Sind es sonst in Filmen die Frauen, die Kinder von verschiedenen Partnern haben, sorgt Rolf Silber in dem bestens besetzten Fernsehfilm „Weihnachtst�chter“ (ZDF / U5 Filmproduktion) f�r ein bisschen Emanzipation. Dieser Vater von drei T�chtern konnte Chaos, jetzt ist er tot – und die drei Halbschwestern beginnen, sich einen Tag vor Heiligabend um den Nachlass zu streiten. Doch am Ende wird daraus weniger eine Erbstreit-Dram�die als eine Kom�die, die mit dem Drama einer etwas anderen Familie gleicherma�en lieb�ugelt wie mit den Gef�hlen� eines typischen Weihnachtsfilms. Der Autor-Regisseur findet dabei einen gangbaren Weg zwischen den realen Problemen, die in Familien herrschen (k�nnen), und der etwas naiven, m�rchenhaften Wohlf�hlformel, die f�r solche Weihnachtsgeschichten obligatorisch ist.
Foto: ZDF / Christian L�dekeDie K�nigst�chter (Elena Uhlig, Gesine Cukrowski & Felicitas Woll) in dem Haus ihres Vaters, in dem es so einiges zu begutachten gibt. Wem geh�rt das K�nigreich?gina (Gesine Cukrowski), ist eine autorit�re Drama-Queen, Erzieherin Katarina (Elena Uhlig) ist dagegen eine weichherzige Frau mit sozialer Ader, und Nachz�glerin Diana (Felicitas Wo
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Sch�ne Bescherung! Statt friedlich-froher Weihnacht droht drei Halbschwestern ein Fest, bei dem die schmutzige Familienw�sche gewaschen wird. Denn Mitte Dezember verungl�ckt ihr Vater, Gro�b�cker Johann K�nig (Peter Lerchbaumer), t�dlich. Seine Person scheint das einzige zu sein, das die drei Grazien miteinander verbindet. Die �lteste, Patisserie-Besitzerin Regina (Gesine Cukrowski), ist eine autorit�re Drama-Queen, Erzieherin Katarina (Elena Uhlig) ist dagegen eine warmherzige Frau mit sozialer Ader, und Nachz�glerin Diana (Felicitas Woll), die gerade ihre Bar in den Sand gesetzt hat, macht nicht ohne Grund auf cool und zynisch. Da es kein Testament gibt, aber die B�ckerei und die Bank, die dem Betrieb m�chtig im Nacken sitzt, schnelle Entscheidungen erforderlich machen, steht der Anwalt und Nachlassverwalter (Tim Bergmann) m�chtig unter Druck. Im Haus des Vaters, einen Tag vor Heiligabend, k�nnte er Gl�ck haben... Doch die Schwestern halten nichts von ritueller Gef�hlsduselei. Das hat auch etwas mit ihrer sehr speziellen Familiengeschichte zu tun. Der Vater hatte einen folgenschweren Hang zum Personal, was ihm vor allem seine eheliche Tochter Regina �belnimmt. Einst Papas Liebe teilen m�ssen und jetzt auch noch das Erbe?! Sie jedenfalls hofft auf die wertvollen Gem�lde, die in der Villa versteckt sein sollen und von denen allein sie und ihr halbseidener Ehemann (Max von Pufendorf) etwas wissen. Lange Zeit sieht es nicht danach aus, als k�nnten sich die Schwestern einigen. Aber zum Gl�ck gibt es noch einen Weihnachtsmann (Antonio Putignano), den die bertunkene Regina anf�hrt, und das stumme Waisenkind Amanda (Yuna), das nicht nur Katarina in ihr Herz geschlossen hat.�
Foto: ZDF / Christian L�dekeNachdem die Schwestern die ersten Spitzen ausgetauscht haben, beruhigt sich die Lage vor�bergehend. Gemeinsam den Baum zu schm�cken ist keine schlechte Idee. Diana (Woll) k�nnte Aufmunterung gebrauchen. Regina (Cukrowski) indes, die sich als die rechtm��ige Erbin und als was Besseres ansieht, ist st�ndig auf dem Sprung.
Sind es sonst in Filmen meist die Frauen, die (drei) Kinder von (drei) verschiedenen Partnern haben, sorgt Autor-Regisseur Rolf Silber in dem unterhaltsamen ZDF-Fernsehfilm „Weihnachtst�chter“ f�r ein bisschen Emanzipation. Auch dieser Vater konnte Chaos. Nur hatte der das Ganze emotional & p�dagogisch nicht so gut im Griff. Die ausgelebte Lebenslust des vielbesch�ftigten Patriarchen ging offenbar sehr zu Lasten seiner T�chter, vor allem die �lteste f�hlt sich noch heute um ihre Kindheit betrogen, weil sie st�ndig auf die j�ngste aufpassen musste. Diese wiederum sah sich jahrelang von den beiden Gr��eren gemobbt. Und das „Sandwichkind“ f�hlte sich allein gelassen, musste immer alles selbst regeln. Dass aus Katarina keine klassische Karrierefrau geworden ist, sondern sie sich nach abgebrochenem Psychologiestudium (wohl aus Gr�nden der Selbsterkenntnis) heute f�r andere einsetzt, sich f�r Schwache stark macht, verdeutlicht, wie hilflos sie sich in Jugend und Kindheit gef�hlt haben muss. Silber, der in den 1990er Jahren mit Filmen wie „5 Zimmer, K�che, Bad“ oder „Echte Kerle“ mit dazu beitrug, das schlecht beleumundete Genre Kom�die salonf�hig zu machen, geht mit der Beziehungsanalyse in seinem neuen Film nicht zu weit, aber sie reicht aus, um dieser Kom�die, die mit dem Drama gleicherma�en lieb�ugelt wie mit der Gef�hligkeit eines typischen Weihnachtsfilms, ein stimmiges, ernsthaftes Fundament zu geben. Dabei ist der Erbstreit nur der �u�ere Anlass, damit die Schwestern aufeinandertreffen und das emotionale Gep�ck ihrer Kindheit und der letzten Jahrzehnte mitbringen k�nnen. So kl�rt denn auch das Ende der Geschichte weit mehr als die Nachlassangelegenheiten.
Foto: ZDF / Christian L�dekeAuf was hat sich der Anwalt und Nachlassverwalter (Tim Bergmann mit dezenten Screwball-Momenten) da nur eingelassen. Zur Halbzeit jedenfalls hat er genug von diesen drei Grazien mit ihrem "Kinderkram" und ihren "zickigen Luxusproblemem".
Soundtrack: Bing Crosby ("White Christmas"), Melody Gardot ("Worrisome Heart"), The Jackson 5 ("I Want You Back"), Dean Martin ("Let It Snow"), Camille ("Pour que l'amour me qui"), Jos� Feliciano ("Feliz Navidad")
Die Vergangenheit dieser Familie findet zum gro�en Teil auf phantastische Weise Eingang in die Gegenwart. Immer wieder halten die Schwestern Zwiesprache mit dem toten Vater, den Peter Lerchbaumer sehr lebendig und launig verk�rpert. Sie bekommen ihn einfach nicht aus dem Kopf. „Gehst du bitte weg“, fleht Katarina. „Meinst du mir gef�llt es, in deinem Unterbewusstsein zu stecken?!“, kontert Vater Johann. Pointiert ist auch so mancher Dialog-Wechsel zwischen den Schwestern, allerdings verzichtet Silber erfreulicherweise darauf, jede verbale Spitze zu einem rhetorischen Kr�ftemessen werden zu lassen. Zwischenzeitlich beruhigt sich die Situation zwischen den Schwestern sogar. Dann werden Anekdoten erinnert (wer hat den Lippenstift mit Chilipulver best�ubt? dieser Gro�vater, „der Drecksack“!) und (Verlassens-)�ngste aus der Kindheit angedeutet. Man nimmt sich auch schon mal in den Arm, oder man rafft sich auf, zusammen den Tannenbaum zu schm�cken. Vielleicht war doch nicht alles schlecht. Die Beziehungen aber bleiben fragil, und obwohl der Zuschauer h�ufig mehr wei� von den Geheimnissen und Absichten einiger Figuren als deren Gegen�ber kann man lange nicht sicher sein, wie diese vorweihnachtlichen Stunden verlaufen werden. Erst als das stumme Waisenkind pl�tzlich redet und als sich Katarina, seine Betreuerin, liebevoll um jene Amanda k�mmert, was anr�hrend, aber nicht r�hrselig wirkt, ist der Startschuss f�r mehr Nachsicht & guten Willen gefallen: Jetzt entdecken alle ihr inneres Kind. Zeitgleich f�llt Schnee, der den Garten der Villa in ein Winterparadies verwandelt. Wenn das kein Zeichen ist!
Foto: ZDF / Christian L�dekeTot, aber im Film sehr lebendig und immer f�r einen Scherz zu haben: der Lebepapa (Peter Lerchenbaumer). Seine T�chter kriegen ihn nicht aus ihrem Unterbewusstein.
In „Weihnachtst�chter“ treffen sich Realismus und M�rchen. Rolf Silber findet in seinem Drehbuch einen gangbaren Weg zwischen den realen Problemen, die in Familien herrschen (k�nnen), und der etwas naiven Wohlf�hlfilmformel, die f�r solche Weihnachtsgeschichten obligatorisch ist. Warum er drei Frauen, ja nur Frauen, zu seinen Hauptfiguren macht, begr�ndet er folgenderma�en: „Ich schreibe gerne Frauenfiguren, weil die oft ein tiefergehendes emotionales Universum und den Hang zu komplexen Reaktionen miteinander verbinden k�nnen.“ M�nner w�rden sich wahrscheinlich sehr viel st�rker auf den Erbstreit einlassen, der im �brigen im Film bei zwei der Frauen irgendwann gar nicht mehr so eine wichtige Rolle spielt; sie haben Wichtigeres im Kopf. Aber auch unter Frauen muss nicht alles zwingend gut werden. Aber man kann das Leid, das nicht zu �ndern ist, mal f�r ein paar Stunden vergessen. Diese Botschaft gilt f�r den Alltag der Familie K�nig genauso wie f�r den Zuschauer. Und so strahlt das Schlussbild dann doch eine ungebrochene weihnachtliche Behaglichkeit aus. So viel an telegener Harmonie mit Weichzeichner, Kaminfeuer und „Stille Nacht“ h�tte es aber gar nicht bedurft. Denn das romantische Sehnsuchtspotenzial eines solchen Films d�rfte in Corona-Zeiten und ohne Weihnachtsm�rkte noch um ein Vielfaches h�her liegen als in fr�heren – normalen – Jahren. (Text-Stand: 22.11.2020)
Foto: ZDF / Christian L�dekeF�r einen Witz ben�tigt Rolf Silber manchmal nur einen Satz, das richtige Kost�m-Bild und zwei beredte Blicke. Diana: "Apropos Kinder: Tut sich da noch was bei dir?"
Rainer Tittelbach arbeitet als TV-Kritiker & Medienjournalist. Er war 25 Jahre Grimme-Juror, ist FSF-Pr�fer und betreibt seit 2009 tittelbach.tv. Mehr
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