Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph, Vom Ich als Prinzip der Philosophie, � 16 - Zeno.org

� 16.

[68] Das Ich setzt sich selbst schlechthin und alle Realit�t in sich. Es setzt alles als reine Identit�t, d.h. alles gleich mit sich selbst. Die materiale Urform des Ichs ist demnach die[68] Einheit seines Setzens, insofern es alles sich gleich setzt. Das absolute Ich geht niemals aus sich selbst heraus.

Durch diese materiale Urform aber ist notwendig zugleich eine formale Form des Setzens im Ich �berhaupt bestimmt. Das Ich n�mlich ist als Substrat der Setzbarkeit aller Realit�t �berhaupt bestimmt. Denn, wenn das Ich materialer Inbegriff aller Realit�t ist (� 8), so ist es zugleich auch formale Bedingung des Setzens �berhaupt, und so erhalte ich eine blo�e Form der Setzbarkeit im Ich �berhaupt, die aber durch jene materiale Urform der Identit�t des Ichs (mittelst welcher es alle Realit�t sich selbst gleich, d.h. in sich selbst setzt) notwendig bestimmt ist. Setzte n�mlich das Ich nicht urspr�nglich alles seiner Realit�t gleich, d.h. identisch mit sich, sich selbst aber als die reinste Identit�t, so k�nnte im Ich schlechterdings nichts identisch gesetzt werden, und es w�re m�glich, da� A = nicht A gesetzt w�rde. Das Ich sei was es wolle (es ist aber nichts, wenn es nicht sich selbst absolut gleich ist, weil es nur durch sich selbst gesetzt ist), so ist, wenn es nur �berhaupt identisch mit sich selbst gesetzt ist, der allgemeine Ausdruck des Setzens in ihm: A = A. Ist das Ich als identisch mit sich selbst gesetzt, so ist, abgesehen von allem dem, was das Ich ist, alles, was im Ich gesetzt ist, nicht als verschieden von sich selbst, so wie es gesetzt ist, sondern als in demselben Ich gesetzt bestimmt. Durch die reine Identit�t des Ichs, oder, da das Ich nur durch seine Identit�t ist, durch das Sein des Ichs �berhaupt, wird also ein Setzen im Ich �berhaupt m�glich. W�re das Ich nicht mit sich selbst gleich, so w�re alles, was im Ich gesetzt ist, zugleich gesetzt und nicht gesetzt, d.h. es w�re gar nichts gesetzt, es g�be keine Form des Setzens.

Allein, da das Ich alles, was es setzt, seiner Realit�t gleichsetzt, so wird, insofern die Form des Setzens im Ich blo� durch das Ich bestimmt ist, das Gesetzte nur in der Qualit�t seines Gesetztseins im Ich, d.h. nicht als etwas dem Ich Entgegengesetztes betrachtet; das Ich bestimmt durch seine Urform der Identit�t nichts als Realit�t �berhaupt, und schlechterdings kein Objekt als solches, insofern es dem Ich entgegengesetzt[69] ist. Der Satz Ich = Ich ist also die Grundlage alles Setzens. Denn das Ich selbst hei�t nur insofern gesetzt, als es nur f�r sich selbst und durch sich selbst gesetzt ist; alles andere aber, was gesetzt ist, ist es nur insofern, als das Ich zuvor gesetzt ist; was aber gesetzt ist, ist schlechthin gesetzt, nur insofern es dein schlechthin-gesetzten Ich gleich gesetzt, und also, da das Ich nur sich selbst gleich gesetzt sein kann, mit sich selbst identisch ist. A = A ist insofern die allgemeine Formel des schlechthin-Setzens, weil dadurch nichts ausgesagt wird, als das, was gesetzt ist, gesetzt sei.

Nun kann ich ins Ich setzen nach freier Willk�r, ich kann nur das nicht setzen, was ich nicht setze. Ich setze also A, und, da ich es ins Ich setze, gleich irgend einer Realit�t = B, aber notwendig als etwas sich selbst Gleiches, d.h. entweder als B oder als – B = C. W�rde es als B und als – B = C gesetzt, so w�re das Ich selbst aufgehoben. Insofern geht der Satz A = A als allgemeine Formel (des sich selbst gleich-Setzens) allen �ndern formalen Grunds�tzen voraus; insofern er ein besonderer Satz – (von besonderem Inhalt) – ist, steht er unter der allgemeinen Gattung der schlechthin gesetzten, durch ihn, insofern er blo�e Formel ist, bedingten S�tze.

Alle unbedingt-gesetze, alle, deren Setzen blo� durch die Identit�t des Ichs bedingt ist, k�nnen analytische hei�en, weil ihr Gesetztsein aus ihnen selbst entwickelt werden kann, besser noch, thetische S�tze. Thetische S�tze sind alle, die blo� durch ihr Gesetztsein im Ich bedingt, d.h. da alles ins Ich gesetzt wird, die unbedingt gesetzt sind. (Ich sage, gesetzt sind. Denn nur das blo�e Gesetztsein geh�rt zur formalen Form.)

Eine einzelne Art thetischer S�tze sind identische S�tze, dergleichen A = A als besonderer Satz betrachtet ist (d.h. solche, in denen Subjekt und Pr�dikat dasselbe sind, deren Subjekt nur sich selbst zum Pr�dikat hat. So ist das Ich nur Ich, Gott nur Gott, alles aber, was in der Sph�re der Existenz liegt, hat Pr�dikate, die au�er seinem Wesen liegen). Da� sie thetische S�tze sind, geh�rt zur formalen Form, da� sie identische sind, zur materialen.[70] Identische S�tze sind notwendig thetische, weil in ihnen A schlechthin als solches, und, weil es A ist, gesetzt wird. Aber thetische S�tze sind nicht notwendig identische, denn thetische S�tze sind alle, deren Gesetztsein nicht durch ein anderes Gesetztsein bedingt ist. So kann A = B ein thetischer, obwohl kein identischer Satz sein, wenn n�mlich durch das blo�e Setzen von A, B, aber nicht umgekehrt durch das blo�e Setzen von B, A gesetzt ist.

Die Form der thetischen S�tze ist blo� bedingt durch die reine Identit�t des Ichs. Da sie also �berall nur die materiale, durchs Ich bestimmte Form der Unbedingtheit formal ausdr�cken, so mu� auch die formale Form derselben durchaus parallel sein der materialen Form des Ichs.

Das Ich ist blo� dadurch, da� es ist, d.h. da� es sich selbst gleich ist, also durch die blo�e Einheit seiner Anschauung. Nun sind die thetischen S�tze blo� bedingt durch ihr Gesetztsein im Ich. Das Ich aber ist blo� durch Einheit seiner Anschauung. Mithin mu� das im thetischen Satze Gesetzte blo� bedingt sein durch die im Ich bestimmte Einheit seiner Anschauung. (Wenn ich urteile, A = B, so urteile ich nicht von A, insofern es durch irgend etwas au�er sich, sondern insofern es blo� durch sich selbst, durch Einheit seines Gesetztseins im Ich, nicht als bestimmtes Objekt, sondern als Realit�t �berhaupt, als im Ich �berhaupt setzbar bestimmt ist. Ich urteile also nicht, dieses oder jenes A in diesem oder jenem bestimmten Punkt des Raums oder der Zeit, sondern A, als solches, ist, insofern es A ist, durch eben die Bestimmung, durch die es A, d.h. sich selbst gleich ist, = B. – Alle numerische Bestimmung von A ist also eben dadurch ausgeschlossen, sei es nun numerische Bestimmung der Einheit oder der Vielheit. Numerische Einheit kann zwar im thetischen Satze vorkommen, aber nicht als zur Form desselben geh�rig. So kann man z.B. urteilen: der K�rper A ist ausgedehnt. Soll dieser Satz ein thetischer sein, so mu� der K�rper A blo� in der Einheit seines Gesetztseins im Ich, nicht als bestimmtes Objekt, in bestimmtem Raum, gedacht werden; oder vielmehr, insofern der Satz thetisch ist, wird A wirklich[71] blo� in der Einheit seines Gesetztseins gedacht. Das, was ihn zum thetischen Satz macht, ist nicht der bestimmte K�rper A, sondern das Denken desselben in seiner Einheit. – Das A im thetischen Satze �berhaupt ist seinem blo�en Gesetztsein nach, also weder als Gattung, noch als Art, noch als Individuum bestimmt. Vielheit ist gesetzt, weil eins mehrmals, also nicht weil es schlechthin gesetzt ist.[)] Der Satz also, der eine Vielheit aussagt, ist nicht nur seinem Inhalt, sondern auch der blo�en Form seines Gesetztseins nach ein antithetischer Satz. Nur dadurch, da� dem Ich urspr�nglich etwas entgegengesetzt, da� das Ich selbst als Vielheit (in Zeit) gesetzt wird, ist es m�glich, da� das Ich �ber die Einheit des blo�en Gesetztseins in ihm hinausgehe, und z.B. dasselbe Gesetzte mehrmals setze, oder zwei Begriffe, die nichts miteinander gemein haben, die unter keiner Einheit denkbar sind, z.B. K�rper und Schwere zugleich setze.

Allgemeinheit ist empirische, d.h. durch Vielheit hervorgebrachte Einheit, also Form einer Synthesis. Allgemeine S�tze sind also weder thetische, noch antithetische, sondern synthetische S�tze.

Das Ich ist blo� dadurch, da� es alle Realit�t setzt. Sollen also thetische S�tze (d.h. solche, die durch ihr blo�es Setzen im Ich bestimmt sind) m�glich sein, so m�ssen sie schlechthin etwas setzen (bejahen). Sowie sie verneinen, ist ihr Setzen nicht durchs blo�e Ich, denn das enth�lt keine Verneinung, sondern durch etwas au�er demselben (ihm Entgegengesetztes) bedingt. (Der bejahende Satz setzt �berhaupt etwas in eine Sph�re der Realit�t – der thetisch-bejahende Satz nur in die Sph�re der Realit�t �berhaupt. Der verneinende Satz setzt nur �berhaupt nicht in eine bestimmte Sph�re; allein da er das, was er in der einen Sph�re wegnimmt, in keine andere setzt, so nimmt er es aus der Sph�re der Realit�t �berhaupt weg. – Das thetisch-verneinende [sonst unendliche] Urteil nimmt A nicht mir aus einer bestimmten Sph�re weg, sondern setzt es zugleich in eine andere, jener entgegengesetzte. So z.B. der Satz: Gott ist nicht wirklich, nimmt Gott aus der Sph�re der Wirklichkeit, ohne ihn in eine andere zu setzen;[72] der Satz aber: Gott ist nicht – wirklich, setzt ihn zugleich in eine andere, der Sph�re der Wirklichkeit widersprechende Sph�re. Es kommt aber, um ein thetisch-verneinendes Urteil hervorzubringen, nicht nur darauf an, da� man die Negation mit dem Pr�dikat willk�rlich verbindet, sondern darauf, da� das Subjekt schon durch sein blo�es Setzen im Ich in eine dem Pr�dikat entgegengesetzte Sph�re gesetzt werde. So kann ich z.B. den verneinenden Satz: ein Zirkel ist nicht viereckig, in kein thetisch-verneinendes Urteil verwandeln; denn das Subjekt Zirkel ist nicht schon durch sein blo�es Gesetztsein in eine der Sph�re des Viereckigen schlechthin entgegengesetzte Sph�re gesetzt; der Zirkel k�nnte eben auch f�nf- oder vieleckig sein. Dagegen ist der Satz: ein Zirkel ist nicht s��, notwendig ein unendliches Urteil; denn das Subjekt Zirkel ist schon durch sein blo�es Gesetztsein au�er der Sph�re des S��en, also in eine jener Sph�re geradezu entgegengesetzte Sph�re gesetzt. Deswegen auch im thetisch-verneinenden Urteil die Negation nicht bei der Kopula, sondern beim Pr�dikat steht, d.h. das Subjekt wird nicht nur aus der Sph�re des Pr�dikats hinweggenommen, sondern in eine ganz andere, jener entgegengesetzten Sph�re von Pr�dikat gesetzt. – Maimon war, soviel ich wei�, bis jetzt derjenige, der am bestimmtesten auf diese Unterscheidung des unendlichen Urteils vom bejahenden und verneinenden gedrungen hat.)

Das Ich ist blo� durch sich selbst. Seine Urform ist die des reinen Seins. Soll etwas im Ich gesetzt werden, blo� weil es gesetzt ist, so mu� es durch nichts au�er dem Ich bedingt sein; denn es ist blo� durch sein Gesetztsein im Ich bedingt, und das Ich enth�lt nichts au�er der Sph�re seines Wesens Liegendes. Thetische S�tze setzen also ein Sein, das blo� durch sich selbst bedingt ist (keine M�glichkeit, Wirklichkeit, Notwendigkeit, sondern blo�es Sein).

Die Bestimmung der Formen der Modalit�t ist bisher noch nicht ganz ins Reine gebracht. Die Urformen des Seins und des Nicht-Seins liegen zwar allen �ndern Formen zugrunde. Denn in ihnen ist Thesis und Antithesis (der Widerspruch zwischen Ich und Nicht- Ich) ganz allgemein und blo� formal enthalten: sie m�ssen also, wenn dieser Widerspruch durch Synthesis vermittelt wird,[73] diese Synthesis ebenfalls ganz allgemein, und blo� formal, ausdr�cken. Eben deswegen aber geh�rt materiale (objektive) M�glichkeit, Wirklichkeit, Notwendigkeit, gar nicht zu jenen urspr�nglichen, aller Synthesis vorhergehenden Formen; denn sie dr�cken das, was jene blo� formal ausdr�cken, material, d.i. in bezug auf schon vollbrachte Synthesis, aus. Also sind sie, da Kategorien eigentlich diejenigen Formen sind, durch welche die Synthesis des Ichs und Nicht-Ichs bestimmt wird, keine Kategorien, sondern sie enthalten alle zusammen die Syllepsis, aller Kategorien. Denn da sie selbst das blo�e Setzen ausdr�cken, durch die Kategorien aber (der Relation, der Quantit�t und der Qualit�t) die Setzbarkeit des Nicht-Ichs im Ich vermittelt ist, so k�nnen sie nicht mehr selbst Bedingungen dieser Setzbarkeit, sondern nur Resultat der Synthesis, oder sylleptische Begriffe aller Synthesis sein.

Reines Sein n�mlich ist urspr�nglich nur im Ich, und es kann nichts unter dieser Form gesetzt werden, als was dem Ich gleich gesetzt ist; weswegen auch einzig und allein in thetischen S�tzen reines Sein ausgedr�ckt wird, weil n�mlich in diesen das Gesetzte gar nicht als etwas dem Ich Entgegengesetztes, als Objekt, sondern nur als Realit�t des Ichs �berhaupt bestimmt ist.

Die eigentliche Formel f�r thetische S�tze ist diese: A ist – d.h. es hat eine eigne identische Sph�re des Seins, in die nun alles gesetzt werden kann, was blo� durch das Sein von A, durch sein Gesetztsein im Ich bedingt ist. Dagegen mu� es ebenso eine allgemeine Formel f�r die Antithesis geben, die, weil A das Sein �berhaupt ausdr�ckt, diese sein mu�; A > – A. Dadurch n�mlich wird, da A im Ich gesetzt ist, – A notwendig au�er dem Ich, unabh�ngig vom Ich, unter der Form des Nichtseins gesetzt. Wie nun die erstere Formel eine urspr�ngliche Thesis m�glich macht, so macht diese eine urspr�ngliche Antithesis m�glich.

Nun ist aber eben diese urspr�ngliche Thesis und Antithesis das Problem der gesamten Synthesis der Philosophie32 und so,[74] wie die reinen Formen der Modalit�t die Form der Thesis und Antithesis urspr�nglich und allgemein ausdr�cken, m�ssen sie auch die Form m�glicher Synthesis urspr�nglich und vor aller Synthesis enthalten. Diese Form ist Bestimmung des Nichtseins durch das Sein, und diese liegt als urspr�ngliche Form der Bestimmung aller m�glichen Synthesis zugrunde.

Reines Sein ist n�mlich nur im Ich denkbar. Das Ich ist schlechthin gesetzt. Das Nicht-Ich aber ist entgegengesetzt dem Ich, mithin ist es seiner Urform nach reine Unm�glichkeit, d.h. schlechterdings nicht im Ich setzbar. Nun soll es aber doch im Ich gesetzt werden, und dieses Setzen des Nicht-Ichs im Ich vermittelt nun die Synthesis dadurch, da� sie die Form des Nicht-Ichs selbst mit der Form des Ichs zu identifizieren, d.h. das Nicht-Sein des Nicht-Ichs durch das Sein des Ichs zu bestimmen strebt.

Da nun reines Sein Urform aller Setzbarkeit im Ich ist, die Setzbarkeit des Nicht-Ichs im Ich aber nur durch Synthesis vermittelt wird, so ist die Form des reinen Seins, insofern sie dem Nicht-Ich zukommen soll, nur als Angemessenheit zur Synthesis �berhaupt denkbar (nach kantischer Sprache: objektive M�glichkeit, d.i. M�glichkeit [Setzbarkeit im Ich], die einem Objekt, als solchem, zukommt, ist nur in der Angemessenheit zur Synthesis enthalten). Das Nicht-Ich n�mlich ist urspr�nglich f�r das Ich logisch unm�glich; denn f�r das Ich gibt es keine als thetische S�tze, das Nicht-Ich aber kann nie Inhalt eines thetischen Satzes werden, sondern widerspricht der Form des Ichs geradezu. Nur insofern das Nichtsein des Nicht-Ichs durch das Sein des Ichs bestimmt, d.h. insofern eine Synthesis des Seins und Nicht-Seins vorgenommen wird, wird das Nicht-Ich setzbar im Ich, also kann seine M�glichkeit nur als Angemessenheit zur[75] Synthesis �berhaupt vorgestellt werden: mithin wird die logische M�glichkeit des Nicht-Ichs durch die objektive, die formale durch die materiale bedingt.

Problematische S�tze sind daher solche, deren logische M�glichkeit durch die objektive bedingt ist, stehen aber in der Logik selbst nur unter der reinen, aller Synthesis vorangehenden Form des Seins, und k�nnen unm�glich selbst als besondere Gattung aufgestellt werden. Denn da sie blo� eine Aussage der durch objektive M�glichkeit vermittelten logischen M�glichkeit sind, logische M�glichkeit aber �berall dieselbe ist, so geh�ren sie nur in R�cksicht auf das, wodurch sie problematische S�tze sind, zur Logik. – Ich will die objektive M�glichkeit, insofern sie die logische vermittelt (Schema der logischen ist), objektiv-logische M�glichkeit, S�tze, die blo� reines Sein, reine M�glichkeit33 ausdr�cken, Essentials�tze, solche aber, die eine objektiv-logische M�glichkeit ausdr�cken, problematische nennen. Die problematischen S�tze kommen also in der Logik nur insofern vor, als sie zugleich Essentials�tze sind.

Existentials�tze sind durch die urspr�ngliche Entgegensetzung des Nicht-Ichs bestimmt, bekommen aber nur erst durch die Synthesis M�glichkeit. Sie sind also bedingt durch objektiv-logische M�glichkeit, obgleich sie nicht blo�e M�glichkeit aussagen. Durch objektiv-logische M�glichkeit n�mlich wird das Nicht-Ich nur in Synthesis �berhaupt gesetzt, ein Existentialsatz aber setzt es in bestimmte Synthesis. Nun soll aber das Nichtich, als zur Form des Ichs erhoben, nur durch das Schema des reinen Seins, durch seine blo�e M�glichkeit, d.h. durch Synthesis �berhaupt, gesetzt sein, so wie das Ich durch Thesis[76] �berhaupt gesetzt ist (denn wo Thesis ist, da ist Ich, und wo Ich ist, da ist Thesis). Allein die Urform des Objekts ist Bedingtheit. Mittelst dieser, insofern sie durch das Schema der Zeit darstellbar ist, bekommen die Objekte nur dadurch Dasein, da� sie einander wechselseitig ihre Stelle in der Zeit bestimmen; ihr Dasein �berhaupt ist nur bestimmt durch ihre Wirklichkeit, d.h. durch ihr Dasein in einer bestimmten Synthesis. Mithin mu� hier eine neue Synthesis eintreten, die, so wie Sein und Nichtsein urspr�nglich nur dadurch vermittelt werden konnten, da� das Nicht-Sein durch das Sein bestimmt wurde, nun hinwiederum objektive M�glichkeit (das Resultat jener Synthesis) mit Wirklichkeit nur dadurch vermittelt, da� sie diese durch jene bestimmt. Nun ist objektiv-logische M�glichkeit Gesetztsein in der Synthesis �berhaupt, Wirklichkeit Gesetztsein in bestimmter Synthesis: also mu� das Nicht-Ich nur insofern in bestimmter Synthesis gesetzt sein, als es zugleich in Synthesis �berhaupt gesetzt ist, d.h. es mu� in aller Synthesis gesetzt sein, denn alle Synthesis ist gleich der Synthesis �berhaupt sowohl als der bestimmten Synthesis.


* * *


Ich glaube, da� der ganze Fortgang dieser Synthesis, in einer Tafel vorgestellt, dem Leser deutlicher wird.

Hier ist eine


Tafel aller Formen der Modalit�t

[77] I.


1. Thesis.

Absolutes Sein, blo� in und durch das Ich urspr�nglich bestimmte absolute Setzbarkeit.


2. Antithesis.

Absolutes Nicht-Sein, absolute Unabh�ngigkeit vom Ich, und nur im Gegensatz gegen dasselbe bestimmbare, absolute Nichtsetzbarkeit.


3. Synthesis.

Bedingte, durch Aufnahme ins Ich bestimmbare Setzbarkeit, d.h. M�glichkeit des Nicht-Ichs34. (Diese M�glichkeit hei�t, weil das Nicht-Ich nur durch Aufnahme ins Ich Objekt wird, objektiv-logische M�glichkeit, und weil jene Aufnahme ins Ich nur durch vorangegangene Synthesis [mittelst der Kategorien] m�glich wird, Angemessenheit zur Synthesis [den Kategorien] �berhaupt, Dasein in der Zeit �berhaupt.)


[78] II.


1. Thesis.

Bedingtsein durch die Synthesis �berhaupt, d.h. durch die objektive Aufnahme ins Ich. Objektiv-logische M�glichkeit, Dasein in der Zeit �berhaupt.


2. Antithesis.

Objektives, nicht blo� durchs Ich bestimmtes Bedingtsein, Dasein in bestimmter Synthesis (Zeit), d.h. Wirklichkeit.


3. Synthesis.

Bedingtsein des (durchs Objekt bestimmten) Gesetztseins in bestimmter Synthesis durch das (durchs Ich bestimmte) Gesetztsein in der Synthesis �berhaupt, Dasein35 in aller Synthesis. Bestimmung der Wirklichkeit durch die objektiv-logische M�glichkeit – Notwendigkeit. (Mithin geht der ganze Progressus der Synthesis 1. von Sein und Nicht-Sein zu M�glichkeit, 2. von M�glichkeit und Wirklichkeit zu Notwendigkeit.)[79]


[Da Zeit Bedingung aller Synthesis ist, und eben deswegen von der transzendentalen Einbildungskraft durch und in der Synthesis hervorgebracht wird, so kann man das Ganze auch so darstellen. Das Schema des reinen (au�erhalb aller Zeit gesetzten) Seins ist Dasein in Zeit �berhaupt (d.i. in der Handlung der Synthesis �berhaupt). Objektive M�glichkeit ist also Gesetztsein in der Zeit �berhaupt. Da das Dasein in der Zeit wechselt, so ist das Objekt, obgleich in der Zeit �berhaupt gesetzt, doch zugleich setzbar und nicht setzbar. Um ein Objekt zu setzen, mu� ich es in bestimmte Zeit setzen, was nur dadurch m�glich wird, da� ein andres ihm seine Stelle in der Zeit bestimmt, und sich die seine wieder von ihm bestimmen l��t. Nun soll aber das Nicht-Ich blo� durch seine M�glichkeit, blo� durch das Schema des reinen Seins, gesetzt werden.

Diesem Setzen durch blo�e M�glichkeit aber widerstrebt das Schema seiner eigenen Form, mittelst dessen es nur als in bestimmter Zeit gesetzt gedacht werden kann. Nun ist, so wie Zeit �berhaupt Schema der g�nzlichen Zeitlosigkeit ist, alle Zeit (d.h. die wirkliche ins unendliche fortgehende Synthesis) hinwiederum Darstellung (Bild)36 der Zeit �berhaupt (d.i. der Handlung der Synthesis �berhaupt), wodurch Dasein in der Zeit �berhaupt mit Dasein in bestimmter Zeit vermittelt wird. Alle Zeit also ist nichts als Bild der Zeit �berhaupt, und zugleich bestimmte Zeit, weil alle Zeit so gut bestimmt ist, als ein einzelner Zeitteil. Insofern nun das Nicht-Ich in bestimmte Zeit gesetzt ist, erh�lt es seine urspr�ngliche Form (des Wechsels, der Vielheit, der Negabilit�t), insofern es in Zeit �berhaupt gesetzt ist, dr�ckt es die schematische Urform des Ichs aus, Substantialit�t, Einheit, Realit�t. Aber es ist in bestimmte Zeit nur insofern gesetzt, als es zugleich in Zeit �berhaupt gesetzt ist) und umgekehrt. Seine Substantialit�t ist nur in bezug auf Wechsel, seine Einheit nur in bezug auf Vielheit, seine Realit�t nur in bezug[80] auf Negation (d.h. mit Negation – aber ins Unendliche) denkbare37.]


Anmerkungen. 1. Das Ich setzt urspr�nglich, und, da es die reinste Einheit ist, alles sich gleich, nichts sich entgegen. Der thetische Satz hat also eigentlich gar keinen �ndern Inhalt als das Ich, denn was in ihm gesetzt ist, ist nur als Realit�t �berhaupt als = dem Ich, in der Form seiner Identit�t mit dem Ich gesetzt, i – Die Vernunft geht im theoretischen sowohl als praktischen Gebrauche auf nichts als absolut-thetische S�tze, = dem Satz: Ich = Ich. Im theoretischen Gebrauche strebt sie, das Nicht-Ich zur h�chsten Einheit zu erheben, also seine Existenz in einem thetischen Satze zu bestimmen, = dem Satze: Ich = Ich. Bei diesem n�mlich fragt es sich nicht: Ist das Ich gesetzt? sondern es ist gesetzt, weil es gesetzt ist. Also strebt das Ich, das Nicht-Ich zu setzen, weil es gesetzt ist, d.h. es zur Unbedingtheit zu erheben. Diese [81] materiale Form des Strebens der Vernunft bestimmt die formale im syllogistischen Regressus; beide gehen auf ein Streben nach thetischen S�tzen. Die theoretische Vernunft n�mlich strebt in ihrem materialen Gebrauche notwendig nach einem material-thetischen Satz, dergleichen blo� der Satz Ich = Ich ist, und niemals ein andrer, der vom Nicht-Ich etwas aussagt, sein kann, weswegen auch jenes Streben auf Widerspr�che f�hren mu�; in ihrem formalen Gebrauche aber strebt sie nach formal-thetischen S�tzen, die eine ganze Reihe von Episyllogismen begr�nden. – Was der theoretischen Vernunft unm�glich war, indem sie durch ein Nicht-Ich beschr�nkt war, das tut nun die praktische, sie erreicht den einzigen absolut- (d.h. formal- und material-) thetischen Satz: Ich = Ich.

2. Die Form der Identit�t bestimmt schlechterdings kein Objekt als solches38. Da� aber Leibniz, und alle die M�nner, die in seinem Geiste dachten, das Prinzip der Identit�t als Prinzip der objektiven Realit�t ansahen, ist bei weitem so unbegreiflich nicht, als es viele seinwollende Kenner der Philosophie zu finden schienen, von denen man es schon gewohnt ist, da� sie nichts begreiflicher finden, als was ihr Meister sagt, und nichts unbegreiflicher, als was diejenigen sagen, auf deren Wort sie nicht geschworen haben. Die Form der Identit�t ist f�r die kritische, d.h. diejenige Philosophie, die alle Realit�t ins Ich setzt, Prinzip aller Realit�t des Ichs, eben deswegen aber kein Prinzip objektiver, d.h. nicht im Ich enthaltener Realit�t39; dagegen dem [82] Dogmatismus eben dieselbe Form gerade umgekehrt – Prinzip der objektiven, aber nicht der subjektiven Realit�t sein mu�. Durch die Form der Identit�t bestimmt Leibniz das Ding an sich �berhaupt) ohne Bezug auf ein Entgegengesetztes (das Ich), Kant hingegen die Realit�t des Ichs, ohne Bezug auf ein Entgegengesetztes, d.h. ein Nicht-Ich. Da� aber durch die Form der Identit�t zwar das Ding an sich �berhaupt, die objektive Realit�t desselben, nicht aber die subjektive, d.h. die Erkenntnis des Dings an sich (das Herausgehen aus der blo�en Sph�re des Dings an sich �berhaupt), bestimmt sei, erkl�rte Leibniz so stark und so auffallend) als Kant umgekehrt erkl�rte, da� durch die Form der Identit�t zwar die subjektive, d.h. die blo� im Ich gesetzte Realit�t, nicht aber die objektive, nur durch ein Herausgehen aus der Sph�re des Ichs bestimmbare Realit�t, bestimmt sei. F�r den Dogmatismus m�ssen thetische S�tze nur durchs Nicht-Ich, antithetische aber und synthetische nur durchs Ich, f�r den Kritizismus umgekehrt thetische nur durchs Ich, antithetische und synthetische nur durchs Nicht-Ich m�glich werden. Leibniz be stimmt die absolute Sph�re durchs absolute Nicht-Ich, hebt aber dadurch nicht alle Form synthetischer S�tze auf, sondern braucht sie, um aus seiner absoluten Sph�re herauszukommen, so gut als sie Kant braucht. Beide haben, um aus dem Gebiet des Unbedingten in das des Bedingten zu kommen, dieselbe Br�cke n�tig. Um aus der Sph�re des Dings an sich, des schlechthin Gesetzten, in die Sph�re des bestimmten (vorstellbaren) Dings zu kommen, brauchte Leibniz den Satz des zureichenden Grundes; eben diesen – (d.h. eine Urform der Bedingtheit �berhaupt) – braucht Kant, um aus der Sph�re des Ichs heraus in die Sph�re des Nicht-Ichs zu treten. Leibniz hat also den Satz der Identit�t so gut verstanden als Kant, und ihn f�r sein System so gut als dieser f�r das seinige zu brauchen gewu�t: das, worin beide uneinig sind, ist nicht der Gebrauch desselben, sondern seine[83] h�here Bestimmung durchs Absolute im System unsers Wissens.40

3. F�r das absolute Ich gibt es keine M�glichkeit, Wirklichkeit und Notwendigkeit; denn alles, was das absolute Ich setzt, ist durch die blo�e Form des reinen Seins bestimmt. F�r das endliche Ich aber gibt es im theoretischen und praktischen Gebrauche M�glichkeit, Wirklichkeit und Notwendigkeit. Und da die h�chste Synthesis der theoretischen und praktischen Philosophie Vereinigung der M�glichkeit mit der Wirklichkeit – Notwendigkeit ist, so kann auch diese Vereinigung als eigentlicher Gegenstand (wenngleich nicht als letztes Ziel) alles Strebens aufgestellt werden. F�r das unendliche Ich n�mlich w�rde, wenn es �berhaupt M�glichkeit und Wirklichkeit f�r dasselbe g�be, alle M�glichkeit Wirklichkeit, und alle Wirklichkeit M�glichkeit sein. F�r das endliche Ich aber gibt es M�glichkeit und Wirklichkeit, mithin mu� sein Streben in bezug auf dieselbe so bestimmt werden, wie das Sein des unendlichen Ichs bestimmt w�re, wenn es mit M�glichkeit und Wirklichkeit zu tun h�tte. Also soll das endliche Ich streben, alles, was in ihm m�glich ist, wirklich, und was wirklich ist, m�glich zu machen. Nur f�r das endliche Ich gibt es ein Sollen, d.h. praktische M�glichkeit, Wirklichkeit und Notwendigkeit, weil n�mlich das Handeln des endlichen Ichs nicht durch blo�e Thesis (Gesetz des absoluten Seins), sondern durch Antithesis (Naturgesetz der Endlichkeit) und Synthesis (moralisches Gebot) bedingt ist. Also ist praktische M�glichkeit Angemessenheit der Handlung zur praktischen Synthesis �berhaupt,[84] praktische Wirklichkeit Angemessenheit der Handlung zur bestimmten moralischen Synthesis, praktische Notwendigkeit endlich – (die h�chste Stufe, die ein endliches Wesen erreichen kann) – Angemessenheit zu aller Synthesis (in einem System des Handelns, in welchem alles, was praktisch-m�glich ist, wirklich, alles, was wirklich ist, zu gleich auch m�glich sein mu�41). Dagegen beim absoluten Ich gar kein Sollen stattfindet, weil, was dem endlichen[85] Ich praktisches Gebot ist, jenem konstitutives Gesetz sein mu�, durch welches weder M�glichkeit, noch Wirklichkeit, noch Notwendigkeit, sondern absolutes Sein, nicht imperativ, sondern kategorisch, ausgesagt wird.

Jener Begriff des Sollens aber und der praktischen M�glichkeit setzt einen �ndern Begriff voraus, der zu den schwersten Problemen der ganzen Philosophie den Stoff hergegeben hat. Diese m�ssen hier wenigstens noch kurz ber�hrt werden.

Gibt es n�mlich f�r das endliche Ich eine praktische M�glichkeit, d.h. ein Sollen, so ist dies schlechterdings nicht ohne den Begriff der Freiheit des empirischen Ichs denkbar. Schon oben (� 8) wurde dem absoluten Ich absolute Freiheit beigelegt, d.h. Freiheit, die blo� auf sein Sein selbst gegr�ndet ist, die ihm nur insofern zukommt, als es Ich schlechthin ist, das alles Nicht-Ich urspr�nglich ausschlie�t. Diese absolute Freiheit des Ichs ist nur durch sich selbst begreiflich. Denn ein absolutes Ich, das alles Nicht-Ich ausschlie�t, hat insofern absolute Freiheit, die so bald aufh�rt unbegreiflich zu sein, als das Ich aus der Sph�re aller Objekte, also auch aus der Sph�re aller objektiven Kausalit�t hinweggenommen ist. Aber das Ich in die Sph�re der Objektivit�t versetzen, und ihm doch noch Kausalit�t durch Freiheit zuschreiben wollen – dies scheint ein gewagtes Unternehmen zu sein.

Die Rede ist also hier nicht von der absoluten Freiheit des absoluten Ichs (� 8), denn diese realisiert sich schlechthin selbst, weil sie dieselbe Kausalit�t des Ichs ist, mittelst welcher es sich schlechthin als Ich setzt. Das Ich ist aber nur insofern Ich, als es durch sich selbst, d.h. durch absolute Kausalit�t gesetzt ist. Also setzt das Ich, indem es sich selbst setzt, zugleich seine absolute, unbedingte Kausalit�t. Hingegen kann sich Freiheit des empirischen Ichs unm�glich selbst realisieren, denn das empirische Ich, als solches, existiert nicht durch sich selbst, durch[86] eigne freie Kausalit�t. Auch k�nnte diese Freiheit des empirischen Ichs nicht, wie die des absoluten Ichs, absolut sein, denn durch diese wird schlechthin und zwar blo�e Realit�t des Ichs gesetzt, durch die Kausalit�t jener aber soll erst die absolute Realit�t des Ichs hervorgebracht werden. Jene ist durch sich selbst, und absolut-unendlich, diese empirisch-unendlich, weil, eine absolute Realit�t hervorzubringen, eine empirisch-unendliche Aufgabe ist. Jene ist schlechthin immanent, denn sie ist nur insofern, als das Ich reines Ich, und nicht gen�tigt ist aus sich selbst herauszugehen, diese ist nur als transzendentale Freiheit bestimmbar, d.h. als Freiheit, die nur in bezug auf Objekte, obgleich nicht durch sie, wirklich ist.

Das Problem der transzendentalen Freiheit hat von jeher das traurige Los gehabt, immer mi�verstanden und immer wieder aufgeworfen zu werden. Ja, selbst nachdem die Kritik der reinen Vernunft so gro�es Licht dar�ber verbreitet hat, scheint doch bis jetzt noch der eigentliche Streitpunkt nicht scharf genug bestimmt zu sein. Der eigentliche Streit betraf niemals die M�glichkeit absoluter Freiheit; denn ein Absolutes schlie�t schon durch seinen Begriff jede Bestimmung durch fremde Kausalit�t aus; die absolute Freiheit ist nichts anders, als die absolute Bestimmung des Unbedingten durch die blo�en (Natur-) Gesetze seines Seins, Unabh�ngigkeit desselben von allen nicht durch sein Wesen selbst bestimmbaren Gesetzen, von allen Gesetzen, die etwas in ihm setzen w�rden, was nicht schon durch sein blo�es Sein, durch sein Gesetztsein �berhaupt, gesetzt w�re (Moralgesetzen). Die Philosophie mu�te also entweder das Absolute �berhaupt leugnen, oder, wenn sie dieses einger�umt hatte, ihm auch absolute Freiheit beilegen. Der eigentliche Streit konnte also nie absolute, sondern nur transzendentale Freiheit, d.h. die Freiheit eines durch Objekte bedingten empirischen Ichs betreffen. Das Unbegreifliche ist nicht, wie ein absolutes, sondern wie ein empirisches Ich Freiheit haben, solle, nicht wie ein intellektuales Ich42 intellektual, d.h. absolut-frei sein k�nne, sondern wie[87] es m�glich sei, da� ein empirisches Ich zugleich intellektual sei, d.h. Kausalit�t durch Freiheit habe.

Das empirische Ich existiert nur mit und durch Objekte. Aber Objekte allein w�rden niemals ein Ich hervorbringen. Da� das empirische Ich empirisch ist, mu� es den Objekten, da� es �berhaupt Ich ist, nur einer hohem Kausalit�t verdanken. In einem System, das die Realit�t der Dinge an sich behauptet, ist selbst das empirische Ich unbegreiflich; denn da durch das Setzen eines absoluten, allem Ich vorhergehenden Nicht-Ichs alles absolute Ich aufgehoben ist, so begreift man nicht, wie durch dieselben Objekte nun ein empirisches Ich hervorgebracht werden soll. Noch viel weniger aber kann von transzendentaler Freiheit eines empirischen Ichs in einem solchen Systeme die Rede sein. Wenn aber Ich als das Absolute, alles Nicht-Ich schlechthin ausschlie�ende, gesetzt ist, so kommt ihm nicht nur urspr�nglich eine absolute Kausalit�t zu, sondern es wird auch begreiflich, wie ein empirisches Ich, und in diesem transzendentale Freiheit wirklich sei.

Da� n�mlich das empirische Ich Ich ist, verdankt es derselben absoluten Kausalit�t, durch welche das absolute Ich Ich ist; den Objekten aber verdankt es nichts als seine Schranken und die Endlichkeit seiner Kausalit�t. Also ist die Kausalit�t des empirischen Ichs von der des absoluten schlechterdings nicht dem Prinzip (der Qualit�t), sondern nur der Quantit�t nach verschieden. Da� sie Kausalit�t durch Freiheit ist, verdankt sie ihrer Identit�t mit der absoluten, da� sie transzendentale (empirische43)[88] Freiheit ist, nur ihrer Endlichkeit; sie ist also im Prinzip, von dem sie ausgeht, absolute Freiheit, und wird nur erst, wenn sie auf ihre Schranken st��t, transzendental, d.h. Freiheit eines empirischen Ichs.

Die Freiheit des empirischen Ichs ist also nur durch ihre Identit�t mit der absoluten begreiflich, und kann demnach durch keine objektiven Beweise erreicht werden, denn sie kommt dem Ich zwar in bezug auf Objekte, aber doch nur insofern es in der absoluten Kausalit�t des absoluten Ichs befa�t ist, zu. Aber ebensowenig realisiert sie sich selbst, denn als transzendentale Freiheit ist sie nur im empirischen Ich wirklich, nichts Empirisches aber realisiert sich selbst. Da sie aber nur durch die absolute Kausalit�t m�glich ist, so ist sie im empirischen Ich nur durch irgend ein Faktum realisierbar, durch welches sie als identisch mit der absoluten gesetzt wird. Allein das empirische Ich ist gerade nur durch Einschr�nkung des Absoluten, d.h. durch Aufhebung desselben als eines Absoluten wirklich. Insofern also das empirische Ich blo� in bezug auf Objekte als Schranken des absoluten betrachtet wird (theoretische Philosophie), kann seine Kausalit�t schlechterdings nicht als identisch mit der absoluten gedacht werden; soll dies geschehen, so mu� die Kausalit�t des empirischen Ichs in bezug (nicht auf Objekte, sondern) auf Negation aller Objekte gedacht werden. Denn Negation der Objekte ist gerade dasjenige, worin beide, absolute und transzendentale Freiheit, zusammenstimmen k�nnen. Denn empirische Freiheit kann zwar nur auf empirische (empirisch-hervorzubringende), nicht auf absolute Negation der Objekte gehen, wie die Kausalit�t des absoluten Ichs, aber doch treffen beide in der Negation zusammen, und wenn sich eine solche Kausalit�t des empirischen Ichs aufzeigen l��t, so ist auch erwiesen, da� sie von der absoluten Kausalit�t nicht der Art, nicht dem Prinzip, sondern nur der Quantit�t nach (durch ihre Schranken) verschieden ist. Absolute Kausalit�t kann im empirischen Ich nicht kategorisch gesetzt werden, denn sonst h�rte es auf empirisch[89] zu sein, also kann sie nur imperativ in ihm gesetzt sein durch ein Gesetz, das Negation aller Objekte, d.h. absolute Freiheit fordert; denn absolute Kausalit�t kann nur von einer solchen Kausalit�t gefordert werden, die nicht selbst absolute Freiheit ist, aber doch von der absoluten nicht der Qualit�t, sondern nur der Quantit�t nach verschieden ist.

Transzendentale Freiheit ist also nicht blo� durch die Form des moralischen Gesetzes, sondern auch durch die Materie desselben realisiert. Denn das moralische Gesetz, das nur im endlichen Ich m�glich ist, weil nur von diesem Identit�t mit dem Unendlichen gefordert werden kann, geht zwar nicht auf absolute Negation aller Objekte (konstitutiv), aber doch imperativ auf bedingte, d.h. empirisch- (progressiv-) hervorzubringende Negation derselben, also auf absolute Kausalit�t des Ichs, zwar nicht als auf etwas kategorisch Gesetztes, aber doch als auf etwas Hervorzubringendes. Solche Forderungen aber k�nnen nur an eine Kausalit�t gemacht werden, die von der absoluten blo� durch Schranken verschieden ist, weil sie das, was diese schlechthin setzt, in sich selbst hervorbringen, d.h. durch Aufhebung ihrer Schranken setzen, soll44.[90]

Nun ist zwar eine transzendentale Kausalit�t des empirischen Ichs wohl begreiflich, wenn sie die unendliche selbst, nur unter den Bedingungen der Endlichkeit gedacht, ist; allein, da das empirische Ich selbst nur erscheinende Realit�t hat, und unter demselben Gesetze der Bedingtheit steht, unter welchem alle Erscheinungen stehen, so tritt die neue Frage ein: wie die transzendentale (durch absolute Kausalit�t bestimmte) Kausalit�t des empirischen Ichs mit der Naturkausalit�t desselben Ichs �bereinstimmen k�nne?

In einem System, das die Realit�t der Dinge an sich behauptet, kann diese Frage schlechterdings nicht gel�st, ja nicht einmal aufgeworfen werden.

Denn das System, das vor allem Ich ein absolutes Nicht-Ich setzt, hebt eben dadurch das absolute Ich auf45, wei� also nicht einmal von einer absoluten Freiheit des Ichs, geschweige denn von einer transzendentalen. Wenn aber ein solches System inkonsequent genug ist, einerseits Dinge an sich, andrerseits eine transzendentale Freiheit des Ichs zu behaupten, so wird es niemals, selbst nicht durch eine pr�stabilierte Harmonie, die Zusammenstimmung der Naturkausalit�t mit der Kausalit�t durch Freiheit begreiflich machen; denn auch eine pr�stabilierte Harmonie kann nicht zwei schlechthin entgegengesetzte Absoluta vereinigen,[91] was doch der Fall sein m��te, da einerseits ein absolutes Nicht-Ich, andrerseits ein empirisches Ich angenommen wird, das ohne ein Absolutes unbegreiflich ist.

Wenn aber die Objekte selbst nur durchs absolute Ich (als den Inbegriff aller Realit�t) Realit�t erhalten, und daher nur in und mit dem empirischen Ich existieren, so ist jede Kausalit�t des empirischen Ichs (dessen Kausalit�t �berhaupt nur durch die Kausalit�t des Unendlichen m�glich, und von dieser nicht der Qualit�t, sondern nur der Quantit�t nach verschieden ist) zugleich eine Kausalit�t der Objekte, die ihre Realit�t gleichfalls nur dem Inbegriff aller Realit�t, dem Ich, verdanken. Dadurch erhalten wir ein Prinzip pr�stabilierter Harmonie, das aber blo� immanent, und nur im absoluten Ich bestimmt ist. Weil n�mlich nur in der Kausalit�t des absoluten Ichs eine Kausalit�t des empirischen m�glich ist, und die Objekte gleichfalls ihre Realit�t nur durch die absolute Realit�t des Ichs erhalten, so ist das absolute Ich das gemeinschaftliche Zentrum, in welchem das Prinzip ihrer Harmonie liegt. Denn die Kausalit�t der Objekte harmoniert mit der Kausalit�t des empirischen Ichs nur deswegen, weil sie nur in und mit dem empirischen Ich existieren; da� sie aber nur in und mit dem empirischen Ich existieren, kommt blo� daher, da� beide, die Objekte und das empirische Ich, ihre Realit�t nur der unendlichen Realit�t des absoluten Ichs verdanken.

Durch eben diese pr�stabilierte Harmonie l��t sich nun auch die notwendige Harmonie zwischen Sittlichkeit und Gl�ckseligkeit begreifen. Denn da reine Gl�ckseligkeit, von der allein die Rede sein kann, auf Identifizierung des Nicht-Ichs und des Ichs geht, so ist, da Objekte �berhaupt nur als Modifikationen der absoluten Realit�t des Ichs wirklich sind, jede Erweiterung der Realit�t des Ichs (moralischer Fortschritt) Erweiterung jener Schranken und Ann�herung derselben zur Identit�t mit der absoluten Realit�t, d.h. zu ihrer g�nzlichen Aufhebung. Wenn es also f�rs absolute Ich kein Sollen, keine praktische M�glichkeit gibt, so w�rde, wenn das Endliche jemals seine ganze Aufgabe l�sen k�nnte, das Freiheitsgesetz (des Sollens) die Form eines Naturgesetzes (des Seins) erhalten; und umgekehrt, da das Gesetz seines Seins nur durch[92] Freiheit konstitutiv geworden w�re, dieses Gesetz selbst zugleich ein Gesetz der Freiheit sein46. Also ist das letzte, worauf alle Philosophie hinf�hrt, kein objektives, sondern ein immanentes Prinzip pr�stabilierter Harmonie, in welchem Freiheit und Natur identisch sind, und dieses Prinzip ist nichts anderes, als das absolute Ich, von dem alle Philosophie ausging.

Gibt es f�r das unendliche Ich keine M�glichkeit, Notwendigkeit und Zuf�lligkeit, so kennt es auch keine Zweckverkn�pfung in der Welt. G�be es f�r das unendliche Ich Mechanism oder Technik der Natur, so w�re ihm Technik Mechanism und Mechanism Technik, d.h. beide fielen in seinem absoluten Sein zusammen. Demnach mu� selbst die theoretische Nachforschung das Teleologische als mechanisch, das Mechanische als teleologisch, und beides als in Einem Prinzip der Einheit befa�t betrachten, das sie zwar nirgends (als Objekt) zu realisieren imstande, doch aber vorauszusetzen gen�tigt ist, um die Vereinigung der beiden widerstreitenden Prinzipien (des mechanischen und teleologischen), die in den Objekten selbst unm�glich ist, in einem �ber alle Objekte erhabenen Prinzip begreifen zu k�nnen. So, wie die praktische Vernunft gen�tigt ist, den Widerstreit zwischen Freiheits- und Naturgesetzen in einem h�heren Prinzip zu vereinigen, in welchem Freiheit selbst Natur und Natur Freiheit ist47, mu� die theoretische Vernunft in ihrem ideologischen[93] Gebrauche auf ein h�heres Prinzip kommen, in welchem Finalit�t und Mechanism zusammenfallen48 das aber eben deswegen schlechterdings nicht als Objekt bestimmbar sein kann.

Was f�r das absolute Ich absolute Zusammenstimmung ist, ist f�r das endliche hervorgebrachte, und das Prinzip der Einheit, das f�r jenes konstitutives Prinzip immanenter Einheit ist, ist f�r dieses nur regulatives Prinzip objektiver Einheit, die zur immanenten werden soll. Also soll auch das endliche Ich streben, in der Welt das hervorzubringen, was im Unendlichen Wirklich ist, und der h�chste Beruf des Menschen ist – Einheit der Zwecke in der Welt zum Mechanism, Mechanism aber zur Einheit der Zwecke zu machen.[94]



Quelle:
Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling: Werke. Band 1, Leipzig 1907.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Jean Paul

Flegeljahre. Eine Biographie

Flegeljahre. Eine Biographie

Ein reicher Mann aus Ha�lau hat sein verklausuliertes Testament mit aberwitzigen Auflagen f�r die Erben versehen. Mindestens eine Tr�ne muss dem Verstorbenen nachgeweint werden, gemeinsame Wohnung soll bezogen werden und so unterschiedliche Berufe wie der des Klavierstimmers, G�rtner und Pfarrers m�ssen erfolgreich ausge�bt werden, bevor die Erben an den begehrten Nachlass kommen.

386 Seiten, 11.80 Euro

Im Buch bl�ttern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Gro�e Erz�hlungen der Sp�tromantik

Gro�e Erz�hlungen der Sp�tromantik

Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 gro�e Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religi�sen sind die Themen der Sp�tromantik. Michael Holzinger hat elf gro�e Erz�hlungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.

430 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon