Zeitgeist, der
GrammatikSubstantiv (Maskulinum) · Genitiv Singular: Zeitgeist(e)s · Nominativ Plural: Zeitgeister/Zeitgeiste · wird meist im Singular verwendet
Aussprache [ˈʦaɪ̯tgaɪ̯st]
Worttrennung Zeit-geist
Wortbildung
mit ›Zeitgeist‹ als Erstglied:
zeitgeistig
ZDL-Vollartikel
Bedeutung
für einen bestimmten Zeitabschnitt charakteristische, prägende Haltung der Menschen zu moralischen, politischen, künstlerischen o. ä. Themen
Kollokationen:
mit Adjektivattribut: der damalige, aktuelle, neue, heutige, moderne, allgemeine, herrschende Zeitgeist; der musikalische, modische, politische Zeitgeist
als Akkusativobjekt: [etw.] verkörpert, dokumentiert, bedient, prägt den Zeitgeist
als Dativobjekt: [etw.] entspricht, folgt, widerspricht dem Zeitgeist
in Präpositionalgruppe/-objekt: [jmd. hat ein] Gespür für den Zeitgeist; [jmd., etw. ist im] Einklang mit dem Zeitgeist
mit Genitivattribut: der Zeitgeist der [zwanziger] Jahre, des Jahrhunderts, einer Epoche, Generation
in Koordination: Mode, Trends und Zeitgeist
als Genitivattribut: [etw. ist] Ausdruck des Zeitgeistes
Beispiele:
Heute interessiert es keinen Menschen mehr, wenn sich Paare
entscheiden, nicht zu heiraten, trotz Kind. Dieser Fortschritt und Wandel
hat etwas mit dem sich ständig weiterentwickelnden
Zeitgeist zu tun. [Reutlinger General-Anzeiger, 15.08.2020]
Immanuel Kant […] hatte in der zweiten
Hälfte des 18. Jahrhunderts in seiner Rassentheorie Schwarze als »faul,
weichlich und tändelnd« charakterisiert und dürfte mit dieser kruden Theorie
ins Schwarze des Zeitgeists getroffen
haben. [Neue Osnabrücker Zeitung, 13.06.2020]
»Computerspiele haben sich zu einem festen Bestandteil unseres
Zeitgeistes entwickelt. Bester Beweis sind die
riesigen LAN‑Partys und eSports‑Turniere
[sic!],
bei denen Gamer aus aller Welt vor einem begeisterten Publikum ihre
Fähigkeiten zeigen«[…]. [Döbelner Allgemeine Zeitung, 07.12.2016]
In einem Brief an Goethe vom 18. Februar 1831 lobte
[Carl Friedrich] Zelter ihre
[Fanny Hensels] Fähigkeiten als Pianistin,
ganz dem damaligen Zeitgeiste entsprechend, mit den
Worten: »Sie spielt wie ein Mann.« [Fränkischer Tag, 11.09.2007]
Es gibt […] die eher
nomadisierenden oder abenteuerlustigen Menschen, die öfter mal umziehen,
sich neue Jobs suchen, Modenwechsel mitmachen und möglichst dem
Zeitgeist auf der Spur bleiben oder sogar selbst
neue Trends setzen. [Kellner, Hedwig: Das geheime Wissen der Personalchefs. Frankfurt a. M.: Eichborn 1998, S. 172]
Der vielleicht wichtigste Satz in den Worten aus
dem Thessalonicherbrief sei die Ermahnung zum richtigen Umgang mit den
Geistern, auch den Zeitgeistern: »Prüft aber alles
und das Gute behaltet.« Zeitgeister seien nicht in
sich etwas Schlechtes. »Sondern nur die Zeitgeister,
die von den lebensfreundlichen Orientierungen Gottes wegführen. Etwa die
Vergötzung des Geldes.[…]« [Rhein-Zeitung, 23.07.2018] ungewöhnl. Pl.
Die deutsche Rechtsordnung geht mit Plebisziten
(= Volksabstimmungen) sparsam um, aus gutem Grund.
Sie sind anfällig für Zeitgeiste. [Allgemeine Zeitung, 30.03.2011] ungewöhnl. Pl.
letzte Änderung:
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Etymologie
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Zeit · zeitig · zeitigen · zeitlich · Zeitlichkeit · Zeitalter · Zeitgeist · Zeitgenosse · zeitlos · Zeitlose · Zeitschrift · Zeitwort
Zeit f. ‘Ablauf des Geschehens, Aufeinanderfolge der Ereignisse, bestimmter Abschnitt oder Punkt dieses Ablaufs’, ahd. (8. Jh.), mhd. zīt f. n. ‘Zeit, Zeit-, Lebensalter, Leben, Jahres-, Tageszeit, Stunde’, asächs. aengl. tīd, mnd. tīt (nd. Tīde ‘Zeit, Flut’), mnl. tijt, nl. tijd ‘Zeit’, engl. tide ‘Gezeit(en), Ebbe und Flut’ (in Zusammensetzungen ‘Zeit’, vgl. summertide ‘Sommerszeit’), anord. tīð ‘Zeit, Stunde, Gebet’, schwed. tid ‘Zeit’ setzen germ. *tīði- (bzw., falls das neutrale Genus im Ahd. und Mhd. nicht als sekundär anzusehen ist, auch germ. *tīða-) voraus. Daneben stehen aengl. tīma ‘Zeit, Gelegenheit’, engl. time ‘Zeit’, anord. tīmi ‘Zeit, rechte Zeit, Mal, Glück’, schwed. timme ‘Stunde’, beruhend auf germ. *tīma- m. Die germ. Formen lassen sich im Sinne von ‘Abgeteiltes, Abschnitt’ teils mit t-Suffix, teils mit dem Suffix ie. -mon- an die Tiefstufe ie. *dī̌- der unter Teil (s. d.) angeführten Wurzel ie. *dā(i)- ‘teilen, zerschneiden, zerreißen’ anschließen, wozu auch aind. dáyatē ‘teilt, teilt zu, hat Anteil’, dā́ti, dyáti ‘schneidet ab, teilt, mäht’, griech. dá͞iesthai (δαίεσθαι) ‘(ver)teilen’, dá͞is, dá͞itē, daitýs (δαίς, δαίτη, δαιτύς) ‘Portion, Speise, Mahlzeit’, daitrón (δαιτρόν) ‘Anteil, Portion’, (mit mo-Formans) dḗmos (δῆμος) ‘Volk, Gau, Land’, air. dām ‘Gefolgschaft, Schar’ gehören. – zeitig Adj. ‘zu einem verhältnismäßig frühen Zeitpunkt’, auch (besonders südd.) ‘reif’, ahd. zītīg ‘(recht)zeitig, früh(reif)’ (10. Jh.), mhd. zītec, zītic ‘ausgewachsen, reif, zur rechten Zeit geschehend, der Jahreszeit, den Verhältnissen entsprechend, reiflich überlegt’, mnd. mnl. tīdich. zeitigen Vb. ‘(Ergebnisse) hervorbringen, (Folgen) nach sich ziehen’, (besonders südd.) ‘reif werden’, mhd. zītegen ‘reif werden, reif machen’. zeitlich Adj. ‘im Hinblick auf die Zeit, vergänglich, irdisch’, ahd. zītlīh Adj. (um 1000; vgl. unzītlīh, um 800, zītlīhho Adv. ‘zeitlich, zeitig’, 9. Jh.), mhd. zītlich ‘zeitlich, weltlich, erntbar, reif, zeitgemäß, angemessen’; Zeitlichkeit f. ‘Endlichkeit, Vergänglichkeit’, mhd. zītlīcheit ‘das irdische Dasein, die irdische Welt’, von den Mystikern geprägt. Zeitalter n. ‘größerer historischer Zeitraum, Epoche, Ära’ (18. Jh.). Zeitgeist m. ‘für einen bestimmten geschichtlichen Zeitraum charakteristische Gesinnung, geistige Haltung’ (Herder 1769), vgl. älteres Genius unserer Zeit (Zinzendorf 1739). Zeitgenosse m. ‘mit jmdm. in der gleichen Zeit, in einem bestimmten historischen Zeitraum Lebender, Mitmensch’ (16. Jh., geläufig 18. Jh.), Übersetzung von gleichbed. spätlat. synchronus, substantiviert nach griech. sýnchronos (σύγχρονος) ‘gleichzeitig, von gleicher Zeit und Dauer’ (s. synchronisch). zeitlos Adj. ‘zeitlich unbegrenzt, ewig, nicht zeitgebunden’ (1. Hälfte 16. Jh., wohl älter). Zeitlose f. im Herbst blühendes, im Frühjahr Früchte tragendes (also sich nicht an die üblichen Zeiten haltendes) Liliengewächs mit lila- bis rosafarbiger Blüte (1. Hälfte 16. Jh.), dann (im Hinblick auf die Blütezeit) Herbstzeitlose (um 1700); vgl. ahd. zīt(i)lōsa (11. Jh.), mhd. zīt(e)lōs(e) für verschiedene, außerhalb der gewöhnlichen Zeit und zwar frühzeitig blühende Frühlingsblumen wie Krokus, Narzisse, dann auch Maßliebchen, Schneeglöckchen. Zeitschrift f. ‘periodisch in Heften erscheinende Druckschrift’ (2. Hälfte 18. Jh.), Verdeutschung von Journal (s. d.); zuvor steht Zeitschrift für ‘Chronogramm’, d. i. ein Sinnspruch, in dem die darin enthaltenen römischen Zahlbuchstaben zusammengezählt die Jahreszahl einer Begebenheit bilden, auf die sich die Worte beziehen (Harsdörfer 1645), auch für ‘Inschrift’ (Harsdörfer 1648) und für ‘Annalen, Chronik, Geschichtswerk’ (2. Hälfte 17. Jh.). Zeitwort n. ‘Verb’ (vereinzelt Mitte 15. Jh., häufiger seit Anfang 17. Jh.), Übersetzung von lat. verbum (temporāle), eigentlich ‘Wort, an dem die Zeiten unterschieden werden’; Zeitwort setzt sich im 17. Jh. gegen konkurrierendes Sagwort, Sprechwort, Tuwort und Werkwort durch (s. Verb).
Bedeutungsverwandte Ausdrücke
Unterbegriffe |
|
(der) Zug der Zeit ·
Zeitgeist ·
Zeitströmung
Typische Verbindungen zu ›Zeitgeist‹ (berechnet)
Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Zeitgeist‹.
Ausdruck
Postmoderne
Spiegel
Wandel
Wind
anpassen
damalig
einfangen
entsprechen
gewandelt
herrschend
hinterherlaufen
huldigen
linkswütig
modisch
neoliberal
opfern
passen
postmodern
schulden
spiegeln
treffen
trotzen
verkörpern
vorherrschend
wandelnd
wehen
widersetzen
widerspiegeln
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