Laschet für kritische Aufarbeitung der Corona-Politik | Evangelische Zeitung

Laschet für kritische Aufarbeitung der Corona-Politik

Man werde einander viel verzeihen müssen, hatte Spahn damals gesagt. Mittlerweile räumen immer mehr Politiker Fehler der Corona-Politik ein. Armin Laschet will eine Enquetekommission.

Armin Laschet war von 2017 bis 2021 Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen
Armin Laschet war von 2017 bis 2021 Ministerpräsident des Landes Nordrhein-WestfalenImago / osnapix

Eine politische Aufarbeitung der Corona-Politik hat der frühere Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet gefordert. Im Interview mit dem heute-Journal sprach er sich für eine Enquete-Kommission des Bundestages aus. Ziel müsse es sein, Lehren für eine künftige Pandemie zu ziehen.

Während der Pandemie sei viel zu aggressiv und ohne Respekt vor anderen Meinungen diskutiert worden, sagte der frühere NRW-Ministerpräsident. Die Debatte sei „sehr moralisiert“ gewesen. „Entweder du bist für die eine Maßnahme oder du bist ein Corona-Leugner. Es gab aber eine Menge dazwischen.“ Das präge die Gesellschaft bis heute. Wie in der Corona-Pandemie mit anderen Meinungen umgegangen worden sei, sei bis heute „Feuer für Populisten und Verschwörungstheoretiker“. Er hoffe, dass sich durch eine neue Dialogkultur, die auch Fehler zugestehe, die Spaltung der Gesellschaft wieder beruhige.

Laschet: Alle Unterlagen offen legen

Laschet verwies unter anderem auf die massiven Grundrechtseinschränkungen während der Pandemie. Die Politik hätte mehr Gespür dafür entwickeln müssen, als wie massiv die Eingriffe empfunden wurden, sagte er. Grundrechtseinschränkungen müssten zudem so schnell wie möglich zurückgenommen werden.

Mit Blick auf die jetzt veröffentlichen Protokolle des Robert-Koch-Instituts (RKI) forderte der frühere CDU-Vorsitzende, es müssten alle Unterlagen offengelegt werden. Politik und Medien müssten ihren Umgang mit der Pandemie kritisch hinterfragen. Oft sei nur eine Meinung als „richtig“ angesehen worden.

Mehr wissenschaftliche Vielfalt bei der Beratung der Politik

Auch das RKI habe intern weit kritischer über Maßnahmen wie Lockdown, Maskenpflicht und 3G-Regel debattiert, erläuterte Laschet. Am Ende sei von dieser Meinungsvielfalt aber wenig in die konkrete Politik eingeflossen. Der CDU-Politiker sprach sich in diesem Zusammenhang für „weniger politischen Einfluss und mehr wissenschaftliche Vielfalt“ bei der Beratung der Politik aus. Das dem Bundesgesundheitsministerium unterstellte RKI brauche mehr Unabhängigkeit.

Auch andere während der Pandemie verantwortliche Politiker hatten in den vergangenen Wochen Fehler in der Corona-Politik eingeräumt. Helge Braun, bis Ende 2021 Kanzleramtsminister im Kabinett von Angela Merkel (beide CDU), sagte Anfang März dem „Spiegel“, die Bundesregierung habe anfangs die Wirkmächtigkeit der Impfstoffe zu hoch eingeschätzt. Man sei davon ausgegangen, dass Geimpfte auch vor Ansteckungen sicher seien. „Wir haben das Impfen als eine Lösung für den Ausstieg aus der Pandemie beworben und eine Erwartung geschürt, die wir am Ende nicht erfüllen konnten.“

Horst Seehofer (CSU), bis zum Regierungswechsel im Dezember 2021 Bundesinnenminister, sagte: „Wir haben Entscheidungen getroffen, denen ich heute nicht mehr zustimmen würde“. Er nannte als Beispiel nächtliche Ausgangssperren, die kaum Wirkung auf die Unterbrechung der Infektionsketten gehabt hätten. Zudem müsse man mit Forderungen nach einer Zwangsimpfung sehr vorsichtig sein, sagte Seehofer weiter.