RKI-Files: Vertrauliche Corona-Protokolle enthüllen brisante Details

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RKI-Files: Vertrauliche Corona-Protokolle enthüllen brisante Details


Nach Klage
Corona-Protokolle des RKI veröffentlicht

Von t-online, lz

Aktualisiert am 26.03.2024Lesedauer: 4 Min.
Lothar Wieler: Der damaligen Präsidenten des Robert-Koch-Instituts leitete meist die internen Besprechungen des Corona-Krisenstabs.Vergrößern des BildesLothar Wieler: Der damalige Präsident des Robert-Koch-Instituts leitete meist die internen Besprechungen des Corona-Krisenstabs. (Quelle: Thomas Trutschel/Photothek/getty-images-bilder)
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Nach einer Klage sind vertrauliche Protokolle des RKI-Krisenstabs öffentlich gemacht worden. Der Inhalt bietet tiefe Einblicke in interne Besprechungen.

Erstmals sind die Protokolle des Corona-Krisenstabs des Robert-Koch-Instituts (RKI) öffentlich zugänglich. Das der Coronaleugner-Szene nahestehende Magazin "Multipolar" hatte die Freigabe durch eine Klage erwirkt. Die mehr als 1.000 Seiten umfassenden Dokumente bieten trotz zahlreicher Schwärzungen tiefe Einblicke in interne Besprechungen.

Mögliche Konsequenzen des Lockdowns bewusst

Am 17. März 2020 stufte das RKI die Risikoeinschätzung für die Gesundheit der Deutschen von "mäßig" auf "hoch" herauf. Laut den nun veröffentlichten Protokollen sollte diese neue Risikobewertung vorbereitet und "hochskaliert" werden. Über den Auslöser dieser Hochstufung heißt es in den Dokumenten: "Die Risikobewertung wird veröffentlicht, sobald (Personenname geschwärzt) ein Signal dafür gibt."

Der Blog "Multipolar" zieht aus dieser Schwärzung einen eigenen Schluss: Nicht das RKI habe die Risikobewertung gemacht, sondern eine externe Person. Das Protokoll vom 16. März legt allerdings nahe, dass das RKI die Risikobewertung selbst gemacht hat – nur die Veröffentlichung der Risikobewertung hing von der Freigabe der nicht namentlich genannten Person ab.

Hintergrund

Die Protokolle umfassen den Zeitraum von Januar 2020 bis April 2021.

Allerdings schienen die Konsequenzen eines solchen Lockdowns bereits im ersten Jahr ersichtlich zu werden. So vermerkt das RKI mit Blick auf Maßnahmen in afrikanischen Staaten am 16. Dezember: "Lockdowns haben zum Teil schwerere Konsequenzen als Covid selbst."

Keine Evidenz für Masken bei Privatpersonen

Die Protokolle enthalten auch Informationen zur Maskenpflicht, insbesondere zu FFP2-Masken. In einer Sitzung am 30. Oktober 2020 stellte die Krisenstab-Runde klar: "Es gibt keine Evidenz für die Nutzung von FFP2-Masken außerhalb des Arbeitsschutzes." Diese Information könnte auch für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, so der Krisenstab.

Die Politik hatte im Winter 2020 eine strengere Maskenpflicht inklusive FFP2-Masken eingeführt. Der Mathematiker und Modellierer Kristan Schneider steht weiterhin hinter dieser Entscheidung: "Jede Barriere bietet Schutz vor Ansteckung." Zudem könne man mit Prognosemodellen die Effekte der Einzelmaßnahmen wie Masken quantifizieren. Und diese zeigten einen "großen Effekt".

Zu der fehlenden Evidenz fügte er an: "Es ist wichtig, den Begriff 'Evidenz' richtig zu deuten. Eine wissenschaftliche Versuchsanordnung, die eindeutig belegen würde, dass FFP2-Masken vor Ansteckung schützen, ist schwierig und wäre ethisch auch nicht vertretbar, dennoch kann man auf die Wirksamkeit der Masken schließen."

Kristan Schneider
Kristan Schneider (Quelle: Helmut Hammer)

Zur Person

Dr. Kristan Schneider ist Mathematikprofessor an der Fakultät für Angewandte Computer- und Biowissenschaften der Hochschule Mittweida, Sachsen. Sein Forschungsschwerpunkt ist die Modellierung epidemiologischer Prozesse. Er modellierte unter anderem auch die Entwicklungen während der Pandemie.

Impfkampagne trotz Zweifeln

Weiterhin werden in den Protokollen Zweifel am Einsatz des Astrazeneca-Impfstoffs geäußert. Am 8. Januar 2021 geht das RKI auf die Impfstoffe ein und erklärt, dass Astrazeneca "kein Selbstläufer" sei, da der Impfstoff "weniger perfekt ist". Daher müsse der Einsatz diskutiert werden.

Die Runde notiert zudem, es müsse für Astrazeneca möglicherweise Beschränkungen geben, da Daten für ältere Personen sehr begrenzt seien. Zwei Monate später, Anfang März, empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) den Impfstoff für alle Altersklassen und verweist auf neue Erkenntnisse aus Studien.

Dazu sagt Kristan Schneider, auch er sei bei dem Impfstoff von Astrazeneca skeptisch gewesen, da die klinischen Studien mit dem initialen Impf-Rhythmus nur eine Effizienz von etwas über 70 Prozent ergaben. Allerdings verweist er darauf, dass man aus diesem Grund den Abstand zwischen den beiden Impfungen änderte und so eine bessere Effizienz erhielt. Insgesamt halte er die mRNA-basierten Impfstoffe aber für eine bessere Methode.

Privilegien für Geimpfte und Genesene waren nicht geplant

Auch Bedenken gegen Privilegien für Geimpfte und Genesene im Rahmen der 3G-Regel finden sich in den Corona-Protokollen des RKI. Am 5. März 2021 wird in einer Sitzung des Krisenstabs über die Frage diskutiert, ob das RKI bei seiner bisherigen Haltung bleibe, keine Ausnahmen von den Corona-Regeln für Geimpfte und Genesene zu machen.

Das Ergebnis: Ausnahmen seien "fachlich nicht begründbar". Dem Krisenstab zufolge solle das Impfzertifikat die Erfassung von Impfwirkung und Spätfolgen ermöglichen und nicht die Grundlage für Kategorien und Vorrechte sein. Aus den Protokollen geht auch hervor, dass die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Zertifikate für Geimpfte und Genesene ebenfalls ablehnte.

Auch Kristan Schneider war von der 3G-Regel nicht überzeugt: "3G hielt ich immer für den falschen Weg. Sinnvoll ist nur die 2G+ Regel, also geimpft oder genesen plus ein Test. Die Impfung beziehungsweise Genesung schützt vor einer Infektion und der Test stellt sicher, dass Infizierte niemanden anstecken. Mit Prognosemodellen kann man das auch verdeutlichen."

Mitte September 2021 wurde die 3G-Regel (geimpft, genesen, getestet) in den Katalog der besonderen Schutzmaßnahmen gegen die Verbreitung des Coronavirus aufgenommen und ist mittlerweile im Infektionsschutzgesetz geregelt.

Weitere Klage angekündigt

Das der Coronaleugner-Szene nahestehende Magazin "Multipolar", will am 6. Mai 2024 erneut vor das Berliner Verwaltungsgericht ziehen, um eine vollständige Einsicht in die Protokolle ohne Schwärzungen zu erreichen.

Insgesamt gilt: Die Corona-Protokolle könnten zwar dazu beitragen, die Entscheidungsprozesse während der frühen Phasen der Covid-19-Pandemie transparenter zu machen, allerdings sind solche Protokolle ohne den Kontext der damaligen Situation nicht alleine aussagekräftig.

Anmerkung der Redaktion, 25. März 2024: Der Text wurde aktualisiert. In einer früheren Version schrieben wir: "Der Blog "Multipolar", der unter anderem einschlägige Impfgegner- und Coronaleugner-Thesen verbreitet, (...)." Zutreffend ist, dass Multipolar der Verschwörungsideologen- und Coronaleugner-Szene nahesteht. Die "FAZ" spricht von einem "Magazin aus dem rechtspopulistischen und verschwörungstheroretischen Milieu", "Spiegel" und "N-TV" bezeichnen das Magazin als "rechts".

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • multipolar-magazin.de: "Mehr als tausend Passagen geschwärzt: Multipolar veröffentlicht freigeklagte RKI-Protokolle im Original". (Stand: 20. März 2024)
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