Verrückt nach Mary
In dieser irren Komödie schießt Cameron Diaz den Vogel ab!
Originaltitel
There’s Something About Mary
Regie
Dauer
119 Min.
Kinostart
29.10.1998
Genre
FSK
12
Produktionsland
Cast & Crew
Ted Stroehmann
Mary Jenson
Pat Healy
Dom
Tucker/Norm
Mrs. Jensen
Magda
Sully
Marys Stiefvater
Warren Jensen
Brenda
Khandi Alexander
Joanie
Marnie Alexenburg
Lisa
Drummer
Jonathan
Redaktionskritik
Seien Sie gewarnt! Diese Komödie ist geschmacklos und abscheulich!
Aber sie wird Ihnen Lachtränen und Zwerchfellkrämpfe bescheren!
Zehn Jahre Jammertal – passé. Denn Wanda hat eine wundervolle Nachfolgerin, sie heißt Mary. Damals wie heute: Ein spindeldürrer Vorwand von einer Story, reichlich abgesoffene Gags und mehr Hiebe auf Randgruppen als romantische Komödien-Momente. Aber was haben wir "Ein Fisch namens Wanda" geliebt, für die Cleverneß, die Respektlosigkeit, die Erhabenheit in der hohen Kunst der Komik. Und waren nicht alle Schwächen schon durch die Nummer mit den Fritten in Michael Palins Nasenlöchern egalisiert? <P>Nun, "Verrückt nach Mary" hat ein halbes Dutzend solcher Sternstunden, die Kritikern und Zuschauern gleichermaßen die Lachtränen in die Augen treiben. Was auch als Warnung gemeint ist, weil alle Welt in den nächsten Wochen nicht an sich halten wird, die gloriosen Scherze dieses Filmes nachzuplappern. Und bei Pointen scheitern wird, die man sehen muß, um sie zu glauben. In den USA, wo das Budget-Leichtgewicht "Mary" seit Monaten läuft, gehören die unverschämtesten Höhepunkte dieses Humor-Hinterhaltsbereits zur Folklore. Das Malheur der wakkeren Hauptfigur beim Austreten auf einem Parkplatz etwa. Und natürlich das sorgfältig präparierte Rendezvous mit Mary, nach dem der Zuschauer Haargel nie mehr gleichgültig betrachten wird. Details zu verraten, wäre vermessen und verantwortungslos. Wohl dem also, dem die spritzigen Scherze dieses Films unbedarft um die Ohren fliegen.<P>Man ahnt nichts Böses, als zarte Bande der Zuneigung zwischen Ted, dem Loser (Ben Stiller), und Mary, dem Liebchen (Cameron Diaz), zu knospen beginnen – bar jeder Plausibilität und im Stil eines griechischen Chores mild ironisch kommentiert. Frosch trifft Prinzessin – die Ouvertüre für kontrollierte Anarchie. Mit Teds Antrittsbesuch in Marys Elternhaus, wo ihm zwei klitzekleine Mißgeschicke unterlaufen, beginnt die Zwerchfell- Attacke von "Verrückt nach Mary" . <P>Slapstick, trockene one-liner, Geschmacklosigkeiten kommen aus einem Guß, Timing ist alles in dieser Disziplin. Situationskomik wird mit Genuß entblättert, zugespitzt und jenseits der Grenze zum Bizarren vollendet. Mit Tusch. Wo sich Lachsalven schnell verbrauchen, rollen die Witzwellen von "Mary" im überraschenden Takt, mal plätschernd, mal plötzlich hereinbrechend. Und spätestens die im Populärkino bisher stiefmütterlich genutzte Nahaufnahme eines liebgewonnenen Körperteils legt fest, daß der Film auch mit Obszönität und Tabubrüchen durchkommt, weil er sie in einen so verdammt charmanten Kontext stellt.<P>Nach der ersten Desaster-Kette wird Ted zu beschämt sein, um Mary noch einmal unter die Augen zu treten. Vergessen kann er sie trotzdem nicht, und so heuert er den kaum vertrauenserweckenden Privatdetektiv Healy (Matt Dillon) an, der sie in Miami aufspürt, noch immer solo und sehr lecker. Ted berichtet er indes, daß die Traumfrau leider 250 Kilo zugenommen habe und als Mail-order-Braut für den asiatischen Markt tätig sei. Wie jeder Mann in dieser Geschichte pflegt auch Healy prompt eine Obsession. Auf seine Art. Er observiert sie und gibt sich ihren Erwartungen gemäß als Architekt aus, der in seiner Freizeit Behinderte pflegt. Denn: "I love those goofy bastards." Bei solchen Sätzen, möchte man beten, daß die deutsche Synchronisation ihren Hang zum Plätten unterdrückt. Aber viel kann sie nicht zerstören, die meisten "Mary"-Klopfer funktionieren visuell. Männer auf Krücken, Frauen zerknitterten Alters und kleine Kläffer im Drogenwahn dienen dabei ebenso als Zielscheiben wie diverse Randgruppen. Daß man nicht über die Gegängelten, aber mit ihnen lacht, ist die halbe Miete.<P>Ab und zu, vor allem im verschenkten Finale, kippt die Stimmung in niedere Regionen wie Schadenfreude oder Abscheulichkeit. Und? Oft ist selbst härtester Tobak unwiderstehlich kokett, weil die Farce in den Zuckerguß einer screwball comedy verpackt ist. So wird auch gespielt. Als sei es ganz normal, wenn sich Angelhaken in Unterkiefern verfangen. Die Selbstironie von Diaz ist bezaubernd, Dillon wird immer mehr zu einem versierten Komödianten, und Stiller ("Reality Bites") ist in seiner Leidensfähigkeit besser, da sympathischer als Woody Allen.<P>Gedreht wurde der Film von den Brüdern Peter und Bobby Farrelly, die gar nicht debil sind, sondern bislang nur so getan haben. Mit "Dumm und dümmer" und "Kingpin" machten sie zuvor flache, vulgäre, auf Gedeih und Verderb enttabuisierende Scherze salonfähig. Die Folgen waren gräßlich und nannten sich Trash. Laut Definition eine Sorte Schabernack, so schlecht und schamlos, daß sie schon wieder gut ist. "Verrückt nach Mary" ist alles, nur kein Trash; viel anspruchsvoller, als es zunächst scheint.<P>Das wird Folgen haben. Eine weitere Zeitenwende wohl. Erst Berti, dann Helmut, nun Leslie Nielsen, dessen Grimassen-Ära durch "Marys" Eleganz und Understatement abgelöst wird. Zu klaffend die Lücke, wenn Gag-Gehechele plötzlich neben komödiantischer Brillanz bestehen muß. Die Meßlatte ist neu gelegt. Endlich.<P>Roland Huschke
Aber sie wird Ihnen Lachtränen und Zwerchfellkrämpfe bescheren!
Community-Kritiken zu Verrückt nach Mary