Wagenknecht kritisiert zu scharfen Umgang mit der AfD
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Wagenknecht kritisiert zu scharfen Umgang mit der AfD – und will die Ampel-Politik stoppen

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AfD-Politiker seien „nicht alles Nazis“, findet Sahra Wagenknecht. Sie plädiert für einen neuen Umgang mit der Rechtsaußen-Partei – und greift lieber die Ampel an.

Berlin – Für einen allzu weichen Umgang mit der politischen Konkurrenz ist Sahra Wagenknecht ja eigentlich nicht bekannt. Die Co-Vorsitzende der Partei „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) teilt gerne mal aus – besonders wenn es ums Ampelbündnis und vor allem die Grünen geht. Anders ist das für die Kontrahenten von der anderen Seite des politischen Spektrums. Spricht Wagenknecht über die AfD, wird der Fehdehandschuh bisweilen auch weggepackt und durch eine Version aus Samt ersetzt – wie dieser Tage in einem Interview mit dem Tagesspiegel.

Dort kritisierte Wagenknecht den Umgang mit der Rechtsaußen-Partei. „Wir sollten der AfD nicht den Gefallen tun, unsachlich mit ihr umzugehen“, zitiert die Zeitung die 54-Jährige in einem Artikel am Donnerstag (25. April). Schließlich fänden die Wähler bei der AfD auch ehemalige CDU-Kommunalpolitiker. „Wenn wir diesen Wählern sagen, das sind alles Nazis, ist das unglaubwürdig“, meinte Wagenknecht.

Sahra Wagenknecht
Sahra Wagenknecht will einen anderen Umgang mit der AfD. In ihren Augen sind nicht alle AfD-Politiker Nazis und deren Wähler „in ihrer übergroßen Mehrheit keine Rechtsradikalen“, sondern „zurecht empört“. © Fabian Sommer/dpa

Wagenknecht kann sich BSW-Zusammenarbeit mit AfD „in Sachfragen“ vorstellen

Es ist nicht das erste Mal, dass die frühere Linken-Politikerin mit solchen Statements auffällt. Während sie sich bei der Gründung des BSW am 8. Januar 2024 noch von der AfD distanzierte und eine Zusammenarbeit mit Rechtsextremisten ausschloss, klang das eineinhalb Monate später schon versöhnlicher. Zumindest in Sachfragen konnte sie sich da eine Zusammenarbeit vorstellen. Es gehe ihr nur darum, „ob eine Forderung richtig oder falsch ist“, sagte Wagenknecht zur Gründung des ersten Landesverbandes der neuen Partei in Sachsen am 24. Februar.

In der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung hatte Wagenknecht damals zwar bekräftigt, nicht „mit Extremisten“ zusammenzuarbeiten und den Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke einen „Rechtsradikalen“ genannt. „Damit haben wir nichts zu tun.“ Gleichzeitig sah sie bei der AfD-Bundesvorsitzenden Alice Weidel „keine rechtsextremen Positionen, sondern konservativ-wirtschaftsliberale“. Weidel hielte „aggressive Reden, aber eine völkische Ideologie, also die Annahme, dass sich Nationen nicht über Kultur, sondern über Gene und Blut konstituiere“, könne sie bei ihr nicht erkennen. „Bei Höcke schon“, meinte Wagenknecht.

Wagenknecht: AfD-Wähler sind „in übergroßer Mehrheit keine Rechtsradikalen“

Sowohl in Sachsen als auch in Thüringen gibt es in diesem Jahr Landtagswahlen. Die Urnengänge am 1. September 2024 stehen aufgrund der starken Umfrageergebnisse für die AfD im bundesweiten Fokus. Beobachter erwarten, dass das BSW der AfD Stimmen abjagen könnte. Darauf deuten auch aktuelle Umfragen hin. Demnach kommt die Wagenknecht-Partei in Sachsen aus dem Stand heraus auf zehn Prozent, die AfD (29 Prozent) hat bei der ersten Umfrage seit Gründung des BSW vier Prozent verloren.

Wagenknecht ist sich darüber wohl bewusst, im FAZ-Interview aus dem Februar schmeichelte sie den AfD-Wählern geradezu. Diese seien „in ihrer übergroßen Mehrheit keine Rechtsradikalen“, sondern „zurecht empört über abgehobene Politiker“, meinte die Parteivorsitzende. Der viel zitierten „Brandmauer“ zur AfD erteilte sie eine Absage.

Den Mehrheitsbeschaffer für die AfD will das BSW nach den Landtagswahlen allerdings nicht geben – zumindest laut offizieller Verlautbarung. So erteilte die sächsische BSW-Co-Vorsitzende Sabine Zimmermann dieser Tage sowohl der AfD als auch den Grünen eine Absage für eine mögliche Koalition.

Viel Kritik nach umstrittenen Äußerungen von Thüringer BSW-Chef zur AfD

Einen Monat zuvor hatte sich das bei ihrem Parteikollegen Steffen Schütz, dem Co-Vorsitzenden des Thüringer BSW-Landesverbandes noch etwas anders angehört. „Wir leben in einem Land, das Unvereinbarkeitsbeschlüsse und Brandmauern erfunden hat. Wir müssen uns aber mit allen Parteien auseinandersetzen. Wir werden nicht den Fehler machen, den andere machen, uns einerseits als Demokraten hinzustellen, und andererseits zusagen: nee, mit denen spielen wir nicht“, wurde Schütz in der Bild zitiert. Der bisherige Umgang der demokratischen Parteien mit der AfD sei krachend gescheitert.

Obwohl auch der Thüringer Landesverband eine Zusammenarbeit mit der AfD ausschloss, gab es für die Aussagen viel Kritik. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow schrieb etwa auf X. „BSW ist wie eine Sandale – nach allen Seiten offen! Angetreten mit der Behauptung ‚nicht unter einem AfD Ministerpräsidenten aufwachen zu wollen‘ und dann aber mit selbigen Kooperieren zu wollen?“ Schütz selbst sagte einen Tag nach seinen umstrittenen Äußerungen, die Formulierung sei unglücklich gewesen.

BSW will Politik der Ampel bei anstehenden Wahlen stoppen

Klar ist: Wenn die Wählerinnen und Wähler in den beiden Bundesländern und am 22. September dann auch noch in Brandenburg ihre Wahlzettel ausfüllen, rechnet sich das BSW Chancen aus – und inszeniert sich vorab als Gegenpol zur Politik der Ampel-Koalition im Bund. „Vor allem die Ampel führt unser Land in eine massive Krise und Polarisierung. Wir wollen diese Politik stoppen“, sagte Wagenknecht dem Tagesspiegel. Um das zu schaffen, „sind wir auch bereit zu regieren, zunächst vor allem in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Dann schauen wir, wo wir stehen“, so die Parteivorsitzende.

Erst einmal steht aber die Europawahl im Juni 2024 an. Für diese hat das BSW am gestrigen Mittwoch (24. April) sein Programm vorgestellt. Die Partei fordert Frieden in der Ukraine, weniger Abhängigkeit Europas von den USA, kontrolliertere Migration und grenzt sich auch hier wieder von der Bundesregierung ab. Eine Stimme für das BSW sei „eine Rote Karte für die Ampel in Deutschland“. Immerhin stellte Wagenknecht ihre Partei nicht nur als Alternative zur Ampel, sondern auch zur AfD dar. BSW gebe „Wählerinnen und Wählern die Möglichkeit, gegen diese schlechte Politik zu protestieren, ohne eine Partei wählen zu müssen, in der es Neonazis und Rechtsextremisten gibt“, sagte sie. (flon)

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