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Meinung Präsidentengattin

Yvonne de Gaulle, Frankreichs letzte Grande Dame

1960 in London: Neben Frankreichs Staatspräsident Charles de Gaulle sitzt Yvonne de Gaulle im offenen Wagen 1960 in London: Neben Frankreichs Staatspräsident Charles de Gaulle sitzt Yvonne de Gaulle im offenen Wagen
1960 in London: Neben Frankreichs Staatspräsident Charles de Gaulle sitzt Yvonne de Gaulle im offenen Wagen
Quelle: AFP/Getty Images
Zehn Jahre lang repräsentierte die kluge und diskrete Yvonne de Gaulle Frankreich als würdige „première dame“. Was für ein Gegensatz zum unklaren Familiengewusel des aktuellen Präsidenten.

Durch Zufälle des Lebens bin ich als junge Frau einmal Yvonne de Gaulle begegnet, der Gemahlin des damaligen Staatspräsidenten Charles de Gaulle. Sie wurde gern als biedere Hausfrau an der Seite des Generals dargestellt. Ich erinnere mich an sie als herzlich und klug, vor allem gelassen und diskret.

Erst viel später habe ich mehr über ihr Leben erfahren: der Wanderzirkus an der Seite eines Offiziers, der viel versetzt wurde, die schwierigen Jahre im englischen Exil während des Zweiten Weltkriegs, die Erziehung dreier Kinder, die Entscheidung, das Nesthäkchen – ein Mädchen mit Downsyndrom – bis zu dessen Tod bei der Familie zu behalten und nicht ins Heim zu geben.

Es war, weiß Gott, kein leichtes, sondern ein schweres, ein herausforderndes Leben. Aber Madame Yvonne de Gaulle hatte zum einen ein solides moralisches Korsett – und sie bewahrte zum anderen bei allem, was sie tat, Würde, dignité. Für François Mauriac, den großen französischen Schriftsteller und Nobelpreisträger 1952, ist Frankreich ohne dignité überhaupt nicht denkbar.

Funktionsträger müssen Vorbilder sein

In diesen Tagen musste ich immer wieder an Yvonne de Gaulle denken, die unermüdlich tapfere Mitstreiterin an der Seite ihres Mannes. Es ist müßig, sich zu fragen, was sie zum aktuellen Tamtam um die Gemütslage des regierenden Staatspräsidenten der französischen Republik und seiner Gespielinnen gesagt hätte.

Mit Sicherheit hätte sie sich das unklare Familiengewusel um Herrn Hollande wohl gar nicht vorstellen können: ein Mann mit vier Kindern, drei Frauen und keiner Ehe.

Ja, jeder Mensch hat das Recht auf seinen sehr individuellen Weg zum Glück. Aber dennoch darf die Frage erlaubt sein, ob höchste Funktionsträger einer angesehenen westlichen Demokratie nicht doch auch eine Vorbildfunktion haben für ihre Bürger, vor allem die jungen.

Hollandes Verhalten ist würdelos

Ist die Seifenoper – oder Operette – aus dem Élysée-Palast der Reputation Frankreichs zuträglich? Ist sie nun zu Ende oder wartet eine nachrichtenlüsterne Öffentlichkeit schon auf die „Weiterdrehe“ der Affäre in Form einer medial gut darzustellenden Abrechnung der gewieften Journalistin Trierweiler mit Hollande?

Abgründig Pikantes aus dem Élysée – das lässt sich blendend vermarkten, in Frankreich und der Welt. Der Präsident eines Landes, das Kerngebiet des europäischen Abendlandes ist, wird zum Liebling der Boulevardpresse. Schrecklich.

In Wahrheit ist sein Verhalten absolut würdelos, das der ihn umgebenden Damen ebenfalls. Deshalb sei hier erinnert an Yvonne de Gaulle, eine Frau, die den Titel „Première dame de France“ zehn Jahre lang trug – mit Würde und verdient.

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