Die Idee ist nicht neu: Flugzeuge mit Doppelrumpf, etwa die F-82 Twin Mustang, gab es schon in den 1940er-Jahren. Seit 2019 nimmt mit Stratolaunch "Roc" aus den USA sogar ein Doppelrumpf-Flugzeug für sich in Anspruch, das nach Spannweite größte Fluggerät der Welt zu sein. Dieses Attribut möchte Russlands Zentrales Aerohydrodynamisches Institut (ZAGI) dem von Scaled Composites entwickelten US-Sechsstrahler nicht streitig machen. Was "Roc", neben der schieren Größe, jedoch vom Design der Moskauer Forscher unterscheidet: Das ZAGI-Flugzeug basiert auf einem bewusst asymmetrischen Grundriss.
Rechts rund, links oval
So besitzt der rechte Rumpf des – bislang nur als Windkanalmodell realisierten – Entwurfs einen runden Querschnitt, während der linke Rumpf oval geschnitten ist. Rechts sollen später einmal Treibstofftanks Platz finden, der linke Rumpf ist für Fracht und Passagiere vorgesehen. Sperriges Transportgut wandert derweil an einen Außenlast-Träger unter dem Flügelmittelstück. Von dort aus lasse sich im Flug theoretisch auch der Start mitgeführter Raumgleiter realisieren, schreibt das ZAGI – womit wir wieder bei den Parallelen zum Stratolaunch-Riesenflugzeug wären, das aktuell als Startplattform für Hyperschall-Flugkörper erprobt wird.
Ausgelegt für 40 Tonnen Nutzlast
Als Antrieb für das – deutlich kleiner ausgelegte – russische Pendant plant das ZAGI drei Turbofans mit hohem Nebenstromverhältnis ein. Die Fracht-Nutzlast soll 40 Tonnen betragen. Tests im Windkanal und Simulationen am Computer bescheinigen dem ZAGI-Entwurf nach Angaben der für das Projekt verantwortlichen Ingenieure eine "hohe aerodynamische Qualität" bei sauberem Strömungsverhalten und optimierter Raumnutzung. Das Startgewicht sei gegenüber konventionellen Flugzeugen mit gleicher Nutzlast um rund neun Prozent geringer, die Betriebskosten sollen um bis zu zwölf Prozent sinken.
Ob daraus mal was wird?
An dem Doppelrumpf-Entwurf forscht das ZAGI bereits seit rund zehn Jahren im Rahmen mehrerer Forschungsetappen. Die Arbeiten sind in eine Kampagne eingebettet, die sich – dem Namen nach – der "Entwicklung der Flugzeugindustrie 2013 bis 2025" widmet. Ob und wann ein solches Flugzeug in Russland tatsächlich einmal gebaut wird, ist allerdings unklar. Zweifel sind angebracht, denn der russische Flugzeugbau kämpft auf absehbare Zeit mit ganz anderen Herausforderungen.