Deutschland. Ein Sommermärchen
Sönke Wortmann ('Das Wunder von Bern') hat die deutschen Kicker während der WM mit der Videokamera begleitet - mit phänomenalem Ergebnis.
Cast & Crew
Redaktionskritik
Sönke Wortmann („Das Wunder von Bern“) hat die deutschen Kicker während der WM mit der Videokamera begleitet – mit phänomenalem Ergebnis
Die Spiele, die Euphorie, die Tore, die Partys: Wer die Magie, die sich während der Fußball-Weltmeisterschaft über ganz Deutschland legte, noch einmal spüren möchte, für den ist dieser Film ein Muss. Und man kommt nicht umhin, seinen Macher Sönke Wortmann ein bisschen zu beneiden. Während wir unseren Helden vom Stadionsitz aus oder vor den Bildschirmen zujubelten, durfte er zwei Monate hautnah bei ihnen sein – vom Vorbereitungscamp auf Sardinien bis zur großen Abschlussfeier in Berlin.
Was Wortmann und sein Co-Kameramann Frank Griebe („Das Parfum“) einfingen, ist mit nichts zu vergleichen, was über die Fernsehsender an die Öffentlichkeit gelangte. Dies ist der ungefilterte Blick auf einen Haufen sympathischer Jungs im Abenteuerland, das gefilmte Protokoll eines Unterfangens, das nach außen zwar staatstragende Züge hat, hinter den Kulissen aber mitunter an die Stimmung bei einer Klassenfahrt erinnert.
So amüsieren wir uns mit Bastian Schweinsteiger, der frech ins Hotelzimmer von Lukas Podolski eindringt, um seinen Langschläfer-Kumpel aus dem Bett zu schmeißen. Wir leiden mit Oliver Neuville, der nicht pinkeln kann, wenn ihm ein Doping-Kontrolleur dabei zusieht. Wir freuen uns mit David Odonkor, dem es am Morgen nach dem Polen-Spiel vor lauter Grinsen kaum gelingt, sich die Zähne zu putzen.
Dazu bekommt man eine Ahnung vom logistischen Aufwand des ganzen Unternehmens, von der Professionalität der Fitnesstrainer, Psychologen und Ernährungsfachleute. Man bekommt Respekt vor Joachim Löws Taktikkenntnissen und Jürgen Klinsmanns Motivationskünsten. Und man darf immer wieder ins Allerheiligste blicken: in die Umkleideka-
binen, wo Kameras sonst nie hinkommen.
Eine Sequenz aus der Kabine in Dortmund steht gleich am Anfang des Films: Da fährt die Kamera über die Gesichter der Spieler. Maßlose Enttäuschung ist darin zu sehen, Raubein Torsten Frings laufen Tränen übers Gesicht. Soeben ist der Traum vom Titel geplatzt, statt Deutschland steht Italien im Endspiel. Als Zuschauer denkt man unwillkürlich daran, wo man selbst in jener Nacht des 4. Juli 2006 gewesen ist und trauert mit der Mannschaft. Dieser bewegende Beginn ist im Prinzip der einzige dramaturgische Kniff des Regisseurs, der die Ereignisse ansonsten chronologisch erzählt. Aber er reicht aus, um der Dokumentation das Gewicht eines Spielfilms zu verleihen. „Natürlich wäre der Titel das Größte gewesen“, sagt Sönke Wortmann. „Aber für einen Film war der Verlauf der WM optimal.“
Zu seinen unvergesslichen Momenten zählt auch ein Satz von Jürgen Klinsmann. „Wir Deutschen“, so der (Ex-)Bundestrainer, „wollen am liebsten das Erreichte festhalten und uns für neue Erfolge nicht so anstrengen wie früher.“ Dass Anstrengung nicht nur Erfolg, sondern auch eine Menge Spaß bringen kann, dafür ist dieser Film ein eindrucksvolles Dokument.
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