Die AfD wehrt sich vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster gegen eine Einstufung als rechtsextremistischer Verdachtsfall. Zugleich zeichnet sich ein Wahlerfolg der 2013 gegründeten Partei bei den drei Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im September ab. Wie umgehen mit einer Partei, die ernste Zweifel weckt, ob sie auf dem Boden der Demokratie steht?
Darüber und über weitere aktuelle politische Themen sprach Sandra Maischberger in ihrem Politiktalk mit dem CDU-Politiker Armin Laschet. Der scheiterte 2021 als CDU-Kanzlerkandidat bei der Bundestagswahl.
Er denke heute nicht darüber nach, was anders gewesen wäre, wenn er gewonnen hätte, sagte der frühere NRW-Ministerpräsident. Dann machte er aber klar, dass mit ihm als Kanzler vieles ähnlich gewesen wäre, wie in der Ampelkoalition: Auch mit Jamaika (Schwarz-Gelb-Grün) wäre Christian Lindner Finanzminister, Robert Habeck Wirtschaftsminister und Annalena Baerbock Außenministerin geworden, sagte der 63-Jährige.
Als ehemaliger Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen habe er aber gelernt, die Erfolge von Koalitionspartnern zu würdigen. „Wenn der kleine Koalitionspartner strahlend dasteht, freue ich mich“, meinte Laschet. Bei der Ampelkoalition herrsche hingegen der Eindruck, jeder freue sich, wenn der andere schlecht dasteht.
Seit Längerem warnt der CDU-Politiker vor der AfD. Im Januar sprach er öffentlich während den Demonstrationen gegen Rechtsextremismus, zu denen deutschlandweit Millionen Menschen auf die Straße gingen. Dabei wies er auf den schnellen Aufstieg der NSDAP und dem Ende der Weimarer Demokratie 1933 hin. „In zwei Monaten war alles zerstört. Und deshalb dürfen Antidemokraten in keine staatliche Funktion kommen. Sie werden sie nutzen, die Demokratie zu beseitigen“, hatte er gesagt.
Dann entwarf Laschet bei Maischberger ein Szenario: Werde die AfD etwa in Thüringen zur stärksten Kraft und Björn Höcke zum Ministerpräsidenten gewählt, dann habe der viele Möglichkeiten, das demokratische System zu destabilisieren – etwa Richter zu benennen oder durch die Kontrolle über die Medienaufsicht. „Deshalb die Botschaft: sie sollten an keiner Regierung beteiligt werden“, sagte Laschet. „Diesen Streit führt man aber nicht mit einem AfD-Verbot, sondern mit politischen Argumenten.“
„Wenn Politiker nur aufeinander eindreschen, wird es am Ende keine Sympathie-Punkte geben“
Laschet warnte zudem davor, wie mit der Partei und ihren Sympathisanten umgegangen wird. „Wenn man mit moralischer Überlegenheit argumentiert, wie wir das bei Corona, Klimaschutz und zum Teil beim Krieg getan haben, macht es die, die das anders sehen, noch aggressiver.“ Zu denken, die Partei erstmal machen zu lassen, weil sie sich damit demaskieren werde, sei aber gefährlich.
Wie die anderen Parteien im politischen Geschäft und sprachlich miteinander umgehen sollte, dazu hatte Laschet auch eine Meinung. „Wenn Politiker nur aufeinander eindreschen, wird es am Ende keine Sympathie-Punkte geben“, meinte er. Laschet sagte, heutzutage müsse man „sensibler sprechen.“ Dennoch: „Eine Kritik muss auch mal zugespitzt sein.“
Gefährlich sei nämlich, wenn es so wirke, als seien sich die Politiker alle einig, meinte der CDU-Politiker. Das würde die AfD mit Begriffen wie „Altparteien“ und „Mainstreamparteien“ und dem Spruch „Egal, wen du wählst, es kommt immer das Gleiche raus“ vermitteln. Die Opposition müsse deshalb klare Kritik liefern. Laschet: „Eine Bundestagsdebatte zwischen Scholz und Merz hat meistens den Charakter, den die Menschen sich gewünscht haben: endlich nochmal Klartext.“
Auch zur Taurus-Debatte befragte Maischberger den CDU-Außenpolitiker. Laschet hatte das „Nein“ des Kanzlers zur Lieferung des Marschflugkörpers an die Ukraine vor einer Woche als „Besonnenheit“ gelobt und gesagt: „Die Bedeutung von Taurus-Lieferungen für den Kriegsverlauf wird in der Debatte meines Erachtens überhöht.“
Wichtiger als die Frage nach der Waffenlieferung sei Laschet, dass Europa mit einer starken gemeinsamen Stimme spreche, sagte Laschet. Staaten wie Deutschland und Frankreich hätten das in der Vergangenheit aber vermissen lassen – und platzierte einen Vorschlag: „Wie kraftvoll wäre es, ein deutsch-französisches Abkommen, zusammen unterschrieben, und Putin signalisiert: Wir Europäer lassen uns nicht auseinanderdividieren.“