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Leute Gottschalks „Wetten, dass..?“

Das Ende eines Zeitalters – und einer Lüge

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Moderator Thomas Gottschalk wird am Ende der ZDF-Show „Wetten, dass..?“ in einer Baggerschaufel über die Bühne gefahren Moderator Thomas Gottschalk wird am Ende der ZDF-Show „Wetten, dass..?“ in einer Baggerschaufel über die Bühne gefahren
Moderator Thomas Gottschalk wird am Ende der ZDF-Show „Wetten, dass..?“ in einer Baggerschaufel über die Bühne gefahren
Quelle: dpa/Philipp von Ditfurth
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Kult-Moderator Thomas Gottschalk hat seine 154. und letzte „Wetten, dass..?“-Show moderiert. Es war mittelmäßig – und trotzdem gut. Kurz spürt unser Autor sogar, wie das alte Lagerfeuer knistert. Doch am Ende steht eine verstörende Kapitulation des Showmasters.

Irgendwann, ich trug noch Schlafanzüge und es gab nur eine Handvoll Fernsehprogramme und wie lange die zu sehen waren, beschlossen meine Mutter und mein Vater, da sah ich dort einen Mann, der hatte so ein komisches Auge und hielt eine langweilige Rede an die Leute vor dem Fernseher. Demnächst, da gäbe es eine ganz neue Sendung, in der es darum gehen würde, dass ganz normale Leute etwas ganz Tolles machen könnten und wenn man etwas Tolles machen könnte, dann solle man sich doch bewerben, beim ZDF.

Ich dachte: So ein Scheiß und der Mann tat mir wirklich leid, weil er das so ernst meinte und so nett wirkte. Im Fernsehen, da wollte ich „Dallas“ sehen, und, wenn alles gut lief, „The Wicker Man“ mit Britt Ekland auf Holland 2.

Jetzt, bei der letzten „Wetten, dass..?“-Show von Thomas Gottschalk war er wieder da: Frank Elstner, und er hielt am Anfang und ganz am Schluss wieder eine langweilige Rede, es war die gleiche wie damals. Er hat diese Show erfunden und anders als ich damals gedacht hatte, wurde diese Sendung zur größten, erfolgreichsten Sendung aller Zeiten im deutschen Fernsehen.

„Hat mich irritiert, dass er auf einmal sagt, er dürfe nicht mehr sagen, was er wollte“

Zum letzten Mal hat Fernsehlegende Thomas Gottschalk die ZDF-Show „Wetten, dass..?“ moderiert. 12,13 Millionen Zuschauer schalteten ein. Neben prominenten Gästen sorgten auch Gottschalks Versprecher für Diskussionen. WELT-Autor Peter Huth analysiert die Sendung im WELT-TV-Interview.

Quelle: WELT TV / Peter Huth

Was mich nicht interessierte – wenn Baggerfahrer die Grenzen zwischen Grob- und Feinmotorik außer Kraft setzten, Hunde Dinge besser konnten als Menschen, Kreisliga-Kicker am Ball geschickter waren als Bundesliga-Profis oder Kinder Weltmeister in ihren Disziplinen schlugen – das war die DNA dieser sehr außergewöhnlichen Fernsehsendung Deutschlands.

Als ich gestern sagte, ich müsse den Geburtstag einer Freundin früher verlassen, weil ich über „Wetten, dass..?“ schreiben sollte, hatten alle Erwachsenen dafür Verständnis, meine Tochter aber – sie ist zehn – schaute mich an und fragte: „Was ist ´Wetten, dass..?´?“.

Zwischen deutschem Spießertum und Hollywood

Natürlich mehr als das, was Frank Elstner erzählte, er hatte in diesem Sinne die Show ein paar Jahre moderiert und war dann abgelöst worden von Thomas Gottschalk, einer Radio-Plaudertasche und Hauptdarsteller in sehr, sehr, sehr schlechten Kinofilmen (fast so schlecht wie die Musikbeiträge in der Fernsehsendung am Samstag). Aber er machte aus der braven Leistungsbeweisschau des deutschen Spießertums eine Show, Glamour und Glanz und Hollywood auf die Bildschirme. Das war im besten Fall immer eine Behauptung und meistens sogar eine Lüge. Aber dazu später mehr.

Ich werde hier auch nicht, obwohl es mich durchaus juckt, eine launige Vernichtung der allerletzten „Wetten, dass..?“-Show von Thomas Gottschalk (ob es ohne ihn noch eine gibt, geben könnte, blieb irgendwie fast peinlich offen – die Antwort ist natürlich: Nein!) schreiben. Dafür war die Sendung, die er 154-mal moderierte, zu wichtig.

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Also im Schnelldurchlauf: Das große Gottschalk-Finale war bis kurz vor Schluss extrem mau, geradezu provozierend stinknormalig. Ein Hund, ein Kind, ein Bagger, ein Spießer, ein Schonvergessen bestritten die Wetten. Dazu auf der berühmten Couch alles, was irgendwie etwas zu promoten hatte. Einen Film, ein Lied, eine Tournee – her damit! Dann wurde es für ein paar Minuten (in „Wetten, dass..?“-Sprache: eine halbe Stunde) richtig groß und fiel dann selbstbesoffen in sich zusammen. Welcome, Mike Krüger. Auch hier: später mehr.

Unter anderem Sängerin Cher, Schauspielerin Stefanie Stappenbeck und Schauspieler Jan Josef Liefers (v.l.) waren zu Gast bei Thomas Gottschalk
Unter anderem Sängerin Cher, Schauspielerin Stefanie Stappenbeck und Schauspieler Jan Josef Liefers (v.l.) waren zu Gast bei Thomas Gottschalk
Quelle: Philipp von Ditfurth/dpa

Ich war wütend.

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Also gut, ich hau jetzt doch noch mal was raus: Cher sieht mit unnachgerechnet 120 Jahren jünger aus als Shirin David mit 28 und ertrug gelassen, wie Jan-Josef Liefers und Stefanie Stapperdings (sah mit 49 jünger aus als David mit 28) ausgerechnet „I got you babe“ coverten, den Song, der sie zu früher Berühmtheit an der Seite ihres Prügel-Ex-Mannes Bono geführt hatte.

Mark Owen von „Take That“ (jetzt zum Trio geschrumpft) hat einen Look irgendwo zwischen Bernd Römer von „Karat“ und Gil Ofarim von „Westin Grand Leipzig“. Ihr Song war trotzdem etwas angenehmer als das auf noch blöderes Brunftgedampf zusammenkochte „Atemlos“ von Helene Fischer und Shirin David. Der wiederum war nur fast so unerträglich wie das Autotune-Geseiere von Cher.

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Man fragte sich, flehend: Gibt es denn echt kein neues Musical irgendwo in der deutschen Provinz, was demnächst Premiere hat – normalerweise ein professionell heruntergespulter Teil jeder „Wetten, dass..?“-Show? Ist Rod Steward eigentlich schon tot? Wenn ihr dauernd über die Simple Minds redet – holt sie doch in die Sendung! Oder wenigstens Status Quo? Und das fällt mir echt, echt schwer zu schreiben.

Thomas Gottschalk mit Helene Fischer (l.) und Shirin David
Thomas Gottschalk mit Helene Fischer (l.) und Shirin David
Quelle: REUTERS

Aber nein! Stopp! „Wetten, dass..?““ ist wie Pink Floyd: mehr als die Summe seiner Teile. Musik und Talk und Wetten ergaben in den besten Momente der 154 Ausgaben mit Thomas Gottschalk große Fernsehmomente. Auf dem Zenit konnte diese Show Leichen zum Leben erwecken, Take That (sic!) beispielsweise nach dem Ausstieg ihres Charismagenies Robbie Williams, damals in Düsseldorf. Michael Jackson, dessen Karriere parallel zu seiner Hautfarbe farbloser und blasser wurde, erlebte mit „Earth Song“ bei „Wetten, dass..?“ eine Wiederauferstehung.

Damals war „Wetten, dass..?“ der Nabel der Show-Welt

Ich weiß es ziemlich genau. Ich war dabei. In den Neunzigern gab es ein paar Jahre, wo ich jede Show live erlebt hatte: Mit meiner Kollegin Alexandra, Marc Werthmann von BILD, Mucki Saure von der BamS. Als wir heimlich Fotos von uns auf der Couch gemacht haben, als wir am Tag nach der Sendung mit Jackson im Phantasialand Achterbahn gefahren sind, als mir Mark Owen sturztrunken gestand, wie genervt er von der ganzen Scheiße sei. Damals war „Wetten, dass..?“ der Nabel der Show-Welt. Jeder, den das ZDF wollte, kam.

Sogar der Moderator. Hurra! Stellen Sie sich Thomas Gottschalk bitte nicht als den obersten Vertreter deutscher Tugenden vor. Er schwebte aus Malibu ein, am Freitag. Generalprobe. Vorbereitung hielt er für Laientheater. Stattdessen traute er sich Gags, die die ZDF-Redaktion vor Angst erstarren ließ. Und lieferte am nächsten Tag praktisch probenfrei perfekte Unterhaltung ab. Natürlich ist der Mann ein Genie! Natürlich ist es gut, dass er jetzt aufhört. Schade nur, wie er es begründet hat. Das war schlapp.

Dünn ist er geworden, schlupflidrig die Augen, ja, altersdürr mit kleinem Spitzbauch. Aber Vorsicht, schreibt unser Autor
Dünn ist er geworden, schlupflidrig die Augen, ja, altersdürr mit kleinem Spitzbauch. Aber Vorsicht, schreibt unser Autor
Quelle: dpa/Philipp von Ditfurth

Nochmal von vorn: Gottschalk kommt auf die Bühne, in der üblichen Stadthalle von Offenburg oder Offenbach oder Offenheim. Minutenlanger Applaus, standig ovations, „Ihr seid ja verrückt“. Höhö. Er begrüßt: „Meine Programmdirektorin, meinen Intendanten“. Alles seins, klar. Garderobe so listig-schlicht: Star-Trek-Uniform in bordeaux-rot. Man schaut ihn an: Dünn ist er geworden, schlupflidrig die Augen, ja, altersdürr mit kleinem Spitzbauch. Aber Vorsicht: Kein Schatten seiner selbst, sondern ein Echo von uns. 45 Jahre später tragen wir keine Schlafanzüge mehr. Der Fernseher ist nicht mehr das letzte Lagerfeuer, wie es Norbert Körzdörfer einst beschrieb. Wir kommen nur noch, wenn Gottschalk kommt.

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Dann aber alle. Meine Facebook-Timeline explodiert. Jaja, er sagt Schweigsteiner zu Schweighöfer, weil später noch ein Fußballer kommen wird. Geschenkt. Er macht ein paar Gags auf eigene Kosten. Gibt‘s ja auch nicht mehr so oft. Er lästert ein bisschen über Michelle Hunziker. Die war mal seine Co-Moderatorin (früher: „zauberhafte Assistentin“), aber was sie genau gemacht hat, außer Schlitzkleid, hat niemand begriffen. Gottschalk auch nicht, deshalb stand es gar nicht zur Debatte, sie einzuladen. Hat sie jemand vermisst? Also ich nicht. Aber ich habe ja auch eine wunderschöne Frau auf meiner eigenen Couch.

Gottschalk lächelt den Quatsch weg und lässt die Bauchgepiercte links liegen

Bisschen eingerostet scheint er zu sein, der Gottschalk. Doch dann kommt der Couch-„Talk“ mit Shirin David nach deren sehr langer Umziehpause nach deren sehr kurzem „Song“ mit Helene Fischer. Hey, jetzt wird´s giftig. Sie hält eine Grundsatzrede zur zivilisationserhaltenden Wirkungsmacht von „Influencern“, Gottschalk lächelt den Quatsch einfach weg und lässt die Bauchgepiercte mit ihrem weltbewegenden Pickelgeständnis links liegen und fragt Liefers irgendwas. Alter weißer Mann! I feel you! Und Helene Fischer regnet vor Schreck der EU-verbotene Glitter von den Lidern. Immerhin ist ja bald Weihnachten.

Jaja, die Show wird besser, je länger sie läuft. Gottschalk macht das Beste aus dem C-Personal, was das ZDF wohl gerade noch an den Start bekommen hat. Die von Liefers im Stil einer Kindergartenstory anmoderierte Grußbotschaft der Rolling Stones (Wir wären echt gerne gekommen, Thommy! Hatten aber leider was anderes vor) übergeht er angenehm. Gottschalk hat sie alle ja schon gehabt und die drei altersgegerbten Take That-Männer sind extrem sympathisch, wenn sie Zuckerwatte in boygroup-gestählter Manier sehr kameragerecht verteilen.

Und wenn sich dann auch noch Thomas Gottschalk mit dem Klebezeug den Dreitagebart dekoriert, ist der Abend eh aufs Perfekteste bezuckert.

Die Take-That-Mitglieder Gary Barlow, Howard Donald and Mark Owen mit Thomas Gottschalk an der Zuckerwatte-Maschine
Die Take-That-Mitglieder Gary Barlow, Howard Donald and Mark Owen mit Thomas Gottschalk an der Zuckerwatte-Maschine
Quelle: REUTERS

Fremdscham? Klar. Gehört ja dazu. „Du sitzt im Rollstuhl und bist ein aufgewecktes Kerlchen“ kündigt er den tatsächlich aufgeweckten Felix an, der irgendwas mit Colaflaschen, Menthos-Bonbons und Skateboard kann, aber am Ende doch versemmelt. Oder wie er ins offene Mikro ruft: „Scheiße.“ Gottschalk kommt halt aus einer Zeit, als es noch „Aktion Sorgenkind“ hieß. Heute wirkt es doch seltsam. Schlimm? Bei allen anderen ja. Bei Gottschalk auch. Aber nicht so sehr.

Ton die gesamte Sendung über nicht besser ist als im „Räuber Hotzenplotz“-Puppentheater

„Wetten, dass..?“ lebt ja, anders als beispielsweise die superakkurate, extrem schräge Kulisse einer Art Gefieder-Sanssouci-Palastes für die Hahnenwette ahnen ließ, eben auch von den Momenten freundlichen Versagens in den Selbstverständlichkeiten. Wenn der Ton während der gesamten Sendung nicht besser ist als im „Räuber Hotzenplotz“-Puppentheater am Teltower Damm, wenn das Mikro noch auf ist und allerlei Gefluche überträgt, wenn Gottschalk live bei der Regie nachfragt, ob man für die Take-That-Zuckerwatte noch Zeit hat, wirkt das fast alles wie als freundliche Sollbruchstelle einstudiert. Ist es aber, ich schwöre, nicht. Es ist Live-Fernsehen der alten Schule. Motto: Ein Gottschalk fragt sich nicht, ob er die in die richtige Kamera schaut, die richtige Kamera muss auf ihn schauen.

Achja, die Wetten: Leistungsschau des Volksseelestreichelns. Einer heißt Horst, der kann Hähne am Geschrei erkennen. Balsam in Zeiten von pfeifenden Fußball-Türken. Frauen (!), die mit Gabelstaplern (!) versuchen, Handy-(!)-Stecker einzufädeln! Starke Schweizer ziehen eine Bergbahn zehn Meter nach oben. Der pfiffige Junge im Rollstuhl! Ein Hund (!) namens „Amie“ (naja) kann Zahlen erkennen! Eiderdaus! Wir schaffen das.

Wettkandidat Felix Mayr und Moderator Thomas Gottschalk nach der Kinderwette bei der ZDF-Show „Wetten, dass..?“
Wettkandidat Felix Mayr und Moderator Thomas Gottschalk nach der Kinderwette bei der ZDF-Show „Wetten, dass..?“
Quelle: dpa/Philipp von Ditfurth

Alles gelernt, gewohnt, begähnt – wie die dauernde Schleichwerbung. Schweighöfer wird als Star in „Oppenheimer“ (die übliche mit einem Deutschen besetzte Nebenrolle) verkauft, der gerade digital erscheint. Take That sind wieder da und gehen auf Tour. Cher hat ein Weihnachtsalbum geschrieben. Liefers hat mit Frau Stappenbeck einen ZDF-Film gedreht (nächsten Montag zu sehen), Helene Fischer macht am Ersten Weihnachtstag (Überraschung) die große Helene-Fischer-Show im ZETT-DE-EFF, inklusive Auftritt von Shirin David. Okay! Ich fragte mich nur, warum das Logo auf den Jacken der Schweizer Seilzieher-Jungs überklebt war. Wahrscheinlich stand nicht „Haribo“ drauf.

So weit, so mittelmäßig. Und trotzdem gut.

In den Neunzigern hätten meine Kollegin Alex und ich bei so einer Sendung den Feueralarm ausgelöst, um eine Schlagzeile zu kriegen.

(NEIN! DAS HABEN WIR NIE GEMACHT!)

(Außer einmal)

(Vielleicht)

Da knisterte es wieder, das Lagerfeuer

Dann aber kam die Frau, die „Wetten, dass..?“ auf den Punkt gebracht hat, mit einer so typisch komplizierten und verrückten, nicht erklärbaren, aber zauberhaften Wette, die alles über die Sendung erklärt.

Aus irgendwie verfremdeten grafischen Darstellungen gelang es ihr, einzelne Wetten aus der Geschichte der Sendung zu erkennen.

Da knisterte es wieder, das Lagerfeuer.

Ich weiß, wo ich war, als die Mauer fiel. Ich weiß, wo ich war, als die Türme, von Islamisten zerstört, in sich zusammenbrachen. Ich weiß, wo ich war, als der Terrorstaat Russland die Ukraine überfiel.

Eine Notpause in einer eher fürchterlichen Welt

Aber ich weiß auch, wo ich war, als auf Mallorca eine „Wetten, dass..?“-Kandidatin mit einem Lkw-Reifen Hula-Hoop machte. Gottschalk und seine Kandidaten saßen nebeneinander und ließen die ganze Geschichte der Sendung Revue passieren, auf denkbar klügste und netteste Weise. Das war der Moment, als ich meine Töchter, entschlafen, in Richtung Bett wuchtete und hoffte, dass diese Sendung nie zu Ende gehen würde.

Sicher: Mein Leben hat einen Soundtrack, der ist nicht Status Quo, Peter Maffay oder Cher. Aber es hat ein visuelles Erlebnisgedächtnis, die Echos von Spannung, Zittern, Staunen und das wurzelt in 40 Jahren „Wetten, dass..?“ Insofern hatte dieser Frank Elstner Recht, als er all das noch mal betonte in seiner länglichen Abschlussrede, aber sie war zu eitel und zu pädagogisch. Auch, weil ja schon alles klar geworden war, in der letzten halben Stunde. Dass „Wetten, dass..?“ natürlich nichts als ein kalkuliert sorgenbefreiter Raum war, am Ende eine Lüge, eine Notlüge für knapp drei Stunden. Oder eben eine Pause. Eine Notpause in einer eher fürchterlichen Welt.

Thomas Gottschalk wurde am Ende der Show in einer Baggerschaufel über die Bühne gefahren
Thomas Gottschalk wurde am Ende der Show in einer Baggerschaufel über die Bühne gefahren
Quelle: Philipp von Ditfurth/dpa

Warum hört Gottschalk auf? Er löst auf: Einmal möchte er nicht erleben, dass man ihm die Gäste erklären muss. Naja. Andererseits, und das war verstörend, wolle er sich nicht vorschreiben lassen, wie und was er sagen dürfe. Wegen Woke und Gendern und so, meinte er, ohne es gesagt zu haben, aber schon die „Redakteure“ des ZDF benennend. Das hört sich mutig an, ist aber eine Kapitulation. Wäre genau das nicht eher ein Grund, weiterzumachen?

Am Ende fuhr Thomas Gottschalk auf einer Baggerschaufel aus der Halle, auf dem Bagger wiederum stand Mike Krüger. Es wurde gewinkt. Dann war ein Zeitalter beendet. Mal eben so.

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