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Früherer DDR-Ministerpräsident Willi Stoph gestorben

Er war der Mann im Schatten Honeckers

Der ehemalige DDR-Ministerpräsident Willi Stoph ist tot. Einem Zeitungsbericht zufolge starb der letzte Regierungschef der Ära Erich Honecker im Alter von 84 Jahren in einem Berliner Krankenhaus eines natürlichen Todes.Willi Stoph galt in der DDR als Garant für Kontinuität. So ist es auch zu verstehen, daß ausgerechnet er am 18. Oktober 1989 auf einer SED-Politbürositzung Staats- und Parteichef Erich Honecker zum Abdanken veranlaßte. "Ich stelle den Antrag, den Genossen Honecker von seiner Funktion als Generalsekretär zu entbinden", sagte er. Damals hoffte die Mehrheit des SED- Politbüros noch, ihre Macht mit dem Wechsel von Führungsfiguren zu retten.Stoph gehört zu den Personen, die rund 40 Jahre in der DDR an der Macht waren. Der Arbeitersohn aus Berlin schaffte es dennoch nie bis in den engsten Führungszirkel. Der ehemalige Stabsgefreite der Wehrmacht wurde 1952 Innenminister und rückte 1953 in das SED-Politbüro auf. Von 1956 bis 1960 war er Verteidigungsminister und Stellvertreter des Oberkommandierenden der Vereinten Streitkräfte des Warschauer Pakts.1964 übernahm er nach dem Tod von Otto Grotewohl das Amt des Regierungschefs. Ins Rampenlicht westlicher Kameras geriet Stoph 1970, als er sich in Erfurt und in Kassel mit Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) zu einem deutsch-deutschen Gipfel traf. Ernüchtert mußte er jedoch in Erfurt feststellen, daß die feurigen "Willy"-Rufe der Bevölkerung nicht ihm, sondern dem anderen galten.Hoffnung keimte bei ihm auf, als er nach der Machtübernahme Erich Honeckers zwischen 1973 und 1976 als Vorsitzender des Staatsrates der DDR formal das höchste Staatsamt übernahm. Doch er irrte: Er mußte dem neuen starken Mann Honecker weichen und kehrte auf den Posten des Ministerpräsidenten zurück, wo die wichtigen Entscheidungen weitgehend an ihm vorbeigingen. Seither gab es Gerüchte, wonach der Regierungschef insgeheim Pläne zur Entmachtung Honeckers gehegt haben soll. Doch dazu kam es erst, als alles zu spät war.Der Ausstieg Willi Stophs aus der Politik folgte schnell. Unter dem Druck der Demonstrationen und der anhaltenden Massenflucht trat er am 7. November 1989 mit der gesamten DDR-Regierung zurück. Zehn Tage später schied er aus dem Staatsrat aus, und auch die Volkskammer wollte ihn nicht mehr in ihren Reihen halten. Es folgte die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens. Schlagzeilen über ein komfortables Jagddomizil an der Müritz schürten den Volkszorn, und am 8. Dezember 1989 wurde Stoph wegen Amtsmißbrauchs in Haft genommen. Zwar wurde er im Februar 1990 aus gesundheitlichen Gründen wieder auf freien Fuß gesetzt, doch im Mai 1991 kam er wegen der Todesschüsse an der DDR-Grenze erneut für 15 Monate in Untersuchungshaft. 1992 wurde sein Verfahren wegen akuter Herz- und Kreislaufbeschwerden aus gesundheitlichen Gründen eingestellt.


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