Weißer Jäger, schwarzes Herz | Film-Rezensionen.de
White Hunter Black Heart Weißer Jäger schwarzes Herz
© Warner Bros.

Weißer Jäger, schwarzes Herz

Inhalt / Kritik

White Hunter Black Heart Weißer Jäger schwarzes Herz
„Weißer Jäger, schwarzes Herz“ // Deutschland-Start: 24. Mai 1990 (Kino)

Kompromisse? Die sind für John Wilson (Clint Eastwood) nur wenig interessant. Wenn der Regisseur einen Film dreht, dann verfolgt er seine eigene Vision, koste es, was es wolle. Es kümmert ihn deshalb auch wenig, wenn er sich dabei mit Produzenten anlegt oder seine eigene Filmcrew verärgert. Überhaupt lässt er sich so leicht nicht von seinen Plänen und Ansichten abbringen, legt sich mit jedem an, der ihm nicht passt oder in die Quere kommt. Das muss auch der Autor Pete Verrill (Jeff Fahey) feststellen, mit dem er nach Afrika reist, um dort an einem neuen Film zu arbeiten. Immer wieder kommt es zu Konflikten mit dem Filmemacher. Und dann wäre da auch noch Wilsons fixe Idee, einen Elefanten zu erschießen …

Echte Kerle mit echten Macken

Dass Clint Eastwood eine Schwäche für eigensinnige Männerfiguren von altem Schrot und Korn hat, ist bekannt. Zunächst spielte er die harten Hunde nur, später setzte er sie als Regisseur in Szene und besetzte sich dabei selbst oft in der Hauptrolle. Doch trotz seiner Faszination und Verehrung dieses Typus Mann sind seine Filme oft keine reinen Heldenporträts. Eines der interessantesten Beispiele in dieser Hinsicht ist Weißer Jäger, schwarzes Herz aus dem Jahr 1990. An den Kinokassen floppte das Abenteuerdrama um einen Regisseur, der nach Afrika reist, zwar gewaltig. Es gab auch keinen Preisregen vergleichbar zu seinen späteren Werken Erbarmungslos und Million Dollar Baby. Und doch ist der Film unbedingt sehenswert, als Dekonstruktion eines übergroßen Menschen – und Hollywoods gleich oben drauf.

Vorlage für den Film bildete damals der bereits 1953 veröffentlichte gleichnamige Roman von Peter Viertel. In diesem hatte der deutschstämmige US-amerikanische Autor seine Erfahrungen am Set von African Queen wiedergegeben, in einer leicht fiktionalisierten Form. So wurde aus dessen Regisseur John Huston ein John Wilson, sich selbst benannte er in Pete Verrill um. Dabei ging es weniger darum, die Hintergründe des Abenteuerklassikers zu beschreiben, der seinerzeit ein Kassenschlager war und Humphrey Bogart seinen einzigen Oscar in seiner Filmlaufbahn einbrachte. Man bekommt sogar kaum mit, worum es in dem Film überhaupt gehen soll. Vielmehr steht der Regisseur im Mittelpunkt, mit all seinen Ansichten und Eskapaden, die ihm und anderen viel Ärger einbrachten.

Ein Mann voller Widersprüche

Dabei wird Wilson als ein in mehrfacher Hinsicht ambivalenter Charakter porträtiert. So setzt er sich mehrfach für Juden und Schwarze ein, mal verbal, mal unter Einsatz seiner Fäuste. Gleichzeitig demonstriert er mehrfach befremdliche Ansichten beim Umgang mit anderen, Frauen sind für ihn sowieso nur reine Sexobjekte. Und dann wäre da noch diese Besessenheit mit der Jagd auf einen Elefanten, die Wilson selbst nie erklären kann und die er selbst als Sünde bezeichnet. Weißer Jäger, schwarzes Herz ist damit auch eine Auseinandersetzung mit toxischer Männlichkeit und einer damit einhergehenden Faszination für Gewalt. Wenn der Filmemacher einen rassistischen Hoteldirektor zu einem Faustkampf provoziert, darf man sich als Zuschauer und Zuschauerin fragen: Ist das jetzt heldenhaft oder kindisch?

Ein weiteres wiederkehrendes Thema ist der Konflikt zwischen Kunst und Kommerz. Das ist natürlich besonders bei einem Mann wie Wilson wichtig, der auf Kompromisse wenig Wert legt und sich deshalb von niemandem reinreden lassen mag. Wobei sich Weißer Jäger, schwarzes Herz auch da nicht ganz festlegt, was man hiervon zu halten hat. Während die Produzenten dann doch eher als die typischen auf Profit angelegten Anzugträger gezeigt werden, darf man bei Wilson seine Zweifel haben, wie viel von dem, was er von sich gibt, tatsächlich auf künstlerische Integrität zurückgeht, wie viel einfach auf ein übergroßes Ego. Selbstreflexion und Nachdenklichkeit sind dann doch weniger seine Stärken.

Schön bebilderte Grenzüberschreitung

Das macht ihn und damit den Film zuweilen recht anstrengend. Eastwood interpretiert sein Alter Ego als jemand, der durchaus faszinierend ist, der charmant sein kann, den man dabei aber nicht unbedingt mögen muss. Oder verstehen: Weißer Jäger, schwarzes Herz begnügt sich damit, die verschiedenen Facetten aufzuzeigen, ohne dass dabei je wirklich klar würde, wer er ist und wie er funktioniert. Er ist sein eigener Gefangener und weiß doch nicht weshalb. Das mag auch daran liegen, dass die Grenze nie ganz klar gezogen wird, wo die Figur aufhört und Eastwood selbst beginnt. Der vielseitigste Schauspieler war er schließlich nie. Aber das macht dieses Drama eben auch interessant, weil es einerseits so viele bekannte Elemente aufgreift, diese gleichzeitig aber auch durchaus kritisch beleuchtet. Als Bonus gibt es schöne Aufnahmen aus Afrika, mit einer nostalgischen Verklärung für den Kolonialismus, dessen Folgen noch immer überall zu sehen sind – im Film wie außerhalb.

Credits

OT: „White Hunter Black Heart“
Land: USA
Jahr: 1990
Regie: Clint Eastwood
Drehbuch: Peter Viertel, James Bridges, Burt Kennedy
Vorlage: Peter Viertel
Musik: Lennie Niehaus
Kamera: Jack N. Green, Simon Trevor, Peter Allwork
Besetzung: Clint Eastwood, Jeff Fahey, Charlotte Cornwell, Norman Lumsden, George Dzundza, Marisa Berenson, Alun Armstrong, Catherine Neilson

Bilder

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
Cannes 1990 Goldene Palme Nominierung

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„Weißer Jäger, schwarzes Herz“ begleitet einen egomanischen Regisseur nach Afrika, wo der einen Film drehen soll, sich aber mehr für die Elefantenjagd interessiert. Auch wenn die Romanadaption letztendlich keine wirklichen Erklärungen liefert, ist sie doch ein faszinierendes Porträt eines Mannes voller Widersprüche, der gleichzeitig Freiheitskämpfer und Gefangener ist, Held und Arschloch.
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