Kalkofen: Brennofen zur Gewinnung von Branntkalk
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Kalkofen

Brennofen zur Gewinnung von Branntkalk

Das Kalk­brennen ist ein jahr­tausende­altes Hand­werk, bei dem Kalk­stein in einem Ofen zu Kalk gebrannt wird. Die bis in die Antike zurück­reichende Urform der Kalk­öfen besteht aus trocken gemauerten, meist runden Kammern. Fort­schritt­lichere Anlagen aus vor­industri­eller Zeit besitzen mehrere Meter hohe, massiv gemauerte Brenn­kammer, oft mit einem Schlot überbaut sowie einen Vor­raum zur Heizkammer. (Stand: )

Aufbau und Bestandteile

Der Kalk­ofen im Frei­licht­museum Glent­leiten am Kochel­see ist ein original­getreuer Nach­bau des noch voll­ständig erhaltenen Ofens von Lenggries im Isar­winkel.

Die einfachste, seit der Antike bekannte Bau­form stellen trocken gemauerte, meist in den Boden eingelassene, runde oder ovale Kammern mit einem seitlichen Schür­loch dar.Bei der Burg­ruine Werden­fels entdeckten die Archäo­logen mehrere Kalk­her­stellungs­anlagen, die direkt in das Fest­gestein geschlagen worden waren.
Weil Kalk­öfen von oben mit Brenn­gut befüllt und von unten befeuert werden, ist eine Hang­lage von Vorteil. Außer­dem braucht es in der Nähe Wasser zum Löschen des Brannt­kalks.
Um einen vorüber­gehenden lokalen Bedarf zu decken, begnügte man sich oft mit schlichten improvi­sierten Öfen. Sie haben aller­dings den Nach­teil, dass sie viel Brenn­holz verbrauchten, weil die Hitze schnell entweichen kann.

Blick in die Brenn­kammer des Kalk­ofens im Salz­burger Frei­licht­museum. Unter der Brenn­kammer liegt der Aschen­raum.

Für einen dauer­haften Betrieb errichtete vor­industri­elle Öfen bestehen aus einem massiven, dicken Mauer­werk, sind einige Meter hoch und oben bis auf die Öffnung für den Rauch­abzug normaler­weise geschlossen.Diese Bau­weise minimiert die Abwärme. Hinzu kommt häufig ein überdachter Vor­raum zur Brenn­kammer für die Lagerung des Brenn­holzes und als Aufenthalts­raum während des mehr­tägigen Brenn­vorgangs. Unter der Brenn­kammer liegt der Aschen­raum. Zu einer fort­schritt­lichen Anlage gehören außer­dem eine Lösch­pfanne und mehrere Kalk­grube für die Einlage­rung. In den temporären Öfen wurde der Kalk dagegen oft direkt im Ofen gelöscht und schnell verbraucht.

Vor der Erfindung des Zements im 19. Jahr­hundert gab es neben Gips und Brannt­kalk kein weiteres Binde­mittel für den Mauer­bau. Dement­sprechend hoch war der Bedarf und das Kalk­brennen für die Bauern ein einträg­licher Neben­erwerb. Heute geschieht die Herstellung industriell. Nur ganz vereinzelt werden noch sporadisch traditionelle Kalk­öfen betrieben.

Befüllen des Ofens

Der einfache, sehr ineffiziente Kalk­ofen an der Hof­alm bei Aschau im Chiemgau machte sich die natür­liche Gelände­beschaffen­heit zu Nutze. Bild: Heimat- und Geschichtsverein Aschau im Chiemgau
Quelle: Von der Schautafel abfotografiert.

Als Brenn­gut dienten früher haupt­säch­lich Fluss­kiesel oder Klaub­steine. Das müh­same Sammeln war Frauen­arbeit. Manch­mal kam der Kalk­stein auch aus Stein­brüchen. Am Kalk­ofen­steg bei Peiting baute man den ober­fläch­lich an der Ammer­leite wachsenden Kalk­tuff ab.
Die Stein­füllung für den Brenn­vorgang muss man sich als ein je nach Höhe des Ofens mehrere Meter mächtiges Gewölbe vorstellen, das auf einem ring­förmigen Funda­ment aus größeren Brocken ruht. Während des Aufschichtens der Steine stützt ein Holz­gerüst das Gewölbe ab. Integriert in das Gewölbe sind senk­rechte Bohlen, die so genannten Pfeifen. Sie verbrennen gleich am Anfang und hinter­lassen Schlöte für den Rauch­abzug.
Oben auf dem Brenn­gut liegt eine Abdeckung aus Mörtel, Stein­platten oder Dachziegeln zur Regulierung der Temperatur.
Das Brenn­holz kommt unter das Gewölbe. Es muss laufend nach­geschürt werden, damit im Ofen eine konstante Temperatur von 900 bis 1000 °C herrscht.

Filmtipp: In Ried bei Benedikt­beuern nahe dem Kochel­see existiert ein noch aktiv genutzter Kalk­ofen. Für die Doku­men­tation Der Kalk­brenner vom Kochel­see aus der Reihe Der Letzte seines Standes? begleitete ein Team des Bayerischen Rund­funks das Ereignis.

Chemische Vorgänge beim Brennen und Löschen

Der Lechner Kalk­ofen in der Rechau ober­halb des Hinter­steiner Sees am Wilden Kaiser wurde in den Hang hinein­gebaut.

Kalk­stein besteht chemisch aus Kalzium­karbonat (CaCO3). Beim Brenn­vorgang entweichen Feuchtig­keit und Kohlen­dioxid. Zurück bleibt Kalzium­oxid (CaO).Gegen­über dem Ausgangs­material hat der Brannt­kalk nur mehr das halbe Gewicht.Kalzium­oxid ist ein weißes, stark ätzendes Pulver. Bei Augen­kontakt droht Erblindung.
Durch die Zugabe von Wasser wird Kalzium­oxid zu Kalzium­hydroxid (Ca(OH)2). Dieser Lösch­kalk ist ein immer noch ätzendes Pulver. Der Lösch­vorgang setzt viel Energie frei, so dass das Wasser verdampft und sich der Kalk bis zur Rotglut erhitzen kann. Das Löschen geschieht gleich nach dem Brennen, denn sonst verliert der Kalk an Qualität.

Einlagerung und Verwendung des Branntkalks

Ölgemälde von einem Kalk­ofen an der Isar. Entlang der Isar standen früher viele Kalk­öfen. Das Geschiebe des Flusses ist reich an Kalk­steinen. Bild: Christian Ezdorf, München (gest. 1851)
Quelle: Lenbachhaus Sammlung Online (CC0 1.0)

Zur längerfristigen Lagerung sumpft man Lösch­kalk unter Zugabe weiteren Wassers in Gruben ein. Auf diese Weise vor dem Kontakt mit dem Kohlen­dioxid der Luft geschützt, behält er seine Qualität praktisch unbegrenzt. Durch eine lange Lagerung wird der Sumpfkalk sogar immer feiner. Besonders hoch­wertiger Kirchen­kalk für die Restaurierung muss bis zu 25 Jahre reifen, um die historische Qualität zu erreichen.
Verwendung findet Kalk in Mörtel, Putz und Farben sowie als Dünger auf sauren Böden. Kalk härtet unter Abgabe von Wasser und Aufnahme von Kohlen­dioxid aus. Er verwandelt sich also wieder zurück in den Kalk­stein, aus dem er durch das Brennen entstand.