Ein kleiner Junge spielt nach, was er durch Zufall beim Polizisten-Vater gesehen hat: eine mit einer Plastikt�te erstickte Frau. „Das ist ein Spiel.“ Am n�chsten Tag geht der Junge mit seiner Freundin in den Wald – „Schlafen spielen“... Die Mutter, die den Jungen darauf eingeschworen hat, niemandem etwas von dem Todesfall zu verraten, will daran glauben, dass sich durch Vertuschen und Verdr�ngen der vermeintliche Gl�ckszustand der Familie erhalten l�sst. Psychologisch pr�zise, formal streng, preisgekr�nt. Regie: Aelrun Goette!
Foto: SWR / Stephan RaboldDer Vater darf nicht wissen, was Sohn Tim getan hat. Bibiana Beglau, Dirk Borchardt
„Ein unverhohlener Thriller �ber die Macht von Familiengeheimnissen“, urteilte „Die Welt“ �ber Aelrun Goettes Deb�t-Spielfilm „Unter dem Eis“ (Trailer). „Garantiert beunruhigend“, lobte die „FR“. Und die Grimme-Preis-Jury schrieb 2007 den lobenden Schlussakkord f�r diesen vermeintlich kleinen Film mit ebenso kleinem Budget und noch kleinerer Kinoauswertung: „ein herausragender Film, ein schonungslos intensives Kammerspiel hinter den Fensterfronten eines schneewei�en Bungalows – unmittelbar, dicht und ergreifend.“
Irgendwo am Stadtrand Berlins. Jenny und Michael erhoffen sich mit ihrem siebenj�hrigen Sohn Tim ein ruhiges Leben und ein kleines St�ck vom gro�en Gl�ck. Doch damit ist es bald vorbei. Eines Abends l�sst der Vater, ein stressgeplagter Ermittler bei der Polizei, die Akten eines aktuellen Falls aus Versehen im Wohnzimmer liegen. Der kleine Tim wagt einen Blick – und ihm fallen sofort die Fotos einer M�dchenleiche im Wald ins Auge. Er fragt seinen Vater, ob das M�dchen tot sei? „Nein, sie schl�ft nur“, entgegnet dieser. „Und warum hat sie eine Plastikt�te �ber dem Kopf?“, will der Junge wissen. „Das ist ein Spiel.“ Am n�chsten Tag trifft sich Tim mit seiner Freundin Luzi. Die beiden gehen in den Wald – „Schlafen spielen“.
Foto: SWR / Stephan RaboldBeerdigung der kleinen Luzi. Sandra Borgmann. Hinten: Beglau, Wahlen, Borchardt
„Sperrt mich Papa jetzt ins Gef�ngnis?“, fragt der Siebenj�hrige seine Mutter. Sie, die den Jungen darauf eingeschworen hat, niemandem etwas von dem Spiel mit t�dlichem Ausgang zu verraten, will daran glauben, dass sich durch Vertuschen und Verdr�ngen der vermeintliche Gl�ckszustand der Familie erhalten l�sst. Die zunehmende Sprachlosigkeit zwischen Jenny und Michael, den Timmy mehr und mehr zum Buhmann stempelt, weil er die Symbiose zwischen ihm und seiner Mutter st�rt, l�sst erahnen, dass es mit dem Gl�ck in dieser Familie wohl nie allzu weit her war. L�gen bestimmen die Ehe, das Leben ist eine Fassade, im Kern ist es leer. Symbolisiert werden die unertr�glichen Zust�nde in der Familie durch jenen wei�en Bungalow, der Traumschloss sein sollte und jetzt nur noch Gef�ngnis ist.
„Wir erleben eine Familie, die Konflikte nicht l�sen kann“, betont Regisseurin Aelrun Goette, „die Figuren haben kein inneres Zuhause, sie haben nur eine Vorstellung davon, wie das richtige Leben aussehen sollte.“ Goette, die bereits f�r den Dokumentarfilm „Die Kinder sind tot“ einen Bundesfilmpreis in Gold erhielt, konnte sich bei ihrem ersten Spielfilm auf das ungemein pr�zise Drehbuch von Thomas Stiller st�tzen. Stilistisch schwebte ihr „eine Mischung von dokumentarischer Intensit�t und formaler Strenge“ vor. Bei ihrer Regie suchte sie vor allem die N�he der Figuren. Mit Bibiana Beglau, Dirk Borchardt und dem Tim-Darsteller Adrian Wahlen fand sie das passende Trio f�r ihren Abgesang auf die Familie. Und Kameramann Jens Harant setzte die visuellen Akzente: pr�zise Blicke, k�hle Farben, der Winter, die Beziehungen in ihrer ganzen K�lte. (Text-Stand: 9.7.2007)
Foto: SWR / Stephan RaboldLangsam ahnt der Vater die Zusammenh�nge. Adrian Wahlen (li.) & Dirk Borchardt
Rainer Tittelbach arbeitet als TV-Kritiker & Medienjournalist. Er war 25 Jahre Grimme-Juror, ist FSF-Pr�fer und betreibt seit 2009 tittelbach.tv. Mehr
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