Daumesdick (D�umling) - Text und Interpretation des M�rchens
Die geistige Botschaft unserer alten M�rchen

Daumesdick (D�umling)

M�rchentext der Gebr�der Grimm [1843]
Interpretation von Undine & Jens in Gr�n [2020]

Es war ein armer Bauersmann, der sa� abends beim Herd und sch�rte das Feuer, und die Frau sa� und spann. Da sprach er: �Wie ist�s so traurig, da� wir keine Kinder haben! Es ist so still bei uns, und in den andern H�usern ist�s so laut und lustig.� �Ja,� antwortete die Frau und seufzte: �Wenn�s nur ein einziges w�re, und wenn�s auch ganz klein w�re, nur Daumens gro�, so wollte ich schon zufrieden sein; wir h�tten�s doch von Herzen lieb.� Nun geschah es, da� die Frau kr�nklich ward und nach sieben Monaten ein Kind gebar, das zwar an allen Gliedern vollkommen, aber nicht l�nger als ein Daumen war. Da sprachen sie �Es ist, wie wir es gew�nscht haben, und es soll unser liebes Kind sein,� und nannten es nach seiner Gestalt Daumesdick. Sie lie�en�s nicht an Nahrung fehlen, aber das Kind ward nicht gr��er, sondern blieb, wie es in der ersten Stunde gewesen war; doch schaute es verst�ndig aus den Augen und zeigte sich bald als ein kluges und behendes Ding, dem alles gl�ckte, was es anfing.

Ein wunderbares M�rchen, das sich offenbar mit der gro�en Frage besch�ftigt, was eigentlich ein �Lebewesen� oder das �Wesen des Lebens� ist, das man fr�her auch als Seele bezeichnete. Der Vergleich der Seele mit einem kleinen M�nnlein von der Gr��e eines Daumens ist eine sehr alte Symbolik, die wir bereits mehrfach in den uralten indischen Schriften der Upanishaden finden, wie zum Beispiel:

Der Geist als innere Seele ist so gro� (bzw. dick) wie ein Daumen und befindet sich im Herzen (bzw. Wesen) der Menschen. Man sollte ihn deutlich vom K�rper unterscheiden, wie man die Fasern vom Munja-Gras trennt. Ihn sollte man als rein und unsterblich erkennen, wahrlich als rein und unsterblich. (Kathaka-Upanishad 6.17)

�ber den Ursprung dieser Symbolik konnten wir aber auch dort nichts finden. Zumindest ist der Daumen ein entscheidender Teil der Hand, der zum Handeln notwendig ist. Dar�ber hinaus war der �Daumen� fr�her eine gebr�uchliche Grundma�einheit, die man sp�ter Zoll oder Inch nannte, wie wir heute auch �Meter� als Grundeinheit f�r L�ngenma�e oder Kilogramm f�r Gewichte benutzen. Durch Teilung und Vervielfachung kann man damit den ganzen dynamischen Bereich der L�ngen und Gewichte beschreiben. In �hnlicher Weise wurde vielleicht auch der Begriff der Seele als eine wesentliche �Grundeinheit� f�r jedes Lebewesen gebraucht. Diesbez�glich findet man in den altindischen Schriften auch die Valakhilyas als D�umlinge, die ihre K�rper sozusagen auf das Wesentlichste, n�mlich die Seele, reduziert haben und daf�r die volle Kraft des Geistes besitzen:

Die Valakhilyas sind Asketen, die durch ihre Entsagung Vollkommenheit erreicht haben und in der Sonnenscheibe wohnen... Sie sind nicht gr��er als ein Daumen... Ihr einziger Wunsch ist die Entsagung, und durch ihr rechtschaffenes Verhalten erreichen sie h�chste Verdienste. [MHB 13.141]

�ber diese Seele, die auf mystische Weise den K�rper lebendig macht, haben die Menschen in allen Kulturen schon viel nachgedacht. Offensichtlich befa�t sich auch dieses M�rchen damit und beginnt mit der �blichen Dualit�t von Mann und Frau sowie drei Kr�ften, die zur Geburt der Seele f�hren. Die erste Kraft ist das Feuer, das der Mann sch�rt, sozusagen die n�tige Energie, die wir auch heute als eine wesentliche Grundlage f�r Materie und Leben kennen. Die zweite Kraft ist das Spinnen der Frau, das Verzwirbeln von Fasern zu einem Faden. Auch diese Symbolik ist uralt und findet sich bereits in der nordischen Mystik in Gestalt der Nornen, welche die Schicksals- bzw. Lebensf�den am Fu�e des Weltenbaums spinnen. Dar�ber hinaus kennen wir das Spinnen auch als das Verzwirbeln von Wissen zu endlos langen Gedankenketten, die man dann zu Stoff bzw. Vorstellungen aller Art verwebt. So besteht auch unser Lebensfaden vor allem aus Wissen, und sogar der modernen Physik wird langsam die Bedeutung von Information bewu�t. Die dritte Kraft ist ein tiefverwurzelter Wunsch nach Sch�pfung, Vielfalt und Gestaltung. Die gewaltigen Wirkungen k�nnen wir gerade in unserer modernen Zeit am besten studieren. Doch auch diesen Wunsch kennt der Mensch schon lange, und bereits in den Upanishaden wird er in �hnlicher Weise wie in diesem M�rchen an den Anfang gesetzt:

Nur das Selbst (=Seele) war hier am Anfang, und es war allein. Es w�nschte: �M�chte mir eine Gattin sein, dann w�rde ich mich fortpflanzen, dann w�rde mir Reichtum sein, dann w�rde ich Werke verrichten�. So war sein Wunsch. Trotz aller W�nsche m�chte einer nicht mehr als das erreichen. Darum w�nscht auch jetzt ein Lediger: �M�chte mir doch eine Gattin sein, dann w�rde ich mich fortpflanzen, dann w�rde mir Reichtum sein, dann w�rde ich Werke verrichten.� Solange einer jedes Einzelne von diesen Dingen nicht erlangt, h�lt er sich f�r unvollkommen... (Brihadaranyaka-Upanishad 4.17)

Welches Ziel er immer begehrt, nach welchem Wunsche er verlangt, all das erhebt sich aus seinem Willen. Er gewinnt es und wird gro�. (Chandogya-Upanishad)

Damit finden wir drei erstaunliche Grundkr�fte, n�mlich Energie, Wissen und Willen, die im Mittelalter als die drei Seelenkr�fte von Memoria, Intellectus und Voluntas (Erinnerung, Intelligenz und Wille) bekannt waren. Und damit geht auch der Wunsch in Erf�llung, und ein Kind wird geboren, das sozusagen die Mindestanforderungen der Mutter erf�llt und das Wesentliche eines Menschen verk�rpert. Denn die Mutter erkrankt w�hrend der Schwangerschaft und bringt eine Fr�hgeburt zur Welt, ein kleiner Junge, dessen K�rper sich nicht wie bei anderen Menschen entwickelt. Solche Vorstellungen waren damals m�glich, weil das allgemeine Weltbild den Geist als Basis der Materie sah. So wuchs damals der K�rper auf Basis des Geistes bzw. der Seele und nicht wie heute, der Geist auf Basis des K�rpers. �hnlich finden wir die Vorstellung vom Geist im Glas, die wir im gleichnamigen M�rchen bereits untersucht haben, oder auch die mittelalterliche Vorstellung vom Homunkulus, wie er zum Beispiel in Goethes [Faust II] als ein Wesen beschrieben wird, das nach einem K�rper sucht:

Es fragt um Rat und m�chte gern entstehn.
Er ist, wie ich von ihm vernommen,
Gar wundersam nur halb zur Welt gekommen.
Ihm fehlt es nicht an geistigen Eigenschaften,
Doch gar zu sehr am greiflich T�chtighaften.
Bis jetzt gibt ihm das Glas allein Gewicht,
Doch w�r' er gern zun�chst verk�rperlicht.

Der Bauer machte sich eines Tages fertig, in den Wald zu gehen und Holz zu f�llen, da sprach er so vor sich hin: �Nun wollt ich, da� einer da w�re, der mir den Wagen nachbr�chte.� �O Vater,� rief Daumesdick, �den Wagen will ich schon bringen, verla�t Euch drauf, er soll zur bestimmten Zeit im Walde sein.� Da lachte der Mann und sprach: �Wie sollte das zugehen, du bist viel zu klein, um das Pferd mit dem Z�gel zu leiten.� �Das tut nichts, Vater, wenn nur die Mutter anspannen will, ich setze mich dem Pferd ins Ohr und rufe ihm zu, wie es gehen soll.� �Nun,� antwortete der Vater, �einmal wollen wir�s versuchen.� Als die Stunde kam, spannte die Mutter an und setzte Daumesdick ins Ohr des Pferdes, und dann rief der Kleine, wie das Pferd gehen sollte: �J�h und Joh! Hott und Har!� Da ging es ganz ordentlich als wie bei einem Meister, und der Wagen fuhr den rechten Weg nach dem Walde.

Hier wird wieder eine �hnliche Symbolik vom Wagen des K�rpers, der mit Brennholz beladen wird, verwendet, wie wir bereits im M�rchen vom Doktor Allwissend untersucht haben. Nur sind hier keine Ochsen angespannt, sondern ein Pferd, das durch den kleinen Mann im Ohr gef�hrt wird. Symbolisch kann man hier wieder den Willen erkennen, den Mutter Natur an den K�rperwagen anspannt, und der nun auf die Kommandos der Seele h�rt. Auf diese Weise wird unser K�rper wie ein Wagen bewegt und mit Brennholz beladen, das wir im Leben mehr oder weniger ansammeln. Dazu geh�rt alles Pers�nliche, wie unsere Lebensgeschichte, unser Ego, unser Besitz und alle Verdienste und S�nden, was im Indischen �Karma� hei�t. Man kann sich also gut vorstellen, wie vollbeladen unser K�rperwagen heutzutage ist. Und was machen wir nun damit?

Die Seele, wisse, ist der Wagenfahrer, der K�rper der Wagen, die Vernunft der Wagenlenker und das Denken der Z�gel.
Die Sinne nennt man die Rosse, die Sinnesobjekte ihr Ziel, die Seele, an Sinne und Gedanken gebunden, nennen die Weisen �den Genie�er�.
Wer die rechte Vernunft nicht besitzt, das Denken nicht als Z�gel verwendet, der hat, wie ein Wagenlenker schlechte Rosse, seine Sinne nicht in der Gewalt. (Kathaka-Upanishad 3.3)

Es trug sich zu, als er eben um eine Ecke bog und der Kleine �har, har!� rief, da� zwei fremde M�nner daherkamen. �Mein,� sprach der eine, �was ist das? Da f�hrt ein Wagen, und ein Fuhrmann ruft dem Pferde zu, und ist doch nicht zu sehen.� �Das geht nicht mit rechten Dingen zu,� sagte der andere, �wir wollen dem Karren folgen und sehen, wo er anh�lt.� Der Wagen aber fuhr vollends in den Wald hinein und richtig zu dem Platze, wo das Holz gehauen ward. Als Daumesdick seinen Vater erblickte, rief er ihm zu: �Siehst du, Vater, da bin ich mit dem Wagen, nun hol mich runter.� Der Vater fa�te das Pferd mit der Linken und holte mit der Rechten sein S�hnlein aus dem Ohr, das sich ganz lustig auf einen Strohhalm niedersetzte. Als die beiden fremden M�nner den Daumesdick erblickten, wu�ten sie nicht, was sie vor Verwunderung sagen sollten. Da nahm der eine den andern beiseite und sprach: �H�r, der kleine Kerl k�nnte unser Gl�ck machen, wenn wir ihn in einer gro�en Stadt f�r Geld sehen lie�en: Wir wollen ihn kaufen!� Sie gingen zu dem Bauer und sprachen: �Verkauft uns den kleinen Mann, er soll�s gut bei uns haben.� �Nein,� antwortete der Vater, �es ist mein Herzblatt, und ist mir f�r alles Gold in der Welt nicht feil!� Daumesdick aber, als er von dem Handel geh�rt, war an den Rockfalten seines Vaters hinaufgekrochen, stellte sich ihm auf die Schulter und wisperte ihm ins Ohr: �Vater, gib mich nur hin, ich will schon wieder zur�ckkommen.� Da gab ihn der Vater f�r ein sch�nes St�ck Geld den beiden M�nnern hin. �Wo willst du sitzen?� sprachen sie zu ihm. �Ach, setzt mich nur auf den Rand von eurem Hut, da kann ich auf und ab spazieren und die Gegend betrachten, und falle doch nicht herunter.� Sie taten ihm den Willen, und als Daumesdick Abschied von seinem Vater genommen hatte, machten sie sich mit ihm fort. So gingen sie, bis es d�mmrig ward, da sprach der Kleine: �Hebt mich einmal herunter, es ist n�tig.� �Bleib nur droben,� sprach der Mann, auf dessen Kopf er sa�, �ich will mir nichts draus machen, die V�gel lassen mir auch manchmal was drauf fallen.� �Nein,� sprach Daumesdick, �ich wei� auch, was sich schickt: Hebt mich nur geschwind herab.� Der Mann nahm den Hut ab und setzte den Kleinen auf einen Acker am Weg, da sprang und kroch er ein wenig zwischen den Schollen hin und her, dann schl�pfte er pl�tzlich in ein Mausloch, das er sich ausgesucht hatte. �Guten Abend, ihr Herren, geht nur ohne mich heim (Version von 1819: ihr habt mich gehabt),� rief er ihnen zu, und lachte sie aus. Sie liefen herbei und stachen mit St�cken in das Mausloch, aber das war vergebliche M�he: Daumesdick kroch immer weiter zur�ck, und da es bald ganz dunkel ward, so mu�ten sie mit �rger und mit leerem Beutel wieder heimwandern.

Nun, das gro�e Problem ist, da� man die Seele selbst nicht sehen kann. Man kann sie nur indirekt �ber ihre Wirkungen erkennen, wie der kleine Mann im Ohr das Pferd lenkt. Das macht es vor allem f�r unser wissenschaftlich-objektives Denken sehr schwer, das nur sinnlich-greifbare Objekte als real anerkennen will. Und was macht die mit Karma beladene Seele? Sie l��t sich zun�chst an die Welt verkaufen, und damit beginnt auch in diesem M�rchen ihre abenteuerliche, aber symbolische Reise durch die Welt. Sie trennt sich damit von Vater und Mutter und versucht ihr Gl�ck. Und jede Erfahrung in diesem M�rchen ist offensichtlich mit einer Erkenntnis bzw. Botschaft verbunden. Die erste Botschaft k�nnte man so formulieren: Wer die Seele benutzen will, um etwas darzustellen, sich zu bereichern und damit �u�erlich zu schm�cken, der verliert sie im Materiellen und geht am Ende leer aus.

Wenn nun jemand etwas anderes als die Seele f�r wertvoll erkl�rt, von dem sagt man: �Verlieren wird er, was ihm wertvoll ist!" Er kann sicher sein, da� dies also geschehe. Darum soll man die Seele allein als wertvoll verehren. Wer die Seele allein als wertvoll verehrt, dessen Wertvolles ist nicht verg�nglich. (Brihadaranyaka-Upanishad 1.4.8)

Als Daumesdick merkte, da� sie fort waren, kroch er aus dem unterirdischen Gang wieder hervor. �Es ist auf dem Acker in der Finsternis so gef�hrlich gehen,� sprach er, �wie leicht bricht einer Hals und Bein.� Zum Gl�ck stie� er an ein leeres Schneckenhaus. �Gottlob,� sagte er, �da kann ich die Nacht sicher zubringen,� und setzte sich hinein.

Wenn es darum geht, unsere Seele bzw. unser Leben zu verlieren, besteht die gr��te Angst nat�rlich in der Vorstellung vom Tod, und wir bef�rchten, da� unser Bewu�tsein in eine ewige Dunkelheit versinkt. Doch wie wir lesen, dr�ngt es die Seele immer wieder ans Licht. Doch je heller und gr��er die materielle Welt wird, desto dunkler und kleiner wird die geistige Welt, und die Seele verkriecht sich aus Angst in einen K�rper, der wie ein Schneckenhaus mit jeder Windung enger wird. Hier glaubt sie sich in einer geistig dunklen und engen Welt erst einmal sicher zu f�hlen. Das ist vor allem heute ein gro�es Problem unserer verdrehten Weltsicht und vermutlich auch die Ursache f�r die zunehmende Volkskrankheit der Depression. Mittlerweile leiden bereits Millionen Menschen allein in Deutschland unter schweren Depressionen. Was erwartet man auch, wenn sich die Sinne nur noch auf �u�ere Dinge richten, das helle Licht nur in einer materiellen Welt gesucht wird und innerlich Dunkelheit und M�llberge wachsen. Offensichtlich geh�ren Umweltkatastrophe und Inweltkatastrophe eng zusammen. Und wie geht es in der geistigen Dunkelheit weiter?

Nicht lang, als er eben einschlafen wollte, so h�rte er zwei M�nner vor�bergehen, davon sprach der eine: �Wie wir�s nur anfangen, um dem reichen Pfarrer sein Geld und sein Silber zu holen?� �Das k�nnt ich dir sagen,� rief Daumesdick dazwischen. �Was war das?� sprach der eine Dieb erschrocken, �ich h�rte jemand sprechen.� Sie blieben stehen und horchten, da sprach Daumesdick wieder: �Nehmt mich mit, so will ich euch helfen.� �Wo bist du denn?� �Sucht nur auf der Erde und merkt, wo die Stimme herkommt,� antwortete er. Da fanden ihn endlich die Diebe und hoben ihn in die H�he. �Du kleiner Wicht, was willst du uns helfen!?� sprachen sie. �Seht,� antwortete er, �ich krieche zwischen den Eisenst�ben in die Kammer des Pfarrers und reiche euch heraus, was ihr haben wollt.� �Wohlan,� sagten sie, �wir wollen sehen, was du kannst.� Als sie bei dem Pfarrhaus kamen, kroch Daumesdick in die Kammer, schrie aber gleich aus Leibeskr�ften: �Wollt ihr alles haben, was hier ist?� Die Diebe erschraken und sagten: �So sprich doch leise, damit niemand aufwacht.� Aber Daumesdick tat, als h�tte er sie nicht verstanden, und schrie von neuem: �Was wollt ihr? Wollt ihr alles haben, was hier ist?� Das h�rte die K�chin, die in der Stube daran schlief, richtete sich im Bett auf und horchte. Die Diebe aber waren vor Schrecken ein St�ck Wegs zur�ckgelaufen, endlich fa�ten sie wieder Mut und dachten: �Der kleine Kerl will uns necken.� Sie kamen zur�ck und fl�sterten ihm zu: �Nun mach Ernst und reich uns etwas heraus.� Da schrie Daumesdick noch einmal, so laut er konnte: �Ich will euch ja alles geben, reicht nur die H�nde herein.� Das h�rte die horchende Magd ganz deutlich, sprang aus dem Bett und stolperte zur T�r herein. Die Diebe liefen fort und rannten, als w�re der wilde J�ger (1819: als w�r Feuer) hinter ihnen.

Wenn die Seele im Dunkeln ist und das innere Licht der Weisheit fehlt, erscheinen zwei Diebe. Was sind Diebe? Sie greifen nach dem, was ihnen nicht geh�rt. Und warum zwei? Nur in der Welt der Gegens�tze kann man etwas ergreifen. Und wer ist der Pfarrer? Eigentlich ein Geistlicher, der den geistigen Reichtum bewahren sollte. Kirche und Reichtum ist ein sehr heikles Thema, das leider ins Absurde �bertrieben wurde und heutzutage kaum noch verst�ndlich ist. Doch wir wollen positiv denken und sagen: Wo geistiger Reichtum ist, kann auch weltlicher Reichtum gedeihen. Nur haben es die Diebe vor allem auf den weltlichen Reichtum abgesehen, nicht auf den geistigen, und werden daf�r auch von der Seele verraten. Das ist eine wunderbare Symbolik.

Die Seele ruft: �Wollt ihr alles haben!?� Warum wollen wir im Leben etwas Besonderes sein, wenn wir doch alles sein k�nnten? Warum wollen wir nur einen kleinen Teil haben, wenn wir doch alles zusammen als ein Ganzes haben k�nnten? Hier begegnet uns wieder das ber�hmte Spiel der Polarit�ten oder Gegens�tze, das die Seele in unwissender Dunkelheit mittels Begierde und Ha� ergreift. Deshalb spricht unser M�rchen auch von zwei Dieben, und die Seele soll ihnen helfen, aber Stillschweigen bewahren, damit der W�chter des Reichtums nicht erwacht.

Wer besch�tzt den Reichtum? Die Natur selbst, hier in Gestalt einer Magd symbolisiert, die dem Geistlichen dient. Und was jagt die Diebe davon, wenn die Natur erwacht? Damals sprach man von S�nde, die uns durch das ganze Leben bis in die H�lle verfolgt, um bereinigt zu werden. Und es hie�, da� man diese S�nde nicht verschweigen kann, vielleicht noch im weltlichen Leben, aber nicht in der geistigen Welt, oder wie man fr�her sagte, vor Gott.

So k�nnte man die zweite Botschaft formulieren: Wer die Seele benutzen will, um sich den weltlichen Reichtum ohne den geistigen Reichtum anzueignen, den wird sie durch S�nde verraten. Kurzgesagt, das Problem unserer Zeit: Wir wollen reich aber nicht vern�nftig und weise sein...

F�rwahr, nicht um des Reichtums willen ist der Reichtum lieb, sondern um der Seele willen ist der Reichtum lieb... F�rwahr, nicht um des Weltalls willen ist das Weltall lieb, sondern um der Seele willen ist das Weltall lieb. (Brihadaranyaka-Upanishad 4.5.6)

Die Magd aber, als sie nichts bemerken konnte, ging ein Licht anz�nden. Wie sie damit herbeikam, machte sich Daumesdick, ohne da� er gesehen wurde, hinaus in die Scheune. Die Magd aber, nachdem sie alle Winkel durchgesucht und nichts gefunden hatte, legte sich endlich wieder zu Bett und glaubte, sie h�tte mit offenen Augen und Ohren doch nur getr�umt.

Wenn man �ber die Seele spricht, die man auch Psyche oder das Selbst nennt, sollten nat�rlich auch die Sinne erw�hnt werden, sozusagen ihre Verbindung mit der Natur. Hier werden speziell nur die Augen und Ohren genannt, doch auch mit den anderen Sinnesorganen kann man die Seele wie auch die Diebe nicht auf direkte Weise erkennen. Denn es sind vor allem geistige Prinzipien, die man auf geistige Weise sehen, f�hlen und sogar h�ren kann. Aus diesem Grund hat es unsere moderne Naturwissenschaft so schwer damit. Weil sich auf dieser subjektiven Ebene der Natur wenig messen und berechnen l��t, wird diese Ebene weitestgehend ignoriert und damit aus unserem modernen Weltbild ausgeschlossen. Und das zieht entsprechend weite Kreise. Denn wir alle h�ren zwar die Stimme der Seele, aber verbannen sie in das Reich des Aberglaubens, der Phantasie oder der Traumwelt. Damit geht vor allem die intuitive Vernunft verloren mit vielen Werten und Tugenden, die der Menschheit fr�her selbstverst�ndlich waren. Und der Rest an Vernunft reicht dann nur soweit, wie man rechnen und mit den Sinnen greifen kann.

Daumesdick war in den Heuh�lmchen herumgeklettert und hatte einen sch�nen Platz zum Schlafen gefunden: Da wollte er sich ausruhen, bis es Tag w�re, und dann zu seinen Eltern wieder heimgehen. Aber er mu�te andere Dinge erfahren! Ja, es gibt viel Tr�bsal und Not auf der Welt! Die Magd stieg, als der Tag graute, schon aus dem Bett, um das Vieh zu f�ttern. Ihr erster Gang war in die Scheune, wo sie einen Arm voll Heu packte, und gerade dasjenige, worin der arme Daumesdick lag und schlief. Er schlief aber so fest, da� er nichts gewahr ward, und nicht eher aufwachte, als bis er in dem Maul der Kuh war, die ihn mit dem Heu aufgerafft hatte.

Was hier indirekt angesprochen wird, war fr�her vor allem im Christentum ein heikles Thema. Haben Tiere und Pflanzen eine Seele wie der Mensch? F�hlen sie auch Leid und Gl�ck in der Welt wie der Mensch? So wird hier von Heu gesprochen, sozusagen getrocknetes Leben, in dem die Seele schl�ft. Eine wunderbare Symbolik! Die alten Kulturen wu�ten, da� alles in dieser Welt beseelt ist. Nicht nur Menschen, Tiere und Pflanzen, auch die Berge, Seen, Fl�sse und sogar die ganze Erde. Und auf diesem Weg kommt unsere Seele hier auch mit der Nahrung in den K�rper einer Kuh:

�Ach Gott,� rief er, �wie bin ich in die Walkm�hle geraten!� merkte aber bald, wo er war. Da hie� es aufpassen, da� er nicht zwischen die Z�hne kam und zermalmt ward, und hernach mu�te er doch mit in den Magen hinabrutschen. �In dem St�bchen sind die Fenster vergessen,� sprach er, �und scheint keine Sonne hinein: ein Licht wird auch nicht gebracht (1819: ein Licht wird auch nicht wohl zu haben sein).�

So kommt die Seele in die Walkm�hle der Welt, in den Kreislauf von Geburt, Alter und Tod sowie zwischen die Z�hne von Gl�ck und Leid. Auf diese Weise kommt sie auch in das Innere eines K�rpers, wo sie zun�chst Dunkelheit erfahren mu� und von den Sinnesorganen abh�ngig wird. Und wie entsteht so ein K�rper? Aus Nahrung, vor allem von den K�rpern anderer Lebewesen, die wir als get�tet betrachten. Man sagt, heutzutage hat ein Mensch mit 80 Jahren durchschnittlich �ber 60.000 kg Nahrung verzehrt, davon 5.000 kg Kartoffeln und 7.000 kg Fleisch. In diesem Proze� werden fast alle Atome des K�rpers in durchschnittlich sieben Jahren vollst�ndig ausgetauscht.

Aus Nahrung geboren sind die Gesch�pfe,
Alle, wie sie auf Erden sind.
Durch Nahrung haben sie ihr Leben,
In diese gehn sie ein zuletzt.
(Taittiriya-Upanishad 2.2)

�berhaupt gefiel ihm das Quartier schlecht, und was das Schlimmste war, es kam immer mehr neues Heu zur T�re hinein, und der Platz ward immer enger. Da rief er endlich in der Angst, so laut er konnte: �Bringt mir kein frisch (1819: neu) Futter mehr, bringt mir kein frisch Futter mehr!� Die Magd melkte gerade die Kuh, und als sie sprechen h�rte, ohne jemand zu sehen, und es dieselbe Stimme war, die sie auch in der Nacht geh�rt hatte, erschrak sie so, da� sie von ihrem St�hlchen herabglitschte und die Milch versch�ttete. Sie lief in der gr��ten Hast zu ihrem Herrn und rief: �Ach Gott, Herr Pfarrer, die Kuh hat geredet.� �Du bist verr�ckt,� antwortete der Pfarrer, ging aber doch selbst in den Stall und wollte nachsehen, was es da g�be. Kaum aber hatte er den Fu� hineingesetzt, so rief Daumesdick aufs neue: �Bringt mir kein frisch Futter mehr, bringt mir kein frisch Futter mehr!� Da erschrak der Pfarrer selbst, meinte, es w�re ein b�ser Geist in die Kuh gefahren, und hie� sie t�ten.

Nun, wie f�hlt sich die Seele in einem solchen K�rper? Es gibt mittlerweile eine gro�e Sammlung von Nahtoderfahrungen, wovon viele Menschen berichten, wie schrecklich es war, in den engen und dunklen K�rper zur�ckkehren zu m�ssen. Das ist erstaunlich, denn auch unserer Seele gefiel es hier nicht gut. Und das Schlimmste war das viele Futter. �ber die Wagenladung an Brennholz haben wir bereits gesprochen. �hnliche Symbolik kann man auch im Heu sehen, das in Form von getrocknetem Gras auch get�tetes Leben ist und als Nahrung benutzt wird. Auf geistiger Ebene geh�ren hier auch die vielen toten Begriffe, Bilder, Ansichten, Definitionen usw. dazu, die wir gerade heute in gro�en Mengen konsumieren. Und wir haben gew�hnlich nicht einmal die Zeit, die sich eine Kuh zum Wiederk�uen nimmt, um diese Futtermassen einigerma�en gut zu verdauen. Dann ruft vielleicht unsere Seele irgendwann: �Bringt mir kein neues Futter mehr!� Wer diese Stimme pl�tzlich im eigenen K�rper h�rt, k�nnte �hnlich erschrecken, wie die Magd beim Melken. Dann k�nnte man diese Stimme ersticken, oder vielleicht dar�ber nachdenken, etwas weniger durch die Welt zu jagen und dem Konsum zu dienen. Einfach mal zur Ruhe kommen, bewu�te Entschleunigung... Wieviel braucht eigentlich ein Mensch zum Gl�cklichsein?

Wasser trinkend und Heu essend,
Ausgemolken und unfruchtbar!
Ach! Dieses Opfer hier,
Es f�hrt in ungl�ckliche Welten.
(Kathaka-Upanishad 1.3)

Die Reaktion des Pfarrers in unserem M�rchen ist vermutlich doppeldeutig. Da� er diese menschliche Regung einer Kuh verteufeln und t�ten mu�, entspricht zun�chst der �blichen Dogmatik im Christentum nach dem Motto: �Was nicht sein kann, das nicht sein darf.� Im alten Indien h�tte sich vermutlich niemand �ber eine sprechende Kuh gewundert. Dar�ber hinaus ist es aber auch ein Urteilsspruch des �geistigen Vaters� in der Natur, und so k�nnte man die dritte Botschaft formulieren: Wer die Seele benutzt, um sich von Totem zu ern�hren, dem bringt sie auch den Tod.

Nun steht nat�rlich die gro�e Frage: Wie kann man sich ern�hren, ohne zu t�ten? Ohje, das ist mit unserer Weltanschauung schwer zu beantworten. Doch schon in der Bibel steht das Gebot �Du sollst nicht t�ten!�, das vermutlich eng mit dem zweiten Gebot zusammenh�ngt: �Du sollst dir kein totes Bild machen!� Aber gerade darunter leidet unsere moderne Maschinenwelt am meisten, in der die Natur zu toter Materie degradiert wird.

Ihr alle, wie ihr da seid, fa�t diese Seele auf, als w�re sie etwas von euch Getrenntes, und so e�t ihr die Nahrung. Wer aber diese daumengro�e Seele als ein lebendiges Ganzes verehrt, der i�t die Nahrung in allen Welten, in allen Wesen, in allen Seelen. (Chandogya-Upanishad 5.18.1)

Sie ward geschlachtet, der Magen aber, worin Daumesdick steckte, auf den Mist geworfen. Daumesdick hatte gro�e M�he, sich hindurchzuarbeiten, doch brachte er�s so weit, da� er Platz bekam, aber als er eben sein Haupt herausstrecken wollte, kam ein neues Ungl�ck. Ein hungriger Wolf lief heran und verschlang den ganzen Magen mit einem Schluck. Daumesdick verlor den Mut nicht, �Vielleicht,� dachte er, �l��t der Wolf mit sich reden,� und rief ihm aus dem Wanste zu: �Lieber Wolf, ich wei� dir einen herrlichen Fra�.� �Wo ist der zu holen?� sprach der Wolf. �In dem und dem Haus, da mu�t du durch die Gosse hineinkriechen, und wirst Kuchen, Speck und Wurst finden, so viel du essen willst,� und beschrieb ihm genau seines Vaters Haus.

Und weiter geht es mit vorz�glichster Symbolik, die wir nat�rlich n�her untersuchen m�chten. Eigentlich hat eine Kuh vier M�gen. Der erste und gr��te wird Pansen genannt, wiegt bis zu 12 kg und wurde normalerweise nicht auf den Mist geworfen. So ist hier vielleicht einer der kleineren M�gen gemeint, der vermutliche aus stolzer Verachtung weggeworfen wurde, die oft mit wachsendem Wohlstand einhergeht. Zumindest wurde die Kuh gern als ein Symbol f�r den Wohlstand verwendet. Da� damit unsere Seele aus der Kuh in einen nimmersatten und gierigen Wolf gelangt, der sich mit Kuchen, Speck und Wurst locken l��t, ist sicherlich kein Zufall. Je mehr Wohlstand, desto mehr Begierde. Und das braucht man heutzutage niemandem mehr zu erkl�ren, denn es l��t sich �berall beobachten und erfahren. Doch wie die Seele den Hunger des Wolfes benutzt, um wieder nach Hause zu kommen und sich noch �ber ihn lustig macht, das ist nicht nur ein Knochen, auf dem man lange kauen kann, dar�ber kann man sich sogar den Kopf zerbrechen. Aber zun�chst geht es mit gro�er Hoffnung voran:

Der Wolf lie� sich das nicht zweimal sagen, dr�ngte sich in der Nacht zur Gosse hinein und fra� in der Vorratskammer nach Herzenslust. Als er sich ges�ttigt hatte, wollte er wieder fort, aber er war so dick geworden, da� er denselben Weg nicht wieder hinaus konnte. Darauf hatte Daumesdick gerechnet und fing nun an, in dem Leib des Wolfes einen gewaltigen L�rm zu machen, tobte und schrie, was er konnte. �Willst du stille sein,� sprach der Wolf, �du weckst die Leute auf.� �Ei was,� antwortete der Kleine, �du hast dich satt gefressen, ich will mich auch lustig machen,� und fing von neuem an, aus allen Kr�ften zu schreien. Davon erwachte endlich sein Vater und seine Mutter, liefen an die Kammer und schauten durch die Spalte hinein. Wie sie sahen, da� ein Wolf darin hauste, liefen sie davon, und der Mann holte eine Axt, und die Frau die Sense. �Bleib dahinten,� sprach der Mann, als sie in die Kammer traten, �wenn ich ihm einen Schlag gegeben habe, und er davon noch nicht tot ist, so mu�t du auf ihn einhauen, und ihm den Leib zerschneiden.�

Da� die Begierde ein Weg ist, auf dem es irgendwann kein Zur�ck mehr gibt, ist uns normalerweise nicht bewu�t. Aber denken wir an die hartn�ckigen Probleme der Alkohol- und Drogensucht, dann macht es schon Sinn. Und da� dieser Weg f�r den gierigen Wolf nicht gl�cklich endet, sollte auch klar sein. Denn Vater und Mutter, worin wir wieder die herrschenden Prinzipien von Geist und Natur sehen k�nnen, werden ihn geb�hrend mit ihren jeweiligen Waffen empfangen. Der Vater f�hrt die schon oft erw�hnte Axt des Geistes, die wie das ber�hmte Schwert der Erkenntnis t�ten und lebendig machen kann. Damit sind im Prinzip unsere Gedanken gemeint, die endlos lebendige B�ume f�llen, Brennholz spalten und ansammeln k�nnen. Sie k�nnen sich aber auch zur Vernunft erheben und den Baum der Illusion mit der uners�ttlichen Begierde an der Wurzel f�llen. Die Natur f�hrt die ber�hmte Sense des Todes, ein Sinnbild f�r die Verg�nglichkeit aller k�rperlichen Dinge, womit sie sozusagen den Lebensfaden abschneidet, aber auch ein Symbol der Ernte f�r die Fr�chte, die man im Leben angesammelt hat. Das hei�t hier, wenn Vater Geist mit der Vernunft die Begierde nicht erschlagen kann, dann wird es Mutter Natur durch k�rperliches Leiden versuchen. Das wu�ten die Menschen fr�her, und entsprechend stellte man sich die Qualen der H�lle vor, wo man f�r seine S�nden angemessen bestraft wurde. Und dazu geh�rte unter anderem auch das Zerschneiden des Leibes:

Es gibt noch eine andere gro�e H�lle, Nikrintana genannt. Dort, oh Vater, rollen gro�e R�der wie T�pferscheiben. Darauf befestigt kreisen die Wesen unaufh�rlich um ihre eigene Achse und werden von der Sohle bis zum Scheitel mit schrecklichen Schn�ren zerschnitten, welche die Gesandten von Yama in ihren H�nden halten. Doch diese, oh Erster der Zweifachgeborenen, gehen daran nicht zugrunde, denn ihre K�rper, die in hunderte Scheiben zertrennt wurden, werden immer wieder neu gebildet. So werden die S�nder tausende Jahre zerschnitten, bis ihre S�nde abgewaschen ist. (Markandeya Purana Kapitel 12)

So k�nnte man hier die vierte Botschaft formulieren: Wer die Seele f�r gierige Zwecke benutzt, mu� entsprechendes Leid erfahren. Daf�r gibt es das h�chst treffende deutsche Wort der �Leidenschaft�. Klar, im heutigen Zeitalter der modernen Medizin darf man niemandem mehr sagen, da� Leiden einen h�heren Sinn hat und vielleicht sogar von unserer uners�ttlichen Begierde verursacht wird. Aber mal ehrlich: Ist der Mensch schon soweit, da� er ohne geistigen und k�rperlichen Leidensdruck vern�nftig leben kann? Sp�ren wir nicht alle noch diese tierische Begierde in uns, diesen uners�ttlichen Hunger des Wolfes und diese schreckliche Unerf�lltheit im Leben, womit wir uns selbst und vielen anderen Wesen auf dieser Erde so viel Leid schaffen? Kennen wir die Absicht von Mutter Natur? Wissen wir, warum wir leben? H�ren wir die Stimme des geistigen Vaters?

Da h�rte Daumesdick die Stimme seines Vaters und rief: �Lieber Vater, ich bin hier, ich stecke im Leibe des Wolfs.� Sprach der Vater voll Freuden �Gottlob, unser liebes Kind hat sich wiedergefunden!�, und hie� die Frau die Sense wegtun, damit Daumesdick nicht besch�digt w�rde. Danach holte er aus, und schlug dem Wolf einen Schlag auf den Kopf, da� er tot niederst�rzte, dann suchten sie Messer und Schere, schnitten ihm den Leib auf und zogen den Kleinen (1819: ihr liebes Kind) wieder hervor.

Wow, nun geschieht etwas Unglaubliches. Man k�nnte es vielleicht so formulieren: Wenn wir uns bewu�t werden, im K�rper eines hungrigen Wolfes zu stecken, die Absicht der Natur erkennen und die Stimme des Vaters h�ren, dann jubelt der Geist und spricht zur Natur: �Lege Leid und Tod beiseite!� Wunderbar! Dann zerschl�gt der Geist den harten Ego-Kopf und befreit die Seele aus dem engen, dunklen und hungrigen K�rper. So �hnlich stellte man sich fr�her die Befreiung vom Tod vor, womit die allgegenw�rtige Angst endet, das Leben mit der Seele zu verlieren. Das war das gro�e Ziel der Unsterblichkeit.

Wenn alle Leidenschaft schwindet,
Die nistet in des Menschen Herz,
Dann wird, wer sterblich, unsterblich,
Schon hier erlangt die Ewigkeit er.
(Kathaka-Upanishad 6.14)

�Ach,� sprach der Vater, �was haben wir f�r Sorge um dich ausgestanden!� �Ja, Vater, ich bin viel in der Welt herumgekommen; gottlob, da� ich wieder frische Luft sch�pfe!� �Wo bist du denn �berall gewesen?� �Ach, Vater, ich war in einem Mauseloch, in einer Kuh Bauch und in eines Wolfes Wanst: Nun bleib ich bei euch.� �Und wir verkaufen dich um alle Reicht�mer der Welt nicht wieder,� sprachen die Eltern, herzten und k��ten ihren lieben Daumesdick. Sie gaben ihm zu essen und trinken, und lie�en ihm neue Kleider machen, denn die seinigen waren ihm auf der Reise verdorben.

Das Happy-End erinnert an die R�ckkehr des verlorenen Sohnes, die als Gleichnis auch in der Bibel beschrieben wird. Und was hat die Seele auf ihrer langen Reise, die man auch Seelenwanderung nennen k�nnte, gelernt? Wir haben hier vier Botschaften erkannt:

1) Wer die Seele benutzt, um etwas �u�erliches darzustellen, der verliert sie im Materiellen und geht am Ende leer aus.
2) Wer die Seele benutzt, um sich den weltlichen Reichtum ohne den geistigen anzueignen, den wird sie verraten.
3) Wer die Seele benutzt, um sich von Totem zu ern�hren, dem bringt sie auch den Tod.
4) Wer die Seele f�r gierige Zwecke benutzt, mu� entsprechendes Leid erfahren, was man �Leidenschaft� nennt.

Doch die gr��te Erkenntnis in diesem M�rchen ist, da� sie sich nie wieder an die Welt verkaufen wird. Und wer hat gelernt? Die Seele oder die Eltern? Am Ende steht die ber�hmte Einheit von Geist, Natur und Seele, die sich in wahrer Liebe wieder vereint haben. - Nun k�nnte man �ngstlich fragen: Ist damit das Leben zu Ende? Unser M�rchen sagt: Nein, denn sie geben der Seele neue Nahrung und machen ihr neue Kleider, weil die alten Kleider verbraucht waren. So wie der Mensch abgetragene Kleider ablegt und neue anzieht, so stellte man sich auch die Seele vor, wie sie abgetragene K�rper ablegt und neue anzieht.

Auf diese Weise konnte die Seele als �Lebewesen� oder �Wesen des Lebens� durch die Welt wandern. In der indischen Chandogya-Upanishad werden f�r diese �Seelenwanderung� zwei prinzipielle Wege beschrieben. Interessanterweise wird auch hier erw�hnt, wie die Seele �ber pflanzliche Nahrung in einen tierischen K�rper kommen kann:

Die Weisen, die im Walde leben, den Glauben als Askese �ben, die Verehrung als Askese �ben, die gehen ein in die Flamme (des Leichenfeuers), aus der Flamme in den Tag, aus dem Tage in das Licht, aus dem Licht in die Sonne, aus der Sonne in den Mond und aus dem Mond in den Blitz: Von dort f�hrt sie der reine Geist, der nicht wie ein Mensch ist, zum Brahman (dem H�chsten und Unverg�nglichen). Das nennt man den Weg der G�tter.

Hingegen jene, welche im Dorf leben, Tugend, Wohlt�tigkeit und Freigiebigkeit �ben, die gehen ein in den Rauch (des Leichenfeuers), aus dem Rauch in die Nacht, aus der Nacht in die Dunkelheit, aus der Dunkelheit in die Ahnenwelt, aus der Ahnenwelt in den Raum und aus dem Raum in den Mond, wo sie zur Nahrung der G�tter werden. Dort leben sie solange, bis (ihr Karma) ersch�pft ist, und kehren auf dem gleichen Weg wieder zur�ck, wie sie gekommen: in den Raum, aus dem Raum in den Wind, aus dem Wind in den Rauch, aus dem Rauch in den Nebel, aus dem Nebel in die Wolke und aus der Wolke regnen sie herab. Dann werden sie hier als Reis und Gerste, Kr�uter und B�ume, Sesam und Bohnen geboren. Daraus ist schwer zu entkommen. Denn nur, wenn sie einer als Speise verzehrt und als Samen (in einen Mutterleib) ergie�t, kann er sich daraus weiter entwickeln. Die tugendhaft gelebt haben, erreichen eine gute Geburt als Mensch unter Geistlichen, K�nigen oder Bauern. Die jedoch s�ndhaft gelebt haben, gehen in die Mutterleiber von Hunden, Schweinen oder ausgesto�enen Menschen ein. (Das nennt man den Weg der V�ter bzw. Ahnen).

Jenseits dieser beiden Wege gibt es noch die winzigen Lebewesen, die kaum geboren, schon wieder sterben m�ssen. Das w�re ein dritter Weg. Darum (durch dieses stirb und werde) wird diese Welt nicht voll. Deshalb sollte man sich z�geln (im Leben). Dazu gibt es den Vers:

Der Gold-Dieb und der Alkohol-Trinker, der M�rder der Geistlichen und der Sch�nder ihrer Lehrer, all diese und wer mit ihnen verkehrt, die werden fallen.

Wer jedoch die f�nf Feuer kennt oder mit solchen verkehrt, wird von der S�nde nicht befleckt und bleibt tugendhaft in der Welt der Reinen.
(Chandogya-Upanishad 5.10)

�ber dieses Wesen der Seele haben die Menschen fr�her mindestens soviel nachgedacht, wie wir heute �ber das liebe Geld. Und sicherlich ist davon nur ein Bruchteil in historischen Texten und unserem Alltagsdenken �berliefert. Da� sich hier �ber die vielen Jahrtausende keine v�llig eindeutige Vorstellung von der Seele herauskristallisiert hat, zeigt bereits, wie subtil dieses Problem ist. Nat�rlich gab es jede Menge ideologische Systeme, die den Anspruch auf Vollkommenheit hatten, aber die Grenzen waren oft sehr eng und wurden durch Dogmatik definiert. Wer es dann wagte, daran zu kratzen, wurde zum ideologischen Feind und mu�te irgendwie get�tet werden. Das Problem liegt nat�rlich in unserer Art zu denken, womit wir die Welt nur in Gegens�tzen wahrnehmen k�nnen und entsprechende Unterscheidungen treffen m�ssen. Die wohl folgenschwerste Unterscheidung ist vermutlich die begriffliche Trennung zwischen Leben und Tod. Nicht einmal die modernste Medizin kann hier eine klare Linie finden. Doch auf dieser wackligen Grundlage steht unser ganzes Weltbild mit vielen weiteren Gegens�tzen wie Geist und Materie, Seele und K�rper, Mein und Dein, womit sich die Gedanken endlos im Kreis drehen k�nnen.

Doch wie erkl�rt man nun die Grundlage des Lebens ohne gegens�tzliche Begriffe? Dazu suchte man fr�her Begriffe, die von Gegens�tzen frei sein sollten, wie zum Beispiel �Gott� oder �Universum�. Hier sollte die Denkmaschine einfach anhalten und sich nicht immer weiter im Kreis drehen. Entsprechend brauchte man auch keinen Namen f�r das Universum, weil es davon nur eins gab. Das gleiche sollte auch f�r Gott gelten. In der Bibel steht daf�r das hebr�ische Wort JHWH, was man mit �Er ist� �bersetzen kann. Es ist also kein Name wie Paul oder Max, welcher der Unterscheidung dient. Aber auch hier will der Mensch keine vern�nftigen Grenzen akzeptieren. Und wie man mittlerweile von Multi-Universen spricht, so streiten sich die Religionen �ber den Namen Gottes und wer den wahren Gott besitzt. Absurder geht es bald nicht! Mit diesem Wahn wurde der Begriff �Gott� so negativ beladen, da� heute viele Menschen panisch davor zur�ckschrecken und sogleich an fanatische Sekten, Gewalt und Wahn denken. Man kann es ihnen nicht ver�beln...

Wie wahrhaftig ist unser materielles Weltbild?

Aber gut, da wir nun bez�glich der Seele so viele Zitate aus den altindischen Upanishaden verwendet haben, m�chten wir zum Abschu� noch etwas n�her auf dieses altindische bzw. vedische Weltbild eingehen. Auch hier wird als Grundlage von allem etwas Formloses, Gestaltloses und Namenloses betrachtet. Man nennt es das Ungestaltete oder auch �Meer der Ursachen�. Man sagt: Die Wahrheit ist ohne Name und Form. Nur durch das erkennende Bewu�tsein entstehen Namen und Formen. Und dieses ungestalte Meer der Ursachen, das ist die Seele, die sich in den Wellen verk�rpert, die auf diesem Meer entstehen. Deshalb kann man die Seele nicht sehen oder messen. Und deshalb gibt es auch nur eine Seele, die sich in vielen Wellen verk�rpert.

Der Lehrer sprach: �Hole mir dort von dem Feigenbaum eine Frucht.� - �Hier ist sie, Ehrw�rdiger.� - �Spalte sie.� - �Sie ist gespalten, Ehrw�rdiger.� - �Was siehst du darin?� - �Ich sehe hier, oh Ehrw�rdiger, ganz kleine Kerne.� - �Spalte einen von ihnen.� - �Er ist gespalten, Ehrw�rdiger.� - �Was siehst du darin?� - �Gar nichts, oh Ehrw�rdiger."
Da sprach er: �Die Feinheit, die du nicht wahrnimmst, oh Teurer, aus dieser Feinheit f�rwahr ist dieser gro�e Feigenbaum entstanden. Glaube, oh Teurer, was jene Feinheit ist, daraus besteht dieses ganze Weltall, das ist das Wahre, das ist die Seele, das bist du, oh Swetaketu!� (Chandogya-Upanishad 6.12)

Das einfachste System, das wir diesbez�glich in den altindischen Schriften gefunden haben, besteht aus sieben Prinzipien, die �hnlich einer Matrjoschka jeweils ineinander enthalten sind. Das kann man schematisch in Form von Kreisen verdeutlichen:

vedisches Weltbild
ganzheitlich-beseeltes Weltbild (vedisches Weltbild)

Wir wollen nun versuchen, diese sieben nat�rlichen Prinzipien, die wir auch in anderen M�rchen bereits erw�hnt haben, mit eigenen Worten zu erkl�ren, am Einfachsten in Form der �blichen Sch�pfungsgeschichte: Das erste Prinzip, das aus dem ungestalteten Meer der Ursachen entsteht, ist die gro�e bzw. universale Intelligenz. Das ist ungef�hr das, was wir als h�here Vernunft betrachten, in der es keinen Ego-Wahn gibt. Man k�nnte vielleicht auch von reinem Bewu�tsein oder ganzheitlichem Wissen sprechen, das alles im Universum vereint. Daraus entsteht das Ichbewu�tsein, sozusagen das trennende oder gegens�tzliche Wissen bzw., Denken, das sich vor allem durch Mein und Dein abgrenzt. Daraus entstehen dann die f�nf gro�en Elemente, die im Prinzip alles umfassen, womit sich die klassische Physik besch�ftigt. Weil diese Elemente alle von Intelligenz und Bewu�tsein durchdrungen sind, ordnet man diesen Elementen auch die menschlichen Sinne zu. Als erstes entsteht (aus dem Ichbewu�tsein) das Raumelement mit der r�umlichen Trennung und alle den Feldern und Wellen, die sich im Raum ausbreiten k�nnen, sozusagen der �Klang der Welten�. Daraus entsteht das Windelement mit dem Prinzip der Bewegung, also auch �der Sturm der Gef�hle�, die uns bewegen. Durch diese Bewegung entsteht die W�rme der Reibung und damit das Feuerelement mit dem Licht und der Sichtbarkeit, sozusagen �die Sicht der Dinge�. Daraus entsteht durch Abk�hlung das flie�ende Wasserelement mit dem Geschmack, sozusagen das, was wir �Geschmack des Lebens� nennen. Schlie�lich verdichtet sich das Wasser zum festen Erdelement in Form von Materie, und der Duft entsteht, sozusagen der �Duft der Verg�nglichkeit�. Damit sind schlie�lich in der Erde alle sieben Prinzipien enthalten sowie alle Eigenschaften der Elemente. Man sieht in diesem Schema auch deutlich, da� man Geist und Materie nicht prinzipiell trennen kann. Und damit relativiert sich nat�rlich auch die Unterscheidung zwischen Leben oder Tod. (Quelle: Vayu-Purana 1.4 und 1.49, Vishnu Purana 2.7, Markandeya Purana 45 oder Shiva Purana 10.19)

Dieses Weltbild hat eine gewisse Genialit�t. Zum einen erkennt man hier die Grunds�tzlichkeit der Seele, die sich in einer gro�en Erhabenheit ausdr�ckt, wie sie auch in unserem M�rchen deutlich wird. Denn der D�umling w�chst nicht, verstrickt sich nicht in die Welt, sammelt nichts an, und man kann noch nicht einmal behaupten, da� er auf seiner Wanderung selbst etwas lernt. Wie im Spiel sagt er: �Verkauft mich nur! Ich komme schon wieder zur�ck.� Eine �hnliche Erhabenheit finden wir zum Beispiel in der Krishna-Gestalt der indischen Geschichten, der in der Welt spielt und seine Aufgabe erf�llt, ohne sich in die Welt zu verstricken. Also ganz anders, als das kleine, gierige und angstvolle Ego, das wir heute im Menschen kennen.

Zum anderen ist es mit diesem Weltbild auch kein Zufall, da� k�rperliche Lebewesen wie wir Menschen existieren, sondern eine ganz nat�rliche und folgerichtige Entwicklung. Denn Intelligenz, Ichbewu�tsein und Sinnesbewu�tsein sind hier wesentliche Eigenschaften jeder Materie, die also immer danach dr�ngt, sich entsprechend den Bedingungen in sensiblen Organismen zu organisieren und zu verk�rpern. Das bedeutet, das alles beseelt ist und auch wir immer mit dieser Seele, dem ungestalteten Meer der Ursachen, verbunden sind, woraus alles entsteht und wieder darin vergeht. �hnlich wie die Wellen auf dem Meer immer mit dem Meer verbunden sind, aus dem Meer entstehen und wieder im Meer vergehen. Das hat nat�rliche einige Vorteile, denn damit l��t sich nicht nur die Entstehung des Lebens plausibel erkl�ren sondern auch die geistigen F�higkeiten, Vernunft, Denken, Erinnerung, Telepathie, Nahtoderfahrungen, Geister, Placebo-Effekte, Hom�opathie und �hnliche praktische Erfahrungen. Mit diesem Weltbild mu�te man auch keine Angst davor haben, im Nichts zu vergehen. Die Menschen waren immer mit dem Meer der Ursachen verbunden, und kein Wort, kein Gedanke und keine Tat ging verloren. Daf�r haben sie dar�ber nachgedacht, was sie damit w�hrend des Lebens alles verursachen und ansammeln und wie sie aus diesem Kreislauf zwischen Geburt und Tod sowie Gl�ck und Leid entkommen k�nnten. Entsprechend gab es verschiedene Wege zur Befreiung, �ber die wir heute kaum noch nachdenken.

Denn unser Weltbild hat sich diesbez�glich entscheidend ver�ndert. Das Bewu�tsein, das damals Grundlage war, ist nun irgendwie aus toter Materie entstanden, und keiner wei� so richtig, wie das zuf�llig passieren konnte. Und sogar die materielle Welt basiert auf einer Reihe von Fragezeichen, wovon die Wissenschaftler behaupten, da� kein Mensch wissen kann, woraus zum Beispiel der Raum, die Bewegung und all die Energie im Urknall entstanden sind. Das sieht schematisch ungef�hr so aus:

materialistisch-egozentrisches Weltbild
materialistisch-egozentrisches Weltbild

Entsprechend leiden wir heute unter einer wachsenden Existenzangst, trotz allen materiellen Wohlstandes. Denn unser Bewu�tsein basiert auf toter und verg�nglicher Materie. Der Vorteil ist, wir brauchen nicht so viel �ber die Befreiung nachdenken, denn unser Bewu�tsein endet sowieso in toter Materie. Entsprechend erklingt der Schlachtruf: �Man lebt nur einmal!� Und was man in diesem Leben nicht ergreifen und genie�en kann, wird man niemals mehr ergreifen und genie�en k�nnen. Das bedeutet �Nach mir die Sintflut!�, denn was geht mich die Welt nach meinem Tod an? Was n�tzt uns also eine Seele, die innerlich zu uns spricht in einem toten Universum?

Zu diesem Thema gibt es noch ein �hnliches M�rchen der Br�der Grimm mit dem Titel �Daumerlings Wanderschaft�. Hier klingt bereits an, da� wir die Stimme der Seele in unserer unruhigen und lauten Welt kaum noch h�ren. Das erkennt man schematisch sogar in dem neuen Weltbild, wo sich Bewu�tsein und Geh�r weit voneinander entfernt haben. So braucht man sich heute nicht wundern, wenn niemand die innere Stimme der Seele mehr h�rt, wenn es zum Beispiel hei�t �Was lange h�lt, bringt kein Geld!� oder �Giften ist besser als Pfl�gen!�. Vielleicht sollten wir angesichts der Naturkatastrophe �Mensch� nicht so viel �ber technische oder b�rokratische L�sungen nachdenken, sondern mehr �ber die Ursachen in unserem Weltbild, das die menschliche Basis zum H�ren, Denken und Handeln ist und sich in den letzten Jahrhunderten immer mehr zum primitiven Materialismus gewandelt hat.

Quantenphysik versus Materialismus

Dabei gibt es seit fast hundert Jahren eine wissenschaftliche Quantenmechanik, die mittlerweile tausendfach schl�ssig nachgewiesen und bewiesen wurde, aber selbst unter Wissenschaftlern praktisch kaum einen Einflu� auf ihr Weltbild gewonnen hat. Die philosophischen Konsequenzen dieser Quantenmechanik werden weder in den Schulen noch im Studium gelehrt und auch in �ffentlichen Medien kaum verbreitet. Eine klar bewiesene Erkenntnis wird im Leben einfach ignoriert. Sogar ein genialer Wissenschaftler wie Albert Einstein konnte die philosophischen Konsequenzen der Quantenmechanik sein Leben lang nie akzeptieren. Da fragt man sich besorgt: Um welche Interessen geht es eigentlich in der Wissenschaft?

Und das hat nat�rlich fatale Konsequenzen: Wir arbeiten heute mit den Technologien des 20. und 21. Jahrhunderts, aber nutzen sie mit der Weltanschauung des 19. Jahrhunderts. Das ist sicherlich ein wichtiger Grund, warum wir gegenw�rtig geistig gar nicht f�hig sind, diese m�chtigen Technologien verantwortungsvoll zu benutzen. Wir wollen die Natur beherrschen, aber k�nnen uns selbst nicht beherrschen. Im Vergleich zu der wissenschaftlich-technischen Entwicklung sind wir in der geistigen Entwicklung auf Kindergarten-Niveau stehengeblieben und gleichen Kindern, die mit dem Feuer spielen. Trotz besseren Wissens halten wir uns blind am Materialismus des 19. Jahrhunderts fest, und das hei�t sprichw�rtlich: �Den Karren in den Dreck fahren.�

Post-materialistische Wissenschaft

Aber es gibt immer noch Hoffnung. Auch unter renommierten Wissenschaftlern findet man mittlerweile Versuche, das materielle Weltbild wieder auf eine geistige Basis zu stellen. Erst 2014 gab es ein Manifest f�r eine post-materialistische Wissenschaft, womit sich weltweit eine ganze Reihe renommierter Wissenschaftler mutig gegen das materialistische Dogma der heutigen Wissenschaft stellten, das zu einem Leben in einer toten Natur f�hrt. Man spricht mittlerweile auch von einem morphogenetischen, Matrix-, Informations- oder Psi-Feld und sogar von einem �Meer der M�glichkeiten� im Rahmen einer Quantenphilosophie. Hier ahnt man langsam, da� das riesige Vakuum zwischen den winzigen Elementarteilchen nicht v�llig leer ist, und da� es im Grunde gar keine �Teilchen� gibt. Hans-Peter-D�rr, ein ber�hmter Physiker, der sich tiefgr�ndig mit der modernen Quantenphysik besch�ftigte, sagte sogar in einem Interview:

�Die Felder in der Quantenphysik sind nicht nur immateriell, sondern wirken in ganz andere, gr��ere R�ume hinein, die nichts mit unserem vertrauten dreidimensionalen Raum zu tun haben. Es ist ein reines Informationsfeld - wie eine Art Quantencode. Es hat nichts zu tun mit Masse und Energie. Dieses Informationsfeld ist nicht nur innerhalb von mir, sondern erstreckt sich �ber das gesamte Universum. Der Kosmos ist ein Ganzes, weil dieser Quantencode keine Begrenzung hat. Es gibt nur das Eine...
Die Wirklichkeit in der neuen Physik ist Potentialit�t, eine Welt der Kann-M�glichkeiten, sich auf verschiedene Art materiell-energetisch zu verk�rpern. Deshalb m�chte ich die Begriffe Teilchen oder Atom nicht mehr benutzen und sage statt dessen Wirks oder Passierchen. Ein Passierchen ist ein winzig kleiner Proze�.� (P.M. Magazin 05/2007)

Und damit befindet sich die Potentialit�t bzw. das Ungestaltete im Meer der Ursachen, aus dem die Wirks passieren, wieder ganz unten an der Basis einer neuen Physik mit einem Weltbild, das in vielerlei Hinsicht den alten indischen �berlieferungen gleicht. Oder wie es oben in der Chandogya-Upanishad hie�:

Glaube, oh Teurer, was jene Feinheit ist (die du nicht sehen kannst), daraus besteht dieses ganze Weltall, das ist das Wahre, das ist die Seele, das bist du!

Wir wagen es kaum zu glauben, aber vielleicht hat sogar die uralte Seele wieder eine moderne Chance?

Gleichnisse und Bilder f�r etwas Unbegreifliches

Wenn Sie nun unseren Kommentar zu diesem wunderbaren M�rchen gelesen haben, werden Sie vielleicht fragen: �Wer soll das begreifen?� Dann sind Sie der Wahrheit sehr nah, denn die Seele ist mit gew�hnlichen Gedanken prinzipiell nicht zu begreifen, weil sie das ist, was begreift. Und so kann man eigentlich nur in Gleichnissen und Spiegelbildern von ihr sprechen. Das gleiche Problem gibt es �brigens in der modernen Quantenphysik. Auch diese kann man nur mit Gleichungen der Mathematik beschreiben oder eben mit Gleichnissen aus unseren Alltagserfahrungen. Aus dieser Notlage unserer begrifflichen Gedanken sind offenbar auch die uralt-�berlieferten M�rchen mit ihrer wunderbaren Symbolik entstanden, wie auch die Gleichnisse der Bibel, die vielen symbolischen Geschichten der alten indischen Puranas und viele andere mystische Erz�hlungen �berall in der Welt, um etwas zu verdeutlichen, was eigentlich unerkl�rlich ist, weil das, was am Grunde unserer Welt ist - was die Welt im Innersten zusammenh�lt - eine ungestaltete Potentialit�t ist, ein Informationsfeld oder auch ein Meer der Ursachen bzw. M�glichkeiten. Aus diesem Grund versuchte auch der ber�hmte Physiker Hans-Peter-D�rr vor allem mit Bildern und Gleichnissen �ber die moderne Quantenphysik zu sprechen. Dazu m�chten wir zum Abschlu� auf einen wunderbaren Vortrag verweisen, den er im Jahre 2002 an der Universit�t Clausthal mit dem Titel �Wir erleben mehr als wir begreifen� gehalten hat:


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Fundevogel - (Thema: Weg zur Befreiung, geistige Werte)
Doktor Allwissend - (Thema: Wissenschaft, Geist)
Der Geist im Glas - (Thema: Das Wesen des Geistes, Schulsystem, Hom�opathie)
Die Erbsenprobe / Prinzessin auf der Erbse - (Thema: Nat�rliche Sensibilit�t)
Die sieben Schwaben - (Thema: Corona-Hysterie, Das Wesen der Angst)
Daumesdick / D�umling (Thema: Was ist die Seele? Stimmt unser Weltbild?)
Die Kristallkugel / Vom Schlo� der goldenen Sonne - (Thema: Egoismus, das innere Tier besiegen)
Des Kaisers neue Kleider - (Thema: Mahnmal 2020 - GELD-MACHT-BLIND)
Rattenk�nig Birlibi - (Thema: Geld, Feindschaft, Sucht und Armut)
Das Dietmarsische L�genm�rchen - (Thema: L�gen, Gedanken und Vernunft)
Der R�uberbr�utigam - (Thema: tote Seele, geistiger Mord)
... Inhaltsverzeichnis aller M�rchen-Interpretationen ...

[1843] Jacob und Wilhelm Grimm: Kinder- und Hausm�rchen, 5. Auflage, G�ttingen 1843
[Faust II] Johann Wolfgang von Goethe, Faust Teil 2 (1832).
[MHB] Das Mahabharata, www.mahabharata.pushpak.de
[2020] Text und Bilder von Undine & Jens / www.pushpak.de
Ver�ffentlichung: 18. April 2020