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FOCUS Magazin | Nr. 37 (1994)
POESIE: Hymne auf einen Toten
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"Vier Hochzeiten und ein Todesfall“ macht W. H. Audens „Funeral Blues“ zum Kultgedicht

Die vier Hochzeiten sind zwar sehr schön, am romantischsten aber ist der Todesfall. Der lebenslustige Gareth ist plötzlich gestorben, und sein Lebensgefährte Matthew rezitiert ein Gedicht an seinem Sarg: den „Funeral Blues“ von W. H. Auden. Schöner kann eine Liebeserklärung kaum sein. Eine Szene aus „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“. Seit der Film ein internationaler Hit ist, erlebt auch der Dichter W. H. Auden eine Renaissance.

Wystan Hugh Auden (1907-1973) gilt als der vielseitigste unter den englischsprachigen Autoren des 20. Jahrhunderts. Er war Dichter, Reiseschriftsteller, Kritiker, Übersetzer und Professor für Literatur.



In England löste die Filmszene einen Ansturm auf die Buchläden aus. Schließlich druckte der englische Verlag faber and faber die Sonderausgabe „Tell me the truth about love“ mit dem „Funeral Blues“ und neun anderen Gedichten.

Eine deutsche Übersetzung kommt demnächst bei Goldmann unter dem Titel „Sag mir die Wahrheit über die Liebe“ (10 Mark) heraus. FOCUS ließ das Gedicht schon vorab übersetzen.


Funeral Blues

Stop all the clocks, cut off the telephone,

Prevent the dog from barking with a juicy bone,

Silence the pianos and with muffled drum

Bring out the coffin, let the mourners come.

Let aeroplanes circle moaning overhead

Scribbling on the sky the message He Is Dead,

Put crêpe bows round the white necks of the public doves,

Let the traffic policemen wear black cotton gloves.

He was my North, my South, my East and West,

My working week and my Sunday rest,

My noon, my midnight, my talk, my song;

thought that love would last for ever: I was wrong.

The stars are not wanted now; put out every one;

Pack up the moon and dismantle the sun;

Pour away the ocean and sweep up the wood;

For nothing now can ever come to any good.

Begräbnis-Blues

Die Uhren stoppt, reißt raus das Telefon,

Ein Knochen für den Hund, dann schweigt er schon,

Nein, kein Klavier, nur Trommeln, dumpf und schwer.

Tragt raus den Sarg, die Trauernden ruft her.

Flugzeuge solln im tristen Morgenrot

Groß an den Himmel schreiben: „Er ist tot“,

Die weißen Taubenhälse sollen schwarze Kragen,

Die Polizisten schwarze Handschuh tragen.

Er war mein Nord, mein Süd, mein Ost, mein West,

Mein Werk- und Feiertag, mein Dienst, mein Fest,

Mein Wort, mein Lied, mein Mittag, meine Nacht;

Die Liebe stirbt nicht, dacht ich; falsch gedacht.

Den Sternen sagt: „Wir wolln euch nicht, geht unter!“

Packt ein den Mond und reißt die Sonne runter;

Kippt weg das Meer, den Wald laßt überfluten,

Denn nichts mehr wendet sich ab jetzt zum Guten.

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Aus dem Englischen von Christa Schuenke
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