Lukaschenko droht mit Angriff auf Nato-Länder Litauen und Polen

Lukaschenko droht mit Angriff auf Nato-Länder Litauen und Polen

Der Machthaber in Minsk lässt einen Angriff auf den Westen üben. Litauen reagiert mit einem Eil-Statement. Im Internet sorgt aber eine andere Begebenheit bei Lukaschenkos Auftritt für Gesprächsstoff.

Alexander Lukaschenko gestikuliert 2022 bei einem Gespräch mit Journalisten auf dem Truppenübungsplatz Osipovichi während einer gemeinsamen Militärübung von Russland und Belarus.
Alexander Lukaschenko gestikuliert 2022 bei einem Gespräch mit Journalisten auf dem Truppenübungsplatz Osipovichi während einer gemeinsamen Militärübung von Russland und Belarus.Alexander Zemlianichenko/AP

Alexander Lukaschenko inspiziert fast schon in traditioneller Manier mit belarussischer Militärkappe und Camouflage-Jacke seine Truppen im Nordwesten des Landes. Polen und Litauen sind hier nicht weit weg – berüchtigtes Nato-Territorium, der externe Feind des Minsker Machtapparats. „Jede Provokation muss mit militärischen Mitteln gestoppt werden“, sagt Lukaschenko, angesprochen auf eine mögliche Konfrontation mit Warschau und Vilnius.

Während der 69-Jährige sich militärische Landkarten der Region anschaut und vom belarussischen Verteidigungsminister Viktor Chrenin berieseln lässt, verfolgt Lukaschenkos weißer Spitz Umka die Szenerie auf dessen Schoß. Lukaschenko fragt mit ernster Miene: „Wie viele Kilometer sind es von unseren Grenzen bis nach Russland, zum Kaliningrader Gebiet?“ Der Verteidigungsminister antwortet: „42 Kilometer.“ Das sei „praktisch nichts“, erwidert der Staatschef. „Warum verhalten die sich überhaupt so? Glauben sie ernsthaft, dass wir und die Russen versuchen, sie anzugreifen? Warum graben sie Panzergräben?“, fragt Lukaschenko seinen Verteidigungsminister sowie ranghohe Kommandeure und krault immer wieder seinem Schoßhund den Rücken.

Dabei ist Umka viel mehr als nur ein Glücksbringer für den belarussischen Machthaber, der seit 1994 im Amt ist. Der Spitz war auch schon bei früheren Militärübungen dabei, begleitete Lukaschenko bei Interviewterminen oder Delegationsreisen wie ins entfernte Usbekistan im September 2022. Die Bilder, die Assoziationen mit James-Bond-Bösewicht Ernst Blofeld und seiner weißen Katze wecken, sorgen in sozialen Netzwerken und Telegram-Kanälen für reichlich Belustigung.

Geheimdienst in Litauen alarmiert

Während die Szenerie in hiesigen Medien oder sozialen Netzwerken eher mit Clown-Emojis und belustigt kommentiert wird, reagieren die Litauer und Polen not amused. „Der litauische Militärgeheimdienst überwacht und bewertet ständig die Lage in Belarus. Die Aktivität belarussischer Militäreinheiten nahe der litauischen Grenze ist spürbar, das Ausmaß der militärischen Bedrohung Litauens bleibt jedoch unverändert“, heißt es in einem Eil-Statement des litauischen Verteidigungsministeriums. Es besteht laut Vilnius zwar kein Grund zur Sorge – doch Lukaschenkos öffentliche Ausführungen verdeutlichen, wie fragil der östliche Zipfel des Nato-Territoriums eigentlich ist.

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Im Mittelpunkt steht nämlich die sogenannte Suwalki-Lücke an der Grenze zwischen dem östlichen Europa und dem Baltikum. Dieser schmale, 42 Kilometer lange Landkorridor ist die einzige Verbindung zwischen den baltischen Staaten Litauen, Lettland, Estland und den übrigen Nato-Partnern. Militärs aus Ost und West bezeichnen die Lücke als „Achillesferse der Nato“; im russischen Staatsfernsehen fantasieren immer wieder Talkshow-Gäste über eine Landverbindung zwischen der Exklave Kaliningrad, ehemals Königsberg, und Belarus.

In militärischen Zukunftsszenarien westlicher Denkfabriken wird die Suwalki-Lücke als besonders wichtig eingestuft – denn Russland und Belarus würden im militärischen Ernstfall versuchen, diesen Landkorridor als Erstes zu schließen. Unter anderem die deutsche Litauen-Brigade soll deshalb dauerhaft in der Region stationiert werden, um solchen Szenarien entgegenzuwirken.

Auch wenn Lukaschenko jedwede Eroberungsfantasien in Pressekonferenzen oder Ansprachen stets abstreitet, fragt er einen Kommandeur: „Können unsere Soldaten theoretisch Teile Polens besetzen?“ Der General sagt, es gebe sehr wohl konkrete militärische Planungsdokumente. „Alle Aktionen sind geplant, die Fragen der Kampfbereitschaft werden ausgearbeitet, die Truppen werden vorbereitet“, antwortet der Militär.

Den belarussischen Streitkräften, das ist jedenfalls das Signal an die Pressevertreter vor Ort, gehe es keinesfalls nur um theoretische Planspiele auf militärischen Landkarten. „Wir machen nicht nur Übungen im Feld, die Offiziere kennen das komplette Gelände, kennen die Straßen – sodass sie vor Ort gute Entscheidungen treffen können und bereit sind für reale Maßnahmen“, sagt der Kommandeur zu Lukaschenko. Was dessen Hund Umka wohl darüber denkt?