Der Traummann wird zum Alptraummmann. Silke Bodenbender spielt �berzeugend eine allein erziehende Lehrerin, die von ihrem vermeintlichen Frauenversteher geschlagen und brutal vergewaltigt wird. Matthias Brandt mimt stark den unberechenbaren Angstmacher. „Eine verh�ngnisvolle Nacht“ zeichnet im Spannungsfeld einer alltagsnahen Wirklichkeit und g�ngiger Thriller-Muster die Ph�nomenologie einer Bedrohung. Die Psychologie wird nicht erkl�rt, ist aber evident. Um Gefallen an diesem dramaturgisch konventionellen ZDF-Movie zu finden, sollte man ihn mehr als Stalker-Drama und weniger als Thriller begreifen.
Foto: ZDF / Marion von der MehdenZu Beginn ist Hannah fasziniert von ihrem Kollegen Bernd. Bodenbender & Brandt
Hannah lebt seit Jahren ohne Partner. Sie ist Lehrerin und kriegt ihre zwei Kinder auch alleine gro�. Obwohl, so ein Mann w�re schon mal wieder was. So wie dieser neue Kollege, Bernd Vossler. Die Freundin sagt, er sei ein Frauenversteher. Und tats�chlich, er ist verbindlich, charmant und kann auch mit Kindern gut. Ein Flirt, ein Date, ein Tag mit Familie. Alles scheint bestens – doch dann mehren sich die Aussetzer. Ohne jede Vorank�ndigung bricht es aus Bernd heraus: Er br�llt, beschimpft Hannah und schl�gt zu – wenig sp�ter die Entschuldigung. Ein Mal vergibt sie ihm. Doch schon der Vers�hnungsabend endet in einer verh�ngnisvollen Nacht. „Als w�rde jemand in seinem Kopf einen Schalter umlegen, und es steht ein fremder Mensch vor dir“, erkl�rt sie die Situation sp�ter ihrer Tochter Paula. Bernd vergewaltigt Hannah brutal in jener Nacht. Er wandert hinter Gitter, doch nach 18 Monaten ist er wieder drau�en – und terrorisiert Hannah weiter. Nun ist sie f�r ihn die Frau, die sein Leben zerst�rt hat. Aber er ist klug. Er w�hlt die sanfte, latente Methode. Angst wird ab sofort Hannahs st�ndiger Begleiter. Sie wird zum Nervenb�ndel. Reicht dies Bernd als Rache?
Foto: ZDF / Marion von der MehdenNach zwei Monaten l�sst sich Bernd zu Handgreiflichkeiten hinrei�en. Dann schl�gt er zu. "Sie sehen wirklich wundersch�n aus, wenn Sie so w�tend sind", sagte der anfangs so charmante Lehrer bei der ersten Begegnung. Das Kompliment kann die Kollegin & alleinerziehende Mutter dem unberechenbaren Mann nicht zur�ckgeben.
Soundtrack: Donald Byrd ("Love Has Come Around"), Electric Playboys ("Little Girl"), The Miles Davis Quintet ("Nuit sur les Champs-�lys�es"), John Legend & The Roots ("Humanity love the way it should be")
„Eine verh�ngnisvolle Nacht“ kommt schnell zur Sache. Gerade denkt man noch: ein sch�nes Paar – da fliegen wenig sp�ter schon die Fetzen. Es folgen Anzeige und Urteilsspruch, dann die Warnung eines Mith�ftlings – und nun beginnt der Spie�rutenlauf der Helden durch ihren Alltag. �berall k�nnte dieser Psychopath lauern. Er k�nnte sich auch an den Kindern r�chen. Der Film zeichnet im Spannungsfeld einer Wirklichkeit, wie sie sein k�nnte, und g�ngiger Thriller-Muster die Ph�nomenologie einer Bedrohung. Erkl�rungen werden wenig gegeben. Der T�ter ist, was er ist, ein Mann ohne Erinnerung an seine Kindheit, mit einer Narbe auf dem R�cken, ein ganz normaler Mann, der seine Wut (vornehmlich gegen Frauen) nicht im Griff hat – das muss reichen. Denn Miguel Alexandre und Harald G�ckeritz erz�hlen aus der Perspektive des Opfers. Dass jene Hannah zum roten Tuch f�r diesen intelligenten Schl�ger wird, ist nicht unplausibel. Frauen, die alles im Griff haben, wecken seinen Zorn. Er wirft ihr vor, dass sie �berkontrolliert sei. Hannah muss offensichtlich als Stellvertreterin b��en. Klar ist aber auch: der Lehrer ist T�ter und voll f�r seine Tat verantwortlich, zeigt er doch keinerlei Anzeichen, gegen seinen krankhaften Aggressionstrieb therapeutisch angehen zu wollen.
Foto: ZDF / Marion von der MehdenEndlich vorbei. Bernd muss ins Gef�ngnis. Doch was ist danach? Ulrike C. Tscharre
Um Gefallen an diesem dramaturgisch sehr konventionellen und in einer bewusst alltagsnahen (Familienfilm-)�sthetik inszenierten ZDF-Movie zu finden, muss man ihn vornehmlich als Fernsehfilm begreifen und ihm weniger mit den Genre-Erwartungen eines Thrillers begegnen. Man muss sich mit dem ver�ngstigten Blick Silke Bodenbenders durch dieses ebenso spannungsreiche wie �berraschungsarme Bedrohungsszenario bewegen. Man muss die Ohnmacht sp�ren, um die Verzweiflung zu verstehen. Das Spiel zwischen Kraftlosigkeit und Depression, zwischen Selbstbestimmung und Lebensmut gelingt Bodenbender sehr glaubhaft – auch Dank einer vorz�glichen Maske. Rote Augen, blasse Wangen und auch die Frisuren nuancieren den Seelenzustand der Figur. Matthias Brandt muss dagegen nur kleine Ausrufezeichen setzen, die �ber den Seelenzustand der Heldin f�r kurze Zeit entscheiden. Wie seine Figur versteht er es wunderbar von charismatisch und freundlich auf brutal und Angst einfl��end umzuswitchen. Dass Brandts Figur kein Black-Box-Psychopath eines TV-Thrillers ist, erm�glicht, dass die Dramaturgie 90 Minuten lang durchh�lt. (Text-Stand: 15.8.2013)
Foto: ZDF / Marion von der MehdenWo sie geht und steht: die Angst, er k�nnte auftauchen. Bodenbender & Brandt
Rainer Tittelbach arbeitet als TV-Kritiker & Medienjournalist. Er war 25 Jahre Grimme-Juror, ist FSF-Pr�fer und betreibt seit 2009 tittelbach.tv. Mehr
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