ARD-Doku „Wir waren in der AfD“: Es gibt einen Weg zurück
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ARD-Doku „Wir waren in der AfD“: Es gibt einen Weg zurück

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Magdeburg, Sachsen-Anhalt, Deutschland, 05.08.2023: AfD-Europawahlversammlung, AfD-Logo, davor Delegierte *** Magdeburg,
Europawahlversammlung 2023 in Magdeburg: „Die soziale Ächtung hält viele davon ab, aus dieser Partei rauszugehen.“ © IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Die ARD-Doku „Wir waren in AfD - Aussteiger berichten“ liefert beklemmende Einblicke in das Innenleben der rechten Partei. Die Medienkolumne Polopolis.

Wo sind sie da nur hineingeraten? Diese Frage stellen sich so ähnlich irgendwann alle vier Ex-AfD-Mitglieder in der ARD-Doku „Wir waren in der AfD – Aussteiger berichten“. Zu Wort kommen eine Frau und drei Männer, die zu Zeiten in die Partei eingetreten waren, als die noch für Kritik an der Europolitik stand, mit einem Wirtschaftsprofessor an der Spitze, der mit einem Björn Höcke etwa so viel am Hut hatte wie heute Alice Weidel mit dem örtlichen Freundeskreis für Geflüchtete.

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Zwei der Aussteiger heißen Yorulmaz und Boudaghi mit Nachnamen, einer ist homosexuell, einer kommt aus einer deutsch-italienischen Familie, einer ist katholisch geprägt. Junge Leute, die sich als konservativ bezeichnen, teils auf der Suche nach nationaler Identität. Und dann ist da noch der Ex-Parteichef Jörg Meuthen.

Die Regie lässt alle in Einzelinterviews erzählen, ohne zu belehren. Ein guter Ansatz. „Es gab in der AfD Nazis von Anfang an“, sagt Franziska Schreiber, in der AfD von 2013 bis 2017. Anfangs habe man denen gesagt, sie sollen sich verkrümeln. Doch die Ansage von Bernd Lucke, etwa frühere NPD-Mitglieder gar nicht erst aufzunehmen, wurde nicht immer durchgesetzt. Klappte die Aufnahme in einem Ortsverband nicht, gingen viele zum nächsten.

AfD: Wie bei einer Sekte dominiert die Partei Denken und Handeln

Lucke verlor dann den Machtkampf mit Frauke Petry. 2017 wurde auch Petry ausgebootet und kündigte ihren Parteiaustritt an. Der rechtsextreme Höcke-Flügel gewann an Einfluss, die Rhetorik der Parteiführung wurde schärfer, teils offen rassistisch.

Irgendwann habe sie einen Bogen um die Flüchtlingsunterkunft vor Ort gemacht, erzählt Schreiber. Durch den Einfluss der Partei habe sich etwas in ihr verändert. Bei allen Berichten scheint durch, wie sehr die Partei das Denken und Handeln dominiert hat. Der Eindruck einer Art von Gehirnwäsche stellt sich beim Zuschauen ein, wie sie von manchen Sekten bekannt ist. Es gebe viele in der AfD, sagt Schreiber, die begriffen hätten, dass die Partei gefährlich sei, „die aber gar niemanden mehr haben, zu dem sie außerhalb gehen können.“

„Ächtung hält viele davon ab, aus der AfD auszutreten“

„Die soziale Ächtung hält viele davon ab, aus dieser Partei rauszugehen“, sagt ähnlich auch Marco Schild, einst in jungen Jahren eingetreten. Über Beziehungen nach außen sei der Bruch am ehesten möglich. Der ehemalige Parteichef Meuthen sagt, am Ende habe er nur noch Nummern von AfD-Leuten auf dem Handy gehabt. Keiner muss Mitleid empfinden, wenn der frühere Chef einer Partei, die vor allem ausgrenzt, selbst soziale Ausgrenzung beklagt. Andererseits schadet es sicher nicht, sich mal wieder mit dem Nachbarn zu unterhalten, der noch in der rechten Blase steckt.

„Wir waren in der AfD – Aussteiger berichten“: ARD-Mediathek.

Alle Folgen: fr.de/polopolis

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