Kai Diekmann: Ex-Bild-Chef spielt in Ravensburg die Wulff-Mailbox ab
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Ex-Bild-Chef in seiner Heimat

Geplänkel über Putin und Penis-OP mit dem Ravensburger Kai Diekmann

Ravensburg / Lesedauer: 3 min

Der Ex-Bild-Chef war für eine Buchpräsentation in seiner Geburtsstadt. Was ihn heute mit Ravensburg verbindet und wie er sich im Gespräch mit einem „taz“-Reporter gibt.
Veröffentlicht:18.04.2024, 06:59

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Plötzlich stand Putin nackt vor ihm. Kai Diekmann wollte am Dienstagabend im Schwörsaal keine Zeit verlieren und kam schnell zu dieser Szene. „Ich war Bild“ heißt das Buch des ehemaligen Chefredakteurs von Deutschlands größter Boulevard-Zeitung, das Diekmann nun auch in seiner Geburtsstadt Ravensburg beworben hat. Bei der Buchvorstellung liest er am liebsten Stellen vor, die beweisen, wie nah er den Mächtigen der Welt war und ist. Wie Diekmann selbst mit der Macht als Bild-Chef umgegangen ist, schien den Chefreporter der linken Tageszeitung „taz“, Peter Unfried, der durch den Abend führte, kaum zu interessieren. Die Anekdoten, mit denen Diekmann stattdessen brillierte, machten die fehlenden kritischen Nachfragen schnell vergessen. Diekmann lieferte Emotion und Unterhaltung: Bild eben.

Von Ravensburg nach Bielefeld

„Sehr, sehr viel“ verbinde ihn mit Ravensburg, erzählte Diekmann zu Beginn des Abends. Seine Großmutter mütterlicherseits habe es nach dem Krieg „hierher verschlagen“. Doch Diekmanns Vater aus Ost-Westfalen habe mit den Oberschwaben nicht viel anfangen können. Also wurde der kleine Kai in Bielefeld großgezogen. In Ravensburg habe er unendlich viele Sommer verbracht und in der Argen schwimmen gelernt.

Diekmann ging mit Putin baden

Doch das Kapitel Ravensburg war schnell abgeschlossen. Diekmann las bald aus dem Kapitel „Der große Diktator“ seines Buches. Es erzählt von seinem ersten Interview mit Wladimir Putin nach dem Anschlag auf das World-Trade-Center. Nach zwei Stunden habe der russische Präsident - damals in der westlichen Welt hoch angesehen - den Bild-Chef zu seiner völligen Überraschung gefragt, ob er noch eine Runde im Meer mit ihm schwimmen wolle. Putin habe ihm dafür eine Badehose geliehen und sie hätten sich gemeinsam umgezogen.

Der schwarze Labrador

Die Anekdote sage viel über Putin aus, erzählte Diekmann dem Ravensburger Publikum. „Es ist alte KGB-Schule, dass man eine Situation kreiert, in der das Gegenüber überrumpelt und hilflos ist.“ Solche Momente habe er bei jedem Putin-Interview erlebt. Und nicht nur Diekmann. Auf Angela Merkel hat Putin trotz ihrer Hundeangst 2007 seinen schwarzen Labrador losgelassen. „Er wollte sie demütigen. Er wollte sie vorführen“, ist Diekmann überzeugt. Heute sei Wladimir Putin ein „eiskalter nationalistischer Schlächter“.

So gibt sich Diekmann heute

Und wie hat sich Kai Diekmann verändert? Manches zeigt schon die Szenerie im Schwörsaal. Nach seiner Zeit als Bild-Chef hat Diekmann Nadelstreifenanzug und Gelfrisur abgelegt. In Ravensburg tritt er in einem dunkelblauen, enganliegenden Feinstrickpullover auf. Dazu trägt er eine ebenso dunkelblaue, aber noch enger anliegende Jeans. Auf der Leinwand hinter ihm ist eine Diashow zu sehen. Fast ausschließlich schwarz-weiß Bilder. Die Motive: Diekmann mit Putin, Diekmann mit dem damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff, Diekmann mit dem einstigen US-Präsidenten Donald Trump. Die weitere Szenerie: Auf dem kleinen Tischchen zwischen Kai Diekmann und Peter Unfried stehen zwei Weingläser. Unter dem Tisch zwei Weinflaschen, aus denen aber kaum nachgeschenkt wird.

Die Szenerie bei der Buchvorstellung.
Die Szenerie bei der Buchvorstellung. (Foto: Paul Martin)

Die Wulff-Affäre

„Ziemlich beste Feinde“ heißt das unvermeidbare Kapitel über die Wulff-Affäre in Diekmanns Buch. Das deutsche Staatsoberhaupt - angreifbar, weil in eine fragwürdige Hausfinanzierung verstrickt - hatte Diekmann angerufen und wollte die Berichterstattung beeinflussen. Die Worte, die der damalige Bundespräsident Christian Wulff im Januar 2012 auf Diekmanns Mailbox gesprochen hat, spielt der Autor dem Ravensburger Publikum vom Handy ab. Nicht wegen der Vorwürfe gegen ihn habe Wulff sein Amt niederlegen müssen, meint der Journalist. „Sondern wegen des miserablen Umgangs mit den Vorwürfen.“ Ein Schuldeingeständnis hätte ihn retten können, ist in diesem Fall die These des meinungsstarken Journalisten.

Der Penis

Diekmann selbst habe ähnlich falsch reagiert, als die „taz“ in einem satirischen Beitrag über eine missglückte Penis-Verlängerung des Kai Diekmann philosophiert hatte. „Das war natürlich alles erfunden. Aber ich war so blöd und habe die taz verklagt.“ Heute können offenbar beide darüber schmunzeln: Peter Unfried, der taz-Chefreporter, der in Ravensburg als Stichwortgeber für Diekmann fungierte, und Diekmann selbst, der inzwischen Genosse der „taz“ ist.