesen Preis dreimal hintereinander (1969, 1970, 1971). F�r seine schauspielerische Leistung bekam G�nther Schramm 1969 zus�tzlich den "Bambi" in Bronze.

W�hrend Erik Ode 1972 mit dem "Goldenen Bildschirm" ausgezeichnet wurde, gab es f�r die Schauspielerin Monica Bleibtreu im selben Jahr eine "Goldene Kamera", unter anderem f�r ihre Leistung in der 51. Kommissar-Folge "Fluchtwege". Au�erdem erhielten die Regisseure, Schauspieler und der Autor 1975 den "Bambi" in Silber. Die vielbeachtete Serie wurde in viele L�nder verkauft, beispielsweise in die Schweiz, die Niederlande, Belgien, Schweden, Venezuela sowie weitere Staaten S�damerikas und geh�rte auch dort zu den anziehendsten Zuschauermagneten.

In einem Gespr�ch f�r "Die Zeit" vom 11. Juli 1975 mit dem Journalisten Ben Witter sagte Erik Ode: "Sechzig Kopien werden von jedem ,Kommissar� gezogen, sie gehen, au�er nach England, in die ganze Welt, und auch in den Ostblock, nach Ungarn, in die Tschechoslowakei und nach Finnland. In vielen L�ndern ist ,Der Kommissar� die Nummer eins. Wir Schauspieler haben dadurch aber keinen Pfennig mehr. Ich kann mir den Erfolg auch nicht erkl�ren, und ich will es auch nicht. W�rde man ihn analysieren, dann w��te man zuviel �ber die Ingredienzien, die den Erfolg machen, und man k�nnte in dieser Sache dann auch keinen Erfolg mehr haben."

Erik Ode beklagte in der "Berliner Morgenpost" die "Beamten-Gage": "Erfolg wird in Deutschland nicht honoriert. Wir alle - ich meine damit s�mtliche ,Kommissar�-Mitwirkende, denn sie haben ja den gleichen Anteil an der erfolg-bringenden Gestaltung - werden nach der vom ZDF diktierten Stopgage abgegolten. Wir bekommen nicht einmal, wie beim Rundfunk oder der ARD �blich, die f�nf Prozent f�r Wiederholungssendungen. Geschweige denn einen Bonus f�r Auslandsverk�ufe!"

Der Produzent Helmut Ringelmann bekam f�r jede Folge vom Fernsehen einen Festbetrag, der anfangs bei 300.000 DM gelegen haben soll und sp�ter auf bis zu 325.000 DM angehoben wurde. Damit mu�te alles bezahlt werden, 13 Drehtage plus Vor- und Nachbereitung. Erik Ode erhielt f�r eine Folge um die 10.000 Mark, sp�ter wurde das Honorar "minimal angehoben", wie er sagte. "Aus dem ,Kommissar� wollte ich manchmal raus, ja raus, raus, aber ich blieb drin. Einige Male bin ich ausgebrochen, habe es aber nicht geschafft, hart zu bleiben, schon aus einem gewissen Abh�ngigkeitsgef�hl heraus gegen�ber der Crew. Und das Geld? Meine Gage war nur durch die Kontinuit�t f�r mich interessant, so viel h�tte ich auch woanders verdienen k�nnen."

Man macht es sich zu einfach, einen der zugkr�ftigsten Serienhelden der deutschen Fernsehgeschichte als "Kripo-Biedermann" ("Der Spiegel") zu titulieren. Denn s�mtliche Krimireihen sind in ihrer Grundstruktur immer konservativ, etabliert und systemkonform. Sie sind dem Heile-Welt-Schema verhaftet und dem Happy-End verpflichtet. Man jagt einen T�ter �ber aberwitzige H�userd�cher, schrille Schrottpl�tze oder hofft, auf Bahnh�fen zum Zug zu kommen. Man verfolgt ihn mit rasant rasenden Autos, fl�gellahmen Flugapparaten und windschiefen Segelbooten, hetzt ihn durch �lige Fabrikanlagen, w�ste W�sten und bizarre Phantsiewelten; man schie�t auf ihn, man k�mpft mit ihm, man sticht auf ihn ein. Was immer auch bei der Strafverfolgung geschehen mag und wie viele R�ck-Schl�ge die Hartn�ckigkeit des Verfolgers auch einstecken mu�, eines wird in einer Fernseh-Krimi-Serie immer so sein: Am Ende l��t man keinen T�ter laufen, der, die oder das Gute hat mal wieder gesiegt.

Jenes traditionelle Charakteristikum des Kriminalfilms kommt nicht von ungef�hr und ist alles andere als aus der oftmals dicken Luft gegriffen. Ein solcher Film will lediglich unterhalten, nichts anderes. Dem Zuschauer soll es m�glichst gut dabei gehen. Er soll sich mit einer Polizei und einer Justiz in Geborgenheit w�hnen, wie sie in Grundz�gen -nat�rlich nicht in der idealen �bersteigerung der Fernsehproduktionen- auch wirklich existieren. Die dargestellten Beh�rden und ihre Vertreter sollen nicht nur gerecht sein, sondern auch funktionieren. Wird in Kriminalfilmen die Polizisten als permanenter Versager und der Justiz-Apparat als mit Fehlern durchsetzte Organisation gezeigt, sinkt die Akzeptanz beim Publikum rapide ab.

Der Kommissar ist stets ein ruhiger Mann, arg wortkarg, symbolisch melancholisch, fachlich-sachlich, auff�llig unauff�llig, l�ssig zuverl�ssig und ... erfolgreich. "Diese gestellte Ruhe", sagt Erik Ode in dem erw�hnten Interview f�r "die Zeit", " ist eine hervorragende Rolle, aber ohne Zigaretten geht das nicht. Und ich bin immer noch j�hzornig und kann Ungerechtigkeiten nicht ertragen, ich bin nicht nachtragend, aber ich vergesse nie, wenn man mich ungerecht behandelt hat."

Erik Ode hat sich ein ums andere Mal mit dem Autoren Herbert Reinecker auseinandergesetzt, diskutiert, um Drehbuch-Inhalte gestritten und um die Ausgestaltung seiner Rolle. "Ich habe in den acht Jahren sehr viel gek�mpft mit dem Autor, gek�mpft um Humor und Leichtigkeit, um eine Art souver�nen Humor. Diese Vaterfigur habe ich eigentlich nicht gewollt, sie ist manchmal so tierisch ernst ... Herr Reinecker hat sein Niveau nie verloren, aber er hat �berhaupt keinen Humor, und wurden irgendwo einmal ein paar Lichter aufgesetzt, waren sie nicht von ihm."

Wenn Wesen ihr Unwesen treiben, hat "Der Kommissar" in jeder Einstellung die richtige Einstellung. Dabei ist er grundlegend anders als seine sch�nen, jungen, sportiven Konkurrenz-Inspektoren aus Amerika. Er vermeidet die schnellere Gangart auf dem Weg zum Ermittlungsziel. Seine gutm�tige Art l��t ihn offen erscheinen f�r die schlummernden, aber in jedem Augenblick erwachenden menschlichen Schw�chen, Laster, Obsessionen. Er gl�ttet die Wogen und bringt all jene im und vor dem Bildschirm wieder zur Besinnung, die all zu vorschnell ihr Urteil abgegeben haben. Und genau darin liegt eines der Geheimnisse f�r den langlebigen Erfolg.

Vierzig bis f�nfzig Personen arbeiteten seit 1968 st�ndig f�r das Projekt "Der Kommissar". Erik Ode beschrieb das in seinem Buch "Der Kommissar und ich" so: "Es gibt in dem Team Menschen, die mir sympathisch sind und andere, die mir weniger sympathisch sind. Mit denen mu� ich auskommen, wie sie mit mir auskommen m�ssen. Das haben wir alle begriffen, und das ist auch unsere Rettung. Nachdem das Ausma� unseres Erfolges feststand, wu�ten wir, da� wir dazu verdammt waren, uns zu vertragen."

Und wie war das eigentlich mit seinen Assistenten? "Es ist nicht so, da� wir auch im Privatleben ein unzertrennliches Kleeblatt bilden. Im Privatleben sind wir durchaus zertrennlich. Es kommt auch viel seltener vor als unser Stammpublikum annimmt, da� wir alle gleichzeitig vor der Kamera erscheinen." Das war wahrscheinlich die Basis f�r die langj�hrige Zusammenarbeit. "Und in den acht Jahren hatten wir ,vier� im ;Kommissar� nie Krach."

Kommissar Keller und seine Helfer gaben der Nation in �u�erst unruhigen Zeiten ein gewisses Gef�hl von Sicherheit und Gewissen. Denn besonders das Jahr 1968 hatte viele und vieles ver�ndert. Die Zeitungen und die Nachrichtensendungen von Radio und Fernsehen brachten besorgniserregende Beunruhigung und belastende Bef�rchtungen in sorgsam gestaubsaugte Wohnzimmer.

In Vietnam w�tete immer noch ein m�rderischer Krieg mit noch m�rderischeren Kriegern; der B�rgerrechtler Martin Luther King wurde erschossen; ein 23j�hriger Mann ver�bte ein Attentat auf den Studentenf�hrer Rudi Dutschke; die Studentenunruhen in Frankreich eskalierten; dem Schlafmittel "Contergan" und sieben leitenden Angestellten machte man den Proze�; tausende von Studenten protestierten gegen die Notstandsgesetze; Senator Robert Kennedy wurde ermordet, Sowjetische Truppen besetzten die Tschechoslowakei: in Biafra starb ein ganzes Volk.

Wenn schon die Politik versagte und ihre protestierende Jugend von den Ordnungskr�ften ordentlich verpr�geln lie�, dabei die Menschlichkeit mit F��en getreten wurde und die Kontrolle au�er Kontrolle geriet, dann war es gut, zu wissen, da� es doch noch etwas gab, auf das man sich ruhig verlassen konnte.

Nichts blieb unerledigt auf dem klotzigen Polizei-Schreibtisch liegen. War auch manche Vorgehensweise ebenso h�lzern wie die Regalbretter in seinem B�ro, so schenkte man diesem Mann und seiner gro�en Erfahrung mit all dem B�sen in der Welt immer gr��te Aufmerksamkeit. Sein Interesse an der menschlichen Trag�die hinter einem Verbrechen brachte ihm gute Quoten und gute Noten. Es war beinahe so, als w�rden die Filme nach der �berf�hrung des T�ters und der Abblende noch ein kleines St�ckchen weitergehen, denn �ber so manche Folge wurde innerhalb der Familien und unter Freunden, aber auch in der Schule, in den Betrieben und in Zeitungsartikeln weiterdiskutiert. Der Kl�rung folgte die Erkl�rung des Verbrechens au�erhalb der Sendezeit.

Angesichts vielfach unges�hnter Verbrechen im wirklichen Leben haben die Zuschauer von Kriminalfilmen h�ufig Rachegedanken, die sie automatisch in ihre W�nsche �ber den weiteren Handlungsverlauf integrieren. Wenn es in der Wirklichkeit schon so wenig gerecht zugeht, dann sollen zumindest die TV-Verbrecher kr�ftig b��en. Das B�se bekommt seine gerechte Strafe und es schleicht sich in die Fernsehsessel ein befriedigendes Gef�hl eines gegl�ckten Vergeltungsschlages; der ahndende Schlu�strich unter die Abrechnung ist gemacht. Der Krimi im Wohnzimmer produzierte etwas bis dahin v�llig Unbekanntes: Fernseh-Gerechtigkeit. Zufrieden, gesch�tzt und mit entsprechendem Abstand durfte man gen��lich zusehen, wenn bestraft wird.

Zwar funktionieren die einzelnen "Kommissar"-Episoden auf �hnliche Art und Weise wie die Produktionen aus England, Frankreich oder den USA, doch im Gegensatz zu ausl�ndischen Serien wurde das Gesehene nun mal vor unseren Haust�ren inszeniert. Das erh�hte die Glaubw�rdigkeit und l�ste ein Gef�hl der Anteilnahme aus. So manches Schicksal gab Anla� zur Besch�ftigung und Diskussion auch noch lange nach der Ausstrahlung im Fernsehen. Die Aussagekraft der Handlungsebenen war wesentlich h�her, charakterliche Eindr�cke tiefer und die Film-Personen wirkten dadurch weitaus plastischer als vieles bislang Dagewesene

"Der Kommissar" ist ein sehr lakonischer Typ, der sich mehr in einen Fall hineinf�hlt als hineindenkt. Er wundert sich eigentlich �ber gar nichts und vermeidet jedes Urteil. Er ist eher ein sanfter Polizist, der nur selten und dann mit gr��tem Unbehagen laut wird. Und er l��t immer mal wieder durchblicken, was von einer Person zu halten ist.

Auf eine Feststellung legte Erik Ode stets ganz besonderen Wert: "Ich bin nicht der Kommissar. Ich spiele den Kommissar. F�r viele Menschen mag das eine andere Wahl der Worte sein, f�r mich ist es jedoch ein entscheidender Unterschied. Der Unterschied ist umso wichtiger, gerade weil die Figur des Kommissars und mein eigenes Ich manchmal fast deckungsgleich sind. Das ist eine Zwillings�hnlichkeit - und wer Zwillinge kennt, der wei� wie stark sie darauf Wert legen, nicht mit dem anderen verwechselt oder gar als Einheit behandelt zu werden."

Erik Ode war stets verwundert �ber die in der Bevolkerung weit verbreitete Annahme, er sei nicht Schauspieler, sondern Polizist: "Damen kommen zu mir und sagen: ,Mir ist meine Handtasche weggekommen, k�nnen Sie nicht mal feststellen, wer das gewesen ist?� M�nner vertrauen mir an: ,Gestern hat das Essen zu Hause so komisch geschmeckt, meine Frau will mich umbringen. Machen Sie mal was.�" Und bei einem Urlaub mit seiner Frau in Tirol wurde dem Ehepaar kurz vor der Abreise aus ihrem Zimmer wertvoller Schmuck und auch Bargeld gestohlen. "Es herrschte allgemeine Verwunderung, da� ich diesen Fall nicht sofort selbst �bernahm und binnen einer Stunde den T�ter fand. Ich rief die Polizei. Die Beamten waren �beraus h�flich und versicherten, sich doppelt zu bem�hen, da ich ja ein Kollege von ihnen w�re."

Um die gravierenden Unterschiede von Herbert Keller und Erik Ode ein f�r allemal darzulegen, ver�ffentlichte der Schauspieler im Jahr 1972 seine Biografie "Der Kommissar und ich", ein 440 Seiten starkes Buch. "Der Titel ist nicht von mir", konnte man am 11. Juli 1975 in der Zeitung "Die Zeit" lesen. "Als ich es schrieb, erkannte ich, da� ich niemals Schriftsteller werden kann. Ich habe etwas zu sagen, komme aber nicht �ber meine Grenzen hinweg, und ich sage mir, was geht das die Leute an. In meinem Stammlokal in Rottach-Egern habe ich das Buch geschrieben, und danach war ich so krank, da� ich wirklich ins Sanatorium mu�te. Ich schrieb das Buch mit absichtlicher Wurstigkeit; man mu� zwischen den Zeilen lesen k�nnen, wenn man es liest. Ich w�rde es nie wieder tun. Ich bin so kontaktarm. Ich habe sehr wenig Freunde. Ich brauche viel Zeit f�r Menschen und umgekehrt. Aber die Menschen m�sen mich deuten ..."

Gegen�ber der "Funkuhr" erkl�rte er im Oktober 1972 seine Schreibflucht aus den eigenen vier W�nden etwas n�her: "Ich habe zwar einen wundersch�nen Schreibtisch zu Hause, in einem gem�tlichen, hellen Arbeitsraum. Aber dort kann ich einfach nicht schreiben, nicht einmal meine Rollen, die ich vor dem Lernen immer mit der Hand abschreibe. Wenn ich arbeite, dann gehe ich lieber in ein Caf� oder ein Gasthaus. Kein Wunder, da� meine Frau schon aus diesem Grund meinen Memoiren sehr skeptisch gegen�berstand. Schlie�lich war ich dadurch noch weniger daheim, doch dann gefiel ihr das fertige Buch doch."

Erik Ode war seit 1942 mit der Schauspielerin Hilde Volk verheiratet. Beide gingen mit gr��tem Engagement ihren Engagements nach, B�hnen-Auftritte hier, Dreharbeiten dort und ausgedehnte Theater-Tourneen. Sie hatten eine Mietwohnung in Berlin. In ihr Haus in Rottach-Egern am Tegernsee kamen sie nur selten zum Urlaubmachen vom Leben aus dem Koffer. Die Ehe blieb kinderlos. "Manchmal waren wir ein bi�chen traurig dar�ber", sinnierte Erik Ode, erg�nzte dann aber: "Und ich hege heute sowieso einige Zweifel, ob ich zu Vater so geeignet w�re. Im Fernsehen mag ich f�r Zehntausende eine absolute Vaterfigur sein, als leicht autorit�rer Kommissar, der seine drei Assistenten wie seine S�hne behandelt. Etwa wie Inge Meysel die alldeutsche Fernseh-Mutter ist und in Wirklichkeit auch keine Kinder hat."

Wie sah sich Erik Ode selbst? "Ich bin doch ein ganz und gar uneitler Mensch, ich bin auch nicht neidisch, und ich bin vierundsechzig und nicht f�nfundsechzig. Ja, ich habe mich zu einem Teil selbst verwirklicht, aber nur zu einem Teil, und ich m�chte h�chstens f�nfundsiebzig werden ... Ob ich sentimental bin? Ja. Ich habe aber keine Freude am Leid."

Die verwendeten Zitate wurden dem 1972 erschienenen Buch von Erik Ode DER KOMMISSAR UND ICH aus dem Verlag R.S. Schulz, M�nchen und Percha entnommen.


Erik Ode - Der Kommissar