Lieder | Die Dreigroschenoper
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Die Seeräuber-Jenny

Einleitung

Während der Feierlichkeiten zu ihrer Hochzeit mit Mackie Messer trägt Polly Peachum ein Lied vor, um die anwesenden Gäste zu unterhalten (vgl. Akt 1, Szene 2). In diesem Lied schlüpft sie in die Rolle des Abwaschmädchens Jenny, das von einem besseren Dasein als Seeräuberbraut träumt. Ein Schiff mit acht Segeln, fünfzig Kanonen und hundert Piraten befreit sie aus den Fängen der Stadt und tötet auf ihren Befehl hin die Bevölkerung.

Das Lied von der Seeräuber-Jenny gehört zu den bekanntesten Songs der »Dreigroschenoper«, obwohl Brecht es bereits vor deren Entstehung in Zusammenarbeit mit dem Komponisten Franz Bruinier schrieb. 1926 wurde die Ballade erstmals von der Schauspielerin Carola Neher im Rahmen einer Radiosendung vorgetragen. Ein Jahr später schuf Kurt Weill eine neue musikalische Fassung. 2003 verarbeitete der dänische Regisseur Lars von Trier die Geschichte des Liedes in seinem Spielfilm »Dogville«.

Die Ballade knüpft an das traditionelle Küchenlied an, welches die Sehnsüchte und Rachefantasien im Leben eines Dienstmädchens thematisiert. Der Wunsch nach Ausbruch und Rache gestaltet sich bei Brecht jedoch weitaus drastischer. Darüber hinaus finden sich Märchen- und Sagenmotive im Lied der Seeräuber-Jenny wieder. Jennys Erlösung durch die Piraten erinnert an Dornröschen, ihr kärglicher Alltag als Dienstmagd an die Geschichte vom Aschenputtel. In der Entführung der Königstochter in der nordischen Kudrun-Sage finden sich ebenso inhaltliche Parallelen wie in Richard Wagners Opern Der fliegende Holländer und Lohengrin.

Aufbau und Inhalt

Im Erstdruck der »Dreigroschenoper« von 1928 umfasst das Lied drei Strophen mit zwei Mal zwölf und ein Mal dreizehn Versen. Für die Textfassung von 1934 fügte Brecht nachträglich eine Strophe hinzu, die er an dritter Stelle einfügte. Zudem hob er den Refrain, bestehend aus den jeweils letzten drei Versen einer Strophe, vom übrigen Text ab und fasste zwei Verse der zweiten Strophe zu einem Vers zusammen. Dadurch ergab…

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Die Moritat von Mackie Messer

Entstehung und Vertonung

Die »Moritat von Mackie Messer« gilt als bekanntestes und am häufigsten interpretiertes Lied der »Dreigroschenoper«. Sie wurde während der Probenarbeiten zur Uraufführung 1928 vermutlich auf Wunsch des Schauspielers Harald Paulsen verfasst, der den Macheath verkörperte.

Brecht schrieb den Text innerhalb eines Tages und ließ ihn von seinem Komponisten Kurt Weill vertonen. 1954 übersetzte der amerikanische Regisseur Marc Blitzstein die Moritat ins Englische und machte sie durch seine erfolgreiche New Yorker Inszenierung weltweit bekannt. Bis heute existieren zahlreiche Interpretationen namhafter Künstler, wie Frank Sinatra, Hildegard Knef, Sting und Robbie Williams. Dabei wurde das Lied zum Sinnbild des sogenannten »Dreigroschenkomplexes«.[1]

Ursprünglich wurden sechs Strophen mit jeweils vier Versen des lediglich als »Moritat« betitelten Songs vertont. Die Komposition der Musik übernahm Kurt Weill. In der neueren Druckfassung von 1932 veröffentlichte Brecht noch drei zusätzliche Strophen und änderte den Titel in »Die Moritat von Mackie Messer«. Darüber hinaus ließ er das Stück mit dem Lied eröffnen, strich also die Ouvertüre aus dem Erstdruck von 1928. Dies hatte zur Folge, dass der Song eine besondere dramaturgische Funktion erfüllt. Die Zuschauer werden gewissermaßen auf die Besonderheiten des Stückes vorbereitet, auf dessen epischen Charakter, den Schauplatz der Londoner Unterwelt sowie die darin vorkommenden Figuren. 1948 bearbeitete Brecht den Song ein zweites Mal:…

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Merkmale der anderen Lieder

Im Folgenden werden die wichtigsten Merkmale einiger weiterer ausgewählter Songs der »Dreigroschenoper« zusammengefasst.

Vernunft versus Emotionen

Eine übergreifende Eigenschaft der Gesangseinlagen ist die Betonung der Vernunft in Abgrenzung zur gefühlsbetonten Oper. Dies äußert sich nicht nur in der Art und Weise des Vortrags. So formuliert beispielsweise der »Anstatt-daß-Song« (Akt 1, Szene 1) auch inhaltlich den Appell, dass man sich nicht von unreflektierten Emotionen leiten lassen sollte.

Das Ehepaar Peachum, welches das Lied zum Besten gibt, kritisiert darin nicht nur die Verbindung ihrer Tochter mit Mackie Messer, sondern vielmehr die Liebe als solche. Die Gefühle der Zuneigung werden übertrieben verkitscht, ironisiert und verspottet. Die Emotionalität wird dem zweckrationalen Handeln gegenübergestellt: „Anstatt daß Sie was täten, was ´nen Sinn hat und ´nen Zweck, machen sie Spaß und verrecken dann natürlich glatt im Dreck“ (S. 19). Das im »Anstatt-Daß-Song« erwähnte pseudo-romantische Motiv des Mondes über Soho greift Brecht erneut im »Liebeslied« (Akt 1, Szene 2) zwischen Polly und Mackie auf ebenso wie im »Barbara-Song« (Akt 1, Szene 3).

Andeutungen

Darüber hinaus sind einige Lieder mit schlüpfrigen Andeutungen versehen. …

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