Trennung der Wulffs: Ende ohne Schrecken - WELT
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Panorama Trennung der Wulffs

Ende ohne Schrecken

Christian und Bettina Wulff haben sich getrennt

Der frühere Bundespräsident Christian Wulff und seine Ehefrau Bettina haben sich getrennt. Das bestätigte Christian Schertz, der Anwalt der beiden. 2013 hatte sich das Paar schon einmal getrennt.

Quelle: WELT

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Bettina und Christian Wulff haben sich getrennt – auch wenn mal alles nach einem Happy End aussah. Es ist die Geschichte eines großen Irrtums in der öffentlichsten und skandalösesten Beziehung, die es in der deutschen Politik gab.

Christian und Bettina Wulff haben sich getrennt. Es ist nicht die erste Trennung des einstigen Bundespräsidenten und seiner zweiten Ehefrau. Aber immerhin sieht es dieses Mal so aus, als würde die Trennung, die ja immer ein privates Desaster ist, ohne öffentlichen Rosenkrieg auskommen.

Die Trennung geschehe einvernehmlich, teilte der Anwalt des Paares betont einsilbig der Öffentlichkeit mit, die ja immer sehr am Glück und am Unglück anderer interessiert ist.

Es scheint, als sei dies nun wirklich das endgültige Aus der ziemlich genau zehn Jahre währenden Beziehung – der öffentlichsten und skandalösesten, die es in der deutschen Politik je gab.

Die Beziehung von Bettina und Christian Wulff begann schon mit einem Skandal. Der Ehe des einstigen Ministerpräsidenten von Niedersachsen mit Bettina ging eine Scheidung voraus. Sein neues Glück mit der zwölf Jahre jüngeren Frau wurzelte im Unglück, dass er seiner ersten Frau, Christiane Wulff zugefügt hatte, die dem Vernehmen nach die Scheidung nicht gewollt hatte.

Suchen wir nicht alle das Glück?

Der niedersächsische Landesvater und, rein phänotypisch, Inbegriff des Deutschen Biedermannes, zeigte zur Überraschung aller eine Seite, die ihm niemand zugetraut hatte: Statt „bis der Tod euch scheidet“ wandte er sich einer wesentlich Jüngeren zu – und erfüllte plötzlich das immer ein bisschen lächerliche Klischee des Mannes in der Midlifecrisis.

Einen Monat nach der Scheidung von Christiane heiratete er Bettina. Und das Publikum war, wie immer, wenn von Liebe die Rede ist, milde gestimmt. Es verzieh ihm diese Abweichung vom Weg des Spießbürgers, der in einer Ehe verharrt, obwohl diese ihn unglücklich macht. Machen wir nicht alle Fehler? Suchen wir nicht alle das Glück? Sind wir nicht alle ein bisschen wie Christian Wulff?

Und dann war da natürlich die Person Bettina Wulff. Eine schöne, lustige, hochglanzwürdige Frau. Sie hatte ihr Studium abgebrochen, war aber trotzdem als PR-Beraterin erfolgreich. Ausgesprochen telegen, sah man sie jahrelang auf allen Fotos immer nur lachen.

Außerdem war Bettina Wulff eine Frau mit Vergangenheit. Sie lebte getrennt und war alleinerziehende Mutter eines kleinen Jungen. Damit repräsentierte sie die neuen familiäreren Realitäten in Deutschland, in dem die traditionelle Familie mit Mutter, Vater, Kindern nicht mehr selbstverständlich ist. Bettina Wulff war also so etwas wie eine Politikergattin neuen Typus.

Außerdem das Gegenteil der überall aussterbenden Spezies der klassischen Hausfrau, die ihrem erfolgreichen Mann „den Rücken frei hält“. Sie also auch eine von uns. Im Sommer des Jahres, in dem die Ehe geschlossen wurde, kam ein gemeinsames Kind auf die Welt. Damit war, wie man so sagt, das Glück der beiden perfekt.

Ihr erster gemeinsamer öffentlicher Auftritt im Jahr 2006
Ihr erster gemeinsamer öffentlicher Auftritt im Jahr 2006
Quelle: Holger Hollemann/picture alliance / dpa
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Als Wulff im Jahr 2010 Bundespräsident wurde, schien es, als sei keine Familie prädestinierter für den Einzug ins Schloss Bellevue als diese bunte, junge Patchworkfamilie. Die Vorstellung, dass im Präsidentenschloss ein Kleinkind Tretroller fährt, elektrisierte die Medien. Die Wulffs avancierten zum Vorzeigepaar der Magazine. Als Wulff 2010 den Satz: „Der Islam gehört zu Deutschland“ sprach, sah es so aus, als sei die einst bürgerliche und konservative CDU mit ihrer weiblichen Bundeskanzlerin und einem coolen und verjüngten Präsidenten der Schrittmacher auf dem Weg in die Zukunft.

Das Glück der Wulffs hatte seinen Zenit erreicht. Dann kam das Jahr 2012 – der Absturz ins politische Nichts, gefolgt vom privaten Rosenkrieg, mit Abrechnung und gegenseitiger Vernichtung.

Wulff war geliefert

Zuerst ging es um einen privaten Kredit für ein Haus und Wulffs fragwürdigen Umgang damit. Wulff, der die Sprengkraft dieser Vorwürfe erkannte, beging nun einen weiteren, den weitaus schlimmeren, Fehler: der Versuch des Vertuschens, ein drohender Anruf beim damaligen Chef der „Bild“-Zeitung. Weitere kleinere und größere Verfehlungen fanden das Licht der Öffentlichkeit. Wulff war geliefert.

Für das Ehepaar begann nun das, was auf dem Traualtar „schlechte Zeiten“ genannt wird. Als Wulff im Februar 2012 als Folge der Skandale vom Amt des Bundespräsidenten zurücktreten musste, hielt Bettina nicht, wie sie bei Eheschließung versprochen hatte, zu ihm, sondern distanzierte sich von ihrem Mann.

Bei der schlimmsten und demütigendsten Pressekonferenz im Leben des Politikers Wulff stand seine Frau nicht neben ihm, sondern, mit bitterem Gesicht, mehrere Schritte von ihm entfernt.

Der Moment, bevor Wulff seinen Rücktritt erklärt
Der Moment, bevor Wulff seinen Rücktritt erklärt
Quelle: Michael Kappeler/picture alliance / dpa

Noch im gleichen Jahr exekutierte Bettina Wulff ihren Mann und, wie man etwas später wusste, auch sich selbst. Sie brachte ein Buch auf den Markt mit dem Titel „Jenseits des Protokolls“, ein Schlag unter die Gürtellinie ihres eigenen Mannes, zugefügt in seiner schwersten Zeit. Das Buch wurde nicht das, was sich Bettina Wulff versprochen hatte, es wurde kein Befreiungsschlag.

Es wurde vielmehr medial als ultimative Hinterhältigkeit wahrgenommen. Die Kugel, die Bettina abgeschossen hatte, traf auch sie selbst. Im Januar 2013 trennten sich Christian und Bettina Wulff zum ersten Mal. Beide waren da nur noch ein Schatten ihrer selbst. Geschlagene, ihrer Würde beraubte Menschen, denen nicht einmal mehr Mitleid gezeigt wurde.

ARCHIV - Das Buch von Bettina Wulff «Jenseits des Protokolls» liegt am 10.09.2012 in München (Oberbayern) im Buchhandel aus. Der frühere Bundespräsident Christian Wulff und seine Ehefrau Bettina haben sich offiziell getrennt. Das berichtet die «Bild»-Zeitung am Montag (07.01.2013). Die Trennung kommt fast ein Jahr nach dem Rücktritt Wulffs vom Amt des Bundespräsidenten. Foto: Frank Leonhardt dpa (Zu dpa 0186 vom 07.01.2013) +++(c) dpa - Bildfunk+++ | Verwendung weltweit
Das Buch von Bettina Wulff: Jenseits des Protokolls
Quelle: Frank Leonhardt/picture alliance / dpa
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Wenn die Gladiatoren tot sind, verliert sich das Interesse des Publikums schnell. So war es auch bei diesen beiden. Ein kurzes Aufhorchen ging durch die Medien, als 2015 verkündet wurde, das Paar habe, statt sich offiziell scheiden zu lassen, entschieden, wieder zusammenzuleben.

Noch ein kurzer Aufmerksamkeitsblitz flackerte auf, als die kirchliche Hochzeit nachgeholt wurde. Für einen Moment sah es so aus, als würden Christian und Bettina Wulff sich die Wunden, die sie sich geschlagen hatten, gegenseitig lecken wollen, bis sie geheilt sind.

Aber nein. Echtes Glück scheint diesem Paar nicht zu gelingen. Jetzt zeigt sich, dass der Versuch, „in guten wie in schlechten Zeiten zueinanderzuhalten“, nur eine Hoffnung war.

Anders als vor sechs Jahren wollen Christian und Bettina Wulff sich heute nicht zu ihren privaten Angelegenheiten äußern, und man hofft von Herzen für die beiden, das ihnen diesmal wenigstens das gelingt.

Christian und Bettina Wulff haben sich getrennt

Der frühere Bundespräsident Christian Wulff und seine Ehefrau Bettina haben sich getrennt. Das bestätigte Christian Schertz, der Anwalt der beiden. 2013 hatte sich das Paar schon einmal getrennt.

Quelle: WELT

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