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Kritik zum RTL-Film: „Uckermark-Krimi“: „Miss Marple“ war gestern, jetzt ermittelt „Miss Merkel“
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Katharina Thalbach in Miss Merkel – Ein Uckermark-Krimi.
RTL / Maor Waisburd Katharina Thalbach in "Miss Merkel – Ein Uckermark-Krimi".
Es gibt Filmkonzepte, die klingen zu doof, um wahr zu sein: Im Fall von „Miss Merkel – Ein Uckermark-Krimi“ basiert dieses Konzept aber immerhin auf einem Bestseller. Aber ist der Film wirklich gelungen? Unser Redakteur Michael Hille hat ihn sich angesehen.
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Man muss es dem Schriftsteller David Safier lassen: Kreativ sind die Einfälle, die er für seine Romane hat. Bei ihm wurde eine Frau unter Hypnose schon „Plötzlich Shakespeare“, in „Muh!“ sucht die ostfriesische Kuh Lolle in Indien (dem „Land der heiligen Kühe“) ihren Seelenfrieden und sein „Jesus liebt mich“, in dem sich der Sohn Gottes in unserer Zeit im Dating versucht, wurde sogar sehr erfolgreich mit u. a. Florian David Fitz als Christus und Jessica Schwarz als dessen Auserwählte verfilmt.

2021 landete Safier einen seiner kühnsten Coups: Seine Krimi-Satire „Miss Merkel: Mord in der Uckermark“ machte aus der scheidenden Bundeskanzlerin Angela Merkel eine gelangweilte Rentnerin, die sich bei einem Mordfall als schrullige Privatermittlerin versucht. Der wirklich schräge Einfall kletterte rasch auf die Bestseller-Listen. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis wir unsere Ex-Kanzlerin auch in einer Verfilmung beim Spurensuchen und Mörderfangen beobachten konnten. RTL hat sich der Sache angenommen und zeigt am 21. März um 20:15 Uhr „Miss Merkel – Ein Uckermark-Krimi“, vorab gibt es den Film aber auch schon bei RTL+ für Premium-Abonnenten zu sehen. Aber lohnt sich das wirklich?

„Miss Marple“ war gestern, jetzt ermittelt „Miss Merkel“

Ruhestand kann ganz schön langweilig sein! So sieht das jedenfalls Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel (Katharina Thalbach). Kein Wunder: Nach ihrem bewussten Abgang von der politischen Weltbühne ist sie mit ihrem Mann Joachim Sauer (Thorsten Merten) und ihrem kleinen Mops Helmut in die Uckermark gezogen und fristet ein Leben auf dem Lande. Sie versucht sich an Rentner-Aktivitäten, verbringt die Tage mit Spaziergängen und Backen, doch wirklich erfüllt wirkt sie nicht.

Zum Glück wartet Beschäftigung auf sie: Freiherr Philip von Baugenwitz (Thomas Heinze) wird in einem von innen verriegelten Schlossverlies vergiftet aufgefunden. Ein Selbstmord – so scheint es. Doch Merkel sieht Anzeichen für einen Mord – und will entgegen Anweisungen der Polizei ermitteln und den Täter dingfest machen. Kommissar Hannemann (Sascha Nathan) rät ihr davon ab, doch „Miss Merkel“ ist nicht unterzukriegen. Und wenn es mal brenzlig wird, bekommt sie von ihrem Leibwächter Mike (Tim Kalkhof) tatkräftig Unterstützung.

Funktioniert Katharina Thalbach als „Miss Merkel“?

Will man eine so absurde Idee wie die hinter „Miss Merkel“ verfilmen, steht und fällt alles mit der Hauptdarstellerin. Regisseur Christoph Schnee geht auf Nummer sicher: Katharina Thalbach hat sich 2013 schon in der lustigen Guttenberg-Satire „Der Minister“ in der Rolle der Merkel bewiesen (auch wenn sie da nur „Murkel“ heißen durfte). Es gelang ihr in diesem Film, der medial natürlich allseits bekannten Kanzlerin menschliche Facetten abzugewinnen, die man von ihren politischen Auftritten in der Form nicht kannte. Es war fraglos eine unerwartet große Leistung von Thalbach, den Menschen Angela Merkel vor der Kamera neu zu erfinden.

Leider hat sie das in „Miss Merkel“ nicht rüberretten können. Sie spielt hier keine Miss-Marple-Version der Kanzlerin, sondern eher die Karnevalsversion dessen, wie sich unsereins Angela Merkel privat vorstellen könnte. Ob sie im Wald hinter einen Baum urinieren geht, bei jeder Gelegenheit die berühmte „Raute“ zückt oder mit weit aufgerissenen Augen vermeintliche Beweise untersucht: „Miss Merkel“ gerät Katharina Thalbach so dermaßen klamaukig, dass es leider mehr zum Fremdscham einlädt.

Klamaukiger RTL-Film geht am „Miss Merkel“-Buch vorbei

Mit dieser ins Lächerliche gezogenen Version der Titelfigur verfehlt die Verfilmung die Qualität des Buchs. Im Roman arbeitete David Safier bewusst mit den Spekulationen der Medien rund um Angela Merkels Ruhestand, und schubste die Kanzlerin zwar in eine „Mord ist ihr Hobby“-Geschichte, spielte dieses ironische Konzept aber vergleichsweise „nachvollziehbar“ durch. Der RTL-Film entscheidet sich für einen Kuriositätenstadl: „Miss Merkel“ ist selbst einfach nur schrullig, der Kommissar mit „Columbo“-Gedächtnistrenchcoat wirkt wie ein kauziger Versager, die verschiedenen Verdächtigen sind bloße Abziehbilder aus der Mottenkiste …

Eigentlich ist „Miss Merkel“ somit weder als Komödie noch als Krimi gelungen. Die Witze köcheln allesamt auf Sparflamme, der eigentliche Mordfall ist zudem wahnsinnig zäh erzählt und durch die vielen charakterlichen Pappkameraden kaum ernstzunehmend. Sollten nicht selbst Krimi-Parodien im Kern einen interessanten Kriminalfall haben? Gerade das ist sonst die Stärke von Drehbuchautor Stefan Cantz, immerhin entwickelte er (gemeinsam mit seinem Kollegen Jan Hinter) den berüchtigten Münster „Tatort“, der wohl in Deutschland regelmäßig die beste Mischung aus Quatsch und Polizeifilm ist.

Man lacht bei „Miss Merkel“ viel, nur aus den falschen Gründen

Doch bei „Miss Merkel – Ein Uckermark-Krimi“ will die Gradwanderung nicht aufgehen. Lachen tut man – zugegeben – aber dennoch eine Menge. Die Absurdität des Films und seines Konzepts, die wirklich in jeder Hinsicht überdreht-schärge Lächerlichkeit, amüsiert. Vergleichbar mit dem Entertainment-Faktor von Trash-Filmen ist „Miss Merkel“ so weit weg von dem, was in Deutschland sonst unter dem Label „Krimi“ läuft, dass es auf seine eigene Art und Weise eine Empfehlung ist – einfach nur, weil man den „Uckermark-Krimi“ gesehen haben muss, um ihn wirklich zu glauben. 

Einzig und allein eine Figur generiert echte und „gewollte“ Lacher: Merkels Ehemann Joachim Sauer, denn die trockenen und dauerentspannten Kommentare, die Thorsten Merten manchmal in den Raum werfen darf, sind tatsächlich ein einsames Highlight. Die restliche Zeit ist „Miss Merkel“ eher unfrewillig komisch. Immerhin …

Sollte RTL auch den zweiten Roman zum Film machen wollen, lohnt es sich vielleicht, das Drehbuch direkt David Safier selbst schreiben zu lassen, immerhin ist er als Drehbuchautor durchaus erfahren (er schrieb als Hauptautor die Sitcom „Berlin, Berlin“). Warum man in der Tonalität soweit von den Büchern abgewichen ist, wird sich wohl mancher fragen. Nur eine Abweichung ist verständlich: Merkels Mops Helmut hieß in der Vorlage noch Putin. Das war den Machern mittlerweile wohl aus offensichtlichen Gründen zu heikel.

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