Alles in bester Ordnung (D 2021) : KRITIK : artechock

Alles in bester Ordnung

Deutschland 2021100 min. � FSK: ab 6
Regie: Natja Brunckhorst
Drehbuch: ,
Kamera: Niklas Lindschau
Darsteller: Corinna Harfouch, Daniel Str��er, Joachim Kr�l, Luise Kinner, Simon Hatzl u.a.
Kom�dienhafter Schwung entfaltet sich kaum...
(Foto: Filmwelt)

Zwei Etagen, zwei Eigenbr�tler

In ihrem netten Langfilmdeb�t gestaltet Natja Brunckhorst eine spannende Grundidee zweier unterschiedlicher Charaktere am Ende arg harmlos aus

�Sie sammeln Zeitungen, Elek�tro�schrott und Joghurt�be�cher – ihr Alltag wird von Chaos und Desor�ga�ni�sa�tion beherrscht. Menschen, deren Leben durch das Anh�ufen von Dingen bestimmt wird und die in ihrer Wohnung kaum noch Platz zum Leben finden, werden seit Ende der Neun�zi�ger�jahre als „Messies“ (abge�leitet vom engli�schen Wort „mess“ gleich Chaos, Durch�ein�ander) bezeichnet. ›Das Chaos ist das Pr�gnan�teste: Das innere Chaos, das sich nach au�en zeigt‹, sagt Marianne B�nigk-Schulz vom F�rder�verein zur Erfor�schung des Messie-Syndroms e.V. ›Es ist, als ob man blockiert und gel�hmt auf einem Stuhl inmitten des Chaos sitzt und einfach nichts tun kann. Die Betrof�fenen leiden darunter, dass ihre Gedanken immer wieder um die Bew�l�ti�gung der einfachsten t�glich anfal�lenden Arbeiten kreisen, und sie erleben oft eine Hoff�nungs�lo�sig�keit, dieses Problem jemals in den Griff zu bekommen.‹��rzte�blatt

�Angst haben wir alle. Der Unter�schied liegt in der Frage, wovor.� – Frank Thiess

Corinna Harfouch wird’s schon richten. Vermut�lich ist dies der Ausgangs�punkt f�r viele Film�pro�jekte, welche die Schau�spie�lerin als Haupt�figur verpflichten und sich dann ganz auf ihre feine Schau�spiel�kunst verlassen. Und in der Tat ist es immer wieder ein Vergn�gen, Corinna Harfouchs wandel�barer Mimik zu folgen, mit der sie ihren Film�fi�guren Leben einhaucht. Auch hier als Marlen mit Messie-Syndrom. Spr�de, schroff, abweisend und dann pl�tzlich l�chelnd, blitzend, dann wieder knallhart. K�lte, W�rme – alles kann sie ausstrahlen. Dazu noch Joachim Kr�l als ihr Chef, auch er ein Garant f�r �ber�zeu�gende Typen, viel�leicht nicht ganz so viel�seitig, aber immer gut, immer sehens�wert.

Natja Brunck�horst (bekannt v. a. durch ihre Titel�rolle in Chris�tiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo) hatte f�r ihr Lang�film�deb�t, f�r welches sie auch mit Martin Rehbock das Drehbuch verfasste, wohl �hnliche Gedanken bei der Besetzung ihres Casts wie zuvor beschrieben. Auch die Geschichte, die erz�hlt wird, klingt viel�ver�spre�chend: Zwei Charak�tere, die unter�schied�li�cher nicht sein k�nnten, werden durch den Zufall eines Wasser�rohr�bruchs mitein�ander konfron�tiert. Der 32j�hrige IT-Experte und Mathe�ma�tiker Fynn (Daniel Str��er) steht auf Ordnung, repariert (symbo�lisch aufge�laden) Flaschen�sor�tier�an�lagen, hasst alles �ber�fl�s�sige und lebt deshalb mit einer Mini�ma�lismus-Philo�so�phie aus dem Koffer. Die 54-j�hrige Zahn�tech�ni�kerin Marlen leidet an dem Messie-Syndrom, hortet in ihrer Wohnung, in die sie niemanden einl�sst, seit Jahr�zehnten Gegen�s�t�nde, B�cher und M�bel, mit denen sie Erin�ne�rungen verbindet oder die sie einfach vor dem Wegwerfen retten will. Beide verbindet das Bestreben, niemanden in ihr einzel�g�n�ge�ri�sches Leben zu lassen. Deshalb ist auch der Dreh�buch�ein�fall, dass Marlen nach dem Wasser�rohr�bruch �ber ihr dem fremden jungen Mann einen Schlaf�platz in ihrer Wohnung anbietet, v�llig unglaub�w�rdig. Da braucht es schon eine bessere Idee, um die beiden zusam�men�zu�f�hren, so wie etwa den t�glichen Restau�rant�be�such des Schrift�stel�lers Melvin in Besser geht’s nicht, der roman�ti�schen Film�kom�die aus dem Jahr 1997 mit Jack Nicholson. Auch dort wird eine neuro�ti�sche Krankheit zum Ausgangs�punkt und Kern der Handlung, aber alles entwi�ckelt sich dort nach�voll�zieh�barer und: ernster und lustiger! Alles in bester Ordnung fehlt zumeist beides, der tiefere Ernst und der anste�ckende Spa�. Denn dass das Messie-Syndrom eine beklem�mende Krankheit sein kann und auch Marlen an ihrem Zwang zum Sammeln und der daraus folgenden Isolie�rung leidet, wird deutlich, als sie Fynn um Hilfe bittet, weil sie allein die Ver�n�de�rung nicht bew�l�tigen kann. Aber trotzdem baga�tel�li�siert der Film diese Krankheit auch in gewisser Weise mit seinem origi�nellen, aber nicht besonders realis�ti�schen Ende. Nach dem etwas banalen Poesie�album-Motto: Wir haben alle unsere �ngste, sind alle ein bisschen gaga. Wenn wir uns ein wenig M�he geben, wird’s schon!

Es wirkt einfach alles zu ausge�dacht, gewinnt keine packende Kantig�keit und so kommt Lange�weile auf, weil die Figuren undurch�schaubar bleiben und ihre pers�n�li�chen Hinter�gr�nde wenig ausge�leuchtet werden, nur Andeu�tungen �ber ihr Vorleben gemacht werden.

Alles wird auf die beiden unter�schied�li�chen Charak�tere abge�stimmt – Daniel Str��er schl�gt sich wacker neben Corinna Harfouch – welche aber zu einfach den Zugang zuein�ander finden, zu einfach pl�tzlich N�he und Zuneigung entwi�ckeln k�nnen und damit ihre psycho�lo�gi�sche Glaub�w�r�dig�keit und Ernst�haf�tig�keit verlieren und nebenbei dem Plot die Luft raus�lassen.

Die Neben�fi�guren kommen und gehen dabei, austauschbar und ohne Profil, skurriles Beiwerk, verschenkt. Scharf�z�n�giger Humor ist in den Wort�ge�fechten zwar immer mal wieder vorhanden, aber kom��di�en�hafter Schwung entfaltet sich kaum. Die absehbare Handlung pl�t�schert meist vor sich hin, einige Szenen wirken redundant.

Dass sie ganze Filme tragen kann, hat Corinna Harfouch oft bewiesen, zuletzt in Lara oder Das M�dchen mit den goldenen H�nden, aber f�r einen gro�en Film braucht sie auch ein wirklich �ber�zeu�gendes Drehbuch. Neben den Schau�spie�ler�leis�tungen kann der Erstling aber doch noch bei anderen Aspekten punkten. Filmisch sch�n einge�fangen wird die laby�rin�thi�sche Wohnung Marlens (Szenen�bild Zazie Knepper), eigent�lich die dritte Haupt�rolle; die Kamera (Niklas Lindschau) f�ngt die beein�dru�ckende Wohnungs�land�schaft anschau�lich und viel�seitig mit Fahrten und verschie�denen Blick�win�keln ein. Und auch die Klavier�musik (Lambert) ist eine Erw�hnung wert, weil sie der melan�cho�lisch-leichte rote Faden ist, der sich durch die oft recht kurzen Szenen zieht.

Zum Abschluss bleibt die Frage offen, ob Marlen und Fynn ein Paar werden. Viel�leicht wird die deutlich �ltere Harfouch im Film deswegen auf 54 verj�ngt, um dies wahr�schein�li�cher zu machen. Immerhin lehnen beide ihre hart�n�ckig offe�rierten Avancen von anderen (Chef, Nachbarin) konse�quent ab und scheinen mit der neuen Freund�schaft ganz zufrieden zu sein. So oder so ist am Ende also alles in bester Ordnung