Charité-Oberarzt muss wegen Totschlags ins Gefängnis

Nach Tod zweier Patienten

Charité-Oberarzt muss wegen Totschlags ins Gefängnis

Nach dem Tod zweier Patienten ist ein Oberarzt der Berliner Charité zu vier Jahren Haft verurteilt worden.

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Oberarzt verurteilt: Blick auf den Eingang des Charité Campus Virchow-Klinikum in Berlin.
Oberarzt verurteilt: Blick auf den Eingang des Charité Campus Virchow-Klinikum in Berlin.Sebastian Gollnow/dpa

Das Landgericht Berlin sprach den 56 Jahre alten Herzmediziner am Freitag des zweifachen Totschlags schuldig. Nach Überzeugung des Gerichts hat der Facharzt für Innere Medizin 2021 und 2022 auf einer kardiologischen Intensivstation einen Patienten und eine Patientin (beide 73) mit einem überdosierten Narkosemittel getötet.

Das Gericht blieb mit seinem Urteil deutlich unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Diese hatte wegen Mordes in zwei Fällen eine lebenslange Freiheitsstrafe für den Mediziner beantragt. Zudem forderte Staatsanwalt Martin Knispel, ein lebenslanges Berufsverbot gegen den 56-Jährigen auszusprechen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Verteidigung des Mediziners hatte auf Freispruch plädiert. Das Verhalten ihres Mandanten sei nicht die Ursache für den Tod der jeweils 73 Jahre alten schwerstkranken Menschen gewesen, sagte Rechtsanwältin Ria Halbritter am Freitag in ihrem Plädoyer. Beide Patienten hätten sich in einer „aktiven Sterbephase“ befunden. In so einer Situation sei es erlaubt, auf eine palliative Therapie umzustellen.

Der Mediziner hatte die Vorwürfe im Prozess zurückgewiesen. Er habe beiden zur Leidensminderung ein Sedierungsmittel verabreicht. Das sei nicht in den Mengen erfolgt, wie sie in der Anklage genannt werden. Er sei sich sicher, „das Leben der Patienten nicht verkürzt zu haben“, sagte der Arzt. Vorzuwerfen habe er sich nur, in den angeklagten Fällen die Gabe von Propofol nicht dokumentiert zu haben, erklärte er.

Ein anonymer Hinweis brachte den Fall ins Rollen

Der Oberarzt war von der Charité im August 2022 freigestellt worden. Seit Mai 2023  sitzt er in Untersuchungshaft. Ins Visier der Ermittler war der 56-Jährige nach einem anonymen Hinweis geraten. Nach Charité-Angaben war dieser im Rahmen eines Whistleblower-Systems mit Vertrauensanwälten eingegangen. Dorthin können sich Beschäftigte der Klinik wenden, die Ungereimtheiten bemerken.

Mitangeklagt in dem Fall war eine Krankenschwester wegen Beihilfe zum Totschlag in einem Fall. Gegen die 39-Jährige hatte das Gericht das Verfahren nach viermonatigem Prozess gegen eine Geldauflage von 1500 Euro eingestellt. In ihrem Fall komme kein vorsätzliches Handeln in Betracht, begründete das Gericht seine Entscheidung. ■