Der frühere Bundestagspräsident und Ex-Finanzminister Wolfgang Schäuble hat frühere Fehler im Umgang mit Russland eingeräumt. Auf die Frage, ob er wütend auf sich sei, sagte der CDU-Politiker dem „Handelsblatt“: „Natürlich. Wir wollten es nicht sehen. Das gilt für jeden.“ In seiner Zeit als Innenminister habe er mit seinem russischen Amtskollegen darüber gesprochen, wie man gemeinsam den islamistischen Terror bekämpfen könne.
„Ich hätte mal gucken können, was Russland in Tschetschenien treibt. Oder auf den damaligen polnischen Staatspräsidenten Lech Kaczynski hören.“ Dieser habe nach Russlands Überfall auf Georgien gewarnt: „Erst kommt Georgien, dann die Ukraine, dann Moldawien, dann die baltischen Staaten und dann Polen. Er hat recht behalten“, sagte Schäuble.
In einer Aufzählung der „großen deutschen Kanzler“ nannte er Konrad Adenauer, Willy Brandt und Helmut Kohl, nicht aber Angela Merkel. Auf die Frage, ob diese Aufzählung vollständig sei, sagte Schäuble: „Sie ist vorläufig abgeschlossen. Ob Frau Merkel unter den großen Kanzlern einzuordnen sein wird, das ist vielleicht noch zu früh, um das abschließend zu beurteilen.“
Es sei jedoch bemerkenswert, „dass sie auch jetzt in Bezug auf Russland nicht sagen kann, dass wir Fehler gemacht haben“, fügte er mit Blick auf die Ex-Kanzlerin hinzu. Man hätte wissen können, dass der russische Präsident Wladimir Putin die Ukraine angreifen würde. „Putin hat öffentlich gesagt, der Zerfall der Sowjetunion sei die größte Katastrophe und dass er das rückgängig machen wolle“, sagte der Ex-Finanzminister.
Schäuble wurde lange Zeit als möglicher Kanzlerkandidat der CDU gehandelt, ohne je anzutreten. Beobachter hatten ihm Chancen zugerechnet, Kohl oder später Merkel während der Flüchtlingskrise verdrängen zu können. Auf die Frage, ob er bereue, es nicht versucht zu haben, antwortete er: „Unsinn! Ich war immer der Überzeugung, dass die CDU ihren eigenen Regierungschef nicht stürzen darf.“