Weltanschauung ist ein Schlüsselbegriff philosophischer Diskurse der Zeit um 1900, der weit über den Bereich der Philosophie hinausreicht und beansprucht, umfassende kulturelle Phänomene beschreiben und analysieren zu können. Wilhelm Dilthey gibt diesem Begriff seine wohl prägnanteste Gestalt, wenn er ihn einer Typologie der scheinbar anarchisch gegenüberstehenden philosophischen Systeme zugrunde legt (Dilthey 1931b, S. 75) und mit diesem Begriff „in dem Menschen den inneren Zusammenhang ihrer [der Philosophie] Erkenntnisse“ suchen möchte (Dilthey 1931b, S. 78). In diesem Programm verbindet er den Weltanschauungsbegriff mit den Grundbegriffen und Grundideen seiner Lebensphilosophie. Um 1900 wird dieser Begriff, der bei Kant und in der Epoche des Deutschen Idealismus aufkommt (Thomé 2002, 2004) breit entfaltet und nicht nur zur retrospektiven Klassifikation, sondern auch für die kritische Analyse der eigenen Zeit und für die Entwicklung neuer Weltanschauungen eingesetzt. Allen diesen Versuchen ist gemeinsam, dass eine „Weltanschauung“ eine nicht-reduzierende Einheitsfunktion beansprucht: Eine Weltanschauung deckt alle Aspekte menschlicher Aktivität ab und verbindet insbesondere die Dimensionen des Rationalen und Anschaulich-Emotiven zu einer Einheit; sie „impliziert […] einen Geltungsanspruch, der sich nicht allein auf die Deduktion aus Begriffen oder auf empirische Forschung stützt, sondern auch einen intuitiven Einschlag hat“ (Thomé 2004, S. 456).

Einigermaßen überraschend ist vor diesem Hintergrund, dass Simmel diesem Begriff selbst wenig Aufmerksamkeit widmet. Allerdings trägt Simmels letzte Publikation, die „vier metaphysischen Kapitel“, die er 1918 unter dem Titel Lebensanschauung zusammenfasste, einen Begriff im Titel, der eng mit dem Weltanschauungsbegriff verbunden ist und vielfach ohne weitere Diskussion als Alternative zu „Weltanschauung“ gebraucht wird, aber terminologisch sehr viel weniger präzise festgelegt ist als „Weltanschauung“ – wieder allerdings mit der einigermaßen überraschenden Wendung, dass Simmel selbst den Begriff Lebensanschauung in seiner Publikation nicht explizit zum Thema macht.

Simmels eigentümliche Weise, den Begriff der Weltanschauung zwar aufzugreifen, aber vergleichsweise wenig prominent zu gebrauchen, und der Lebensanschauung die titelgebende Rolle einer seiner anspruchsvollsten Publikationen zu geben, ohne diese Rolle selbst weiter ausdrücklich auszuarbeiten, gibt ihm den begrifflichen und argumentativen Raum, innerhalb eines bereits gut abgegrenzten begrifflichen Feldes und unter Berufung auf in jeder Hinsicht klassisch gewordene ikonische Figuren – die von ihm immer wieder herangezogenen Bezugsautoren und Bezugspersonen Kant und Goethe – eine sehr eigene Perspektive zu entwickeln.

Max Frischeisen-Köhler, Autor eines umfassenden und sehr nuancierten Nachrufs auf Simmel (Frischeisen-Köhler 1920), der auch eigens auf den Begriff Lebensanschauung eingeht (Frischeisen-Köhler 1920, S. 11), und Herausgeber eines der definierenden Sammelbände zum Thema Weltanschauung (Frischeisen-Köhler 1911), findet es naheliegend, Simmels Philosophieauffassung mit Diltheys Weltanschauungslehre zu vergleichen. In seinem Sammelband sind sowohl Dilthey als auch Simmel mit eigenen Beiträgen vertreten, Simmel mit seinem Text Zum Problem der religiösen Lage (GSG 12). Frischeisen-Köhler betont, dass beiden „gemeinsam […] das Erfassen des Zusammenhangs von Leben und Metaphysik, das Sichhineinversetzen in Leben als Mittelpunkt der philosophischen Systeme, der Rückgang auf letzte Stellungnahmen des Geistes zur Wirklichkeit, durch welche sich gewisse Seiten der Welt aufschließen“, ist (Frischeisen-Köhler 1920, S. 43; Gerhardt 1971). Eine weitere Gemeinsamkeit zwischen Dilthey und Simmel wird sichbar in dem beispielsweise von Husserl gegen Dilthey gerichteten Vorwurf des Relativismus, der aus Husserls Kritik an der Idee herrührt, dass unterschiedliche und inkompatible Weltanschauungen doch nebeneinander bestehen können (Husserl 1987, S. 41).

Allgemein kennzeichnend für den Weltanschauungsdiskurs der Zeit um 1900 ist, dass die umfassenden Einheitsansprüche, die alle Weltanschauungen erheben, auf der Grundlage der Resultate einzelwissenschaftlicher Arbeit erreicht werden sollen, die das 19. Jahrhundert kennzeichnen und die durch ein Weltanschauungsdenken nicht abgewiesen werden sollen. Frischeisen-Köhler gibt wiederum eine exemplarische Formulierung für diesen Sachverhalt: „Aber das Bedürfnis, über die Einzelerkenntnisse, welche die wissenschaftliche Forschung erarbeitet hat, zu einer Gesamterkenntnis des Zusammenhangs der Dinge, in welchem wir uns befinden, fortzuschreiten, das Verlangen, die Fragmente und Bruchstücke, die der Mensch in seiner Hand hält, zu einem sinnvollen Ganzen zu ordnen, in welchem das Verhältnis in unserer Lebenserfahrung zu unserem Weltbilde sich klärt, ist unausrottbar“ (Frischeisen-Köhler 1911, S. IX). Mit diesem Argument werden um 1900 sowohl aus geistes- als auch aus naturwissenschaftlicher Sicht Weltanschauungsentwürfe vorgelegt; Ernst Haeckel und Wilhelm Ostwald sind prominente Beispiele (Breidbach 1998; Ziche 2001, 2012). Mit dem Stichwort der „wissenschaftlichen Weltauffassung“ bettet sich noch das sog. Manifest des Wiener Kreises von 1929 in diese Tradition ein (Neurath 1973; Mormann 2013).

Für eine Kontextualisierung der simmelschen Konzeption von Weltanschauung bietet sich ein Blick auf Diltheys Werk an. Diltheys Werk enthält die wohl einflussreichsten Analysen des Weltanschauungsbegriffs. Dilthey unterscheidet in seinem Manuskript über Das geschichtliche Bewußtsein und die Weltanschauungen (Dilthey 1931a) terminologisch nicht zwischen „Lebens-“ und „Weltanschauung“, ebenso wenig beispielsweise wie Bernhard Groethuysen, ein Autor, der sowohl mit Dilthey als auch mit Simmel in Kontakt stand (Groethuysen 1927). In seiner programmatischen Publikation über die Typen der Weltanschauung und ihre Ausbildungen in den metaphysischen Systemen (Dilthey 1931b), die Frischeisen-Köhlers Sammelband eröffnet, setzt Dilthey dann eindeutig mit dem Weltanschauungsbegriff ein, wobei das „Leben“ auch hier grundlegend bleibt für die Entstehung von Weltanschauungen: „Die letzte Wurzel der Weltanschauung ist das Leben“ (Dilthey 1931b, S. 78). Dilthey kodifiziert in diesem Text ein „Bildungsgesetz“ für Weltanschauungen, das von dieser Wurzel im Leben, genauer von der Tatsache, dass alle individuellen Ausprägungen des Lebens einheitliche Strukturen erkennen lassen, ausgeht und über die aus der „Besinnung über das Leben“ entstehende „Lebenserfahrung“ und ein „Weltbild“ hin zur Weltanschauung führt (Dilthey 1931b, S. 78–87). Signifikant ist in diesem Prozess insbesondere die Rolle des „Weltbildes“, das der herausragenden Bedeutung wissenschaftlicher Erkenntnis Rechnung tragen möchte: Jeder Weltanschauung liegt ein „aus unserem auffassenden Verhalten“ (Dilthey 1931b, S. 83), also aus unserer theoretischen Erkenntnis der Welt erwachsendes Verständnis der „Grundverhältnisse des Wirklichen“ zugrunde. Dieses umfassende, aber noch einseitig theoretische Weltbild wird zur Weltanschauung, wenn es im Durchlaufen der „Stufen des Gefühlsverhaltens“ zur „Grundlage der Lebenswürdigung und des Weltverständnisses“ wird, wenn also das theoretisch erkennende Weltbild zu einem umfassend zusammenhängenden Ganzen wird, das theoretische, emotive und motivationelle Aspekte zugleich abdeckt, wenn also ein „konstante[s] Verhältnis zwischen Weltbild, Lebenswürdigung und Willenszielen“ entsteht (Dilthey 1931b, S. 85).

1 Zum Problem einer Definition von Weltanschauung bei Simmel

Am explizitesten und prominentesten gebraucht Simmel den Begriff Weltanschauung in seinen Texten zu Kant und Goethe. Gebraucht wird dieser Begriff im Titel seines Aufsatzes Über Goethes und Kants moralische Weltanschauung von 1908 (GSG 8), wobei kurioserweise der Text selbst diesen Begriff nicht einmal nennt, in Einheit und Zwiespalt. Zeitgemäßes in Goethes Weltanschauung von 1915 (GSG 13) und in Kant und Goethe. Zur Geschichte der modernen Weltanschauung, in dritter Auflage 1916 erschienen, aber, allerdings ohne den Untertitel, bereits 1906 vorgelegt (GSG 10; GSG 8). Andere Texte zu Kant und Goethe verwenden den Weltanschauungsbegriff ebenfalls, etwa Was ist uns Kant? von 1896 (GSG 5) oder eine frühere Arbeit zu Kant und Goethe von 1899 (GSG 5), im Titel noch ohne den Begriff der Weltanschauung, aber eingegangen in die Publikationen zu Kant und Goethe von 1906 bzw. 1916, ebenso wie die großen Monographien zu Kant und Goethe (GSG 9, 15). Prominent, wenn auch nicht eigens erörtert, wird der Begriff „Weltanschauung“ im Schlusssatz von Vom Wesen des menschlichen Verstehens positioniert (GSG 16, 179).

Simmel gibt in seinen Werken kaum echte Definitionen des Begriffs Weltanschauung, sondern entzieht diesen Begriff immer wieder einer einfachen und eindeutigen Festlegbarkeit: Wenn die Funktion des Weltanschauungsbegriffs im ganzheitlichen Übergreifen eindeutig hierarchisch gerichteter Strukturen liegt, soll Weltanschauung wohl auch nicht in der Form traditioneller Definitionen festgelegt werden. Immer wieder greift Simmel dabei typische Begriffe des Weltanschauungsdiskurses auf, Begriffe wie Einheit, Harmonie, Leben, die Rolle des Lebensgefühls, in vielfachen Variationen und in Formulierungen, die diese typischen Begriffe in neuer Form verbinden.

In der Version von Kant und Goethe von 1899 gibt Simmel eine Formulierung, die mehr als viele andere in seinem Oeuvre einer Definition des Begriffs Weltanschauung nahekommt: „Wenn es das Ziel jeder Weltanschauung ist, das erste regellose Ineinander und Außereinander der Weltelemente zu einer Harmonie und gegenseitig befriedigtem Sinn Aller überzuführen, so haben Kant und Goethe dieses gemeinsame Ziel, der Eine durch die Gerechtigkeit der Grenzsetzung zwischen ihnen, der Andere durch die Einheit des Sichdurchdringens erreicht – und gerade darum auch befriedigend erreichen können, weil Jeder von Ihnen die Thatsache des entgegengesetzten Prinzips anerkennt“ (GSG 5, 461). Im selben Text variiert Simmel die Einheitsbegrifflichkeit und greift zugleich die typische zweischrittige Struktur von theoretischer Weltkenntnis und darauf aufbauender höherstufiger Einheitlichkeit auf, wenn er beispielsweise „mannigfaltige Versöhnungen“ von „Weltelementen“ (GSG 5, 463; GSG 10, 147) einfordert und die „metaphysische Einheit“ bespricht, die für Goethe durch „alles Sein hindurchgeht“ (GSG 5, 469). Die Komplexität der Allgemeinheitsvorstellungen, die Simmel bei Goethe findet, wird deutlich, wenn Simmel sowohl die Metaphysik mit dem Emotionalen verbindet und von einem „metaphysischen All-Gefühl“ spricht als auch zu dieser bereits weitreichenden Formulierung noch eine Dimension hinzufügt, wenn er die „allzuschnelle Übertragung“ dieses Gefühls „auf empirische Verhältnisse“ bei Goethe „durch ein ästhetisches Moment ergänzt“ sieht (GSG 10, 153). Simmel greift hierbei sogar auf eine fast mystische Terminologie des Geheimnisses zurück; es ist eindeutig, dass Weltanschauungen keine strikt logisch strukturierten Einheiten darstellen – für Goethe „scheint jene geheimnißvolle Einheit aller Existenz, an der die Philosophie von jeher herumgetastet hat, […] den Inhalt des Lebensgefühls selbst ausgemacht zu haben“ (GSG 5, 472). Simmel verwendet auch den Begriff „Mysterien“ selbst (GSG 10, 137).

Wichtige Charakteristika des Weltanschauungsbegriffs bei Simmel werden in Was ist Kant? benannt, wenn Simmel eine „Verflüssigung“ des starren Weltbildes (GSG 5, 156) fordert und hiermit die von Dilthey her bekannte zweistufige Struktur Weltbild-Weltanschauung mit einem wieder neuen, metaphorischen Einheitsbegriff belegt. Die Operation, die zu Weltanschauungen führt, ist – wie bereits die Metapher des Verflüssigens und der zitierte Verweis auf das Geheimnis nahelegt – sicher nicht abstrakt-diskursiv begrifflicher Art: „Aber um diese begrifflichen Schwierigkeiten kümmern sich die Weltanschauungen in ihren letzten Aufgipfelungen nicht“ (GSG 16, 187).

In der wohl eingehendsten eigenen Erörterung des Weltanschauungs-Begriffs, in seiner Publikation über Lebensanschauung, rekonstruiert Simmel das Entstehen einer typisch „moderne[n] Weltanschauung“ (GSG 16, 234; Frisby 1990): Was nicht in dem „fest umschriebenen Raum […] unterkommen [kann]“, wie der Mensch „ihn als erfüllt durch seine unmittelbar eigene, nach innen zentrierte Substanz empfindet“, wurde früher zu Gestalten einer „transvitalen Sonderexistenz[] verfestigt“, und wird nun „durch eine ungeheure Achsendrehung in das Leben selbst zurück“ verlegt (GSG 16, 234). In dieser umkehrenden oder kompensierenden Bewegung bleibt eine dualistische Grundlage erhalten; ein weiterer Schritt ist erforderlich, in dem Simmel nun die Mechanismen der Weltanschauungsbildung in Stellung bringt: „Hier nun ist der Versuch gemacht, das Leben als ein solches zu begreifen, welches die Grenze gegen sein Jenseits stetig übergreift und in diesem Übergreifen sein eigenes Wesen hat, der Versuch, an diesem Transzendieren die Definition des Lebens überhaupt zu finden, die Geschlossenheit seiner Individualitätsform zwar festzuhalten, aber nur, damit sie in kontinuierlichem Prozeß durchbrochen werde.“ (GSG 16, 234) Wesentlich hierbei ist, dass der zunächst gänzlich vage Begriff der Einheit, der bereits einem populären oder rein theoretisch gefassten Weltbegriff zugrunde liegt, aber zunächst „ein ganz ohnmächtig abstrakter Begriff ist“ (GSG 16, 236–237), spezifiziert wird zu einer „bestimmte[n] Einheit“ (GSG 16, 237): „Philosophische ‚Welt‘-Anschauungen entstehen, indem diese noch etwas diffuse Einheit sich in scharf bestimmte, exklusive Höchstbegriffe konzentriert“ (GSG 16, 237). Diese philosophische Spezifizierungsleistung beschreibt Simmel in typischen, nicht begrifflich festgelegten Prozeduren: „Er kann nur dadurch realisiert werden, daß eine bestimmte Einheit, ein angebbares Prinzip, ein irgendwie differenziertes Gesetz, eine Färbung oder Rhythmik, ein nachfühlbarer Sinn die einzelnen Realitäten zusammenfaßt“ (GSG 16, 237). Begriffe der hermeneutischen Tradition wie ein fühlbarer, also wiederum nicht theoretisch-kognitiv umschriebener „Sinn“, nicht lokalisierte und nicht atomistisch reduzierbare Wirklichkeitsaspekte wie „Färbung“ oder „Rhythmik“ (GSG 16, 175; GSG 10, 138) sowie die im vierten Kapitel von Lebensanschauung ausführlich thematisierte Idee eines individualisierten Gesetzes kommen hier neben scheinbar deutlicher präzisierten Begriffen wie dem eines „angebbaren Prinzips“ zu stehen. In der Herausbildung einer Weltanschauung werden, wenn man diese Aufzählung ernst nimmt, philosophisches Prinzipiendenken und die Offenheit typischer Weltanschauungsbegriffe ununterscheidbar zusammengeführt.

Die einzelnen Begriffsbestandteile von „Welt-“ bzw. „Lebensanschauung“ werden bei Simmel ebenfalls thematisiert, ohne zu einer prägnant abgegrenzten Definition zu kommen. Die Begriffe des „Lebens“ und der „Welt“ spielt Simmel in vielfältigen Variationen durch, wobei er sie immer wieder mit unterschiedlichen Einheitsbegrifflichkeiten verbindet. Typische Konzepte sind: Weltansicht, Lebensansicht, Lebensprobleme, Lebensgefühl, Lebensprozeß, Lebensbetrachtung, Lebensform, Lebensströmung, Lebensgebilde, Lebensinhalt; Weltstellung, Welt-Ganzheiten, Welt-Totalität, Weltgestalt. Typische Einheitsbegriffe, wie sie auch bei Dilthey und anderen Weltanschauungsdenkern prominent begegnen, wie Gesamtbild, Zusammenhang, Gefüge, Beziehungssystem finden sich in unterschiedlichsten Kontexten in Simmels Werk. In Lebensanschauung präzisiert Simmel auch den zweiten Bestandteil von Weltanschauung, die Anschauung. Auch auf dem Niveau von Anschauung wiederholt sich das typische Muster der Entstehung einer Weltanschauung; eine Weltanschauung ist also für Simmel durch das traditionelle Muster einer Kombination theoretischer Gesamterkenntnis mit einer anschaulich-emotiven Zusatzdimension noch nicht hinreichend bestimmt, da die Anschauung selbst noch nicht imstande ist, die erforderliche Form bestimmter Einheit zu erreichen. Normale Formen von Anschauung bleiben für Simmel fragmentarisch, sie abstrahieren „von der ganzen Fülle und reinen Konsequenz des anschaulichen Phänomens als solchen“ (GSG 16, 272). Das „angeschaute Ding“ kann in eine „Lebenstotalität“ verschmelzend eingebettet werden, aber diese Einbettung ist selbst noch nicht automatisch Verdienst seines anschaulichen Charakters. In diesem Sinn sind für Simmel das Kunstwerk und die künstlerische Anschauung reicher, komplexer, auch wahrhaftiger als die übliche Anschauung, genau wie in der Herausbildung einer Weltanschauung eine Form von Bestimmtheit erreicht wird, die über die Theorie-Anschauungs-Dichotomie hinausgeht.

2 Kant und Goethe – Simmels Umdeutung des Weltanschauungsbegriffs

Die spezifische Signatur von Simmels Weltanschauungsbegriff lässt sich am besten anhand seiner Diskussion der Personen, Werke und Weltanschauungen Kants und Goethes herausarbeiten (Frischeisen-Köhler 1920; Bleicher 2007; Levine 2012; Weik 2017). Simmel präsentiert diese Personen und ihre Weltanschauungen als gleich umfassend und gleich gültig, aber tiefgreifend unterschieden. Sowohl Goethe als auch Kant bieten gültige Lösungen für den Subjekt-Objekt-Gegensatz an, der die moderne Zeit kennzeichne, wobei die Weltanschauungen dieser beiden „größten Geister“ (GSG 10, 141) diese Einheit in genau entgegengesetzter Richtung erreichen wollen (GSG 10, 132). Die Einheitsbegriffe des Weltanschauungsdiskurses führen für ihn also gerade nicht zu einer spannungsfreien Harmonie. Wie sich zeigen wird, will Simmel genau die umgekehrte Richtung gehen: Nur ein Akzeptieren und Austragen von Spannungen, ohne diese (etwa in einem hegelschen Sinn) zu transzendieren, kann eine wirklich umfassende Weltanschauung ermöglichen. Anhand der Figur Goethes wiederholt Simmel denselben argumentativen Schritt auch in seiner Analyse dieser einen Person: Was Goethe kennzeichnet, ist für Simmel das Umsetzen tiefer und tief erlebter Spannungen in eine Haltung, die Simmel immer wieder als „selbstverständlich“ und „beruhigt“ beschreibt (GSG 15, 30; GSG 16, 224; GSG 10, 125). Hieraus ergibt sich ein wichtiges Kennzeichen des Weltanschauungsbegriffs: Der Diskurs über Weltanschauungen auf allgemeinstem Niveau und die Analyse individueller Weltanschauungen sind von jeweils derselben Dynamik zwischen Spannung und Beruhigung gekennzeichnet, genau wie Simmel bereits in der philosophischen Analyse des Entstehens einer Weltanschauung wiederum die Grundstruktur des Weltanschauungsdenkens in seiner verbindenden Doppelung von theoretischen und emotiven Dimensionen iteriert hatte.

Wieder ist der Vergleich mit Dilthey, der Goethe ebenfalls immer wieder als Leitfigur behandelt, besonders aufschlussreich. Dilthey bespricht Goethe anhand eines als „wunderbar“ erfahrenen Einheits- und Harmonieerlebnisses: „Indem ich nun das Verhältnis von Leben, Lebenserfahrung, Phantasie und dichterischen Werken in Goethe auszusprechen suche, ergreift mich wieder vor allem die wunderbare Einheit und Harmonie in diesem Dasein. Es gibt in ihm kaum Rätsel und Dissonanzen. Das Leben ist ein Wachstum nach einem inneren Gesetz, und wie einfach ist dies Gesetz, wie regelmäßig und stetig wirkt es!“ (Dilthey 2005, S. 129) Dilthey bezeichnet Goethe, im Rückgriff auf eine biologische Begrifflichkeit, die hier zugleich eine abstrakte Bedeutung erhält, als den „Organismus Goethe“ (Dilthey 2005, S. 126) und verwendet hierzu auch den Weltanschauungsbegriff: „Erleben, Lebenserfahrung, Lebensideal streben nun aber von Goethes Frühzeit ab, sich in einer Weltanschauung zu festigen“ (Dilthey 2005, S. 156). Goethe gelingt es, den scheinbaren Widerspruch zwischen künstlerischer und wissenschaftlicher Kultur zu überwinden (Dilthey 2005, S. 156), und dies sei möglich durch „Zusammenhang eines im Erfahren wirksamen Denkens“ (Dilthey 2005, S. 163).

Im Vergleich zu Diltheys Goethe-Bild wird deutlich, wo Simmels Interpretation abweicht und er damit zugleich den Weltanschauungsbegriff neu deutet. Die Einheit zwischen der Person Goethes und den Gestalten seiner Dichtung hebt auch Simmel hervor (GSG 8, 421). Er verwendet dabei Begrifflichkeiten, die sich auch bei Dilthey finden, betont aber, dass die Einheitlichkeit von Goethes Weltanschauung gerade nicht als „Wunder“ verstanden werden sollte und dass die Einheitlichkeit seines Wirkens nur vor dem Hintergrund einer stets anwesenden und als „ungeheuer“ bezeichneten „Chance der Spannung“ verstanden werden könne (GSG 15, 22): Die Existenz Goethe zeichne aus, „daß die Inhalte ihres Wirkens an jedem Punkt ein Einheitliches sind, mag man sie von der Seite des Lebensprozesses und als dessen natürliche Ergebnisse betrachten oder von der idealen Ordnung her, unter die sie als Sachgehalte gehören und als hätten diese Normen sie gebildet, wie gleichgültig gegen die lebendig-persönliche Vermittlung“ (GSG 15, 22). Eine auf ein theoretisches Weltbild und eine auf persönliche Eigenschaften orientierte Perspektive fallen hier also, bei aller Unterschiedenheit, zusammen. Gerade auch in seiner künstlerischen Dimension stellt sich Goethes Werk als eine erstaunliche, einmalige, aber eben nicht sich als „Wunder“ präsentierende Selbstverständlichkeit dar, da sich bei Goethe der Prozess der Verbindung von Kunstform und Lebenswirklichkeit in einmaliger Weise als Selbstverständlichkeit präsentiere: „Bei Goethe aber scheint dieser Prozeß sich mit einer so selbstverständlichen Unmittelbarkeit, einer souveränen Ungestörtheit durch Kategorien anderer Richtung vollzogen zu haben, und vor allem über eine so weite Gesamtheit einer höchst differenzierten Existenz hin, wie bei keiner uns sonst bekannten Erscheinung“ (GSG 15, 30).

In Kant und Goethe formuliert Simmel präzise, in welcher Hinsicht die Weltanschauungen von Kant und Goethe dasselbe erreichen: Bei Kant und Goethe „haben sich zwei Weltanschauungen gebildet, deren Einheitsgedanke jenem Dualismus [zwischen Subjekt und Objekt] unparteiischer gerecht wird [als der Dualismus von Materialismus und Spiritualismus]: die Kant’sche und die Goethe’sche“ (GSG 5, 446–447; GSG 10, 123). Diese Formulierung verdient gerade in ihrer Vagheit eine präzise Lektüre: Simmel benennt hier den Einheitsgedanken im Singular, genau wie im Untertitel der 1916er Version von Kant und Goethe, wo die „moderne Weltanschauung“ im Singular angeführt wird (Bleicher 2007) und identifiziert damit, bei aller Unterschiedenheit von Kants und Goethes Weltanschauungen, die diesen zugrundeliegenden Einheitskonzepte. Zugleich weist er darauf hin, dass die Einheitsfunktion dieser Weltanschauungen den Dualismus von Subjekt und Objekt nicht überwindet oder aufhebt, sondern diesem vielmehr „gerecht wird“. In einer anderen, ähnlich prägnanten und zugleich schwer präzise greifbaren Formulierung arbeitet Simmel die Vergleichbarkeit der Weltanschauungen Goethes und Kants gerade im Hinblick auf ihre Differenzen und nicht auf ihre „Verwandtschaft“, die als nur „scheinbar“ bezeichnet wird, heraus: „In dieser Konsequenz zeigen die beiden Weltanschauungen auch in Bezug auf die Grenzen des Erkennens die gleiche Entgegengesetztheit bei scheinbarer Verwandtschaft“ (GSG 5, 457; GSG 10, 136). Nicht die Einheitsfunktion der Weltanschauungen begründet die Äquipollenz der beiden Weltanschauungen, sondern gerade die Weise, wie sie sich entgegensetzend zu anderen Weltanschauungen verhalten – Simmel zeichnet anhand von Goethes und Kants Weltanschauungen also gerade kein Bild bloßer Harmonisierung.

3 Systematische Implikationen von Simmels Weltanschauungsbegriff: Pluralistische Überwindung des Relativismus

Das Grundproblem des Weltanschauungsdiskurses, mindestens seit Dilthey, besteht in der Konstatierung, dass gleichzeitig und nebeneinander eine Vielheit von Weltanschauungen bestehen kann, jede mit einer deutlichen Individualität auftretend, aber zugleich einen umfassenden Anspruch erhebend. Typischerweise erörtert Simmel auch das Individualismusproblem unter Berufung auf die „Lebensbilder“ Kants und Goethes (GSG 13, 299–306). Die Problematik dieses doppelten Ziels spricht sich beispielsweise aus, wenn Diltheys Weltanschauungsdenken, etwa durch Husserl, des Relativismus geziehen wird. Simmels Umgang mit dem Weltanschauungsbegriff zeigt, dass er genau diese Herausforderung aufgreift. Auch bei Simmel können unterschiedliche Weltanschauungen nebeneinander bestehen, wie er im Blick auf das Nebeneinander divergenter Kant-Interpretationen explizit und prominent am Ende seines Kant-Buches formuliert: „Denn die Interpretationen Kants stehen nebeneinander, jede den Ansprüchen besonderer Geistesarten genügend und mit ihrem Kampfe nicht dem definitiven Siege der einen zustrebend, sondern das lebendige Wechselspiel differenzierter Weisen des Auffassens und Wertens verkündend, das mit dem Reichtum des seelischen Seins solidarisch verbunden ist und darum seinen Frieden nicht nur nicht finden kann, sondern auch nicht finden soll“ (GSG 9, 226). Dies gilt nicht nur für Kant, sondern für alle „ganz große Geister“: „Und mehr als aus objektiver Eindeutigkeit erhebt sich ihre weltgeschichtliche Wirkung aus solcher Variabilität, aus der Vielheit, der Weite, der Heftigkeit der um sie gespannten Gegensätze. Denn in dem Maße ihrer Größe nähern sie sich der Natur selbst, die uns auch nicht eindeutig sagt, wie sie verstanden sein will, sondern jeden Geist berechtigt und auffordert, sein eignes Sein und Können an ihrer Deutung zu bewähren“ (GSG 9, 226).

Kant selbst also, in der Vielheit gleichberechtigter Interpretationen, und Kant und Goethe als gleichberechtigte Weltanschauungsprotagonisten im kontrastierenden Vergleich müssen hiermit für Simmel nach demselben Muster verstanden werden: Als ein lebendiges, kritisches Wechselspiel, das sich auf allen Ebenen, im Individuum, im Verständnis dieses Individuums, in der Interaktion zwischen Individuen iteriert. Die Logik von Simmels Weltanschauungsdiskussion hebt hervor, hierin kritisch gegen Vorwürfe vom Typ von Husserls Dilthey-Kritik, dass dieses Nebeneinanderstehen keine Schwäche, sondern genau eine Stärke darstellt: Was nebeneinander bestehen kann, sind nicht bloße Meinungen oder partielle Deutungen, sondern gerade Weltanschauungen, holistische, umfassende Entitäten, in sich ruhende und zugleich in sich und mit ihrer Umwelt in Spannungen stehende Individuen. Dies erklärt auch, warum Simmel immer wieder mit Faszination gerade große Persönlichkeiten analysiert. Echtes Nebeneinanderstehen wird ermöglicht durch die Gleichberechtigung der integrierenden Einheitsbegriffe und hiermit auch, wie bereits ausgeführt, ebenso durch die Entgegensetzungsstrukturen, in denen die zu betrachtenden Einheiten stehen, nicht durch die unmittelbare Beliebigkeit partieller Ausgangspunkte. In diesem Sinne werden Goethe und Kant gleichberechtigte Gegenpole eines Weltanschauungsdiskurses.

Auf der höchsten Ebene des Weltanschauungsdiskurses, exemplifiziert in den Figuren Goethe und Kant, zeichnet Simmel also nach, wie ein produktives Umgehen mit Gegensätzen möglich werden kann. In einem anderen begrifflichen Kontext thematisiert er dieselbe begriffliche Struktur, wenn er in seiner Diskussion des „Kultur“-Begriffs eine komplexe Interaktion von „Synthese“ und Dualismus bespricht (GSG 12, 206; Ritzer 2007). Dieses Motiv kennzeichnet Simmels Denken auf allen Ebenen, und es wird im Laufe der Entwicklung seiner Schriften immer prominenter. Die Kant und Goethe-Version von 1916 dramatisiert die oben zitierte Formulierung von der durch Weltanschauung herzustellenden „Harmonie“ der „Weltelemente“ (GSG 5, 461) zu einer „Vereinheitlichung der in Zersplittertheit sich darbietenden Welt“ (GSG 10, 141) und geht noch prominenter als frühere Versionen seines Kant und Goethe-Textes vom Bestehen eines grundlegenden Dualismus aus. Mit der „Zersplitttertheit“ greift Simmel hier einen prominenten Begriff kulturkritischer Zeitanalyse auf; wieder aber kann die Reaktion nicht in einer die Gegensätze aufhebenden Harmonisierung bestehen. Deutlich ausformuliert wird dies beispielsweise anhand des Schlüsselbegriffs „Leben“, das zunächst als eine fundamentale Tatsache präsentiert wird: „Zu reinster Ausprägung gelangt das Leben als Zentralbegriff der Weltanschauung da, wo weit über diese Umgestaltung des Erkenntnisproblems hinaus das Leben zur metaphysischen Urtatsache, zum Wesen alles Seins überhaupt wird, so daß jede gegebene Erscheinung ein Pulsschlag oder eine Darstellungsweise oder ein Entwicklungsstadium des absoluten Lebens ist“ (GSG 16, 198). Auch hier findet sich das typische Muster alternativer und offenbleibender, wieder mit der Metapher rhythmischer Strukturen operierender Charakterisierungen zentraler Begrifflichkeiten bei Simmel. Allerdings steht das Leben seinerseits in einer grundlegenden Spannung, in der „Leben“ und „Form“, umfassende Flüssigkeit lebendiger Prozesse und abgrenzend-festlegende Formgebung konfligieren (GSG 16, 225, 227). Simmel gewinnt aus diesem Konflikt auch ein Interpretament für künstlerische Praktiken seiner Zeit.

In anderem Kontext findet sich derselbe Gedanke in den methodologischen Partien von Simmels Philosophie des Geldes, wenn Simmel die lax-unentschiedene Mischung unterschiedener Relata als unzureichendes Einheitsmodell kritisiert: „Dieses wechselwirkende Sich-Tragen und Aufeinander-Angewiesensein der Methoden ist etwas völlig anderes als die billige Kompromißweisheit der Mischung und des Halb- und Halbtums der Prinzipien […]; hier handelt es sich vielmehr darum, jeder Seite des Gegensatzpaares eine nicht zu begrenzende Wirksamkeit zu eröffnen“ (GSG 6, 113; GSG 10, 166) Simmel will nicht mischen (GSG 10, 125), aber er will auch nicht ein dramatisches Auseinanderfallen der divergierenden Perspektiven propagieren: Ein wichtiger Schritt hierzu besteht im wiederholt aufgewiesenen Iterieren des Musters von beruhigender Integration bei gleichzeitigem Herausarbeiten von Spannungen. Michael Landmann hat deshalb vorgeschlagen, Simmel unter dem Leitbegriff einer „‚Dialektik ohne Versöhnung‘“ zu lesen (Landmann 1987, S. 16).

Simmel argumentiert mit dem Begriff der Weltanschauung folglich gleichzeitig für und gegen einen Relativismus und verhält sich hiermit sowohl affirmativ als auch kritisch zu einem Konzept, das in der frühen Rezeption Simmels intensiv und kontrovers diskutiert wurde (Kaern 1990; Millson 2009; Kusch 2019): Es kann sehr wohl gleichberechtigte Positionen geben, die „nebeneinander“ bestehen können, obwohl sie umfassenden Anspruch verfolgen. Simmel kehrt die typisch relativistische Argumentation um (Ziche 2019): Gerade weil diese Positionen umfassenden Anspruch verfolgen und deshalb in ihrem Einheitsanspruch dasselbe anstreben, können sie nebeneinander bestehen. Dieser Relativismus meint also gerade nicht eine Beliebigkeit; Simmel schreibt hierzu am 15. April 1916 an Heinrich Rickert: „Was ich unter R[elativismus] verstehe, ist ein durchaus positives metaphysisches Weltbild“ (GSG 23, 638). Hier und auch in der weiteren Erklärung zu seiner Auffassung von Relativismus verwendet Simmel typische Begriffe des Weltanschauungsdiskurses, nämlich Weltbild und den relationalen Charakter seiner Wahrheitsauffassung: „Er [der Relativismus] bedeutet für mich durchaus nicht, daß Wahrheit und Unwahrheit zueinander relativ sind; sondern: daß Wahrheit eine Relation von Inhalten zueinander bedeutet“. Das Nebeneinanderstehen unterschiedlicher Inhalte selbst umschreibt er wiederum in offenen Begrifflichkeiten des Gerechtwerdens, der Selbstverständlichkeit, die alle keine stabile Integration, kein Wegnehmen von Spannungen implizieren, sondern wiederum die Komplexität des Weltanschauungsdiskurses iterieren. Zu beachten ist dabei, dass Selbstverständlichkeit gerade keine Aufhebung von Spannungen impliziert. Frischeisen-Köhler formuliert, in einer durchaus an Simmel geschulten Formulierung, dass Simmels eigene Methodik und Stilistik selbst wiederum in der Terminologie des Weltanschauungsdiskurses umschrieben werden kann, wenn er den „lebendigen Schmelzfluß“ von Simmels Methode und Schreibweise herausstellt (Frischeisen-Köhler 1920, S. 5): Obwohl der Begriff Weltanschauung bei Simmel, vielleicht unerwarteterweise, nur wenig explizit behandelt wird, kann Simmel hiermit als sehr konsistenter und innovativer Teilnehmer am Weltanschauungsdiskurs der Zeit um 1900 gelesen werden.