„Ein Atem“ von Christian Zübert: Trailer und Kritik - WELT
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Film „Ein Atem“

Dieser Film ist eine griechische Gutmenschen-Tragödie

„Ein Atem“ - europäisches Drama mit aktuellem Bezug

Die junge Griechin Elena hofft den Problemen in ihrem Land entfliehen und eine neue Zukunft in Deutschland aufbauen zu können. Doch in ihrer neuen Heimat kommt alles anders als geplant.

Quelle: Wildbunch-Germany

Autoplay
Wir hatten die Griechen schon fast vergessen. In Christian Züberts Film „Ein Atem“ sind sie wieder da. Arm, aber herzlich. Die Deutschen dagegen: reich und hartherzig. So schlicht kann Kino sein.

Die Griechen. Da sind sie wieder. Die hatten wir ja hinter den vielen Flüchtlingen völlig aus den Augen verloren. Bei den Griechen ist aber, wie man aus Christian Züberts Film erfährt, trotz der nach wie vor fließenden Milliarden nichts besser geworden. Die Finanzkrise: noch da. (Nur diesen Stinkefinger zeigenden Finanzminister sind sie losgeworden.) Die Griechen: frustriert.

Zum Beispiel Elena Theodorakou (Chara Mata Giannatou), die, wenn wir sie kennenlernen, gerade gefeuert wird und ihren Freund Costas (Apostolis Totsikas) nicht dazu kriegt, den Ernst der Lage zu begreifen und mit ihr nach Deutschland zu fahren. Der jobbt als Stadtführer bei Athens Crisis Tour und findet sein Leben offenbar ganz angenehm.

Leider ist die Arbeitgeberin eine hysterische Zicke

Da fährt Elena eben allein. Eine Freundin hat ihr einen Job in einem Frankfurter Klub besorgt. Pech nur, dass der Besitzer eine medizinische Untersuchung fordert, weil er an „uneingeschränkt arbeitsfähigem“ Personal interessiert ist.

Elena geht also zum Arzt. Der stellt fest, dass sie schwanger ist. Geld für eine Abtreibung hat sie keins, das will sie bei einem Übergangsjob zusammenkratzen. Also wird sie Babysitter bei Jan (Benjamin Sadler) und Tessa (Jördis Triebel).

Tessa (Jördis Triebel) ist überzeugt, dass Elena ihre Tochter entführt hat, deshalb setzt sie in Athen eine Belohnung aus
Tessa (Jördis Triebel) ist überzeugt, dass Elena ihre Tochter entführt hat, deshalb setzt sie in Athen eine Belohnung aus
Quelle: Wild Bunch

Leider ist die kleine Lotte ein Schreikind (man möchte nicht wissen, mit welchen Mitteln die Kleine immer wieder dazu gebracht wird, dicke Tränen zu weinen) und die Arbeitgeberin eine hysterische Zicke. Elena gibt trotzdem ihr Bestes.

Das reicht nicht. Als sie in die Bäckerei rennt, wird Lotte – Zufälle gibt’s! – aus der Kinderkarre entführt. Elena fackelt nicht lange. Sie schnappt sich ihre Sachen und fährt zurück nach Athen. Und dann geht die Geschichte eigentlich erst richtig los.

Kaltherzige Deutsche, geschundene Griechen

Die nachfolgenden wilden Volten lassen wir hier mal weg, falls sich jemand das Drama trotzdem angucken will, dem Zübert („Vollidiot“, „Dreiviertelmond“) den prätentiösen Titel „Ein Atem“ gegeben hat.

Der Regisseur sagt über seinen Film: „Nur Drama, nur Leid, Verzweiflung und Depression ermüden den Zuschauer. Deswegen braucht so ein Film auch leichte, warmherzige Momente, Szenen in denen man durchatmen, schmunzeln oder mit den Figuren das Leben genießen kann.“

Wie bringt man ein Kleinkind nur so zum Weinen? Jan (Benjamin Sadler) mit Lotte
Wie bringt man ein Kleinkind nur so zum Weinen? Jan (Benjamin Sadler) mit Lotte
Quelle: Wild Bunch

Keine Ahnung, was der Mann unter Witz, Warmherzigkeit und Durchatmen versteht – wir sehen eigentlich nur Schwarz-Weiß: kalte Deutsche, geschundene Griechen.

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Offenbar wird die griechische Finanzkrise jetzt verstärkt im Kino bearbeitet. Gerade lief ja Arno Lehmanns „Highway to Hellas“, das war zwar eine Inselklamotte, aber die hat uns dank Christoph Maria Herbst immerhin zum Lachen gebracht und auf den letzten Metern sogar zu Freudentränen gerührt.

Figuren wie aus einem schlechten Fassbinder-Film

Davon ist Zübert, der das Drehbuch gemeinsam mit seiner Frau geschrieben hat, Lichtjahre entfernt. Während die schöne Griechin wie eine Schmerzensmadonna daherkommt, wirken Sadler und Jördis wie Figuren aus einem schlechten Fassbinder-Film, die krude Texte aufsagen. Er: „Wozu das Ganze – für so’n paar Euro?“ Sie: „Damit ich nicht von so’nem Arschloch wie dir abhängig bin. Verpiss dich!“

Geld allein macht nicht glücklich. Das ist die Botschaft dieser von vielen Gutmenschen inszenierten Tragödie. Und damit es jeder begreift, wird dick aufgetragen. Belohnungsgeld fließt, Blut auch. (Am Ende wird es richtiggehend ruppig!)

Und die Moral von der Geschichte ist, dass es in einem armseligen Häuschen am Meer tausend mal mehr Empathie und Herzlichkeit gibt als in einer zentralgeheizten deutschen Designerwohnung. Das ist schlicht. Ein bisschen zu schlicht.

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