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Gedicht

Trotz seiner umfangreichen Produktion wurden die Gedichte Arnims im Gegensatz zur Lyrik anderer Romantiker bisher kaum entdeckt und gewürdigt. Durch die Freundschaft mit Clemens Brentano zu ersten Dichtungen angeregt, verfasste Arnim zunächst sogar vorwiegend Lyrik. Obwohl er selbst oft behauptete, seine Gedichte seien spontan entstanden, lässt sich ein Feilen an den metrischen Formen nachweisen. Nach seinem poetologischen Selbstverständnis sollte Dichtung ein unbewusster Gedankenfluss sein, der emphatischen Eingebungen sprachlichen Ausdruck verleiht. Zum Ideal wurde eine Assoziations- und Klangstruktur, die zum Teil an den gemeinsam mit Brentano herausgegebenen Liedern in Des Knaben Wunderhorn orientiert war. Die Liedstruktur der Texte, von denen einige schon früh von Johannes-Friedrich und Luise Reichardt und Bettina von Arnim vertont wurden, wird nicht nur durch die Kontexte der Verseinlagen behauptet, sondern wie in Armuth, Reichthum, Schuld und Buße der Gräfin Dolores (1810) durch Notenbeilagen verdeutlicht.

Das große Spektrum von Arnims Lyrik reicht von Gelegenheitsgedichten über polemische Zeitkritik bis zu oft aus sehr privaten Anlässen entstandenen Miniaturen und Liedern, von frühen Distichen bis zu Balladen, Szenen und eindringlichen Gebeten. Im letzten Band (Bd. 21, 1857) der zweiten Ausgabe der Sämmtlichen Werke, die Bettina von Arnim nach dem Tod ihres Mannes von Wilhelm Grimm herausgeben ließ – ein Zweiter Teil der Gedichte erschien erst 1976, herausgegeben vom Freien Deutschen Hochstift –, sind in bunter Folge qualitativ divergierende Texte aufgenommen. Arnim verwendet eine traditionell-romantische Bildlichkeit, die jedoch auf eine individuelle Weise reflektiert wird. Manche Bildmotive spielen auf die eigene Lebenssituation an, so etwa das Einsiedlermotiv, das sich von der Zeitung für Einsiedler (1808) bis zu späten resignativen Gedichten hält. Armin bevorzugt oft einen lakonisch knappen Stil und eigentümliche Wortprägungen („Sternenhauch“, „Lebensduft“, „Zeitengefieder“). In scheinbar spielerischen Verwendungen werden Aussagemöglichkeiten eines Motivs bis an ihre Grenzen erprobt. Er nutzt literarische Topoi und Bildmotive zur Formulierung eines der Übergangssituation um 1800 adäquaten Zeitgefühls. In der Poesie sollte noch einmal der Blick auf die Wahrheit über Welt und Geschichte eröffnet werden, die für den gläubigen, toleranten Protestanten Arnim eine religiöse Größe im christlichen Sinn war. Seine Gedichte erinnern gelegentlich an emblematische Verfahren und sperren sich gegen ein schnelles, müheloses Verstehen der Formen, Themen und Motive.