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Politik Niedersachsen

Christian Wulff trennt sich von seiner Frau

Die Scheidung Christian Wulffs soll Wahlkampfthema für die SPD werden. Die Scheidung Christian Wulffs soll Wahlkampfthema für die SPD werden.
Quelle: DPA
Die Biographie des niedersächsischen Ministerpräsidenten heißt "Christian Wulff - Ich mach' mein Ding." . Auch im Privatleben bleibt er diesem Motto treu. Mit der Trennung von seiner Ehefrau Christiane macht er auch sein Ding: Er teilt sie per "Bild"-Zeitung mit.

Neulich, vor wenigen Wochen erst, erschien eine Biographie über den niedersächsischen Ministerpräsidenten, deren Titel, "Der Marathonmann", erahnen ließ, daß der lange Lauf dieses Mannes wohl andere Ziele hat als sich selbst. Wobei, nebenbei bemerkt, das ja auch bei Joschka Fischer schon deutlich zu unambitioniert formuliert war. Interessanter für diese Betrachtung ist aber ein anderes, bereits 2003 veröffentlichtes Buch. Keine Biographie, ein politisches Porträt: "Christian Wulff - Ich mach' mein Ding." Im Titel so locker, wie sein Held gern wäre.

In "Ich mach mein Ding" gibt es ein Kapitel, das mit "Christian und Christiane" überschrieben ist und in dem Christian erzählt, wie er Christiane kennenlernte, damals, vor nunmehr 24 Jahren beim gemeinsamen Studium der Rechtswissenschaften an der Osnabrücker Universität. Vorher, so verkündet der Titelheld, habe er "nichts anbrennen lassen". Ach Gottchen, dachte man da. Versucht der nette Herr Wulff doch, mehr sein zu wollen als immer nur der nette Herr Wulff. Der Brave, der Liebe, der stets etwas Langweilige. Etwas Unangepaßtes, etwas Wildes, etwas rot-grün Verruchtes mußte her, um neben all den so gar nicht braven, so gar nicht langweiligen Schröders und Fischers mit ihrem boulevardtauglichen Alphamännchen-Gehabe in der schönen neuen Medienpolitikerwelt nicht so fürchterlich musterchristdemokratisch auszusehen. Jetzt, drei Jahre später, hat sich Christian von Christiane getrennt - und man wünschte, der nette Herr Wulff wäre noch der nette Herr Wulff, so brav und bieder wie eh und je. Nicht, weil man sich in das Privatleben von Politikern einmischen möchte. Sondern weil man der öffentlichen Zurschaustellung des Politikers als Privatmanns überdrüssig ist.

Wulff präsentierte sich gern als Lieblings-Schwiegersohn

Christian Wulffs Ding war es bisher, vom unterschätzten, oft gar belächelten Serienverlierer bei niedersächsischen Landtagswahlen zum beliebtesten Politiker Deutschlands aufzusteigen. Hilfreich dabei waren vor allem zwei Dinge: sein Triumph über Sigmar Gabriel im Jahr 2003 - und seine Fähigkeit, eine vermeintliche Schwäche in eine Stärke zu verwandeln. Wulff erkannte, daß er sein Lieblings-Schwiegersohn-Image nur entschieden genug bedienen mußte, um in den Popularitätsskalen der Meinungsforschungsinstitute immer weiter nach oben zu klettern. Er inszenierte dabei weniger die traute Zweisamkeit mit seiner Ehefrau, als vielmehr den ebenso liebevolle wie modernen Vater. Der Fürsorgliche verrät einer Illustrierten schon mal, wie man auch als vielbeschäftigter Ministerpräsident einer elfjährigen Tochter ein guter Papa sein kann ("Pizza essen, mit dem Hund spazieren, beim Reiten zuschauen, kuscheln") - und der moderne, vom Kind lernende, berichtet, wie ihn die resolute Annalena, mittlerweile zwölf, davon abhielt, das Vogelhäuschen im Garten zu entsorgen. Solche Anekdötchen verdichtet Wulff gelegentlich zum kleinen Erziehungsberater - so ermahnte er etwa "Focus" lesende Eltern in einem Essay, sie sollten doch wieder stärker Vorbild für ihre Kinder sein und Tugenden wie Höflichkeit und Respekt vermitteln. Doch, so zeigt das Leben nun erneut: Öffentlich Familienwerte hochzuhalten garantiert noch lange kein privates Glück. Zumindest kein dauerhaftes.

Auch mit der Trennung macht der bald 47-jährige Wulff nun sein Ding: Er teilt sie per "Bild"-Zeitung mit. Im politischen Berlin grassiert zwar bereits seit geraumer Zeit das Gerücht, das Kapitel mit Christian und Christine steuere auf ein vorzeitiges Ende zu. Und genüßlich wurde bereits vor Monaten von einer CDU-Gremiensitzung berichtet, bei der sich Wulff, befeuert von seinen Umfragewerten, zu großer Rede emporschwang - und von einem Ministerpräsidenten-Kollegen mit der Bemerkung gestoppt wurde, er möge doch zunächst einmal seine privaten Dinge klären, bevor er anderen vorschreiben könnte, was sie zu tun hätten. Doch nun ist es offiziell: "Ehe kaputt! Es gibt schon eine Neue" titelt "Bild". Ausführlich erklärt der immer noch irgendwie nette Herr Wulff, ja, es stimme, Christiane und er hätten sich getrennt, man gehe im Guten auseinander, es sei die schwerste Entscheidung in seinem Leben, trotz aller ehrlichen und ernsthaften Bemühungen habe seine Ehe keine Zukunft mehr, Annalena solle auf keinen Fall leiden, beide, Christiane und er, würden immer für sie da sein, er wohne jetzt in seinem Apartment im Gästehaus der Landesregierung und ja, in seinem Leben, gebe es eine neue Frau.

Offensive als Schadensbegrenzung

Wulffs Offensive am Boulevard dient ganz offensichtlich der Schadensbegrenzung: Die Trennung im Guten öffentlich besonnen über die Bühne bringen - und dann einfach weitermachen. Schließlich leben ja auch Christdemokraten im 21. Jahrhundert. Und ihre Wähler auch.

So eine PR-Offensive in Sachen Trennung kann allerdings auch schief gehen. Vor allem, wenn das mit der öffentlichen Besonnenheit nicht so richtig klappt - wie das Beispiel Rudolf Scharping zeigt. Scharping hatte einst, nach der Trennung von seiner Ehefrau und im noch frischen Zustand des Neuverliebtseins, mallorquinische Bade-Bilder von sich und seiner neuen Lebensgefährtin, Gräfin Kristina Pilati, in der "Bunten" veröffentlichen lassen, auf denen der Herr Verteidigungsminister für viele aussah wie ein spätpubertierender Hilfsbademeister mit Frühlingsgefühlen. Gefühle zur Unzeit, wie sich herausstellte: Wenn der Bundestag über die Beteiligung deutscher Soldaten an der Kosovo-Friedenstruppe Kfor berät, macht es sich nicht gut, wenn der zuständige Minister auf Mallorca badet. Für Scharping kam erst der Spott ("Bin Baden"), dann das Karriere-Ende.

Eher unglücklich verlief auch das Krisenmanagement von Friedbert Pflüger, ehedem Außenpolitiker der Union und nun CDU-Kandidat für das Amt des regierenden Bürgermeisters von Berlin. Als sich Pflüger im September 2003 von seiner Frau Margarita Mathiopoulos trennte und dies der Öffentlichkeit auch mitteilte, ließ Frau Mathiopoulos ein Fax sprechen. Ihr Mann, so war da zu lesen, glaube, ernsthafte Gefühle für "seine Schreibkraft" entwickelt zu haben. Ein gezielter Schlag unter die Gürtellinie - und der Auftakt eines öffentlich ausgetragenen Rosenkriegs, unter dem Pflüger bis heute leidet. - und auch seine Siegchance in diesem Herbst.

Man kann aber auch ganz anders umgehen mit der öffentlichen Trennung. Da wäre zum Beispiel die Methode Schröder. In dieser Variante inszeniert man sich prinzipiell als deutsche Antwort auf die Clintons - und nennt seine Hillary dann einfach nicht mehr Hillu, sondern Doris. Zur Methode Fischer wiederum gehört, daß man mit jeder neuen Frau gegenüber den allgegenwärtigen Fotografen immer unflätiger wird - und geflissentlich überhört, wenn grüne Weggefährtinnen wenig dezent darauf hinweisen, daß zwar die Zahl der Fischer-Frauen steigt - nie aber deren Alter.

Und was ist nun mit Wulff? Sauber privat getrennt, sauber öffentlich verkauft - nun kann er also weiterrennen, der Marathonmann.

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