In Die Welt von Gestern schildert Stefan Zweig das kosmopolitische Europa vor 1914. Als er seine Erinnerungen niederschreibt, existiert es nicht länger. Aber das übernationale Europa bekommt nach 1945 eine zweite Chance. Doch auch dieses Projekt könnte schon bald Geschichte sein. Demokratien geraten in Gefahr, mannigfaltige Krisen machen den Menschen Angst. In vielen Mitgliedstaaten schüren Politiker einen neuen Nationalismus. Wie wird die Welt von morgen aussehen?
In seinem Buch erklärt und verteidigt Robert Menasse die europäische Idee, ohne die systemischen Widersprüche der Union zu verschweigen. Entschlossen fordert Menasse die Überwindung der innereuropäischen Konflikte: Entweder gelingt der historisch einmalige Aufbau einer nachnationalen Demokratie, oder es droht ein Rückfall in das Europa der Nationalstaaten. Das wäre eine weitere Niederlage der Vernunft – mit den Gefahren und Konsequenzen, die uns aus der Geschichte nur allzu bekannt sein sollten.
Luuk van Middelaar, ein exzellenter Kenner der Brüsseler Praxis, verwandelt eine vermeintlich trockene Materie in den Stoff einer faszinierenden Erzählung. Beginnend mit dem 18. April 1951, als die Vertreter der sechs Gründerstaaten im französischen Außenministerium am Quai d’Orsay den Vertrag über die Errichtung der Montanunion unterzeichneten, schildert er die wichtigsten Etappen – und Krisen – auf dem Weg vom Kontinent zur Union. Er lässt die Atmosphäre dramatischer Gipfelnächte lebendig werden, zeigt, wie Politiker immer wieder versucht haben, die Öffentlichkeit von Europa zu überzeugen, und erinnert uns daran, welch einmaliges historisches Projekt aktuell auf dem Spiel steht.