Theodor Storm: Der Schimmelreiter (1888)



www.martinschlu.de


Kulturgeschichte - 19. Jahrhundert - Storm - Der Schimmelreiter


zur�ck

Einleitung und Vorbereitung
Erz�hlung des Schulmeisters
Unterbrechung, Trin' Jans
Haukes kommt zum Deichgrafen
Haukes Gespr�ch mit Elke
Eisboseln und Ole Peters
Eisboseln, Vers�hnung mit Trine
Tod Tede Haiens, Haukes Erbteil
Begr�bnis und Nachfolge
Hauke als Deichgraf
Das Pferd von Jever
Haukes Schimmel
Der neue Deich
Deichbau
Nachwuchs
„etwas lebigs -Wienke
Sturm und Untergang
Materialien
Pappes Vorlage
Rungholt
Liliencrons Gedicht

Text als pdf-Datei

Theodor Storm
Der Schimmelreiter (Novelle, 1888) - 18. Sagentext aus Schleswig-Holstein

zur�ck - weiter

Vor langen, langen Jahren geschah es einmal, da nach einem strengen Froste im Februar pl�tzlich starkes Tauwetter einsetze. Dazu gesellte sich ein furchtbarer Nordwest, der die grimmen Wogen mit gewaltigen Eismassen gegen den Eiderstedter Deich trieb. Die Einwohner sahen voll Angst dem kommenden Ungl�ck entgegen. In der Nacht war der Deichgraf auf seinem Schimmel mit den Deichleuten zu einer gef�hrdeten Stelle geritten und gab ruhig und wohlgemut seine Befehle. Aber ob viele flei�ige Menschenh�nde gleich rastlos arbeiteten, um einen Deichbruch zu verhindern, so mut�e der Deichgraf doch erkennen, da das M�hen auf die Dauer vergeblich war. Er befahl, in einiger Entfernung den Deich durchzustechen und die Wogen freiwillig einzulassen, damit kein gr��eres Unheil angerichtet w�rde. Die Deichleute waren starr vor Entsetzen und weigerten sich; da fuhr er sie zornig an: �Ich trage die Verantwortung, und ihr habt zu gehorchen.� M�rrisch f�hrten sie den Befehl aus, aber als die See brausend durch den Deich brach und immer gr��ere Landfl�chen bedeckte, flammte der Zorn der Friesen auf, und sie bedrohten den Deichgrafen mit schrecklichen Verw�nschungen. Der aber gab seinem Schimmel die Sporen, und Ro� und Reiter st�rzten in die Brake hinab und wurden nicht mehr gesehen. Alsbald schlossen m�chtige Eisschollen den Durchstich, auch legte sich der Sturm, und die Wasser traten langsam zur�ck an die Ufer.

Manchmal haben n�chtliche Wanderer einen Reiter auf einem Schimmel aus dem Bruch hervorkommen sehen. Das ist der Deichgraf, der noch immer an st�rmischen Tagen wiedergeht und den Deich entlang reitet, als wolle er die Menschen vor einem nahen Ungl�ck warnen.

__________

Storm hatte 1838 eine Vorlage gelesen oder geh�rt, die in "Pappes Lesefr�chten" abgedruckt war
(Lesefr�chten vom Felde der neuesten Literatur des In- und Auslandes. (Ernsten und fr�hlichen Inhalts.) Gesammelt von J.J.C. Pappe, Jahrgang 1838, Zweiter Band. Hamburg, 1838, S. 125-128. ).
Jahrzehnte sp�ter, als er den Schimmelreiter bearbeiten wollte, konnte er trotz aller Bem�hungen nicht mehr an die Ausgabe kommen und schrieb die Novelle im Prinzip so, wie er sie Jahrzehnte fr�her geh�rt oder gelesen hatte. Die �hnlichkeiten sind frappierend.


 zur�ck - Anfangsseite