Walter Ulbricht (30.06.1893 - 01.08.1973) Tabellarischer Lebenslauf
WALTER ULBRICHT
(30.06.1893 - 01.08.1973)
Tabellarischer Lebenslauf
zusammengestellt von
Nikolas Dikigoros
- 1893
- 30. Juni: Walter Ernst Ulbricht wird als Sohn eines Schneiders in
Leipzig
geboren. Die Eltern sind Sozialisten.
- 1899-1911
- Ulbricht besucht die Volksschule und absolviert anschlie�end eine Tischlerlehre. Von den Eltern beeinflu�t, liest er schon als Jugendlicher sozialistische Literatur.
- 1908
- Ulbricht wird Mitglied der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) und arbeitet im Arbeiterjugend-Bildungsverein Alt-Leipzig.
- 1910
- Ulbricht tritt dem Holzarbeiterverband bei.
- 1911/12
- Ulbricht wandert als Tischlergeselle nach
Dresden,
N�rnberg,
Venedig, Amsterdam und Br�ssel.
- 1912
- Ulbricht wird Mitglied der
Sozialdemokratischen
Partei Deutschlands (SPD).
- 1913/14
- Ulbricht besucht die SPD-Parteischule in Leipzig, eine sozialistische Kaderschmiede.
- 1915-1918
- Ulbricht wird w�hrend des
Ersten Weltkriegs
in Russisch-Polen, in Serbien und an der Westfront eingesetzt.
- 1918
- Ulbricht wird nach Beginn der
Revolution Mitglied des
Arbeiter- und Soldatenrats
des XIX. Armeekorps. Nach seiner R�ckkehr nach Leipzig schlie�t er sich der Ortsgruppe des
Spartakusbundes an.
- 1919
- Ulbricht nimmt an der Gr�ndungsversammlung der
Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) f�r den Bezirk Mitteldeutschland in Leipzig teil und wird in die Leitung gew�hlt.
- 1919-1923
- Ulbricht arbeitet hauptamtlich f�r die KPD in den Bezirksleitungen Mitteldeutschland, Westsachsen und Gro�th�ringen.
- 1924/25
- Ulbricht nimmt an einem Lehrgang an der
Lenin-Schule
der Kommunistischen Internationale (KI, Komintern) in Moskau teil; anschlie�end wird er Partei-Instrukteur in Wien und
Prag.
Mitarbeit im Exekutivkomitee der Komintern (EKKI).
- 1926
- Ulbricht wird f�r die KPD in den S�chsischen Landtag gew�hlt.
- 1928-1933
- Ulbricht wird f�r die KPD in den Reichstag gew�hlt.
- 1929
- Ulbricht wird Mitglied des Politb�ros des Zentralkomitees (ZK) der KPD und Politischer Leiter des KPD-Bezirks
Berlin-Brandenburg-Lausitz-Grenzmark.
- 1932
- Ulbricht �bernimmt nach partei-internen Auseinandersetzungen im ZK den Sekretariatsbereich von Hermann Remmele (1880-1939) und damit praktisch die organisatorische Leitung des Gesamtapparats der Partei.
- 1933
- 1. M�rz: Ulbricht wird steckbrieflich zur Fahndung ausgeschrieben. Er lebt noch sechs Monate im Untergrund in Deutschland und geht im Oktober auf Beschlu� der Parteif�hrung in die
Emigration nach
Paris.
- 1935-1938
- Ulbricht arbeitet in den Exilorganisationen der KPD in Paris und Prag.
- 1938
- Ulbricht geht nach Moskau und wird Vertreter des ZK der KPD beim EKKI.
- 1941
- Nach Beginn des
Ru�land-Feldzugs
arbeitet Ulbricht beim deutschsprachigen Programm von Radio Moskau. Er verfa�t Flugbl�tter und Aufrufe an die Soldaten der
Wehrmacht.
- ab 1943
- Ulbricht ist als Rundfunk-Propagandist im "Fronteinsatz". Er wird Mitbegr�nder des "Nationalkomitees Freies Deutschland" (NKFD).
- 1945
- April: Ulbricht kehrt nach Deutschland zur�ck. Die "Gruppe Ulbricht" organisiert den Wiederaufbau der
KPD im Raum Berlin.
- 1946
- Januar: Nach den Wahlniederlagen der Kommunisten in Ungarn und �sterreich betreibt Ulbricht auf Weisung von
Josef W. Stalin
die schnellstm�gliche Vereinigung von KPD und SPD in der sowjetischen Besatzungszone.
- 21. April: Vereinigung von KPD und SPD zur "Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED)". An die Spitze der SED treten Wilhelm Pieck und
Otto Grotewohl.
Ulbricht wird gemeinsam mit Max Fechner (1892-1973) stellvertretender Vorsitzender.
- 1948
- Ulbricht leitet die Kampagne zur S�uberung der SED von
"Titoisten" und Anh�ngern des "Sozialdemokratismus".
- 1949
- 7. Oktober: Nachdem in der Sowjetischen Besatzungszone die "Deutsche Demokratische Republik (DDR)" gegr�ndet worden ist, wird Ulbricht einer von drei stellvertretenden Vorsitzenden des Ministerrats.
- Dezember: Ulbricht darf an den Feierlichkeiten zum 70. Geburtstag Stalins in Moskau teilnehmen.
- 1950
- Juli: Auf dem III. Parteitag der SED �bernimmt Ulbricht den neu geschaffenen Posten des Generalsekret�rs des ZK und damit de facto die Parteif�hrung.
- 1953
- 17. Juni: Ausgehend von Ost-Berlin kommt es zu einem Massen-Aufstand*
der "DDR"-Bev�lkerung gegen das SED-Regime, der von Panzerverb�nden der sowjetischen Besatzungstruppen niedergewalzt wird.
- Danach gelingt es Ulbricht, seine Stellung innerhalb der SED durch die Ausschaltung von Widersachern aus F�hrungspositionen zu festigen. Er wird Erster Sekret�r des Zentralkomitees.
- 1955
- September: Die UdSSR erkl�rt die
Sowjetische BesatzungszoneDDR f�r "souver�n" - wof�r Ulbricht im Westen nur Spott und H�me erntet.
- [Da� die - fast gleichzeitig - von den West-Alliierten vorgenommene "Souver�nit�ts-Erkl�rung" f�r
Trizonesiendie BRD de facto auch nur auf dem Papier steht, wird geflissentlich verdr�ngt.]
- 1957/58
- Bei einer erneuten "S�uberung" der Parteif�hrung schaltet Ulbricht weitere Kontrahenten aus.
- 1960
- Februar: Ulbricht wird Vorsitzender des neu geschaffenen Nationalen Verteidigungsrats und �bernimmt damit die oberste Befehlsgewalt �ber die "Nationale Volksarmee" (NVA) im Falle einer Krisensituation.
- September: Nach dem Tode Piecks wird das Amt des Pr�sidenten der DDR abgeschafft.**
Ulbricht wird als Vorsitzender des Staatsrats neues Staatsoberhaupt der Republik. Damit sind erstmals alle entscheidenden Machtpositionen in seiner Hand vereinigt.
- 1961
- 13. August: Auf Anregung von
Adenauer und in Absprache zwischen
Kennedy
und Chruschtschëw l��t Ulbricht eine Mauer zwischen Ost- und West-Berlin errichten, um ein "Ausbluten" Mitteldeutschlands durch "Republikflucht" zu verhindern.
- 1965
- Februar: Ulbricht wird vom �gyptischen "Rais [F�hrer]"
Nasser
zum Staatsbesuch in Kairo empfangen.
- �gypten ist der erste Staat au�erhalb des Ostblocks, der die "DDR" diplomatisch anerkennt; das Beispiel macht jedoch vorerst kaum Schule; Ulbrichts Regime bleibt weitgehend isoliert.
- 1967
- Juni: Ulbricht l��t den sozialistischen Studentenf�hrer Benno Ohnesorg durch Karl-Heinz Kurras, einen bei der Westberliner Polizei eingeschleusten Stasi-Agenten, erschie�en. Der Mord - und mehr noch der Freispruch im anschlie�enden Strafproze�*** durch die offenbar korrupte Berliner Justiz - f�hren zu einer schweren Glaubw�rdigkeitskrise des BRD-Regimes im allgemeinen und des so genannten "Rechtsstaats" im besonderen; sie tragen ma�geblich zur Entfremdung der akademischen Intelligentsia vom Staat bei, wovon die DDR propagandistisch massiv profitiert.
- 1968
- August: Ulbricht bef�rwortet eine milit�rische Intervention des Warschauer Pakts zur Niederschlagung des
"Prager Fr�hlings".
(Die Sowjets verzichten jedoch dankend auf den angebotenen Einsatz der NVA.)
- Der gro�e s�chsische Humorist
Rolf Kauka
setzt Ulbricht ein - wenig schmeichelhaftes - literarisches Denkmal als "Herzog Hulberich" in "Der Ochsenkrieg", einer Episode aus der Comic-Serie "Fritze Blitz und Dunnerkiel".
- 1970
- Ulbricht ger�t in Fragen der Wirtschafts- und Au�enpolitik in Widerspruch zu Teilen der SED-F�hrung und verliert die Unterst�tzung Moskaus. Seine Entmachtung zeichnet sich ab.
- 1971
- 3. Mai: Ulbricht tritt aus "gesundheitlichen Gr�nden" von der Funktion des Ersten Sekret�rs des ZK der SED zur�ck; sein Nachfolger wird der geb�rtige Saarl�nder Erich Honecker.
- Ulbricht bleibt jedoch Vorsitzender des Staatsrats und wird Ehrenvorsitzender der SED.
- 1973
- 1. August: Walter Ulbricht stirbt am D�llnsee bei Berlin.
* * * * *
- 2001
- Die vernichtende Ulbricht-Biografie von Mario Frank erscheint im Siedler-Verlag und ruft Protestst�rme bei allen braven Linken hervor.
- 2009
- Januar: Bei einer Umfrage an Gymnasien der BRDDR halten 5% der Sch�ler[innen] Ulbricht f�r einen oppositionellen Liedermacher der DDR; 7% halten seinen Nachfolger Honecker f�r einen Ex-Kanzler der BRD - offenbar eine Verwechslung mit dem marxistischen SPD-
BonzenVorsitzenden und gescheiterten Kanzler-Kandidaten
Erich Ollenhauer****.
*Entgegen einem weit verbreiteten Irrglauben handelte es sich nicht um einen "aus dem Ruder gelaufenen" Generalstreik der Arbeiter Ost-Berlins - die viel zitierte Erh�hung der Arbeitsnormen war noch vor ihrem Inkrafttreten auf Druck aus Moskau zur�ck genommen worden -, sondern um einen echten Aufstand aus politischen Gr�nden, der alle Schichten der "DDR"-Bev�lkerung erfa�te, aber wohl auch vom Westen "gesch�rt" wurde.
Dies kann durchaus als "Retourkutsche" f�r den von Stuttgart ausgehenden Generalstreik vom 28. Oktober 1948 angesehen werden, der von den - auch in den Westzonen �berwiegend sozialistisch bzw. kommunistisch unterwanderten - Gewerkschaften angezettelt wurde und sich gegen die Einf�hrung der als "kapitalistisch" empfundenen "sozialen Markwirtschaft" richtete. Er wurde von Panzerverb�nden der westalliierten Besatzer niedergewalzt - ein Ereignis, das bis heute weitgehend tot geschwiegen wird.
**Dies folgt dem Muster der Zusammenlegung der �mter des Reichspr�sidenten und des Reichskanzlers zum "F�hrer und Reichskanzler" nach dem Tode
Hindenburgs anno 1934 in der Person
Adolf Hitlers.
***Die - vors�tzliche - T�tung erf�llte das Mord-Tatbestandsmerkmal Heimt�cke, da Kurras dem wehrlos am Boden liegenden Ohnesorg ohne Not in den R�cken scho�.
****Den Sch�lern ist zugute zu halten, da� nicht nur die Vornamen identisch sind, sondern da� im Zeitpunkt der Umfrage auch die politischen Unterschiede zwischen SED und SPD bei n�chterner Betrachtung kaum noch wahrnehmbar sind.
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