Andrea Kiewel erlebt Krieg in Israel - ihr Mann geht an die Front
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ZDF-Fernsehgarten-Moderatorin Kiewel erlebt Krieg in Israel – ihr Mann geht an die Front

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ZDF - Fernsehgarten Andrea Kiwi Kiewel Unterhaltungsshow  Mainz
Die „Wiesn-Show“ des ZDF-Fernsehgartens mit Andrea Kiewel, aufgenommen am 24. September 2023 in Mainz wurde am Sonntag (8. Oktober) ausgestrahlt. © IMAGO / BOBO

Der Überfall der radikalislamistischen Hamas traf Israel augenscheinlich unvorbereitet – und veränderte auch das Leben der in Tel Aviv ansässigen Fernsehmoderatorin Andrea Kiewel auf einen Schlag.

Tel Aviv – Am Sonntag (8. Oktober) flimmerte ab 12 Uhr eine Aufzeichnung des ZDF-„Fernsehgarten“ mit Andrea Kiewel über die Bildschirme in Deutschland. Währenddessen befand sich die Fernsehmoderatorin mitten im Krieg in Israel. In der Jüdischen Allgemeinen berichtete Kiewel in einem Liveblog über ihre Flucht vor den anfliegenden Raketen in den Schutzraum ihrer Wohnung – und wie sich ihr Leben in Tel Aviv von einem Moment auf den anderen veränderte. Ihr Partner - ein ehemaliger Elite-Soldat - hat bereits die Jeans gegen die Uniform getauscht und kämpft.

Israel-Krieg: Fernsehmoderatorin harrt während Luftalarm in Tel Aviv in Bunker aus

Die radikalislamische Hamas startete am Samstag überraschend einen großangelegten Angriff auf Israel, bei dem mindestens 600 Menschen starben (Stand: 8.10.2023, 15.00 Uhr). Morgens um 7 Uhr bekam die Fernsehmoderatorin eine Nachricht von ihrer Schwiegermutter. „Are you good - geht es dir gut?“ Kiewel wunderte sich kurz und antwortete offenbar nichtsahnend: „Oh ja. Wir hatten so einen lustigen Abend bei Freunden.“ Dann ging es los und die Sirenen heulten in Tel Aviv. „Dieser Ton. Er geht durch Mark und Bein. Tief ins Herz. Und er öffnet alle Schleusen. Ich weine“, beschrieb die 58-Jährige den Moment als sie im kleinen Schutzraum - genannt Mamad - in ihrer Wohnung sitzt, neben sich der Hund.

„Die Sirene stoppt, und es macht ‚Bumm Bumm‘“, so die Moderatorin über das Geräusch als das israelische Schutzschild Iron Dome die anfliegenden feindlichen Raketen abschießt. Zunächst sei sie von einem weiteren Angriff aus Gaza ausgegangen. Doch kurze Zeit später spricht Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu von „Krieg“, am Sonntag ruft das israelische Sicherheitskabinett offiziell den Kriegszustand aus. „Der Krieg, der Israel durch eine mörderische Terrorattacke aus dem Gazastreifen aufgezwungen wurde, hat am 7. Oktober 2023 um 06.00 Uhr begonnen“, hieß es vom Büro des Ministerpräsidenten.

Andrea Kiewel über die große Solidarität in den ersten Stunden des Israel-Kriegs

Die Solidarität der Menschen in den ersten Stunden des Krieges war offenbar groß. Das Handy der Moderatorin stand kaum still, Nachrichten aus Deutschland und Israel – und in der WhatsApp Gruppe des Hauses der Moderatorin. Manchmal schimpfe man, weil einer der Nachbarn seinen Müll tagelang im Hausflur hat stehen lassen, so Kiewel und ergänzt: „In Situationen wie an diesem Samstagmorgen ist das alles vergessen. Wir wollen sicher sein, dass alle sicher sind.“ Als die Sirene kurz stoppte, entschloss sich die Moderatorin mit ihrem Hund kurz Gassi zu gehen. Während sonst alle Menschen auf der Straße in ihr Handy starren, grüßten an diesem Tag laut Moderatorin alle. Man mache sich gegenseitig Mut.

Gleichzeitig übte die 58-Jährige auch Kritik an der amtierenden Regierung in Israel. Seit Monaten gebe es Auseinandersetzungen im Westjordanland, so Kiewel in der Jüdischen Allgemeinen. „Araber gegen Siedler. Siedler gegen Araber. Terror. Mord. Tote. Verletzte. Es wird gezündelt und Öl ins Feuer gegossen.“ Doch die israelische Regierung spreche kein Machtwort zu ihren gewaltbereiten Siedlern. „Wie auch? Deren Partei ist in der Regierung“, so Kiewel. Damit würden sie sich selbst ins Bein schießen, glaubt die 68-Jährige.

Das Unverständnis über den Terrorangriff sei groß. Alle im Land würden sich fragen, wie Israel, genau 50 Jahre nach dem Jom-Kippur-Krieg, erneut so angreifbar sein kann, berichtete die Moderatorin. Ganz Tel Aviv sei von Kameras überwacht. Wenn man falsch parke, bekomme man innerhalb von zehn Minuten einen Strafzettel – per E-Mail, mit Foto. „Wie also kann es sein, dass die Grenze zu Gaza so schändlich vernachlässigt wurde? Warum kann dieser Terroranschlag so blutig und gewalttätig über die Bühne gehen? Wieso haben weder Mossad noch Schin Bet* etwas geahnt? Warum sind wir so unvorbereitet?“ Es klinge aus ihrer Sicht wie ein Totalausfall des israelischen Sicherheitsapparates.

ZDF-Fernsehmoderatorin im Israel-Krieg: „Nahe zusammenrücken, wenn alles auseinanderfliegt“

Ihr Mann habe bereits die Jeans gegen die Uniform getauscht und sei im Kriegseinsatz. „Noch gestern sangen und tanzten wir. Es ist absurd. Makaber. Unrealistisch“. Ihr Partner sei ein Fels in der Brandung. „25 Jahre als Elite-Soldat haben ihn viele schlimme Ereignisse erleben und überleben lassen.“ Es werde noch ein paar Raketen geben, habe er zu ihr gesagt. Und: Die Ruhe sei nur eine Atempause. Damit hatte er offenbar recht behalten. Seinem Auto habe sie lange nachgewunken, auch als es längst um die Ecke gebogen war. „Ich winke und winke. Und ertrinke in meinen Tränen“, schilderte die Moderatorin den Abschied.

Indes schreiben Menschen in Tel Aviv Briefe an Soldatinnen und Soldaten, Reservisten und Freiwillige, die in den Krieg zogen, um ihr Land zu verteidigen – den einzigen jüdischen Staat weltweit. Auch Andrea Kiewel ist unter denjenigen, die Botschaften an die Front richten. „All meine Liebe, ich bin so stolz auf euch“, liest man auf einem Zettel, den die Moderatorin ins Bild hält. In der Bildunterschrift heißt es: „Wenn alles um dich herum auseinanderfliegt, wenn Hamas-Terroristen Kinder, Frauen, Männer ermorden, foltern, vergewaltigen, abschlachten, demütigen, entführen, dann muss man ganz nah zusammenrücken. [...] Ich bin mittendrin. Und rücke ganz nah zusammen. Bin ein bisschen weniger allein.“

* Mossad ist der israelische Auslandsgeheimdienst, Schin Bet der Inlandsgeheimdienst Israels.

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