„Doppelzimmer f�r drei“ (ZDF / ndF Berlin) b�ndelt einige typische Probleme von Frauen zwischen 40 und 50, bereitet sie weitgehend im aufgekl�rten „Psychologie heute“-Modus auf und komprimiert sie narrativ & filmisch recht geschickt – Ergebnis: ein „M�delsfilms“, der Freundschaft als alles �berstrahlendes Motiv in den Mittelpunkt stellt und der wohl nur was f�r die Zielgruppe sein d�rfte. Der Film ist stimmig besetzt, wechselt zwischen tiefem Drama, sympathischer Wohlf�hlstimmung und gelegentlich etwas alberner Komik, er kommt ohne tr�nendr�senseligen Kitsch und ohne moralische N�tigung aus. Br�gel und Orr erz�hlen entsprechend mit Witz, mit Ernst, mit Toleranz & gesundem Pragmatismus. Die Dramaturgie passt, die Erz�hlung ist fl�ssig, angenehm beil�ufig, und – nat�rlich – wird alles gut.
Foto: ZDF / Boris LaewenBusenfreundinnen Anne (Simone Thomalla) und Hilde (Gesine Cukrowski) beim Fotoshooting mit ihrer anderen guten Freundin Conny (Nadine Wrietz). Die ben�tigt coole Fotos f�r ihr Social-Media-Profil. Noch scheint die Welt in Ordnung zu sein.
Wie k�nnte wohl Anne (Simone Thomalla) endlich ihre Trauer �berwinden? Das fragen sich ihre besten Freundinnen Hilde (Gesine Cukrowski) und Conny (Nadine Wrietz). Vor einem Jahr ist Annes gro�e Liebe Nico (Matthias Komm) von einem Lastwagen �berfahren worden, bevor er ihr etwas „Wegweisendes“ f�r ihre Beziehung offenbaren konnte. Sie war Augenzeugin des Ungl�cks. Der Schock hat ihr den Geschmacks- und Geruchssinn geraubt. Ein Jahr lang hat sich die Sommeli�re einer renommierten Hamburger Wein-Bar durchgemogelt. Doch jetzt ist Schluss! Kein Job, kein Mann, kein Kind – aber da sind ja noch die befruchteten Eizellen, die das Paar in Amsterdam hat vor Jahren einfrieren lassen, f�r Zeiten, die besser passen f�r ein Kind. F�r Anne aber hat es offenbar nie so richtig gepasst, w�hrend sich Nico sehr viel sehnlicher ein Kind gew�nscht hat. „Ein Baby als Verm�chtnis“, die romantische Conny ist hin und weg. W�hrend die vern�nftige Hilde entsetzt ist: „Du willst kein Kind von Nico, du kannst nur nicht loslassen.“ Dennoch begleitet auch sie ihre Freundin nach Amsterdam, wo diese sich zwei Eizellen einsetzen l�sst. Im Verlauf der gemeinsamen Tage kommen nun auch die Probleme und latenten Frustrationen der so unterschiedlichen Freundinnen ans Tageslicht. Die eine baut auf eine Phantasiewelt, die andere verdr�ngt ihre Bed�rfnisse zum Wohle der Familie. Macht sich vielleicht auch Anne was vor?
Foto: ZDF / Boris LaewenIn Amsterdam kommt ein Jahr nach dem Tod von Annes gro�er Liebe ein Mann (Boissevain) ins Spiel. Beil�ufig. Er wird Annes Entscheidung nicht beeinflussen.
„Doppelzimmer f�r drei“ b�ndelt einige typische Probleme von Frauen zwischen 40 und 50, bereitet sie weitgehend im aufgekl�rten „Psychologie heute“-Modus auf und komprimiert sie narrativ und filmisch recht geschickt – mit dem Ergebnis eines zeitgeistnahen „M�delsfilms“, der die Freundschaft als alles �berstrahlendes Motiv in den Mittelpunkt stellt. Die H�ufung der Problemlagen mag durchaus etwas Didaktisches und sicher auch etwas Kalkuliertes besitzen – etwa unter dem Motto: „Wer Vieles erz�hlt, wird vielen Zuschauerinnen etwas geben.“ Doch bei Joseph Orrs Fernsehfilm nach dem Drehbuch von Melanie Br�gel („Bella“-Reihe mit Sawatzki) wird dadurch, dass jede der Frauen ihre eigene Geschichte hat und jeder im Verlauf der Handlung �hnlich viel Raum gegeben wird, der Selbstfindungsaspekt herk�mmlicher „Eine-Frau-geht-ihren-Weg“-Plots deutlich in den Hintergrund gedr�ngt. Die dargestellten Frauenbilder (barocke Romantikerin mit Selbstwertproblemen, androgyne Sch�nheit mit Lust-Hemmung und die Synthese: eine „normale“ Frau im Dauerstress zwischen Kopf & Bauch) sind ziemlich offensichtlich, vor allem aber im Sinne von augenscheinlich. Sie werden sinnlich vermittelt durch die sehr stimmige Besetzung und die abwechslungsreiche Kombination der drei Frauengeschichten und deren unterschiedlichen Tonlagen. Dazu geh�rt auch der kluge Wechsel zwischen Dreier-, Zweier- und Einzelszenen, in denen sich schlie�lich jede der drei Frauen allein bew�hren muss. Diese Abwechslung ist nicht nur dramaturgisch von Vorteil, sie ist auch „realistisch“: Erst holt man sich Unterst�tzung bei den Freundinnen, in dem entscheidenden Moment muss man die Situation dann aber selbst meistern.
Foto: ZDF / Handwerker Foto: ZDF / Laewen Foto: ZDF / Laewen����� mal h�bsch albern
����� Gesine Cukrowski�� mal �u�erst ernsthaft
�� Simone Thomallamal ziemlich geradeheraus
Nadine Wrietz als Conny
Was spricht eigentlich dagegen, dass Filme, insbesondere Fernsehfilme, auch ein St�ck weit „Lebenshilfe“ sein k�nnen? In Kritikerkreisen scheint so etwas offenbar verp�nt zu sein. Vielleicht ja nur deshalb, weil diese Art von Filmen von den Neubauerschen Herz-Schmerz-Schmonzetten der 00er-Degeto-Jahre belastet ist. Weshalb ist das alltagsnahe Reflektieren �ber das eigene Leben jenseits vom gesellschaftsrelevanteren Themenfilm so gar nichts wert im Gegensatz zur „nur“ spannenden Krimiunterhaltung? Weshalb sich nicht ein bisschen wiederfinden in einem Film? Oder zu Wertungen und Haltungen, die so eine Dram�die locker vermittelt, in Gedanken Stellung beziehen? Die Nase sollte man also nicht beim Sujet r�mpfen, sondern allenfalls bei der Machart. Bei „Doppelzimmer f�r drei“ erfolgt die Aufbauhilfe f�r die Seele erfreulicherweise ohne tr�nendr�senseligen Kitsch und ohne moralische N�tigung. Br�gel und Orr erz�hlen abwechselnd mit Witz, mit Ernst, mit Toleranz und gesundem Pragmatismus. Dieser Tonarten-Mix geh�rt gewiss zum Konzept des Films, beim Zuschauen aber ergibt er sich allein aus den Geschichten. Geradezu vorbildlich sind die narrativen Motive der Frauen ineinander verschr�nkt und sie werden auch filmisch fl�ssig miteinander verbunden. Da mag einiges inhaltlich erwartbar und ziemlich konventionell sein (im Kino k�nnte man so eine Geschichte noch atmosph�rischer und sprunghafter erz�hlen), dennoch wirken diese Erlebnisse in Amsterdam immer auch ein wenig fl�chtig, zuf�llig, angenehm beil�ufig und alltagsnah: Man wei� nie so genau, was als N�chstes kommen wird.
Foto: ZDF / Boris LaewenUnd Rubens hatte doch recht! Das m�ssen herrliche Zeiten gewesen sein. Heute hingegen traut sich Conny (Nadine Wrietz) zu flirten nur mittels eines Fake-Profils.
„Doppelzimmer f�r drei“ ist eine Dram�die, die wechselt zwischen tiefem Drama, sympathischer Wohlf�hlstimmung und zur Albernheit neigender Komik (Hildes „Polizeieins�tze“ und vor allem ihre Haschkeks-Abenteuer), die allerdings aus den Charakteren kommt und die man sich deshalb gefallen lassen kann. In den letzten 15 Minuten hellt sich die Geschichte deutlich auf. An diesem Film zeigt sich einmal mehr, dass f�r dieses aufgekl�rte Befindlichkeitsfernsehen mit Reflexionszugabe das Sujet Reise stets produktiv ist. Amsterdam im Herbst – auch das ist eine gute Wahl f�r eine solche nachdenkliche Geschichte und sorgt (insbesondere mit seinen Nachtbildern) f�r eine leicht melancholische Stimmung. Erster H�hepunkt ist eine Bettszene im Halbdunkel, in der die Kamera zwischen den K�pfen der beiden �ltesten Freundinnen des Trios, Anne (Thomalla) und Hilde (Cukrowski), hin und her schwenkt und in der es um den hohen Preis geht, ihr Hausfrauendasein, den die Ex-Polizistin f�r ihre Familie zahlt. In dem Film wird viel geredet, was im Wesen des Genres liegt, es wird aber auch einiges dem Bild �berlassen. So gibt es in Amsterdam eine Situation, die dem Unfall mit Annes Mann nachempfunden ist; doch diesmal erfasst der Lkw das geliebte Gegen�ber nicht. Diese Szene wird nicht weiter erkl�rt, sie hat allein die Funktion, sowohl die Heldin als auch den Zuschauer an das alte Gef�hl zu erinnern, zu schocken und dann emotional zu entlasten. Dramaturgisch wirkt der Film insgesamt sehr durchstrukturiert. Und es gibt noch weitere interne Bez�ge. So plaudert Hilde einmal am�siert �ber ihr erstes Mal, auf einer Behinderten-Toilette. Auf eben einem solchen �rtchen wird Conny nach drei Jahren wieder Sex haben. Und bei ihr, die unter ihrem �bergewicht leidet, und dem Objekt ihres Begehrens, Ralf, der Mann mit Platte & Haarkranz unter dem Cowboyhut, bekommt die Behinderten-Toilette noch zus�tzlich Sinn. Jedes Problem kriegt eine L�sung. Am Ende nimmt jeder der drei Nena beim Wort, denn Liebe/Gl�ck wird aus Mut gemacht – und alles wird gut.
Foto: ZDF / Boris LaewenDie Rollenbilder im Film werden auch schon auf den ersten Blick transportiert: barocke Romantikerin mit Selbstwertproblemen, androgyne Sch�nheit mit Lust-Hemmung, die Synthese: eine normale Frau im Dauerstress zwischen Kopf & Bauch.
Rainer Tittelbach arbeitet als TV-Kritiker & Medienjournalist. Er war 25 Jahre Grimme-Juror, ist FSF-Pr�fer und betreibt seit 2009 tittelbach.tv. Mehr
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