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Kultur Bibi und Tina

Das tat fast noch mehr weh als der Film

Freier Autor
„Einfach Anders“: Bibi und Tina „Einfach Anders“: Bibi und Tina
„Einfach Anders“: Bibi und Tina
Quelle: DCM/Andreas Schlieter
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Schon wieder „Bibi & Tina“: Nun läuft der fünfte Teil der Reiterhof-Reihe im Kino. Diesmal sollen schwererziehbare Jugendliche die ländliche Idylle aufmischen. Doch selbst dieser Konflikt hilft dem Plot nicht weiter. Schmerzlicher als das Drehbuch ist nur das Fazit einer 10-Jährigen.

Wenn Sie eine Tochter oder eine Enkeltochter zwischen acht und zwölf haben, kommen Sie wahrscheinlich um diesen Film nicht herum. Denn „Bibi & Tina“ sind in der Altersgruppe ungemein beliebt. Bibi ist die etwas erwachsenere Version der früheren „kleinen Hexe“ Bibi Blocksberg. Tina ist ihre beste Freundin, die auf einem Reiterhof lebt. Bibi ist vermutlich um die vierzehn – alt genug, um schwärmerisch verliebt zu sein; jung genug, um Pferde vorzuziehen. Gespielt wird sie von der 21-jährigen Katharina Hirschberg; ihre Freundin Tina von der 19-jährigen Harriet Herbig-Matten. Beide waren schon vor zwei Jahren die Stars der „Bibi & Tina“-Serie, die auf Amazon Prime lief.

Und die wiederum war der – erfolgreiche – Versuch von Regisseur Detlev Buck, seinem „Bibi & Tina“-Franchise – vier Kinofilme mit insgesamt sieben Millionen verkauften Tickets – neues Leben einzuhauchen. Im Zuge dieser vier Filme war vor allem Bibi-Darstellerin Lina Larissa-Strahl ein wenig zu mondän geworden. Wenigstens für ein Konzept, das auf die vermeintlichen Interessen vorpubertärer Mädchen setzt: Reiterhof, Landleben, beste Freundinnen, etwas Liebe, aber kein Sex, das Ganze mit echt deutschem Klamauk aus der Mottenkiste verrührt.

Eine dümmliche Figur nach der nächsten

Gegen den Erfolg lässt sich nicht anstinken. Und doch fragt man sich, ob ein Film so schlecht sein muss wie „Bibi & Tina - Einfach anders“, um beim Zielpublikum anzukommen. Dass Pferde, Sommer, idealisiertes Landleben, Mädchenfreundschaften und unschuldige Liebe sein müssen: geschenkt. Müssen aber ein dümmlich-weltfremder Graf, sein dümmlich-loyaler Diener, ein dümmlicher Trickbetrüger und zu allem Überfluss ein dümmlicher Alien sein, um den Mangel an Plot-Ideen zu überspielen?

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Zudem beherrscht Katharina Hirschberg alias Bibi nur einen einzigen Gesichtsausdruck: ein breites Lächeln, das vermutlich süß sein soll. Sie lächelt beim Reiten, lächelt bei der Kartoffelernte, lächelt beim Betrachten der Sterne, lächelt beim Anblick eines Aliens, lächelt beim Hexen – das kann nach zwei Stunden sehr nerven.

Hätte man den Alien, den verblödeten Grafen, den dusseligen Diener und den rachsüchtigen Trickbetrüger weggelassen (dass man für Vierzehnjährige auch Vierzehnjährige castet, wäre wohl zu viel verlangt), so hätte Drehbuchautorin Bettina Börgerding mit dem Rest vom Plot vielleicht etwas anfangen können: Eine Gruppe „schwer erziehbarer“ Jugendlicher aus der Großstadt soll auf dem Martinshof durch Reiten, Stall Ausmisten und gesunde Landluft weniger schwer erziehbar werden. Aber Börgerding ist eben kein Erich Kästner. Und so werden die tausend Möglichkeiten, die sich aus der Konfrontation der sozialen Wirklichkeit des heutigen Deutschlands mit der Reiterhof-Idylle von vorgestern ergeben, auf sträfliche Weise verschenkt.

Der einzig Interessante bleibt stumm

Zwischendurch scheint Börgerding oder Buck aufgefallen zu sein, dass ihr Film allzu blütenweiß ist. So haben sie einen Schwarzen in die Gruppe der Großstadtjugendlichen geschmuggelt. Vorsichtshalber bekommt Leander Lesotho die Rolle des durch den Unfalltod der Eltern traumatisierten „Silence“, der stumm bleibt und nicht etwa von Rassismus- oder Ausgrenzungserfahrungen erzählen kann. Stattdessen vergiftet er aus Unwissenheit Tinas Pferd. O Mann!

Vermutlich um die durch Hirschberg und Herbig-Matten vertretenen Rollenklischees auszugleichen, ist eine der Problemjugendlichen eine Wissenschaftsfanatikerin. „Spooky“ (sic!) zeichnet sich durch eine große Brille, ungelenke Bewegungen und Schüchternheit aus. Die Dritte im Bunde ist „Disturber“ (döh), eine Art Protest-Punkerin. Aber es stellt sich heraus, dass sie nur deshalb so renitent ist, weil ihre Mutter, anstatt sich um ihre Tochter zu kümmern, eine Karriere als Motorradrennfahrerin verfolgt. Geht natürlich gar nicht. O Mann!

Ich ging mit einer Expertin in den Film, einem zehnjährigen Mädchen. Sie sagte nachher, der Film habe ihr gefallen. Das tat fast noch mehr weh als der Film selbst. Vielleicht aber hat sie es nur aus Höflichkeit gesagt, um mich nicht zu enttäuschen. Ich kann es nur hoffen. Solchen Schrott darf man Kindern eigentlich nicht zumuten.

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