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Münster (upm).
Das Schloss ist Hauptsitz der Universität Münster.<address>© WWU - Peter Grewer</address>
Das Schloss ist Hauptsitz der Universität Münster.
© WWU - Peter Grewer

Wilhelm II. ist Geschichte

Drei Beiträge über die Gründe und Konsequenzen der Namensänderung der Universität Münster

Der Senat der Westfälischen Wilhelms-Universität hat sich am 5. April eindeutig für die Umbenennung der Universität entschieden. Die WWU streicht ihren Namensgeber, Kaiser Wilhelm II., aus ihrem Namen und wird ab dem 1. Oktober 2023 Universität Münster heißen. Zuvor muss das nordrhein-westfälische Ministerium für Kultur und Wissenschaft seine Genehmigung erteilen. In den kommenden Wochen und Monaten wird die Universität an einer zügigen Realisierung des Beschlusses arbeiten. Dazu gehören unter anderem Anpassungen des Logos und des Dienstsiegels sowie weiterer offizieller Dokumente.

 

Prof. Dr. Hinnerk Wißmann<address>© WWU - Michael C. Möller</address>
Prof. Dr. Hinnerk Wißmann
© WWU - Michael C. Möller
Prof. Dr. Hinnerk Wißmann, Vorsitzender des Senats der Universität Münster:

Nach gut vier Jahren Forschung und Diskussion hat der Senat der Universität entschieden: Zum 1. Oktober 2023 trägt unsere Hochschule den alten, neuen Namen „Universität Münster“. Die Mitglieder des Senats, die Dekaninnen und Dekane und das Rektorat waren sich am Ende mit überwältigender Mehrheit einig: Es tut uns gut, zu unserem schlichten Gründungsnamen von 1773 zurückzukehren.

Als große und alte Universität versammeln wir uns mit vollem Selbstbewusstsein hinter dem Programm, das in diesem Namen bezeichnet ist: als Ort der gemeinsamen Suche nach neuen Einsichten, im lebendigen Diskurs, der für alle offensteht, die sich einer solchen Anstrengung stellen wollen. Die Verbindung zu Wilhelm II., erst 1907 begründet und schon nach 1918 und nach 1945 unterbrochen, hatte sich als brüchig und kaum zukunftsfähig herausgestellt, wenn man die Fakten näher betrachtet, wie wir es in einer Kommission und vor allem in den Formaten „Umgang mit dem Namensgeber“ getan haben.

Die lebendige Verbindung zu Westfalen und zu unseren Partnern in der Region wollen wir weiter pflegen. Aber wir sind keine „westfälische“ Universität, das wäre im gleichen Moment zu wenig und zu viel. Insgesamt lässt sich sagen: Das langgestreckte Gespräch in der Universität und mit der Öffentlichkeit hat gute Argumente hervorgebracht, in einem offenen und fairen Ton, und es ermöglichte eine klare Entscheidung.

 

Dr. Eckhard Kluth<address>© WWU - Julia Harth</address>
Dr. Eckhard Kluth
© WWU - Julia Harth
Dr. Eckhard Kluth, Kustos der Universität Münster und Leiter des Projekts „Zur Sache WWU“:

Von außen mag die Senatsentscheidung, zum Gründungsnamen der ersten Universität Münster zurückzukehren, als bedeutende Zäsur in der Universitätsgeschichte erscheinen. Die jüngste Forschung zeigt aber deutlich, dass weder Wilhelm II. noch seine Regierung sich in besonderem Maße für den Hochschulstandort Münster engagiert haben. An der Universität wiederum stand der Ideengeber der ersten Gründung, Franz von Fürstenberg, im Mittelpunkt der Traditionspflege. Ihr Namensgeber war nur Randfigur. Im Abwägen, ob Wilhelm II., der als überaus militaristisch und nationalistisch, anti-slawisch und geradezu obsessiv antisemitisch charakterisiert wird, der Verantwortung für den Völkermord an den Herrero und Nama trägt und den Aufstieg des Nationalsozialismus gefördert hat, als Namensgeber einer Hochschule im 21. Jahrhundert noch tragbar sei, fiel das Votum des Senats also eindeutig aus.

Mit der Änderung des Namens und Logos beginnen an der Universität Münster aber keine neuen Zeiten. Es wird weiterhin zur Geschichte des Judentums und Ursachen des Antisemitismus geforscht, die Verbreitung antidemokratischer Botschaften in sozialen Medien analysiert und „Postcolonial Studies“ betrieben – um nur wenige Beispiele zu nennen. Wilhelm II. und das Erbe seiner Zeit werden in Münster weiter kritisch begutachtet. Die Verpackung mag also anders aussehen, hinter den Türen und am Telefon trifft man aber auf vertraute Menschen und Ideen. Auch ohne Wilhelm bleibt sie die alte Universität Münster – eingespannt zwischen Tradition und Innovation, Regionalität und Globalisierung, Elfenbeinturm und Weltoffenheit.

 

Christine Thieleke<address>© WWU - Peter Leßmann</address>
Christine Thieleke
© WWU - Peter Leßmann
Christine Thieleke, in der Stabsstelle Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit zuständig für das Marketing der Universität:

Für das Corporate Design der Universität Münster bedeutet die Entscheidung des Senats zahlreiche Änderungen: Das Logo wird angepasst, und der alte Name durch den neuen ersetzt. Formal besteht das Logo aus einer kombinierten Bild-Wortmarke. Die Bildmarke zeigt das stilisierte Schloss in Form von Linien. Sie bleibt wie gewohnt bestehen. Lediglich die Wortmarke daneben wird geändert und lautet zukünftig „Universität Münster“. Mit dieser Anpassung anstelle einer kompletten Neugestaltung ist der hohe Wiedererkennungswert der Universität als Marke gewährleistet.

Am Claim „wissen.leben“ wird sich nichts ändern. Er bringt das enge Zusammenspiel zwischen Universität und Stadt Münster markant auf den Punkt. Die Verflechtung zwischen Wissenschaft und Gesellschaft fordert gleichzeitig auf, Wissen aktiv zu leben. Auch die Schriften und das Farbspektrum bleiben als Elemente des Corporate Designs unverändert bestehen.

Das aktualisierte Logo wird ab Mitte September in alle Webseiten der Universität eingebunden und findet Anwendung in Kommunikationsvorlagen für Beschäftigte. Dazu gehören Briefe, Plakate, wissenschaftliche Poster, Titelseiten, Flyer, Grußkarten, Visitenkarten oder PowerPoint-Folien. Auch zentrale Informations- und Präsentationsmedien wie Broschüren, Messestände, Roll-ups oder Tagungsmappen passt die Stabsstelle Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit an.

Alle Änderungen werden in einem neuen Corporate-Design-Handbuch dokumentiert, das allen Beschäftigten zur Verfügung stehen wird. Stichtag für die Umsetzung aller Änderungen ist der 1. Oktober.

 

Dieser Artikel stammt aus der Unizeitung wissen|leben Nr. 3, 3. Mai 2023.

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