Zum Tode von Arndt Bause, dem erfolgreichsten Schlagerkomponisten der DDR: Liebe und Tränen und neuer Mut

Liebe und Tränen und neuer Mut

BERLIN, 12. Februar. Goldene Schallplatten gab es keine in der DDR. Sonst hätten nicht wenige die Wände seines Hauses in Biesdorf geschmückt, schließlich gehörte Arndt Bause zu den erfolgreichsten Komponisten im Osten. Allein 600 000-mal verkaufte sich sein "Sing, mei Sachse sing!", im Westen wie im Osten. Für Frank Schöbel komponierte er "Gold in deinen Augen", "Morgenrot - Abendrot" für Andreas Holm, für Jürgen Walter "Schallala, schallali", "Erna kommt" für Wolfgang Lippert und "Dicke da" für Helga Hahnemann. Sein Name stand unter so vielen Titeln der letzten 30 Jahre DDR, mehr als 1 300 sollen es gewesen sein.Ein bisschen schnellerDass der gebürtige Leipziger musikalisch war, erkannte die Mutter schon im frühen Kindesalter, da stand Arndt vor dem Volksempfänger und dirigierte heftig bei den Militärmärschen mit. Das Klavier war die Folge, als Schüler musste er ran ans Instrument, bis es keinen Spaß mehr machte. Zu viel Mozart und Beethoven, der Funke sprang erst über, als er zum ersten Mal Boogie-Woogie hörte. Auch das geht mit dem Klavier, für Arndt Bause stand jetzt fest: er will Musiker werden. Dabei steckte er mittendrin in einer Ausbildung zum Glasapparatebläser, schmiss dann doch hin mit 18 und tingelte mit einer Amateurband durch die nähere und weitere Umgebung seiner Heimatstadt.Dabei war die Musikrichtung des jungen Talentes klar: vom Westen ließ er sich inspirieren und hörte am Radio ab, wie die da drüben komponierten und arrangierten, alles ein bisschen schneller und mit mehr Rhythmus. Derart infiltriert polierte Arndt Bause die Band-Arrangements auf und komponierte schließlich seine ersten Lieder. Damit bewarb er sich beim Rundfunk in der Hauptstadt, da, wo die Musik spielte und alle namhaften Künstler der Republik unter Vertrag waren. Hier klappt es schließlich beim zweiten Anlauf, neun Titel kauften die ihm ab, für 150 Mark das Stück. Und er traf auf Dieter Schneider, der schon ein Großer war unter den Textern. Sie wurden ein Team und arbeiteten fortan erfolgreich für Ruth Brandin und Helga Brauer, Aurora Lacasa und Chris Doerk - die ganze prominente Riege halt. So viel verdiente Arndt Bause inzwischen, mehr als 2 000 Mark im Monat, dass er sich ein Kompositions-Studium leisten konnte. Das schloss er 1974 mit einem Staatsexamen ab und bekam vom damaligen Minister für Kultur, Klaus Gysi, als Dreingabe noch den Kunstpreis der DDR, "für die Schaffung der neuen DDR-Unterhaltungskunst". Aus einem, den es musikalisch in den Westen zog, war plötzlich der verdiente Komponist eines sozialistischen Staates geworden. Vom Glasbläser zum studierten Musiker - voller Genugtuung machten zeitgenössische Ideologen aus Arndt Bause ein Prachtexemplar seiner Klasse: "Indem in der Deutschen Demokratischen Republik das Bildungsmonopol einer kleinen herrschenden Minderheit gebrochen wurde, vermag nunmehr die sozialistische Gesellschaft, die herrschende Arbeiterklasse, zu entscheiden, wen sie auf ihre Kunsthochschulen delegiert."Der Bilderbuchkomponist passte vortrefflich zum Bilderbuchschlager, den es zu kreieren galt. Schon 1958 war der Anteil westlicher Kompositionen auf dem DDR-Markt auf 40 Prozent zurückgedrängt worden, das Ende der "gängigen Massenware zweifelhafter Herkunft", so Walter Ulbricht auf dem V. Parteitag. "Bewusstseinsbildend" sollte die sozialistische Unterhaltung künftig wirken, einen Beitrag leisten zur "Ausprägung der sozialistischen Persönlichkeit". Schlichte Schlagerreime im Dienste des Volkes? Die Rechnung ging nicht auf, alles was nach DDR klang und Sozialismus blieb liegen in den Regalen. Nur dann, wenn es, wie im kapitalistischen Schlager, ganz unverbindlich blieb mit Liebe und Tränen und neuem Mut und vom Arrangement westlich klang, ohne von da zu sein, wurde es ein Hit. "Für uns war alles rund"Arndt Bause bewies, dass er mit seinen Kompositionen auf beiden Märkten erfolgreich sein konnte, seine Schöbel-, Holm- und Hahnemann-Titel reüssierten auch beim Klassenfeind. Das brachte Tantiemen und Privilegien. Der Komponist wurde zum Spitzenverdiener, allein die "Sachsen"-Hymne machte ihn zum Millionär. Er fuhr nur noch Volvo, machte 1982 ersten West-Urlaub in Österreich und bekam schließlich ein Dauervisum. Damit kutschierte der Rastlose so oft von Ost nach West und zurück, bis sein Heimstudio eingerichtet war mit Technik von drüben, für noch bessere Leistungen hüben."Für uns war alles rund, das hätte immer so weitergehen können", sagte Arndt Bause einmal, als nichts mehr blieb, wie es war. Auf die Wende war er nicht vorbereitet, den Anschluss hat er nicht mehr geschafft. Hinzu kam 1991 der Tod von Helga Hahnemann, mit ihr hatte er noch so viel vor. "Der Westen wollte unseren Markt, nicht unsere Künstler", so lautete seine Bilanz. Aber aufhören konnte er nicht, zusammen mit dem einstigen Weggefährten Dieter Schneider schrieb er 1999 ein Weihnachtsmusical für Kinder, ein weiteres Singspiel sollte folgen. Am Dienstag starb Arndt Bause im Alter von 66 Jahren."Der Mann mit der goldenen Nase" // Arndt Bause, der erfolgreichste Komponist der DDR, ist im Alter von 66 Jahren gestorben. Er schrieb mehr als 1 300 erfolgreiche Lieder, unter anderen für Frank Schöbel ("Gold in deinen Augen"), Jürgen Hart ("Sing, mei Sachse sing!") und Helga Hahnemann.In seiner Biografie "Der Mann mit der goldenen Nase" beschrieb Bause seine Erinnerungen an die DDR-Schlagermusik.Erfolgreich waren auch Bauses Töchter: Inka startete 1984 als Fünfzehnjährige mit dem Hit "Spielverderber" eine Schlagerkarriere. Tochter Katrin war die erste Schönheitskönigin der DDR.GUEFFROY Fotopause auf dem Sofa: Arndt Bause, der Rastlose.DPA Schlagersänger Frank Schöbel verdankt Arndt Bause viele Hits.